Seid gegrüßt, Vanessa Helsing!
Seid gegrüßt, Vanessa Helsing!
Sprachlos sah Sherlock auf Molly herab und diese sah ihn finster an. Offenbar gefiel es ihr gar nicht, dass er sie überwältigt hatte und der Detektiv konnte einfach nicht mit seinem Verstand verarbeiten, dass es Molly gewesen war, die ihn so angriffslustig attackiert hatte.
Wäre es Evelyn gewesen...ihrem Temperament wäre so etwas noch zuzutrauen, aber doch nicht Molly. Molly Hooper war zurückhaltend, schüchtern und unglaublich einfühlsam. Aber hier schien sie dies keineswegs zu sein. In dieser Welt war sie ganz offenbar eine knallharte Kriegerin, die auf Vampirjagd war und die Sherlock ebenfalls für einen Blutsauger gehalten hatte.
,,Und wer seid Ihr?", zischte sie, woraufhin Sherlock eine Augenbraue hob.
,,Wie?"
,,Ich habe Euch meinen Namen verraten. Da Ihr aber offenbar keineswegs ein Vampir seid, denn sonst wärt Ihr schon längst über mich hergefallen...seid Ihr ohne Zweifel ein Mensch. Also...wie heißt Ihr? <<, wollte sie wissen und Sherlock reichte ihr nun seine rechte Hand, um ihr aufzuhelfen, die sie widerwillig ergriff.
,,Mein Name ist Sherlock Holmes! Und bevor Ihr es erwähnt...ja, es ist ein komischer Name."
,,Nun, denn...Sherlock Holmes...würdet Ihr mir wohl meine Waffen zurückgeben?", entgegnete sie und er kam ihrer Bitte nach.
Während Molly ihre Waffen an ihren Waffengurten befestigte, musterte Sherlock sie und kam nicht mehr aus dem Staunen raus. Molly trug eine enge Lederhose, schwarze Stiefel und ein langärmliges Oberteil. Um ihre Taille war eine Korsage gebunden und sie trug eine Kreuzkette um den Hals...zweifellos eine Vampirägerin!
,,Ihr jagt also Vampire?", schlussfolgerte Sherlock und sie nickte.
,,Gut erkannt! Und Ihr ebenfalls!"
,,Wie kommt Ihr darauf?", meinte er irritiert und sie zuckte mit den Schultern.
,,Niemand wagt sich nachts raus in die Stadt. Es sei denn, man ist Vampirjäger oder hat Todessehnsucht. Aber Ihr scheint mir nicht gerade jemand zu sein, der Todeswünsche hat. Also entweder jagt Ihr auch Vampire, oder Ihr seid lebensmüde."
Sherlock sah sie verblüfft an und Molly verschränkte die Arme vor der Brust. Der Detektiv glaubte, langsam aber sicher wirklich den Verstand zu verlieren und wusste bald schon gar nicht mehr, was er noch sagen sollte.
Aber, da er mit seiner Weisheit langsam am Ende war, beschloss er schließlich, das Spiel einfach mitzuspielen.
,,Naja, um ehrlich zu sein...ich jage die Vampire tatsächlich. Ein junges Mädchen ist von einem Vampir im Badezimmer zu einer Art Ball eingeladen worden und naja...in ihrer Dummheit ist sie ihm gefolgt. Ich bin ihr nach und habe dann gesehen, wie ein gutes Dutzend Vampire aus den Gräbern gekommen ist. Sie haben eine Showeinlage hingelegt und sind dann Richtung Wald verschwunden.", erklärte er und der Blick von Molly verfinsterte sich.
,,Das Gefolge des Grafen von Krolock!"
,,Von wem?", gab Sherlock perplex zurück und sie sah ihn vielsagend an.
,,Graf von Krolock! Er ist der Älteste von ihnen...ihr Anführer...der König der Vampire! Vergleichbar mit Graf Dracula, wenn Ihr so wollt. Ich bin schon seit Ewigkeiten daran, ihn endlich zu töten. Aber bisher ist es mir noch nicht gelungen."
Sherlock sah Molly verdutzt an, denn ihre gnadenlose und knallharte Persönlichkeit war so neu und ungewöhnlich für ihn, dass es ihn geradewegs irritierte. Doch Molly schien sich dessen gar nicht bewusst zu sein, denn sie wurde nachdenklich und sie sah ihn schließlich fragend an.
,,Wer war das Mädchen?"
,,Ihr Name ist Sarah und sie ist die Tochter von Greg...ich meine, Chargal und Magda.", erklärte Sherlock und Molly stöhnte auf.
,,Oh, nein! Das war ja abzusehen. Diese Sarah hatte schon immer ein Faible dafür, sich in Schwierigkeiten zu bringen. War ja klar, dass sie dem Ruf dieser Bestie folgt."
,,Ja, was das angeht...ich weiß, dass das jetzt verrückt klingt...aber diese Bestie, ist allem Anschein nach mein Bruder.", brachte Sherlock hervor und die Augen von Molly weiteten sich.
,,Euer Bruder?"
,,Zumindest sieht er genauso aus wie er. Ich weiß nicht, was es damit auf sich hat.", erwiderte er und Molly warf ihm nun einen eindringlichen Blick zu.
,,Hören Sie mir gut zu, Mr. Holmes...ganz gleich, ob diese Bestie aussieht wie Ihr Bruder oder er es einst war, er ist es nicht mehr. Diese Ausgeburten der Hölle...sie töten die Seelen der Menschen und benutzen dann ihre Körper. Es sind Dämonen, die wir vernichten müssen. Wenn wir es nicht tun, dann werden sie bald die Welt beherrschen. Also, kann ich auf Sie zählen?"
,,Auf mich zählen? Wobei?", fragte Sherlock irritiert und Molly bekam ein kampflustiges Funkeln in den Augen.
,,Bei der Vernichtung der Vampire!"
***
Sherlock hatte nach langem Zögern zugestimmt, Molly zu helfen und nun gingen sie durch die Straßen von London. Molly wollte noch ihre Tante als Unterstützung mitnehmen, denn ihrer Meinung nach, würde es eine ziemlich harte Angelegenheit werden, Graf von Krolock und sein gesamtes Gefolge auszuschalten.
Sherlock folgte ihr schweigend und wusste nicht, wie er mit der ganzen Situation umgehen sollte. Es schien ihm wie eine falsche Realität zu sein, in welcher der Verstand gänzlich verloren war. Aber er konnte nichts anderes tun, als die Ereignisse hinzunehmen und sie zu durchleben. Er konnte nur hoffen, dass dies alles irgendwann ein Ende hatte.
Sie erreichten nach einer gefühlten Ewigkeit die Straße, in der Molly und ihre Tante lebten. Und eine Ironie des Schicksals war es wahrhaftig, denn sie befanden sich doch allen Ernstes in der Baker Street.
,,Das war ja klar!", murmelte Sherlock und Molly horchte auf.
,,Was sagt Ihr?"
,,Ach, ist nicht so wichtig!", entgegnete Sherlock und als sie auch noch an der Hausnummer 221b Halt machten, ahnte Sherlock bereits, wen er gleich als Tante von Molly vor sich haben würde.
Molly öffnete die Tür und ließ Sherlock eintreten. Als sie drin waren, verschloss sie die dutzend Riegel und Sherlock staunte nicht schlecht, dass die Wohnung so einbruchssicher war.
,,Vanessa, bist du das?", ertönte eine Stimme und Sherlock sah seinen Verdacht bestätigt, als Mrs. Hudson auf sie zukam. ,,Ich dachte schon, dir wäre was passiert."
,,Nein, Tante Martha! Ich habe die Vampire verpasst, aber dafür habe ich einen Verbündeten für uns.", erklärte Molly und deutete vielsagend auf Sherlock, den Mrs. Hudsons Double nun musterte.
,,Ah, interessant! Willkommen Mr..."
,,Holmes! Sherlock Holmes!", vollendete er ihre unausgesprochene Frage und sie nickte.
,,Na, dann! Was steht an, Vanessa?"
,,Graf von Krolock! Er hat ein Menschenmädchen auf sein Schloss gelockt und sein Gefolge zu sich gerufen. Ohne Zweifel will er Sarah zu seinesgleichen machen."
,,Ihr meint...er will sie in einen Vampir verwandeln?", brachte Sherlock hervor und Molly nickte.
,,Ganz sicher! Nur ein Biss von diesen Bestien und man ist zur ewigen Verdammnis verflucht. Ein Schicksal, wovon man nur in seinen Albträumen träumt."
,,Dann sollten wir uns besser vorbereiten!", sagte Mrs. Hudson und sie folgten ihr in die Wohnung.
***
Eine gute Stunde waren sie damit beschäftigt, Waffen zu schärfen und sich mit ihnen auszustatten. Und Sherlock kam sich langsam wirklich vor wie ein Vampirjäger.
Weihwasser, Knoblauch, Kruzifixe, Pflöcke...all damit bewaffnete er sich und auch Molly und ihre Tante bestückten sich mit unzähligen Waffen. Dabei wusste Sherlock nicht einmal, wie er sich erstmal verhalten würde, wenn er dem Ego seines Bruders gegenüberstand, welches zu einem unsterblichen Vamprigrafen geworden war. Und was würde er tun, wenn Mycroft in seinem Wahn wirklich das Menschenmädchen Sarah, welches Evelyn aus dem Gesicht geschnitten war, in ein Geschöpf der Nacht verwandelte?
Sherlock hatte keine Antworten auf diese Fragen und er konnte nur hoffen, dass diese Nacht möglichst schnell vergehen würde.
Als Molly und ihre Tante auch die letzten Waffen an sich verstaut hatten und somit vollständig zum Kampf gerüstet waren, zogen sie sich schwarze Mäntel über und Sherlock schaute erwartungsvoll in die Runde.
,,Wo werden wir die Vampire finden?"
,,Im Schloss des Grafen!", erklärte Mrs. Hudson und Sherlock sah sie verblüfft an.
,,Mycroft hat ein Schloss? Naja, immerhin eine Tatsache, die der Realität etwas nahe kommt."
,,Mycroft?", wiederholte Molly und Sherlock zuckte mit den Schultern.
,,Der echte Name meines Bruders!"
,,Verstehe! Also, gut! Bringen wir es hinter uns. Heute Nacht...endet die Herrschaft dieser Bestien oder die Menschheit wird untergehen. Ganz gleich, was auch geschieht...wir müssen es riskieren.", brachte Molly hervor und als keiner Einspruch erhob, verließen sie das Haus.
Gemeinsam begaben sie sich schließlich Richtung Wald, in den die Vampire vorhin verschwunden waren. Sie folgten den Spuren und nach einem Marsch, der ihnen wie eine Ewigkeit vorkam, erreichten sie schließlich den Ort, an dem sich alles entscheiden würde...das Schloss des Grafen von Krolock...das Schloss der Vampire!
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