Kapitel 2.1
Lilithas Nervosität wuchs. Ihr Körper zitterte weiter, doch nicht mehr aufgrund der Kälte. »Das Haar und diese Augen«, murmelte die ältere Dame skeptisch, ehe sie Lilithas Kinn ein Stück vorzog. Ungeschickt folgte Lilitha dieser Bewegung und kurz darauf wurde ihr das zerfetzte Kleid von den Schultern geschoben, was dafür sorgte, dass sich ihr Atem beschleunigte. Hier drin war es wesentlich wärmer als draußen und auch angenehm trocken, dennoch fühlte sie sich unwohl unter den musternden Blicken. Prüfend griff die Frau an ihre Brüste und begutachtete diese, ehe sie den Kopf schüttelte. »Viel zu jung«, sagte sie schließlich, als die ruhige Stimme der zweiten Frau erklang.
»Ich möchte sie als Kammerzofe«, erklärte sie leise und erhielt einen verblüfften Blick der Älteren. Diese musterte die Schwarzhaarige und Lilitha schielte ein wenig zu den beiden auf, denn sie hatte den Blick bereits wieder gesenkt.
»Nun denn«, war die gelassene Antwort der älteren Dame, ehe sie von Lilitha abließ und sich den restlichen Frauen widmete.
Lilitha hingegen hob den Blick und war so dreist, der Frau in die Augen zu blicken, die gerade beschlossen hatte, dass Lilitha ihr gehöre. Wunderschönes, seidig-schwarzes Haar, welches zu einer eleganten Hochsteckfrisur geflochten war und eine Haut so rein wie Porzellan war das Erste, was Lilitha an ihr wahrnahm. Rosige Wangen, ein liebliches Lächeln und blauviolette Augen, in denen man sich verlieren konnte, zogen danach den Blick der Rothaarigen auf sich. So eine schöne Frau. Lilitha sah ihr an, dass sie wohl etwas sagen wollte, dennoch regte sie keinen Muskel, als würde sie Lilitha so gestatten sie anzusehen. Dann schlich sich ein warmes Lächeln auf ihre Lippen und sie nickte Lilitha kurz zu. Scheinbar als Zeichen, dass es in Ordnung war, dass Lilitha sie so anstarrte, und auch irgendwie, als würde sie ihr sagen wollen, dass sie keine Angst haben musste. Doch Lilitha hatte Angst, denn sie wusste überhaupt nicht, was auf sie zukam.
Lilitha folgte nicht den anderen Frauen, die ausgewählt wurden, sondern lediglich der schwarzhaarigen Schönheit. Diese führte sie einen Weg entlang, der einen guten Einblick in die Umgebung gestattete. Sie befanden sich in einem Teil, der komplett vom Rest des Palasts abgetrennt zu sein schien. Hier gab es einen Innenhof, mehrere wunderbar, exquisite Räumlichkeiten und einen Bereich, an dem sich die schönsten Frauen sammelten, die Lilitha je gesehen hatte. Sie wagte es gar nicht, diese anzusehen, doch die Erscheinungen, die fast schon Illusionen glichen, verführten selbst ihren Blick dazu, sie anzustarren. Die edle Frau, die in weißen Samt gekleidet war, lief jedoch grazil an ihnen vorbei, als wäre sie es bereits gewohnt, von solcher Eleganz umgeben zu sein.
»Wie ist dein Name?«, erklang die melodische Stimme der Frau vor ihr. Lilitha zuckte etwas zusammen, hob dann jedoch den Blick zu ihrem Hinterkopf.
»Lilitha«, sagte sie leise und ein wenig heiser. Der Weg hierher hatte ihr ganz schön zu schaffen gemacht und sie hoffte, dass sich das bald wieder legte. Zumindest kam durch die angenehme Wärme das Gefühl in ihren Armen und Beinen zurück. Was nicht gerade angenehm war, denn mit dem Gefühl kam auch der Schmerz. Ihre Füße waren bestimmt voller Blasen.
Der kalte Wind, der von draußen kam, als jemand eine Tür öffnete, streifte Lilithas nackte Haut. Man hatte ihr kein Kleid angeboten, daher lief sie noch immer nackt der Frau hinterher. Es gefiel ihr nicht und so senkte sie sofort wieder den Blick. Sie würde sich niemals daran gewöhnen, auch wenn es nicht das erste Mal war, dass sie gezwungen war, so jemandem hinterherzulaufen.
Die Schwarzhaarige führte sie einen Gang entlang, ehe sie eine Tür öffnete. Warmer Dampf waberte der Rothaarigen entgegen und sie hob vorsichtig den Blick. Ihre Nase wurde vom Duft einiger Kräuter umspielt.
»Also, Lilitha. Das hier ist der Hamam. Ich werde dich jetzt waschen und dir dabei erklären, was du tun musst. Präge es dir gut ein, ich werde es dir kein zweites Mal zeigen«, erklärte die Frau mit ihrer sinnlichen Stimme. Doch obwohl sich ihre Stimme anhörte wie warmer Honig, ließen ihre Worte dennoch eine unverkennbare Warnung mitschwingen.
Lilitha nickte gehorsam und mit gesenktem Blick, bevor sie vorsichtig eintrat. Sie schauderte, denn der heiße Dampf war sehr unangenehm auf ihrer gefrorenen Haut. Es fühlte sich an, als würde diese brennen. Sie war wohl doch noch nicht so aufgetaut, wie sie gehofft hatte.
Die schwarzhaarige Schönheit blieb am Eingang stehen und legte vorsichtig ihr Kleid ab, um es auf eine der Holzbänke zu legen. Dabei konnte Lilitha nicht anders, als ab und an ihren Blick zu ihr schweifen zu lassen. Seidig-weiche Haut und fast perfekte Kurven. Eine bildhübsche Puppe, auf die bestimmt so manche Frau eifersüchtig war. Elegant lief diese auf sie zu und deutete Lilitha, sich auf einen Hocker zu setzen, während sie begann, warmes Wasser in einen Eimer zu schöpfen. Dabei legte sie so viel Eleganz an den Tag, wie Lilitha bisher nur selten zu Gesicht bekommen hatte. Es passte jedoch sehr gut zu einem so edlen Ort. Alles hier wirkte teuer, prunkvoll, aber auch geschmackvoll.
Lilitha tat, wie ihr geheißen und spürte kurz darauf, wie ihr das Wasser über die Schultern gegossen wurde. Wahrscheinlich war es nur warm und nicht heiß, doch für Lilitha fühlte es sich auf ihrer kalten Haut kochend an, weshalb sie aufschrie. Abrupt sprang sie auf, um sich vor den Schmerzen in Sicherheit zu bringen. Die Frau blickte sie erschrocken an, ehe sie Lilithas Haltung und dann das dampfende Wasser musterte.
»Das tut mir leid. Ich hatte vergessen ... du musst dich vermutlich vorher aufwärmen«, entschuldigte sich die Frau und stand auf, um Lilitha zu beschwichtigen. Was diese überraschte, denn sie hatte nicht damit gerechnet, dass die Frau sich wirklich um sie sorgen könnte. »Ich werde dir zuerst die Regeln erklären und danach werden wir dich reinigen. In Ordnung?«, fragte sie nach, ehe sie sich an den Rand des Beckens zu Lilitha setzte und begann mit den Fingerspitzen in der Wanne herum zu plätschern.
Lilitha, die nun am Boden saß, nickte ruckartig und versuchte sich von dem unangenehmen Gefühl abzulenken, denn auch der Wasserdampf fühlte sich auf ihrer Haut wie kleine Nadelstiche an. Ihre Haut war durchgefrorener als erwartet, doch trotz der Schmerzen versuchte sie, ruhig zu atmen und zuzuhören. Sie wusste, dass es bald vorbei war und sie sich an die Wärme gewöhnen würde.
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Wie hättet ihr in Lilithas Position reagiert?
Wie war so euer erster Eindruck von der alten Dame und der Haremsdame?
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