Kapitel 18.1
Unruhig wälzte sich Lilitha in ihrem Bett.
Sie hatte den Baum eingepflanzt, ihn aber nicht völlig auswachsen lassen. Trotzdem hätte die Größe reichen sollen, damit sie sich erschöpft fühlte und gut schlief.
Doch sie hatte die Nacht gar nicht geschlafen und als die ersten Sonnenstrahlen zu sehen waren, schälte sie sich aus ihrem Bett, um sich für den Tag fertig zu machen.
Ihre Gedanken kreisten noch immer um den Highlord.
Würde er sie aus seinem Harem verbannen? Oder würde er ihr erlauben, weiter hier zu bleiben? Würde er sich noch von ihr massieren lassen?
Vermutlich nicht ... sie barg nun eine zu große Gefahr für ihn.
Vermutlich dachte er jetzt, sie sei eine verdeckte Attentäterin, die schlecht im Lügen war.
Aber er sollte doch wissen, dass sie ihn nicht töten würde. Sie hätte es schon längst tun können, wenn sie denn gewollt hätte. Doch das hatte sie nicht. Hatte nicht mal daran gedacht.
Er war ihr Gebieter, Herrscher und der Highlord, sie würde nie etwas tun, was ihm schaden würde.
Lilitha seufzte.
Sie hatte sich die ganze Nacht mit den Gedanken herumgeplagt und einfach keine Antwort gefunden. Außerdem konnte sie sowieso nichts anderes tun, als abzuwarten, was der Tag so brachte.
Und da sie noch immer eine Dienerin war, machte sie sich bereit dazu, ihren Pflichten nachzugehen.
Heute würde sie Chiana rechtzeitig wecken, damit diese zufrieden mit ihr war.
Also schlüpfte sie in ihren Yukata und machte sich die Haare, ehe sie ihr kleines Zimmer aufräumte.
Dann betrat sie den Raum der Favoritin.
Sie erkannte Bewegungen unter der Bettdecke, als Chiana sich zu wälzen begann.
Lilitha warf dieser einen kurzen Blick zu, als sie auch schon vorsichtig die geschlossenen, großen Vorhänge zur Seite zog, um das gleißende Licht hereinzulassen.
Gähnend richtete sich Chiana auf und schwang die Beine zur Seite, wo sie innehielt.
»Guten Morgen, Lilitha«, grüßte sie leise und rieb sich über das hübsche Gesicht.
»Guten Morgen, Mistress«, grüßte Lilitha leise zurück und reichte ihr einen leichten Morgenmantel, mit dem sie sich ins Bad begeben würde.
Auch wenn Chiana ein wenig schleppend in ihren Bewegungen war und alles andere als glücklich aussah, so war sie augenscheinlich wohl doch auf dem Weg der Besserung.
»Ich hoffe, ich habe dir gestern keine Umstände bereitet«, sagte die Schwarzhaarige nun und beobachtete, wie Lilitha ihren Mantel schloss.
»Nein, Mistress. Ich hoffe, Ihr fühlt Euch heute besser«, sagte die Rothaarige ruhig, während sie Chiana ins Badezimmer begleitete.
Chiana lächelte und ging in den gemeinschaftlichen Hamam des Harems, in dem auch Lilitha sich waschen durfte.
»Ja, in der Tat geht es mir besser. Ich habe viel über deine Worte nachgedacht«, gestand sie leise und hieß den heißen Dampf auf ihrer Haut willkommen.
»Das freut mich«, murmelte Lilitha und hielt den Blick gesenkt.
Wenn sie ehrlich war, hörte sie Chiana nur mit einem halben Ohr zu, denn ihre eigenen Gedanken kreisten noch immer um die letzte Nacht. Was würde jetzt geschehen?
Lilitha führte Chiana mit fast schon mechanisch Bewegungen zu den Handtüchern, entledigte sie ihres Mantels und führte sie dann zu dem Hocker, wo sie diese waschen würde. Ihre Gedanken dabei aber immer noch auf den Highlord fokussiert.
»Du wirkst ein wenig zerstreut«, bemerkte Chiana verwundert und musterte Lilithas Bewegungen, die zwar richtig waren, aber zu sehr in etwas vertieft, als dass sie sich wirklich auf das, was sie tat, konzentrieren würde.
Lilitha schluckte und senkte noch weiter den Blick, wenn das überhaupt möglich war und trat hinter Chianas Rücken.
Sie konnte ihr immerhin schlecht erzählen, dass sie beim Highlord gewesen war und er von ihrer Gabe wusste. Sie konnte sie doch aber auch nicht anlügen ...
»Verzeiht, Mistress. Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen. Ich glaube, ich habe den Highlord verärgert«, murmelte sie nervös. Vielleicht reichte es, wenn sie ihr erzählte, dass sie diesen heimlich beim Training beobachtet hatte und erwischt worden war.
Chiana horchte sichtlich auf und wirbelte bei dessen Titel herum, um zu ihr zu blicken.
»Ihn verärgert? Was meinst du damit?«, fragte sie nach und Lilitha konnte ihr ansehen, dass die bloße Erwähnung ihres Geliebten sie schon hellhörig machte.
Lilithas Hände wuschen weiter Chianas Körper, soweit es möglich war, während die Rothaarige den Blick weiter senkte. »Nun, als Ihr mir freigegeben habt, bin ich durch den Garten gelaufen und habe ihn beim Training entdeckt. Ich weiß nicht, ob es verboten war, in diesen Teil des Palastes zu gehen«, sagte sie und hoffte, damit einen Teil ihrer Nervosität zu beruhigen. Auch wenn das nur ein sehr kleiner Teil von dem war, was ihr durch den Kopf ging.
»Hat er dich gesehen?«, fragte sie nun fast schon gespannt und wandte sich immer weiter Lilitha zu. Sie hatte wohl nicht erwartet, dass Lilitha mit dem Highlord konfrontiert wurde. Zumindest nicht ohne ihr Wissen.
Sie war schon davon ausgegangen, dass sie sich umsehen würde, jedoch dachte Chiana, sie würde sich mit einer der Roten gegen sie verbünden. Das wäre keine Seltenheit bei dem Konkurrenzkampf, der hier herrschte.
»Ich denke schon«, murmelte Lilitha. Eigentlich wusste sie es. Immerhin hatte er am Abend danach etwas angedeutet, wenn sie sich recht entsann. »Mylord hat zu mir gesehen. Aber ich bin weggerannt. Ich wollte wirklich keine Grenzen übertreten. Aber es ist so faszinierend, wenn Männer mit Schwertern kämpfen.«
Chiana senkte den Blick und schmunzelte, fast schon ein wenig verträumt.
»Ja, er ist wirklich faszinierend«, murmelte sie und begann mit einer schwarzen Strähne zu spielen. »Er hatte mich einmal zum Training mitgenommen, um ihm zuzusehen. Jedoch war das zu der Anfangszeit, als ich noch bei den roten Halsbändern war«, erklärte sie und drehte sich mit dem Rücken zurück zu Lilitha, damit diese besser arbeiten konnte. »Wirkte er denn verärgert?«
»Das ist wirklich beneidenswert. Er wirkte nicht, als wünsche er dabei gesehen zu werden«, murmelte Lilitha und begann Chiana weiter zu säubern, ehe sie auf ihre Frage antwortete. »Ich weiß nicht, ob er verärgert war. Ich habe nicht lange genug gewartet, um seinen Gesichtsausdruck zu sehen.«
Nun schien Chiana ebenfalls nachzudenken und begann ihre Haare zusammenzudrehen.
»Er bekommt kaum etwas mit, wenn er trainiert, soviel ich weiß«, murmelte sie abwesend bis sie seufzte. »Du solltest womöglich aufpassen. Er ... spielt gerne«, sagte sie ein wenig zögerlich. Unsicher darüber wie sie es beschreiben sollte.
Lilitha hielt in ihrer Bewegung inne, ehe sie fragte: »Er spielt gerne?« Ihre Stimme zitterte ein klein wenig.
Vielleicht war es das, was er die letzten Tage getan hatte? Mit ihr gespielt?
Möglicherweise hatte er sonst nicht mit Vampirkindern zu tun, oder hatte keine anderen Vampire. Vielleicht war sie für ihn daher nur eine Art Spielzeug? Das würde vieles erklären.
Aber es war nicht so, als hätte sie das nicht bereits angenommen. Immerhin war er der Highlord und sie nur eine kleine, unbedeutende Waise, die hier als Dienstmagd arbeitete.
»Ja, er spielt gerne. Ich weiß nicht, wieso«, gestand Chiana und zuckte ein wenig unsicher mit den Schultern. »Dieses ständige Hin und Her scheint seine Art der Unterhaltung zu sein, oder sowas wie Humor«, erklärte sie und legte die Haare nach hinten, damit Lilitha diese waschen konnte.
Die rothaarige Vampirin nahm sich einige Kräutercremes und begann damit, diese in Chianas Haare einzureiben. »Mylord erscheint mir sehr einsam«, sagte sie und schnitt damit ein Thema an, dass sie auch schon ihm gegenüber erwähnt hatte. Doch der Highlord hatte sofort abgeblockt, was Lilitha natürlich nicht entgangen war.
»Wie meinst du das?«, fragte die Hexe und schien ehrlich nicht zu wissen, wovon Lilitha sprach. War es nicht offensichtlich?
Es schien doch offenkundig, dass der Highlord nicht viele soziale Kontakte suchte oder hatte.
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