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Family first


„Worte verletzen,
die Stille erschlägt,
Gleichgültigkeit tötet."

_­__

Ein Schlüssel drehte sich im Schloss und weckte mich auf.
Ich lag auf der Couch in Linus Wohnzimmer, mein Gesicht gezierte mit faltigen Kissenabdrücken, mein Kopf noch leicht benebelt von meinem Nickerchen. Ich hatte noch einige Zeit bei Linus im Bett gelegen, auch nachdem er eingeschlafen war. Doch als der Kleine mit seinen gymnastischen Schlafübungen begonnen hatte, war ich geflohen. Ich wusste von unzähligen Übernachtungen, dass Linus kein ruhiger Schläfer war, er machte mehr Sport während er schlief als manch andere in ihrem ganzen Leben, und dabei entstanden die komischsten Verrenkungen und Posen. Für Außenstehende war es sicherer sich in Sicherheit zu bringen und Abstand zu halten.

„Hallo Moglie." Begrüßte mich Anna mit ihrer sanften Stimme, als sie das Wohnzimmer betrat. Anna war von Natur aus ein sehr empathischer Mensch, sie war gütig und hatte ein unglaublich großes Herz. Nur selten traf man Menschen wie Anna, die so aufrichtig und ehrlich großherzig waren. Außer ihr kannte ich nur Linus, der so war. Daher war es kein Wunder, dass ich Anna schon früh in mein Herz geschlossen hatte, so oft wie sie mir ein offenes Ohr angeboten oder einfach nur ein Ruhepol in einer stressigen Situation gewesen war.
Sie war ruhig und besonnenen und damit das komplette Gegenteil ihrer Frau, Beth.
Beth war laut, aufbrausend und voller Energie. Sie war eine der wenigen Menschen von der ich ehrlich sagen konnte, dass sie mit meiner großen Klappe mithalten konnten. Ich liebte diese Frau, wohl auch, weil wir uns manchmal ziemlich ähnlich waren. Zusammen ergänzten sich Anna und Beth perfekt. Natürlich stritten sie auch und selbstverständlich gab es Höhen und Tiefen und Momente in denen alles etwas zu viel schien, doch sie liebten sich und sie vergötterten Linus und gemeinsam, da war ich mir sicher, würde sie vieles überstehen. Sie wirkten auf mich immer wie eine dieser perfekten Familie die zusammenpassende Pyjamas trugen und in irgendwelchen Werbezeitschriften abgebildet waren.

„Schläft unser kleiner Engel oben?" fragte sie mit einem warmen Lächeln, während sie sich ihren langen Mantel von den Schultern zog und ihn ordentlich gefaltet auf die Lehne des breiten Sessels legte.

„Keine Ahnung wen du mit Engel meinst. Ich weiß nur das Linus schläft." Seufzend rieb ich mir die Augen um die letzte Müdigkeit zu vertreiben.

„So schlimm?" fragte sie schmunzelnd. Sie wusste genau, dass es so schlimm gewesen war. Sie war immerhin seine Mutter, sie trug also eine gewissen Mitschuld das er so war, wie er war.

„Schlimmer. Ich hab ihm Pilzsuppe gemacht." Ich war mir sicher, dass ich mir das noch eine lange Zeit von Linus anhören durfte. Manchmal konnte er wirklich nachtragend sein. Zumindest bei solch banalen Dingen.

Anna ließ sich lachend in den alten Sessel mir gegenüber fallen.
„Trotz seiner Allergie?"

„Jetzt fang du nicht auch noch davon an." Seufzte ich genervt. Das schien sie nur noch mehr zu amüsieren. „Du weißt genau, dass er keine Allergie hat." Setzte ich hinzu.

„Mein Sohn hat eine Menge Allergien. Eine Allergie gegen rote Beete, Aufräumen, Tunfisch und gegen diese Fernsehserie die ich Dienstagsabends immer gucken."

„Kein Wunder, die ist ja auch totaler Mist." Mit diesen Worten betrat Beth das Wohnzimmer. Ihr blonder Pferdeschwanz wippte während sie lief und wirkte im Kontrast zu ihrer schwarzen Lederjacke noch heller als sonst.
„Stimmt überhaupt nicht!" protestierte Anna empört.

„Okay, Schatz. Wenn du das sagst."
Anna schenkte ihr einen bösen Blick, doch erwiderte sonst nichts mehr. Sie schienen sich wohl einig zu sein, dass sie sich in dieser Hinsicht uneinig waren.

„Was macht eigentlich dieser Schnorrer schon wieder auf unserem Sofa?" fragte Beth mit dem Blick auf mich gerichtet, als sie sich auf die Sessellehne neben ihre Frau setzte.
„Hi, Beth. Freut mich auch dich zu sehen. Benutzt du eine neue Faltencreme? Sieht toll aus. Lässt dich direkt zehn Jahre jünger aussehen, wie frische fünfundfünfzig." Ich schenkte ihr mein unschuldigstes Lächeln. Ich brauche euch wohl nicht zu sagen, dass ich aussah wie ein kleiner Psychopath, der gerade eine Katze angezündet hatte. Lächeln war nicht meine Stärke.

„Warum genau lassen wir diesen Jungen immer wieder in unser Haus?" fragte sie vorwurfsvoll an ihre Frau gewandt.
„Weil du mich liebst." Grinste ich völlig von mir überzeugt.
„Du hast Glück, dass das Linus dich mag, sonst hätte ich dich schon längst wie eine kleine lästige Ameise unter meinem Stiefel zerquetscht."
„Oh nein, jetzt hab ich aber Angst. Mit deinen 1,55 würde ich das bestimmt nicht überleben." Sie wusste, dass ich wusste, dass sie 1,70 groß war, doch genauso wusste ich, dass sie wusste, dass ich sie damit nur provozieren wollte. Wir zogen uns immer mit kleinen Beleidigungen und dummen Sprüche auf, das war irgendwie unsere Art einander zu zeigen, dass wir uns gern hatten. Zumindest glaube ich das.

„Halt mich zurück Anna, damit ich dem kleinen Scheißer keinen Arschtritt verpasse."
Ich lachte, sie war zwar durchaus nicht schwach und recht sportlich, doch sie wusste genauso gut wie ich, dass sie das nicht schaffen würde.

Anna machte keine Anstalten ihrer Frau zu helfen.
„Haltet mich da raus. Ich bin nur ein unbeteiligter Zuschauer."

Beth warf Anna einen vorwurfvollen Blick zu, bevor sie ich mit erhobenen Zeigefinger an mich wandte. „Ich belasse es dieses Mal bei einer Verwarnung, Mister. Wenn so ein unverschämtes Verhalten noch einmal vorkommen sollte, weißt du, welchen Schokoladenkuchen du nie wieder sehen wirst."

Oh Scheiße. Jetzt zog sie die großen Geschütze auf. Sie drohte mir mit Annas Schokokuchen. Auf diesem ganzen Planeten, gab es nichts Besseres als diesen Schokokuchen. Und das wusste sie ganz genau.

„Soweit ich weiß, bin ich diejenige, die den Kuchen backt, also sollte ich doch wohl auch diejenige sein, die entscheidet, wer den Kuchen isst." Mischte sich Anna, meine Retterin, jetzt doch ein.

„Halt dich da raus, du unbeteiligter Zuschauer! Warum hilfst du ihm überhaupt, er hat die Liebe deines Lebens beleidigt!" Verständnislos blickte sie ihre Frau an, wartete auf deren Unterstützung. Da konnte sie jedoch lange warten.

„Du hast Channing Tatum beleidigt?" fragte Anna mich mit ihrer Unschuldsmiene. Ich lachte.

„Ohhoho! Du schläfst heute auf dem Sofa." Verkündete Beth mit eingeschnapptem Blick und verschränkte ihre Arme vor der Brust.

„Du kannst mir sowieso nicht lange böse sein, Liebling." Anna umarmt sie von der Seite und erhob sich etwas aus ihrem Sessel um ihre Frau einen Kuss auf die Wange zu geben. Beth zeigte keine Reaktion. Sie hielt ihre versteinerte, trotzige Miene bei.

„Sie sieht genauso aus wie Linus, wenn er sauer auf mich ist, weil ich eines seiner Gummibärchen geklaut habe." Kommentierte ich grinsend die verkniffene Miene der Blondine.

Anna lachte. „Stimmt, sie hat sogar diese kleine Falte auf der Stirn."

Beths Mundwinkel zuckte. „Könnt ihr aufhören euch über mich lustig zu machen, während ich sauer auf euch bin?" fragte sie versucht aufgebracht, doch ihre Fassade bröckelte.

„Nein." Erwiderte Anna und ich wie aus einem Mund, was uns zum Lachen brachte. Auch Beth konnte ihre eingeschnappte Fassade nicht mehr halten und verdrehte grinsend die Augen.
Es gab Momente, wie dieser, die erfüllt waren von Lachen und Glück, in denen ich vergaß, dass ich nicht wirklich Teil dieser Familie war. Ich war ein Besucher, ein Freund, und auch wenn ich dankbar dafür war, dass ich Beth und Anna in meinem Leben hatte, war ich kein dauerhafter Bestandteil dieses Haushaltes, es war Zeit für mich zu gehen.

„Ich mach mich dann mal auf den Heimweg." Kündigte ich an und erhob mich vom Sofa.

„Beth fährt dich. Es wird ja bald dunkel." Verkündete Anna, als stände es gar nicht zur Diskussion.

„Nein, danke. Das ist wirklich nicht nötig. Ich muss sowieso noch bei der Bank vorbei und so..."

Das war gelogen. Selbst wenn ich Geld benötigen würde, hätte ich diesen Monat keines mehr. Mein Gehalt aus meinem Nebenjob im Supermarkt würde erst in anderthalb Wochen überwiesen werden, bis dahin hieß es sparen.
Der eigentliche Grund für mein Ablehnen war, dass ich den beiden einfach nicht zur Last fallen wollte. Für viele klang es vermutlich dämlich, es war immerhin nur eine Fahrt nachhause, doch ich wusste, dass Anna und Beth gerade so über die Runden kamen. Anna arbeitet lange Schichten im Krankenhaus als Krankenschwester und Beth unterrichtete Englisch an der Abendschule, doch trotzdem mussten sie jeden Cent umdrehen um alles finanzieren zu können. Sie hatten immerhin ein Haus, ein Auto und einen Teenager. Auch wenn Linus wirklich nicht anspruchsvoll war, fielen zwangsläufig Kosten an. Ich wusste, dass Linus schon mehrmals mit seinen Müttern gesprochen hatte, dass er sich einen Nebenjob suchen könnte, doch sie hatten davon nichts hören wollen, Linus sollte sich voll und ganz auf seinen Abschluss konzentrieren. Sie wussten, dass er damit genug zu tun hatte. Linus war durchaus ein kluger Mensch, doch lernen für die Schule war ihm noch nie leicht gefallen, im Gegensatz zu mir, ich schaffte es ohne allzu viel Aufwand meinen zweier Schnitt zu halten. Ich vermutete, dass Linus Schwierigkeiten mit seiner starken Leserechtschreibschwäche zusammen hingen. Doch was ihm an natürlicher Begabung fehlte, machte er mit Fleiß und harter Arbeit wett.

„Ich fahre dich. Versuch gar nicht erst zu wiedersprechen, sonst kette ich dich an die Stoßstange und schleif dich hinterm Auto her." Bestimmte nun Beth, erhob sich von der Sessellehne und machte sich im Flur auf die Suche nach dem Schlüssel.

„Bei ihren Fahrkünsten wäre mir das sogar lieber." Zum Glück hatte Beth das Wohnzimmer bereits verlassen, nur Anna hatte mich gehört. Sie lachte und umarmte mich zum Abschied.

____

„Danke fürs fahren, Beth. Auch wenn du das nicht nötig gewesen wäre."

„Manche Menschen, muss man nun mal zu seinem Glück zwingen. Du gehörst dazu." Sie schenkte mir ein warmes Lächeln.

„Zehn Minuten mit dir auf engstem Raum eingepfercht zu sein nennst du also Glück?" Grinste ich.

„Eines Tages, werde ich dir die Ohren so langziehen, dass du als Double für Dumbo arbeiten kannst."

Mein Grinsen wurde nur noch breiter. Das hatte Beth wohl auch bemerkt.

„Wag es dich, irgendeinen dummen Spruch über deinen oder seinen Rüssel zu bringen! Du ruinierst mir nicht dieses unschuldige, süße Elefantenbaby! Und jetzt verschwinde aus meinem Auto, du Widerling."

Lachend stieg ich aus. Beth schaffte es immer, mich zum Lachen zu bringen, ob nun wegen etwas, was sie gesagt hatte, oder wegen ihrer Reaktion auf etwas, das ich gesagt hatte.

Wir winkten uns kurz zum Abschied, dann fuhr sie davon. Eine leichte Sehnsucht stieg in mir auf, als ich dem kleinen Auto hinterher sah.

Als ich neun Jahre alt gewesen war, hatte ich einen Brief an den Weihnachtsmann geschrieben, indem ich ihm erzählt, dass mein einziger Wunsch war, dass Anna und Beth meine Mütter werden sollen. Ich hatte nicht einmal mehr an den Weihnachtsmann geglaubt, doch aufgrund einer fehlenden Religionszugehörigkeit hatte ich kein anderes Medium gekannt, dem ich hätte schreiben können.

Ich musste wohl nicht extra sagen, dass mein Wunsch nicht in Erfüllung gegangen war. Natürlich nicht. Was wäre mein Leben auch, wenn mir mal etwas Gutes wiederfahren wäre?
Ich fragte mich oft, wie ich wohl geworden wäre, wenn ich Eltern wie Linus gehabt hätte. Ich wäre auf jeden Fall nicht so wie ich jetzt war. Vielleicht wäre ich mehr wie Linus geworden. Fröhlicher, offener, normaler? Obwohl man wohl auch dazu sagen muss, dass Anna und Beth keine ganz normalen Eltern waren.

Als Linus zwölf war, hatte er seinen Müttern erzählt, dass er schwul war.

Es war keine große Sache, wohl eher eine Formalität, denn Anna und Beth machten sich nicht zu viel aus Labeln. Dennoch hatte Beth sich in den Kopf gesetzt, eine Party zu veranstalten. Sie liebte es Party zu schmeißen, Linus Outing war daher eine willkommene Gelegenheit. Sie lud alle ihre Freunde und Bekannten ein und Anna backte eine köstliche Regenbogentorte. Niemand war wirklich überrascht über Linus Outing gewesen, immerhin hatte er schon immer gerne rosa getragen, und auch wenn dies nicht zwangsläufig etwas über seine Sexualität aussagte, hatten die meisten dennoch ihre Schlüsse gezogen.

Die Party war riesig gewesen, es waren eine Menge Leute gekommen, denn Beth war bekannt dafür tolle Partys zu schmeißen und Anna für ihre tollen Backkünste. Für mich war das damals alles ziemlich befremdlich gewesen, all die bunten Luftballons, die ganzen fröhlichen Menschen, die tanzten und lachten und die ganzen Umarmungen, die Linus bekommen hatte, so etwas kannte ich nicht.

Geburtstage wurden bei uns nur selten gefeiert, manchmal hatte Anna und Beth mich zu Kaffee und Kuchen zu ihnen eingeladen, das waren meine schönsten Geburtstagserinnerungen.
Es hatte lange gedauert, bis ich mich an die Fröhlichkeit in Linus Umfeld gewöhnt hatte.

Mein eigenes Outing war deutlich anders verlaufen. In einem Gespräch mit Beth, Anna und Linus, ich war gerade 15 gewesen, hatte ich ihnen erzählt, dass ich mir nicht sicher war, welcher Sexualität ich mich zugehörig fühlte. Ich wusste, dass ich theoretisch Frauen und Männer ansprechend fand, da ich aber bisher nur in Linus verliebt gewesen war; was ich ihnen natürlich nicht erzählt hatte; wusste ich eben nicht, ob ich mich auch romantisch zu diesen Geschlechtern hingezogen fühlte. War ich also Bi? Oder doch Pan? Vielleicht war ich aber auch Demisexuell, immerhin fand ich eigentlich nur Linus wirklich attraktiv und ansprechend, auch wenn ich schon mit Anderen sexuelle Erfahrungen gemacht hatte.

Anna hatte mir erklärt, dass Labels für viele Menschen wichtig und hilfreich waren, es aber genauso okay war, wenn man sich nicht einordnen konnte. Menschen waren zu komplex um sie in Schubladen oder strickte Kategorien einzuordnen. Doch die Verbundenheit durch eine geteilte Gemeinsamkeit half dabei, sich nicht alleine, sondern verstanden und als Teil einer Gemeinschaft zu fühlen. Ich war noch nie der Type Mensch gewesen, der sich in Gruppen wohlfühlte.

Seit diesem Tag, hatten wir nicht mehr darüber gesprochen, nicht, weil sie sich nicht für mich interessierten, sondern weil wir alle wussten, dass es nicht wichtig war meiner Sexualität einen Namen zu geben.

Die meisten Menschen gingen auf Grund meiner Freundschaft zu Linus sowieso davon aus, dass ich schwul war. Als wäre Homosexualität ansteckend, oder als würden sich alle Homosexuellen kennen und befreundet sein.
„Nur Schwuchteln hängen mit Schwuchteln ab." Die Antwort meines Onkels, als ich ihm erklären wollte, dass ich mich nicht als schwul identifizierte. Es war das erste und letzte Mal, dass wir darüber redeten.

Es war nicht so, dass es ihn nicht störte, dass ich nicht hetero war, das tat es, er interessierte sich nur nicht genug für mich um deswegen aktiv zu werden. Er interessierte sich für nichts wirklich, was mich betraf, es sei denn es sprang Geld für ihn dabei raus.

Ein kühler Windstoß jagte eine Gänsehaut über meine Arme. Mit langsamen Schritten machte ich mich auf den Weg ins Haus. Es war nicht groß, aber auch nicht klein, ein recht durchschnittliches Einfamilienhaus. Mein Onkel arbeitete in einer Telekommunikationsfirma und verdiente dabei nicht schlecht. Es war ihm trotzdem nicht genug, deshalb unterschlug er auch mein Kindergeld und meine Halbwaisenrente. Es stand ihm zu, da er sich Jahre lang um ein undankbares Stück Scheiße gekümmert hatte, was dann wohl meine Wenigkeit wäre.
Mit sechzehn sagte er mir, ich wäre nun alt genug, mein Leben selber zu finanzieren.
Die Haushaltshilfe, die einmal die Woche kam, kaufte immer genügend ein, sodass ich wenigstens mein Essen nicht selber zahlen musste. Doch für alles andere sollte ich „meinen faulen Arsch bewegen und selber arbeiten gehen".

Auch wenn ich den Job im Supermarkt nicht mochte, konnte ich nicht sagen, dass es mich allzu sehr störte. Ich wollte sowieso nicht von diesem Arschloch abhängig sein.

Die Hoffnung auf ein gutes Verhältnis mit meinem Onkel, hatte ich schon vor Jahren aufgegeben. Ich hatte es wirklich versucht, war wie ein kleiner dummer Welpe immer wieder angekrochen gekommen, nach Aufmerksamkeit und Wertschätzung bettelnd, hatte er mich immer wieder weggetreten bis auch der letzte kleine Funke Hoffnung erloschen war.

Ich weiß nicht mehr wie alt ich gewesen war, vermutlich nicht älter als vierzehn, da akzeptierte ich, dass ich allein war. Kein Part eines Großen-Ganzen, kein Teil von etwas, einfach nur ich, das war alles was ich je sein würde. Und das war auch besser so.

Im Inneren des Hauses begrüßte mich die altbekannte Stille. Nur leise war das Rauschen des Fernsehers aus dem Wohnzimmer zu hören.

Ich schlenderte in die Küche, doch im Kühlschrank herrschte nur gähnende Leere. Eine halbvolle Flasche Ketchup und eine angeschnittene, vertrocknete Zitrone waren die einzigen Bewohner des Kühlschrankes. Mona, die Haushälterin würde erst morgen wieder kommen um den Kühlschrank auffüllen, daher war es nichts ungewöhnliches, das wir nicht viel da hatten, doch ich wusste genau, dass noch eine große Portion Nudeln mit Tomatensoße von gestern übrig war. Ich kochte recht gerne, doch meistens war ich zu bequem um mich jeden Tag hinter den Herd zu stellen, daher kochte ich oft große Mengen, die ich dann die nächsten Tage einfach aufwärmte. Doch jetzt war mein Essen verschwunden. Und ich hatte schon eine dunkle Vermutung wo es war. In der Spüle stand ein benutzter Teller, rote Soße klebte noch daran. Unmöglich, hatte dieser Idiot die ganze Portion gegessen hatte, das hätte noch bestimmt für zwei Tage gereicht. Ich öffnete den Mülleimer und meine Vermutung wurde bestätigt. Dort im Biomüll lagen die Reste meines Essens.

Dieses beschissene Arschloch.
Das hatte er aus purer Provokation gemacht.

Wütend ging ich ins Wohnzimmer. Er lag auf der Couch, sah sich mal wieder eine seiner Krimiserien an.

„Wieso hast du mein Essen in den Müll geworfen?" Ich wusste genau, warum er es getan hatte. Genauso wusste ich, dass dieses Gespräch nichts bringen würde, doch ich musste ihm einfach zeigen, dass ich mir nicht alles von ihm gefallen ließ.

„Ist schlecht geworden." Seine Stimme klang gelangweilt, seine Augen fixierten das Geschehen im Fernsehen.

„Ich habe es gestern erst gemacht."

„Ist aber schlecht geworden." Erwiderte er dieses Mal nachdrücklicher.

„Du hast doch noch davon gegessen.", hielt ich erneut dagegen.

„Sag mal, hast du's mit den Ohren?" Seine Stimme wurde lauter, blieb jedoch genauso kalt. „Deine scheiß Nudeln interessieren mich nicht. DU interessiert mich nicht. Und jetzt hör endlich auf hier herum zu heulen und mir auf den Sack zu gehen." Er hatte seinen Blick nicht einmal von der Mattscheibe gelöst, ich war es nicht wert, dass er mich ansah. Ich war nicht mal den Dreck unter meinen Fingernägeln wert, wenn es nach ihm ging.

Ich wusste, dass ich ihm egal war, er war nur genervt, weil er sich um mich kümmern musste. Der einzige Grund, warum er mich immer noch ertrug, war das Geld.

Und vielleicht, aber da war ich mir nicht sicher, auch ein kleines bisschen, wegen dem Versprechen, dass er meiner Großmutter gegeben hatte.

In den ersten Jahren meines Lebens hatte sich mein Großmutter um mich gekümmert. Sie war nicht die herzlichste Frau gewesen, doch sie sorgte gut für mich.

Eine nichtsnutzige Rumtreiberin, so hatte meine Großmutter ihre Tochter immer genannt. Sie war drogenabhängig. Meine Großmutter hatte sie zu einem kalten Entzug gezwungen als sie erfuhr, dass sie schwanger war. Sie nahm sie bei sich auf, sorgte für sie und versuchte sie zu unterstützen wo sie konnte. Zwei Monate nach meiner Geburt verschwand meine Mutter. Sie ließ mich zurück. Ihre Sucht war stärker gewesen.

Ungefähr ein Jahr später fand man ihre Leiche. Überdosis.

Das alles erzählte mir mein Onkel, als ich sieben Jahre alt war. Ich lebte bereits seit zwei Jahre bei ihm, seid meine Großmutter gestorben war.

Ich hätte sein Leben ruiniert, sagte er manchmal und zeigte es mir oft. Er hätte kein Platz für ein Kind in seinem Leben. Und doch, gab er mich nie weg.
Mein jüngeres Ich sah das als Zeichen, dass er mich doch irgendwie liebhaben musste, doch mittlerweile wusste ich, dass ich einfach nur naive gewesen war.

Ich war schon lange nicht mehr so naive zu glauben, dass mich jemand lieben würde.

Ich atmete tief durch, schluckte den Ärger hinunter und ging hoch in mein Zimmer. Es hatte sowieso keinen Sinn.

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