Kapitel 29.2
Fast schon instinktiv lief Lilitha weiterhin Chiana hinterher, während sie die anderen Frauen begutachtete. Einige der Dienstmädchen erkannte sie gar nicht mehr wieder, so herausgeputzt wie sie waren.
»Pass auf dich auf. Ich kann dich hier nicht mehr in Schutz nehmen. Am Haremstanz sind alle gleichberechtigt. Mein Favoritenstatus zählt heute nicht«, flüsterte Chiana Lilitha zu, als sie an einem Tisch innehielt, um sich etwas zu trinken zu nehmen.
Lilitha nickte und nahm sich einen Pfirsich, der in einer Obstschüssel lag.
Sie sahen wunderbar lecker aus und die Rothaarige biss hinein, während sie sich umsah.
Ihr Blick glitt zu einer blonden Frau, die auf sie zukam. Die Art, wie diese ging, hatte etwas von einem Raubtier, was Lilitha dazu veranlasste, sich zu versteifen.
Laura.
Was wollte sie?
»Du siehst bezaubernd aus«, grüßte sie und richtete diese Worte eindeutig an Lilitha. »Soll ich dir dabei helfen, dich ein wenig zu schminken? Ich denke, wenn man deine Augen noch ein wenig betont, würde es noch schöner aussehen. Deine Schminke passt nicht ganz zu deinem Kleid«, erklärte die blonde Frau und Lilitha hätte am liebsten gesagt, dass die Schminke zu dem Kleid passte, das sie darunter trug.
»Nein, danke. Ich möchte gern so bleiben«, erwiderte Lilitha leise und schüchtern.
Laura lachte trällernd und hakte sich bei Lilitha ein, um sie von Chiana weg, in die Menge, zu ziehen.
»Bist du sicher? Wenn ich dich noch ein wenig herrichte, bin ich sicher, dass der Highlord nicht mehr die Augen von dir lassen kann«, flüsterte sie ihr leise und mit einem Zwinkern zu.
Warum verstand diese Frau nicht, dass sie genau das nicht wollte? Außerdem glaubte sie, dass das Kleid, das sie darunter trug, dazu schon ausreichte. Zumindest, wenn sie an das letzte Mal dachte, wo sie es getragen hatte. Sie konnte sich noch sehr genau an den Blick des Highlords erinnern. Er verfolgte sie immerhin sogar in ihren Träumen. Sofort spannten sich ihre Brüste wieder an und ihr wurde warm.
Erneut biss Lilitha in den Pfirsich und versuchte im Hier und Jetzt zu bleiben, als sie sich anschließend abwesend über die Lippen leckte.
Diese Gefühle würden sie irgendwann noch selbst manipulieren, wenn sie nicht lernte, sich zu zügeln.
Und das, obwohl sie den Highlord so lange Zeit nicht gesehen hatte. Vermutlich lag es wirklich nur daran, dass sie außer ihm und den Eunuchen keine anderen Männer traf.
»Bist du denn schon aufgeregt?«, fragte Laura nun selbst ganz aufgeregt und ließ sich in einer Sitzecke nieder.
Lilitha zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht. Ich wäre schon gern bei den Grünen. Aber ich rechne mir nicht viele Chancen aus«, sagte sie und biss erneut in den Pfirsich. »Was ist mit Euch?«, wollte sie wissen. »Was erwartet Ihr Euch von diesem Abend?«
Laura lächelte breit und deutete Lilitha, sich neben sie zu setzen, als sie den Blick durch den Raum schweifen ließ. Gelangweilt zuckte sie die Schultern. »Ich mag meinen Platz. Ich hoffe eher auf neue Kameradinnen wie dich«, erklärte sie und lehnte sich zurück, um wie ein Raubtier die anderen mit ihren Blicken zu taxieren. Diese Frau war wirklich suspekt. Sie schien es auf irgendetwas abgesehen zu haben. Leider hatte Lilitha keine Ahnung, was genau das war und das machte ihr Angst. Sollte sie wirklich Macht anstreben, wie die meisten hier, würde sie Lilitha nicht dazu bewegen, die neue Favoritin zu werden, sondern es selbst in Angriff nehmen. Es sei denn, sie glaubte, Lilitha wäre ihr für ihre Hilfe etwas schuldig. Was unwahrscheinlich war, aber trotzdem möglich.
»Oh, da kommt der Highlord«, sagte Laura plötzlich und als Lilitha sich umsah, konnte sie sein blondes Haar in der Menge ausmachen.
»Er wird sich eine Weile mit einzelnen Gruppen unterhalten«, erklärte Laura. »Langweilig«, fügte sie seufzend hinzu und streckte sich ausgiebig. »Reine Höflichkeitsfloskeln, die keiner gern macht, aber Vorschrift sind«, fuhr sie fort und hielt den Blick auf Lilitha gerichtet. Diese betrachtete, wie der Highlord zusammen mit seinem Berater Sergej und seiner Mutter, die Frauen des Harems begrüßte. Ob er wohl jemals eine Entscheidung allein treffen durfte?
Kurz schweifte sein Blick durch den Raum und begegnete dabei Lilithas. Lautlos schnappte diese nach Luft und wandte schnell den Blick auf den Pfirsich in ihrem Schoß.
Während Laura über Lilithas Geste leise kicherte, versuchte sich die Rothaarige darauf zu konzentrieren, zu atmen.Sie reagierte ja schon wie all die anderen Frauen aus dem Harem, die ihn anschmachteten. Das ging überhaupt nicht!
Sie bemerkte, dass sich Laura ein Stück zu ihrem Ohr neigte und ihr Atem Lilithas Haut streifte, was diese erschaudern ließ. Eine Gänsehaut breitete sich auf Lilithas Haut aus. »Er kann das wirklich gut, oder? Frauen um den Verstand bringen«, flüsterte sie mit einer fast schon erotischen Stimme und zog Lilitha mit sich nach hinten gegen die Rückenlehne. »Bleib einfach ganz ruhig. Du willst ja nicht, dass er dich irgendwann ansieht wie Chiana.«
Lilitha biss die Zähne zusammen und hatte das Bedürfnis, sich von Laura loszureißen. Doch sie blieb ruhig und fragte sich, ob er nicht irgendwann alle Frauen so ansehen würde.
Wahrscheinlich.
Die Rothaarige konzentrierte sich auf ihren Pfirsich und ein bisschen Käse. So bemerkte sie nicht, dass der Highlord ihr und Laura immer näher kam. Viel mehr versuchte sich Lilitha, mit allen Sinnen, durch die zahlreichen Eindrücke, die sie hier drin bekam, zu beschäftigen. Doch als sie spürte, wie die Polsterung neben ihr einsackte, weil der Highlord sich neben sie setzte, machte ihr Herz einen nervösen Sprung.
Mit Laura zu ihrer rechten und dem Highlord zu ihrer linken, hätte sie wirklich keinen schlimmeren Platz erwischen können.
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