Kapitel 25.1
Es war noch dunkel, als Lilitha die Augen aufschlug und sich ins Bad schleifte.
Es fühlte sich so surreal an, jetzt schon seit mehreren Tagen den Highlord nicht mehr gesehen zu haben. Er hatte sie überhaupt nicht mehr zu sich gerufen, weder zu einer Massage, noch zu einem anderen Ereignis, wenn Chiana ihn sah.
Abwesend begann sie ihren Körper zu waschen, der inzwischen schon sehr der einer Frau glich.
Soviel zu dem Welpenschutz. Heute war es offiziell. Sie war laut ihrem Alter volljährig.
Und während sie sich ihrer Kleidung entledigte und sich im Spiegel betrachtete, war es auch kaum zu übersehen.
Ihre Brüste waren gewachsen und ihre Rundungen hoben sich deutlich hervor. Selbst ihre Haut und ihr Gesicht hatten sich in letzter Zeit sehr verändert.
Lilitha seufzte. Der Yukata, der ihr von Chiana verordnet worden war, verdeckte zwar noch immer fast alles Weibliche, doch die Rothaarige war sich sicher, dass man es ihr dennoch ansehen konnte.
Etwas, was selbst Chiana aufgefallen war. Nur hatte sie wohl aufgegeben, ihre Rundungen verstecken zu wollen.
Es war, als würde Chiana ihre Anwesenheit nicht mehr ertragen und ihr deshalb ständig freigeben. Anfangs hatte es Lilitha gestört, doch nun nutzte sie diese Zeit, um ihren Tanz einzustudieren. Wenn sie die Hinweise des Highlords richtig deutete, dann war es wahrscheinlich, dass sie bald ihre Arbeit als Kammerzofe verlieren würde.
Und damit sie den Palast nicht verlassen musste, weil sie auch nicht wusste wohin, würde sie versuchen, einen Platz unter den grünen Halsbändern zu ergattern.
Sie würde wohl keine andere Wahl haben, als es zu versuchen. Mehr konnte sie nicht tun.
Öfter hatte sie sich gefragt, was genau das heißen sollte und in welchem Sinne sich das auf ihre Zukunft im Harem auswirken würde, doch es schien irrelevant. Sie würde diesen Platz bekommen müssen. Ob sie wollte oder nicht.
Ansonsten würde sie schlimmstenfalls wieder auf der Straße landen und dann über kurz oder lang bei Sklavenhändlern.
Nicht das, was sie unbedingt wollte.
Ihre Fähigkeiten boten ihr zwar die Möglichkeit, ein eigenes Geschäft zu eröffnen, aber ohne Rückendeckung eines Clans oder wenigstens einer mächtigen Person, war das Wunschdenken.
Lilitha griff nach dem Handtuch und schlang es sich um die Haare, ehe sie aus dem Bad trat und in ihr Zimmer ging.
Dort hielt sie inne und verengte die Augen.
Auf ihrem Bett lag etwas.
Sie schluckte unsicher, da ihr dieses Szenario doch recht bekannt vorkam. Langsam schritt sie auf das kleine Bett zu und sah hinab auf den Haufen Stoff, auf dem eine malerische Nektarine lag.
Wieso ... es konnte nur von ihm sein.
Wer sonst käme auf die Idee, ihr Obst anzubieten, und das Kleid, welches sie nur allzu gut wiedererkannte, würde wohl auch niemand kennen.
Zitternd griff sie nach der Frucht, ehe sie diese vorsichtig zur Seite legte und das Kleid langsam und sorgfältig entfaltete.
Dabei konnte sie kaum etwas, außer die Farbe wahrnehmen und ihre Hände zitterten immer mehr. Dennoch wusste sie ganz genau, wer ihr dieses Kleid geschenkt hatte.
Ein Kleid aus dunkelrotem Stoff und haufenweise goldenen Perlen und Verzierungen.
Ein Kleid, das mehr zeigte, als es verdeckte.
Lilitha schluckte.
Das war ein deutlicher Wink, oder?
Bald würde der Haremstanz stattfinden und sie würde ihre Vorstellung geben. Es war sehr wahrscheinlich, dass er wollte, dass sie dabei dieses Kleid trug.
Lilitha schluckte noch einmal. Sollte sie es tragen?
Auf keinen Fall, wenn es nach ihr ginge. Doch wenn er es ihr extra besorgt hatte, konnte sie es schlecht ablehnen. Sie hatte keine Wahl.
Allmählich verstand Lilitha, was Chiana mit seinem Spiel gemeint hatte.
Er wusste ganz genau, dass sie sich unwohl fühlte und er hatte es ihr trotzdem gekauft, weil er genau wusste, dass sie es nicht ablehnen konnte.
Was bezweckte er damit? Wollte er wirklich nur mit ihr spielen, weil sie etwas Neues war?
Wollte er sehen, wie sie reagierte?
Im Grunde war sie aus demselben Grund hier, wie alle anderen Frauen im Harem: Zu seiner Belustigung. Und er schien es lustig zu finden, sie aus dem Konzept zu bringen.
Lilitha schloss einen Moment die Augen.
Sie hatte jetzt nicht die Zeit dazu, sich darüber Gedanken zu machen. Chiana wollte sie im Hamam treffen, weil sie eine Massage wollte. Wahrscheinlich wollte sie selbst erfahren, warum der Highlord die Rothaarige so oft hatte rufen lassen.
Schnell nahm sie das Kleid behutsam hoch, um es in der hintersten Ecke ihres Schrankes zu verstecken.
Gedanklich abwesend beschritt sie langsam den Weg zum Hamam und war erleichtert darüber, dass die meisten Frauen noch schliefen.
Oft hatte sie die Blicke der anderen Frauen auf sich gespürt. Wie sie tuschelten, dass der Highlord Lilitha wohl doch nicht ohne Grund immer zu sich geholt hatte. Hier im Harem blieb nichts verborgen.
Sie versuchte, sie zu ignorieren, doch das war gar nicht so einfach. Es erinnerte sie immer wieder an den Blick, mit dem ihr Gebieter sie bedacht hatte, als sie jenes Kleid getragen hatte, welches jetzt in ihrem Schrank lag.
Eindeutiger konnte es gar nicht mehr sein und Lilitha war sich sicher, dass der Highlord Interesse an ihr hatte. Und das Problem war, dass ihr Welpenschutz abgelaufen war.
Das machte ihr Angst. Sie wollte nicht, dass er sie auf diese Weise sah. Was, wenn er sie in die roten Halsbänder hochstufte und sie zu sich rufen ließ?
Bei dem Gedanken wurde Lilitha fast schlecht. Sie war doch so unerfahren und noch immer Jungfrau. Wie konnte sie sich davor schützen?
Sie schluckte bei dieser Vorstellung und kniff kurz die Augen zusammen, um sich zusammenzureißen.
Es gab Grenzen. Reife und Highlord hin oder her, sie würde sich diesem Mann niemals hingeben!
Er war ihr Herrscher und sie unterwarf sich ihm, um ihm zu dienen, aber sie würde ihm nicht noch das letzte Fünkchen Besitz geben, was ihr blieb.
Entschlossen, wenn auch mit zitternden Händen, öffnete sie die Holztür zum Hamam, um sich ihrer Kleidung zu entledigen und sich in ein Handtuch zu wickeln.
Es war vollkommen still, was wohl hieß, dass selbst die roten Halsbänder, die meist hier ihr Unwesen trieben, noch nicht wach waren.
Doch dann hörte sie es leise plätschern und trat darauf zu, weil sie davon ausging, dass es Chiana war.
Doch sie erkannte nicht ihre schwarzen, sondern blonde Haare und dunkle Haut.
Laura, wie sie sich im Laufe der letzten Wochen vorgestellt hatte.
»Oh, Lilitha, setz dich zu mir«, sagte sie, als sie aufblickte und die Rothaarige erkannte.
Zögerlich trat Lilitha näher und ließ sich auf eine der Sitzbänke nieder, um sich einen Wassereimer zu nehmen.
Laura kicherte ein wenig und musterte Lilitha eindringlich.
»Du lässt dich hier ja öfter blicken als die Roten. Willst du dich schon mal einleben, bevor du zu uns kommst?«, fragte sie und stieß Lilitha vielsagend mit dem Ellenbogen an.
Am liebsten wäre Lilitha einfach gegangen, um nicht mit ihr reden zu müssen, doch es schien ihr unhöflich jemanden, der über ihr stand, so stehenzulassen.
Außerdem traf sie sich hier mit Chiana und diese wollte sie nicht warten lassen.
»Nein. Ich bin mit Chiana verabredet«, erklärte sie und versuchte, freundlich zu bleiben.
Sie wusste, was kommen würde und so wappnete sie sich innerlich gegen den Versuch, sie dazu zu bringen, sich dem Highlord hinzugeben.
Ob dieser wusste, dass Laura versuchte, sie zu manipulieren?
Vermutlich nicht.
Laura schnaubte hörbar aus und schüttelte den Kopf.
Vielen lieben Dank fürs lesen. Wir würden uns sehr über Rückmeldungen in Form von Votes und Kommentaren freuen.
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