Kapitel 21.1
»Denk dran, was ich dir gesagt habe«, flüsterte die Blonde zwinkernd und erhob sich nun auch langsam, um an Chiana vorbei in den Vorraum zu laufen, aus dem sie gekommen waren.
Lilitha versuchte zu ignorieren, was die Blonde ihr gesagt hatte und sich lieber darauf zu konzentrieren, dass sie laut Chiana ja noch Welpenschutz genoss. Was sie selbst nicht glaubte. Aber das sorgte dafür, dass sie es schaffte auf die Räume des Highlords zuzugehen, ohne sich durch ihre zitternden Beine auf den Boden zu legen.
Als sie vor der Tür angekommen war, wurde ihr diese wortlos geöffnet und Lilitha trat vorsichtig in die Räume. Ihr Blick dabei gesenkt und ihr Körper vor Panik zitternd. Dabei versuchte sie sich einzureden, dass alles in Ordnung war und er ihr nichts tun würde.
»Ihr habt nach mir verlangt, Mylord«, presste sie leise und mit zittriger Stimme hervor.
»Ja, ich-«, begann er, als er plötzlich innehielt und sie vermutlich musterte. Die Rothaarige wusste gar nicht, woran sie glauben sollte. Man hatte ihr heute so viele unterschiedliche Sachen erzählt, die sich teilweise widersprachen oder keinen Sinn ergaben. Was sollte sie denn überhaupt noch glauben? Sie hatte keine Ahnung, woran sie war und das machte sie verrückt. Sie hatte doch überhaupt nichts getan! »Hast du schon was gegessen?«, fragte er nun, doch er schien nicht auf sie zuzukommen.
Diese Frage verwirrte sie unglaublich. Sie hatte sie vom Highlord mittlerweile so oft gehört, dass sie schon fast normal war. Obwohl es nicht normal sein sollte! Er war der Highlord und sie nur eine unbedeutende, kleine Vampirin.
Lilitha fiel die Sache mit dem Welpenschutz wieder ein, von dem Chiana gesprochen hatte, während sie ihr Hirn dazu ermahnen musste, dass der Highlord ihr eine Frage gestellt hatte.
Angestrengt dachte Lilitha nach.
Hatte sie heute schon etwas gegessen? Sie war mit ihren Gedanken so durcheinander gewesen, dass sie sich nicht mehr daran erinnern konnte. »Ich weiß nicht«, murmelte sie ein wenig neben sich.
Er seufzte, als sie die Bettdecke rascheln hörte und seine Schritte auf dem Boden vernahm. Jedoch schien er nicht auf sie zuzukommen, sondern eher in die entgegengesetzte Richtung zu gehen. Eine Weile schien er in etwas zu wühlen, bis seine Schritte sich ihr nun doch näherten.
»Hier, trink das. Es schmeckt nicht besonders, aber es wird dich sättigen«, erklärte er müde und hielt ihr eine Glasflasche mit einem roten, dickflüssigen Inhalt entgegen.
Lilitha sah verwirrt auf, als ihr der Geruch von Blut in die Nase stieg.
Mit zittrigen Fingern nahm sie die kalte Flasche entgegen. Ein Zeichen dafür, dass er hier irgendwo einen Eisschrank haben musste.
»V-Vielen Dank, Mylord«, sagte sie und ihre Stimme zitterte noch immer. Ihr Magen verkrampfte sich, weil sie noch immer Angst hatte. Würde sie das Blut überhaupt runterbekommen?
Aber sie sollte es, immerhin wollte sie ihm nicht noch einen Grund geben, böse auf sie zu sein.
Sie setzte also die Glasflasche an ihre Lippen und trank einen Schluck.
Sofort rebellierte ihr Magen und sie verzog etwas das Gesicht. Es schmeckte wirklich nicht besonders.
»Beim zweiten Schluck ist es nicht mehr so schlimm«, erklärte er mit einem leisen Lachen und entfernte sich wieder von ihr, um das Bett anzusteuern.
Unschlüssig behielt sie die Flasche in der Hand, da sie sich vor dem Highlord nicht übergeben wollte. Sie schielte, für den Bruchteil einer Sekunde zu seinem Rücken, nur um festzustellen, dass sich dieser, nach dem Akt mit Chiana, weder zurechtgemacht noch sich angekleidet hatte. Dementsprechend sah das sonst so ordentliche Bettzeug aus.
Lilitha schluckte und zwang sich dazu, noch einen Schluck zu nehmen. Das war schwieriger als gedacht, denn die Panik stieg in ihr auf, er könne etwas von ihr verlangen, was sie nicht wollte.
Warum sonst war er noch immer unbekleidet und lag im Bett?
Mühsam schluckte sie auch noch einen dritten Schluck hinunter. Er hatte recht, es wurde ein wenig besser und es war sättigend, doch für ihren Magen gerade die pure Qual.
Immer wieder schielte sie nervös zu ihm, als sie bemerkte, wie er sich einige Kleidungsstücke vom Boden fischte und sich Unterhose und Hose anzog.
Ein wenig verwundert, aber doch irgendwie erleichtert, senkte sie wieder den Blick. Auch wenn sie nur minimal beruhigt war. Es konnte immer noch alles Mögliche geschehen und plötzlich setzten ihr die Worte von der blonden Frau doch mehr zu, als sie dachte.
»Wieso bist du so ängstlich?«, fragte er nun, was sie aufblicken ließ und sie bemerkte, dass sein brauner Blick ein wenig verschlafen auf ihr lag.
Was sollte sie denn darauf sagen?
Gab es darauf überhaupt eine Antwort, die nicht bescheuert klang?
Sie konnte ihm ja wohl kaum sagen, dass sie Angst vor ihm hatte, oder?
Dass sie Angst hatte, bestraft zu werden, konnte sie ihm auch nicht sagen.
Was also sollte sie sagen?
Alle Dinge, die ihr durch den Kopf gingen, wirkten selbst für sie total zusammenhangslos und wirr. Wie sollte sie gerade dem Highlord erklären, warum ihr Körper so reagierte, wie er es tat?
Sie wusste es ja selbst nicht genau.
»Ich wollte dich nicht beunruhigen. Ich wollte dich nur um eine beruhigende Massage bitten«, erklärte er ein wenig zögerlich, als sie noch immer nicht geantwortet hatte. »Hat Chiana dir wieder irgendwie Angst gemacht? Ich hab ihr eigentlich erläutert, wieso ich dich zu mir rufe«, gestand er ihr, damit sie nicht dachte, er würde Chiana gegen sie aufbringen wollen, immerhin wusste er von ihrer übertriebenen Eifersucht.
»Sie hat mir nichts gesagt, Mylord«, sagte Lilitha und versuchte sich zu beruhigen.
Nur eine Massage also. Das klang fast zu schön, um wahr zu sein. Es wirkte so normal.
Also keine Bestrafung und auch kein Ärger?
Dennoch musste sie fragen, weil ihr diese Frage schwer auf dem Herzen lag. »Seid ... Seid Ihr Euch sicher, dass Ihr mich in Eurer Nähe haben wollt?«, fragte sie vorsichtig.
Immerhin hatte sie ihm erläutert, dass eine Berührung ausreichen würde, ihn zu töten. Oder nicht?
Er lachte fast schon ein wenig verwirrt.
»Wieso denn nicht?«, war die Gegenfrage, als er begann einige der zerwühlten Decken zur Seite zu schlagen.
Lilitha nahm einen weiteren Schluck und zwang sich ihren Magen zu beruhigen.
Er wirkte so, als wüsste er, wovon sie sprach, doch er ging wohl nicht darauf ein. Etwas, was er wohl häufig tat.
Lilitha atmete tief durch. Gut, wenn er es unbedingt verdrängen wollte, sollte sie dieses Problem ebenfalls erst einmal in die hintere Ecke ihres Gedächtnisses schieben.
Kurz schloss sie die Augen, um sich zu sammeln und tief durchzuatmen.
»Eine beruhigende Massage also«, murmelte sie. »Soll sie den Körper oder den Geist beruhigen?«, fragte sie vorsichtig.
Der Blonde lachte ein wenig verzweifelt auf.
»Ich weiß nicht. Vielleicht beides? Ich will einfach den Kopf frei kriegen, um schlafen zu können«, erklärte er und rieb sich angestrengt die Schläfen. »Diese Idioten verlangen einem alle Nerven ab, dass ich gehofft hatte bei Chiana ein wenig Entspannung zu finden. Es sind ja alle so bedacht darauf, mich bei ihr zu wissen«, murmelte er leise hinterher und legte sich langsam nach hinten, bis er auf dem Rücken lag.
Lilitha begab sich zu dem Schrank, in dem sich die Kräuter befanden.
Sie nahm eine Schüssel und öffnete danach ein kleines Schälchen mit getrockneten Blättern.
Sie roch daran und nahm zwei Blätter hervor. Diese waren dunkel und welk, doch noch während Lilitha diese zwischen ihren Fingern rieb, wurden sie wieder grün und so saftig, dass sie den Saft davon schließlich auf ihren Fingern hatte.
Langsam näherte sie sich dem Highlord. Das leicht zerriebene Blatt noch immer zwischen den Fingern.
»Wenn Ihr Euch das hier auf die Schläfen reibt, lindert Ihr die Kopfschmerzen«, erklärte sie leise.
Ein wenig schleppend richtete er sich wieder auf und schien darauf zu warten, dass Lilitha die Salbe verteilen würde.
Zögerlich legte sie vorsichtig die Finger an seine Schläfen und machte leichte, kleine, kreisende Bewegungen.
»Ich glaube nicht, dass du mich töten würdest«, antwortete er nun ein wenig nuschelnd, mit nach wie vor geschlossenen Augen.
»Wie könnt Ihr Euch da so sicher sein?«, fragte sie, während sie seine Schläfen sorgfältig massierte und extra leise sprach. »Ihr wirkt mir nicht so, als würdet Ihr Euer Vertrauen leicht oder häufig verschenken«, flüsterte sie und fuhr mit ihren Händen sanft über seine Wangen und zu seinen Ohren.
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