Kapitel 12
Er trat in seine Gemächer und Lilitha schloss stumm die Türen hinter sich. Der Highlord begann wie selbstverständlich sich zu entkleiden und legte seinen Mantel auf einen Hocker nahe dem Sofa und streckte sich ausgiebig.
»Hast du auch was zur Entspannung bei deinen Ölen?«, fragte er und trat sich unachtsam die Schuhe von den Füßen.
Über diese Frage verwundert, musste Lilitha erst einmal nachdenken. »Ich kann etwas mischen«, sagte sie vorsichtig. Niemand hatte es bisher gut gefunden, wenn sie Öle, oder andere Dinge mischte. Immerhin sollte sie dies lieber denjenigen überlassen, die Ahnung davon hatten.
Der Highlord nickte nur beiläufig, als er sich auch schon das Hemd über den Kopf zog und sich auf das Bett rollte. Auch wenn der Anblick nicht neu war, so war es dennoch ungewohnt. Lilitha schluckte, bevor sie sich zwang, den Blick abzuwenden und eilte schnell in das Bad, um einige Öle zusammenzusuchen, die eine beruhigende und entspannende Wirkung hatten.
Sie kam mit einer kleinen Schüssel zurück, in der sich die neue, wohlriechende Mischung befand. Dann trat sie auf die Pflanzen zu, die sich vor dem Fenster des Schlafzimmers befanden. Es gab viele davon in den Räumen des Highlords, um welche sich die Dienstmädchen kümmerten. Generell gab es viele Pflanzen in dem Palastteil, der zum Harem gehörte. Lilitha pflückte zwei kleine Blätter einer dieser Pflanzen und zerrieb sie zwischen ihren Händen, ehe sie diese Masse zu den Ölen hinzufügte.
Kaum war das geschehen, trat sie auf den Highlord zu, der sie aus müden Augen beobachtet hatte. Schüchtern stieg sie auf das Bett und kniete sich vorsichtig auf seine Oberschenkel, ehe sie begann das Öl tröpfchenweise auf seinen Rücken zu verteilen.
»Was für Wirkungen haben deine Öle noch?«, fragte er murmelnd und schien anscheinend bereits in Lilithas Berührungen vertieft zu sein. Nachdem ihre Hände das Öl eingerieben hatten, legte sie beide Hände quer nebeneinander, um den Großteil des Rückens stromaufwärts zu massieren.
»Ich kann Öle und Salben für alle möglichen Beschwerden herstellen«, erklärte Lilitha leise und widmete sich einigen sehr verspannten Stellen besonders intensiv. »Meine Mutter war eine Kräuterfrau. Oder wie man in unserer Familie sagte: Von der Natur gesegnet. Sie hat mir viel beigebracht und ...« Abrupt hielt sie inne und schwieg. War es in Ordnung, ihm etwas über ihre Gabe zu verraten? Ihre Mutter hatte sie dazu gedrängt, diese geheim zu halten. Aber sie hatte bereits zu viel preisgegeben. Was sollte sie ihm denn sonst sagen? Nein. Ihre Mutter muss Gründe gehabt haben, dass sie sich vor anderen verstecken sollte. Und ihre Mutter war eine kluge Frau gewesen.
»Und?«, wiederholte er fragend, als Lilitha nur schweigend und bewegungslos auf ihm saß. Als wäre die Zeit um sie herum eingefroren, starrte sie nur auf ihre Hände und den nackten Rücken vor sich.
Lilitha schluckte. Was sollte sie denn nun sagen? »Und die Ausbilderin hat mir gezeigt, wie ich zu massieren habe«, erklärte sie leise. Das stimmte, auch wenn Lilitha nicht so massierte, wie sie sollte, weil das die Wirkung der meisten Öle zunichtemachen konnte. Ihre Mutter hatte sie gelehrt, dass es für jedes Öl und für jede Wirkung, die sie erzielen wollte, eine eigene Art der Massage gab. Hier im Palast kannte man jedoch scheinbar nur eine einzige. Und die sah hauptsächlich so aus, dass man das Öl wahllos einmassierte, nur halt in einer bestimmten Reihenfolge. Von den Schultern abwärts. Was die Leute nicht zu wissen schienen, war aber, dass man mit dem Blutfluss gehen musste. Somit brachte man den Kreislauf in Schwung. Von den Füßen zu den Oberschenkeln. Vom Steißbein zum Nacken. Und von den Schultern zu den Fingern. Somit verfolgte man die komplette Blutbahn und erzielte eine Wirkung, die sowohl entspannend als auch einschläfernd sein konnte. Je nachdem, wie man das Öl einmassierte und auch welches Öl man verwendete.
Lilitha widmete sich einer weiteren Stelle, ehe sie ihre Massage beendete, in der Hoffnung, sie hätte ihn genug entspannt. Das hatte er immerhin gewollt. Als würde sie es eilig haben, kletterte sie von der Matratze und machte sich daran, ihre Utensilien aufzuräumen.
»Danke«, murmelte der Highlord nur und rollte sich mit geschlossenen Augen auf den Rücken. »Ich werde dich heute Abend wieder zu Chiana bringen. Mach dir aber keine Sorgen, ich werde mit ihr reden und ihr den Armreif schenken. Das wird sie, denke ich, besänftigen«, erklärte er und seufzte entspannt.
Lilitha hielt in ihrer Tätigkeit inne und verspannte sich etwas. »Vielen Dank, Mylord«, sagte sie, auch wenn sie wusste, dass dies nur die oberflächlichen Wogen glätten würde. Chiana würde dennoch genug Gründe finden, um sie bezahlen zu lassen, dass sie so viel Zeit mit ihrem Geliebten verbracht hatte. Vielleicht sollte Lilitha mit Chiana über eine Fruchtbarkeitsmassage sprechen. Immerhin war das Chianas Ziel. Ein Kind des Highlords austragen. Dazu waren die Haremsfrauen da. Somit würde sie hoffentlich merken, dass Lilitha nicht an ihrer Beute interessiert war. Andererseits könnte Chiana auch denken, Lilitha würde sie mit dieser Massage sabotieren wollen ... sie konnte sich nicht sicher sein.
»Hast du Angst vor ihr?«, fragte er nun und Lilitha zuckte zusammen, als sie merkte, dass er aufgestanden war.
»Nicht vor ihr«, sagte sie zögerlich. »Aber vor ihrer Eifersucht«, murmelte sie. »Ich bin mir sicher, dass sie jeden, der Euch berührt, oder auch nur ansieht, verschwinden lassen würde, wenn es ihr möglich wäre«, gestand sie leise. Auch wenn sie Chiana noch nicht lange kannte, so waren ihr die Blicke doch nicht entgangen. Der Highlord seufzte träge, als hätte er das bereits erwartet.
»Sie war schon immer sehr eifersüchtig. Auch wenn sie versucht es nicht vor mir zu zeigen, so ist es doch offensichtlich«, erklärte er und ging auf seinen Schrank zu, um sich ein neues Hemd anzuziehen. Doch die alte Jacke zog er dennoch wieder an. »Wenn sie dir wehtut, will ich sofort davon in Kenntnis gesetzt werden. Verstanden?«, befahl er und blickte zu ihr, während er seinen Kragen richtete.
»Jawohl, Mylord«, antwortete Lilitha artig. Zu verblüfft über diese Aufforderung, um verwirrt zu sein. Er wollte davon in Kenntnis gesetzt werden, wenn sie ihr weh tat? Sollte sie jedes Mal zu ihm laufen, um es ihm zu sagen?
Der Blonde war auf dem Weg zur Tür, als Lilitha ein leises: »Mylord, Euer Haar«, von sich gab. »So könnt Ihr nicht raus«, meinte sie und holte sofort eine Bürste, damit sie ihm das Haar richten konnte, das nach dem Anziehen und der Massage sehr zerzaust wirkte.
»Oh«, machte er nur und setzte sich auf einen der gepolsterten Hocker, damit Lilitha besser ihre Arbeit machen konnte. »Danke«, seufzte er, nachdem Lilitha fertig war und erhob sich dann, um die Tür zu öffnen. »Wir gehen noch kurz meine Mutter besuchen und dann zu Chiana in den Harem«, erklärte er ihr und schlug erneut einen komplett neuen Weg ein, um zu besagter Frau zu gelangen. Lilitha wurde mit jedem Schritt, den sie dem Highlord folgte, aufgeregter. Seine Mutter hatte sie kennengelernt, als diese zusammen mit Chiana die neuen Haremsmädchen erwählt hatte. Doch viel wusste sie nicht über sie, obwohl sie die mächtigste Frau dieser Gegend war. Als die Mutter des Highlords war sie sehr einflussreich, da sie auch Einfluss auf ihren Sohn nehmen konnte.
»Gibt es etwas, worauf ich achten sollte, Mylord?«, wollte Lilitha leise und unschlüssig wissen. Der Blonde seufzte selbst ein wenig unsicher, was Lilitha sichtlich überraschte, aber alles andere als beruhigte.
»Ich denke es wäre ganz gut, wenn du die Hände auf deinem Bauch faltest, wenn wir eintreten und den Blick auf keinen Fall hebst, selbst wenn sie mit dir redet oder dich auffordert sie anzusehen«, erklärte er und passierte einen langen Korridor, der mit großen offenen Fenstern ausgelegt war. »Sie ist sehr misstrauisch und sieht gerne, wo die Hände von jemandem sind. Und wenn sie merkt, dass du mich oder sie ansiehst, denkt sie gleich, du würdest dein Opfer für ein Attentat ins Visier nehmen«, fügte er hinzu, damit Lilitha sich nicht wunderte, weshalb solche, eigentlich banalen, Sachen wichtig waren.
»Vielen Dank für die Hinweise, Mylord«, sagte sie leise, ehe sie auch schon den Trakt betraten, der seiner Mutter gehörte.
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