Kapitel 15.1
Geduldig saß die Rothaarige vor der Tür und wartete nur darauf, dass Chiana reinkam und sie doch noch zu sich rief.
Als Lilitha sie am Morgen ausnahmsweise pünktlich wecken wollte, hatte die Hexe sie wieder weggeschickt und gemeint, sie wäre für heute von ihren Pflichten befreit.
Der gestrige Rückschlag hatte ihr wohl doch mehr zugesetzt, als gedacht, denn sie war nicht einmal aus dem Bett aufgestanden, um es Lilitha ins Gesicht zu sagen. Nein, sie hatte sie nicht einmal angesehen. Sie musste wirklich am Boden zerstört sein.
Auch wenn Lilitha nicht ganz sagen konnte wieso, tat es ihr nur umso mehr leid, dass der Highlord ihr anscheinend den Schal geschenkt hatte.
Wieder schielte die Vampirin zur Seite, zu dem edel bemalten Stoff, so wie sie es schon viele Male zuvor an diesem Morgen getan hatte.
Was hatte das zu bedeuten?
War es wirklich nur eine kleine Geste, weil er ihr sonst nichts geholt hatte? Er hatte sie schließlich mehrmals gefragt, doch Lilitha hatte abgelehnt. Oder war das seine Art, ihr für den Tag zu danken? Obwohl sie doch nur ihren Pflichten nachgegangen war? Und was sollte sie damit tun? Als Dienstmädchen konnte sie nicht einfach tragen, wonach ihr der Sinn stand. Sie hatte sich an das zu halten, was ihre Herrin wollte. Außerdem würde sie den Schal dann vielleicht kaputt machen.
Dennoch setzte sie sich auf das Bett, nahm den Schal in die Hand und schmiegte ihre Wange an den wunderbar schönen, kalten Stoff. Sie liebte dieses Gefühl.
Auch wenn ihr der Geruch Unbehagen bereitete. Ihre feine Nase, vernahm den Geruch des Highlords, der ihn vermutlich, wie auch den Armreif, unter seinem Mantel verstaut hatte.
Sie schluckte, legte sich aber dennoch den Stoff über die Arme, um sich darin einzuwickeln.
Er war wirklich wunderschön und von Hand gefertigt worden. Ein Muster aus Schmetterlingen, das ihrer Mutter sicherlich auch gefallen hätte.
Ein plötzliches, lautes Klopfen ließ Lilitha zusammenzucken und aufschrecken.
Hektisch legte sie den Schal ab und versteckte ihn unter ihrem Kopfkissen.
Dann wurde auch schon die Tür aufgerissen. Dass überhaupt geklopft wurde, war sehr freundlich.
Hektisch drehte sich Lilitha um, doch anstatt in die Augen von Chiana, blickte sie in die Augen eines Dienstmädchens.
»Der Highlord wünscht dich zu sehen«, sagte sie und klang ein wenig außer Atem. Sie musste hierher gerannt sein.
Lilitha blinzelte. »Was? Wieso?«, fragte sie skeptisch, ehe sie sich bereits daran machte, dem Dienstmädchen zu folgen.
Wenn der Highlord jemanden sehen wollte, dann gab es kein Privileg für Fragen. Egal für wen.
Lilitha durchzuckte kurz ein Gefühl von Panik. Was, wenn er doch beschlossen hatte, sie wäre nicht vertrauenswürdig, sein Geheimnis für sich zu behalten? Würde sie überhaupt in ihr Zimmer zurückkehren? Oder würde er sie köpfen lassen? Die Rothaarige begann von dieser Vorstellung leicht zu zittern, als sie auch schon vor seiner Tür zum Stehen kam.
Das Dienstmädchen sah zur Seite und bedeutete Lilitha allein einzutreten. Diese öffnete zögerlich die Türen und trat mit gesenktem Blick in den Raum. Der Geruch des Blonden umhüllte sie, worauf sie sich versteifte, bevor sie doch den Regeln folgte und sich niederkniete. Lilitha musste nicht aufsehen, um zu wissen, dass der Highlord im Raum war. Ihre Sinne schienen sich ständig zu verbessern und so konnte sie ihn nicht nur riechen, sondern auch leise atmen hören.
»Ihr habt nach mir verlangt, Mylord«, sagte sie mit etwas heiserer Stimme.
»Ja, komm her«, erwiderte er, wenn auch etwas gepresst.
Lilitha runzelte verwundert die Stirn, doch sie folgte dem Befehl und stand auf, um zu ihm rüberzugehen.
Der Mann saß sichtlich verspannt am Bettrand und rieb sich die Schulter. »Das Dienstmädchen hat mir irgendeinen Nerv eingeklemmt. Kennst du dich damit aus?«, fragte er und blickte sie hoffnungsvoll an.
Lilitha starrte ihn kurz perplex an, ehe sie sich kommentarlos auf das Bett begab und ihre Hände über seinen Nacken, seine Schultern und einen Teil seines Rückens gleiten ließ. Ihre Mutter hatte ihr oft genug erklärt, wie sie zu massieren hatte, doch bisher war sie einfach noch nicht in der Lage gewesen, die richtigen Punkte richtig zu drücken. Doch auch ihre Motorik wurde besser. Die Kommunikation zwischen ihren Muskeln und ihrem Kopf wurde immer besser. Ihre Aufmerksamkeitsspanne war nicht mehr ganz so kurz. Ein deutliches Zeichen, dass ihre Reife einsetzte. Doch diesen Gedanken verdrängte sie lieber.
»Das ist ein Nerv, der bei dieser Art der Massage häufig eingeklemmt wird, wenn man es nicht richtig macht«, sagte Lilitha schüchtern und hob ein wenig seinen Arm an. Sie erinnerte sich noch sehr genau daran, was ihre Mutter ihr gesagt hatte. Dennoch war sie ein wenig unsicher, ob sie es schaffte, es genauso zu machen, wie sie musste. Obwohl es nicht schlimm war, wenn sie es nicht schaffte. Schlimmstenfalls würde einfach gar nichts passieren, weil sie zu schwach war. Mehr Schaden konnte sie mit ihrer Kraft kaum anrichten. Nicht bei einem Vampir wie dem Highlord.
Also atmete sie durch und setzte das um, was ihre Mutter ihr beigebracht hatte.
Ohne Vorwarnung drückte und zog sie ein wenig, so dass er einen stechenden Schmerz spürte.
Er verzog ein wenig das Gesicht, versuchte jedoch ruhig zu atmen, um nicht aufzustöhnen.
Normalerweise war er durch sein Training auch Schlimmeres gewohnt, doch so früh am Morgen und auch noch an einer solchen Stelle, löste dieser Winkel enorme Schmerzen bei ihm aus, so dass es ihn sogar fast schon bewegungsunfähig machte.
»Heißt das ja oder nein?«, presste er angestrengt hervor, als Lilitha seinen Arm immer noch nicht losließ. Er hatte gar nicht gewusst, dass sie schon so stark war.
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