Kapitel 18.5
Chiana befürchtete, der Highlord würde sie zu sich holen. Vermutlich zu Fortpflanzungszwecken, weil sie beide Vampire waren. »Willst du meinen Rat?«, fragte die Schwarzhaarige nun und richtete sich wieder auf, um Lilitha anzusehen.
Die Rothaarige hob den Kopf und legte ihn ein wenig schief, während sie Chiana musternd anblickte. »Sehr gern«, sagte diese leise. Sie war wirklich neugierig, was jetzt kommen würde.
Die Hexe deutete den Anflug eines Lächelns an, doch ihr Gesicht blieb trotzdem überraschend ernst.
»Sag niemandem, dass du reif bist. Sollte der Fall eintreten, leugne alles und denk am besten nicht mal an die Wahrheit. Besonders nicht, wenn Mylord dich darauf anspricht«, erklärte sie und sah Lilitha eindringlich in die Augen.
»Glaubt Ihr wirklich, Mylord könnte Interesse an jemandem wie mir haben?«, fragte Lilitha und klang ungläubig. »Das kann ich mir nicht vorstellen«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Aber ich werde Mylord nicht belügen, wenn er mich fragt.«
Chiana zuckte die Schultern und schlenderte langsam weiter den Weg entlang.
»Vielleicht weniger an dir als an deiner Rasse. Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, was für einen Typ er genau bevorzugt. Meinem Erachten nach ist er eher an erfahrenen Frauen interessiert. Du dagegen bist doch recht unschuldig«, versuchte sie zu vergleichen, doch selbst Lilitha merkte, dass sie sich recht unsicher war. »Du musst ihn ja nicht belügen, verheimliche es ihm einfach. Dreh die Wahrheit so, dass sie noch der Wahrheit entspricht.«
»Wenn er mich direkt darauf anspricht, wird es keine Möglichkeit geben, es zu verheimlichen«, erklärte Lilitha. »Aber das würde er wohl sowieso nicht machen. Warum sollte er auch? Ich werde es einfach niemandem erzählen. Ich habe außerdem kein Interesse, sein Bett zu wärmen, oder sein Kind auszutragen. Ich bin selbst noch ein Kind«, murmelte Lilitha leise und strich sich eine Strähne hinter ihr Ohr. Irgendwie machte sie diese Aussage ein wenig nervös, doch sie wusste nicht ganz wieso. War sie das denn noch? Sie wollte, dass es der Wahrheit entsprach, aber oft genug, sprach ihr Unterbewusstsein eine andere Sprache.
»Es geht hier weder um Liebe noch um Wollen, Lilitha. Und damit du zu nichts gezwungen bist, was du nicht willst, sag es ihm nicht«, erklärte sie und griff im Laufen nach ihrer Hand, um diese zu drücken. »Vertrau mir«, beharrte sie und musterte Lilitha besorgt.
Lilitha wurde ein wenig blass. »Glaubt Ihr wirklich, er würde mich zu sich holen, auch wenn ich nein sage?«, fragte sie und ihre Stimme spiegelte Entsetzen wider. War er wirklich so jemand? Das konnte sie sich gar nicht vorstellen.
»Eigentlich nicht. Nein. Aber andererseits bist du ein Vampir, genau wie er. Ich denke, er würde andere Wege finden, um dich zu überzeugen«, meinte sie und achtete unauffällig auf Lilithas Mimik.
Diese wirkte erschüttert und unruhig. »Denkt Ihr, er würde mich zwingen? Oder versuchen, mich zu manipulieren?«
Irgendwie wollte sie das gar nicht glauben. Aber andererseits war es sicherlich sein Ziel einen Erben zu bekommen und mit einer Vampirfrau wäre das wohl am sinnvollsten. Auch wenn es länger dauerte. Zumindest war das Kind dann auch ein reiner Vampir.
Chiana lachte und strich über Lilithas Schulter, um diese zu besänftigen.
»Jetzt beruhig dich mal wieder«, lächelte Chiana, die scheinbar über Lilithas Reaktion überrascht war. »Wenn du meinen Rat befolgst, wirst du es gar nicht erst herausfinden müssen«, erinnerte sie die Hexe und hoffte Lilitha zu überzeugen.
»Ja, da habt Ihr Recht. Aber ich werde es nicht ewig mit Ausreden verstecken können«, murmelte sie kleinlaut, immer noch sehr unschlüssig und auch ein wenig ängstlich.
»Deswegen solltest du deinen Welpenschutz solange genießen, wie man ihn dir glaubt«, erklärte Chiana als sollte das offensichtlich sein.
»Ich hoffe, das wird noch sehr lange der Fall sein«, wisperte Lilitha und senkte nachdenklich den Blick.
Nun war ihr Kopf nicht mehr nur voll mit dem Problem ihrer Gabe. Jetzt malte sie sich auch noch aus, wie der Highlord sie vielleicht bedrängte. Na wunderbar.
»Glaubt Ihr, ich sollte den Tanz vorführen, damit ich zu den grünen Halsbändern komme und mich um die Unterhaltung kümmern kann? Dann wäre es sicher unwahrscheinlich, dass er mich zu sich holt, oder?«, fragte Lilitha unsicher. Sie war sich noch nicht so ganz bewusst, wie das System nun funktionierte.
Chiana lachte erneut und drehte langsam wieder um, um zurück zum Harem zu laufen.
»Möglich. Vielleicht bemerkt er aber auch, dass du gar nicht so klein bist, wie du aussiehst«, mahnte Chiana die Rothaarige dezent. »Die Favoritin vor mir ist jetzt auch bei den Unterhaltern oder besser gesagt, war es auch davor schon. Sie ist direkt von grün auf weiß gesprungen. Wenn er an jemandem Gefallen findet, interessiert ihn auch nicht die Farbe des Halsbandes«, erklärte sie und zog den Mantel fester um sich. »Was ist das denn für ein Tanz?«
»Bei Vampiren ist es üblich, dass es Familientänze gibt, welche den Clan repräsentieren. Ich habe den Tanz von meiner Mutter gelernt«, erklärte Lilitha. »Wenn Ihr wollt, kann ich ihn Euch zeigen, aber ich bin nicht sehr gut darin«, fügte sie hinzu und folgte Chiana weiterhin langsam.
»Ich würde mich freuen, wenn du ihn mir zeigst«, gestand Chiana lächelnd und sah zu Lilitha, die ein wenig nervös mit ihren Fingern rang.
Diese Vorstellungen über den Highlord machten alles nur noch schlimmer. Ein grausamer Gedanke jagte den nächsten.
»Sehr gern. Soll ich ihn Euch in Euren Gemächern vorführen?«, fragte sie und hoffte auf ein wenig Schutz. Auf einmal fühlte sie sich hier draußen beobachtet, wie Beute auf dem Präsentierteller. Kein angenehmes Gefühl.
»Ja, das wäre wohl besser«, stimmte Chiana ihr zu und steuerte ihre Räume an, als sie beide auch schon den Harem wieder betraten.
Noch immer fühlte sich Lilitha nicht wohl, da sie Blicke auf sich spürte. Aber wenn sie sich verstohlen umsah, konnte sie niemanden bemerken.
Erst als sie Chianas Räumlichkeiten betrat, wurde es besser.
Die Schwarzhaarige legte den Mantel ab und faltete ihn ordentlich, um ihn auf einem Hocker zu platzieren.
»Also? Ich bin gespannt«, erklärte sie neugierig und setzte sich an den Bettrand, um Lilitha genug Raum zu geben.
Diese legte ebenfalls ihren Mantel ab, ehe sie den freien Platz nutzte und versuchte sich zu konzentrieren.
Ihre Bewegungen waren dennoch ruckartig und wenig fließend, sodass der Tanz nicht seine eigentliche Wirkung erzielte.
Es war ein Tanz, der die Natur ehren sollte, doch so wie Chiana lächelte, sah Lilitha wohl eher aus wie ein betrunkenes Huhn.
Selbst hier drinnen auf ebenem Grund und mit hochgekrempelten Hosenbeinen landete Lilitha nicht nur einmal auf dem Boden.
Sie errötete ein wenig, weil es ihr peinlich war, vor Chianas Augen so zu versagen.
Als Lilitha wieder einen Ausfall vermasselte und sich den schmerzenden Hinterkopf rieb, ging Chiana auf sie zu, um sich neben sie zu hocken und ihr die Hand zu reichen.
»Vielleicht solltest du das mit dem Tanz lieber lassen«, riet ihr Chiana mit einem entschuldigenden Lächeln.
»Ja, vielleicht«, murmelte Lilitha, konnte sich aber noch daran erinnern, dass der Highlord sie nach dem Tanz gefragt hatte. Was sollte sie tun, wenn dieser ihn erwartete? »Oder ich führe ihn auf und zeige allen so, dass ich noch immer Welpenschutz brauche«, murmelte sie, auch wenn sich Lilitha sicher war, dass ihr das Ganze sehr peinlich werden würde.
Chiana lächelte zufrieden und half Lilitha wieder auf die Beine.
»Jetzt hast du es verstanden«, stimmte Chiana ihr zufrieden zu.
Lilitha schien endlich verstanden zu haben, dass sie diesen Welpenschutz, solange es ihr möglich war, ausnutzen musste.
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