Der Anfang vom Untergang
Der amerikanische Soziologe Erving Goffman sagte einmal, die soziale Welt ist eine Bühne und wir alle spielen Theater.
Jeder von uns übernimmt im sozialen Geflecht, ob bewusst oder unbewusst, eine Rolle, die er oder sie spielt. Diese Rolle kann wechseln, je nachdem in welcher Situation wir sind, doch wir werden nie in der Lage sein die Aufführung zu stoppen.
Dies war eine Erkenntnis, die für mich einige Phänomene aus meinem Alltagsleben erklärte.
Ich wusste ganz genau, welche Rolle ich spielte, der gefühlskalte, verschlossene Sonderling, den die meisten mieden, weil sie ihn komisch fanden.
Es fühlte sich an, als hätte alle meine Mitschüler Regieanweisungen bekommen, wie sich „normale" Jugendliche zu benehmen haben, doch leider hatten die Kopien nicht bis zu mir gereicht.
Habt ihr jemals eine Gruppe von Menschen beobachtet und seid euch dabei vorgekommen wie Aliens die eine fremde Spezies studieren? Diese Wesen, die euch doch eigentlich so ähnlich sind, aber einfach so grundlegend anders waren. Wie sie kommunizieren, interagieren, wie sie sprechen, war einfach so... beschränkt. Sie waren wie Primaten. Es fehlte nur noch, dass sich die Männchen auf die Brust trommelten um die Weibchen zu beeindrucken.
Ich weiß, man sollte nicht so banal pauschalisieren, jeder Affe war anders und ich wollte ihnen auch nicht unrecht tuen indem ich sie mit meinen beschränkten Artgenossen verglich.
Während ich einen meiner Klassenkameraden dabei beobachtete wie er komplett betrunken eine Zimmerpalme umarmte, fragte ich mich, wie so oft, wie es einige von ihnen überhaupt durch die Grundschule geschafft hatten. Geschweige denn, wie sie es schafften sich Tag für Tag selber am Leben zu halten.
Es war Donnerstagabend in einer regulären Schulwoche und irgendeiner dieser Idioten aus meiner Stufe hatte beschlossen, dass dies der perfekte Zeitpunkt für eine Party wäre. Warum denn auch noch einen Tag warten, damit man am nächsten Tag wenigstens ausschlafen konnte, ohne Fehlstunden zu riskieren? Gott, ich klang wirklich wie der letzte Streber. Dabei mochte ich die Schule nicht einmal. Eigentlich wäre mir das auch ziemlich egal gewesen, jedoch hatte mich mein bester Freund irgendwie dazu gebracht, dass ich mitkam auf diese dämliche Party auf der noch dämlichere Menschen waren.
Zu sagen, ich würde jede einzelne Sekunde hiervon hassen, während eine maßlose Untertreibung.
Jede Gott verdammte Sekunde fühlte sich an, als würden sich Millionen Nadeln durch meine Haut direkt in mein Nervensystem bohren, während ich parallel gezwungen wurde Herr der Ringe mit den Teletubbies als Hauptdarsteller in Slow-Motion und mit Helene Fischer Lieder als Filmmusik anzusehen. Es war pure Folter der unmenschlichsten Sorte.
Ich würde ja gerne sagen, dass ich nicht wie der letzte klischeehafte Außenseiter allein in einer dunkeln Ecke stand und die anderen beobachtete wie sie Spaß hatten und sich betranken, doch ich mochte es nicht zu lügen.
Ich war genau dieser seltsame Typ, den alle versuchten zu ignorieren. Mit einer Ausnahme.
„Moglie! Ich hab Alkohol gefunden der wie Erdbeeren schmeckt." Rief mein viel zu enthusiastischer bester Freund mir zu, obwohl er nur noch einen Meter von mir entfernt war. Er lächelt dabei furchtbar niedlich. Linus kam gerade vom Holen seines dritten Drinks zurück, was bei ihm auf jeden Fall keine gute Idee war. Mein bester Freund war ziemlich schmal, einen halben Kopf kleiner als ich und extrem anfällig für Alkohol.
Das hieß wohl, dass ich nachher ihn und sein Auto nachhause fahren durfte. Zu seinem Glück konnte ich Auto fahren, auch wenn ich keinen offiziellen Führerschein besaß. Zumindest solange der Bobby Car-Schein, den Linus Mutter mir an einem seiner Geburtstagsfeiern ausgestellt hatte, nachdem ich den Hindernis-Parcours fehlerlos bewältigt hatte, nicht zählte. Ich arbeitete bereits daran das er irgendwann offiziell anerkennen wurde.
„Hab ich dir schon mal gesagt, dass ich dich ganz dolle lieb hab?" Mein Herz machte einen Hüpfer. Drecksding. Ja, mein bester Freund war durchaus ein gefühlsbetonter Mensch. Und auch, wenn es mir nicht gerade dabei half meine eigenen Gefühle zu unterdrücken, schätzte ich diesen Charakterzug an ihm. „Du bist der beste Freund, den man haben kann. Auch wenn du immer so grummlig bist." Er pikste mir in die Wange. Seine Augen funkelten im flackernden Licht der Scheinwerfer.
Vielleicht sollte ich erwähnen, dass die Party in einem ziemlich schicken Hause von einem gut betuchten Mitschüler stattfand. Sie hatten sogar extra Stroboskop Licht und andere Lichteffekte besorgt. Das verbesserte die Party jedoch auch nicht.
„Oh mein Gott!", rief Linus plötzlich viel zu laut. Aufgeregt hüpfte er auf und ab und schlug mir dabei auf den Arm. Das konnte eigentlich nur eines bedeuten.
Ich ließ meinen Blick durch die Menge schweifen, man brauchte nicht lange um ihn zu finden.
Magnus Mega-Ego Meinfeld.
Magnus hatte eine Pferdefresse, eine viel zu große Nase und trübe grüne Augen, die die Farbe eines abgestandenen, stinkenden Tümpels hatten. Passend zu seinem Charakter.
Möglicherweise war meine Beschreibung nicht zu hundert Prozent objektiv.
Aber ich würde mich lieber lebendig häuten lassen bevor ich zugeben würde, dass dieser Vollpfosten auch nur geringfügig attraktiv war.
Egal wie gutaussehend ein Mensch von außen auch sein mochte, wenn sein Charakter hässlich war, wurde die ganze Person für mich hässlich und unattraktiv.
Zu meinem Leidwesen interessierte sich aber niemand für meine Meinung. Linus war Hals über Kopf verschossen in diesen Blender.
„Ich spreche ihn an! Ich mach das!" Diese Worte aus Linus Mund waren nichts neues, er hatte sich das schon oft vorgenommen und dann doch jedes Mal vorher gekniffen. Doch irgendetwas in den drei Drinks die er getrunken hatte, gab ihm wohl genug Mut es dieses Mal durchzuziehen. Verdammte Erdbeeren.
Ohne, dass ich es verhindern konnte, lief er auf den größeren Jungen zu. Linus tippte ihm auf die Schulter lächelte ihn an und sagte etwas, das ich, mit meinen krassen Lippen-Lese-Fähigkeiten, als „Hallo" entziffern konnte. Es schien simpel zu sein, doch bei jemanden der so niedlich war wie Linus reichte das vollkommen aus. Auch Magnus schien von der ersten Sekunde an Interesse zu haben. Ich konnte es ihm nicht vorwerfen, mir war es genauso ergangen, dennoch war es leichter meinen Hass auf ihn zu projizieren anstatt in Selbstvorwürfen zu ersticken. Ich hasste diesen Kerl.
Und nun war ich gezwungen dabei zuzusehen wie mein bester Freund, in den ich seit Jahren verliebt war, mit einem Vollidioten flirtete, den ich nicht ausstehen konnte.
Die Folter hatte gerade ein Update bekommen.
Ich weiß was ihr denkt: „Warum beschwert er sich, er könnte ihm ja auch sagen, dass er in ihn verliebt ist, bla bla bla.". Da habt ihr ja nicht ganz Unrecht, aber Linus und ich waren seit unserem ersten Schultag befreunden, mittlerweile also schon seit zwölf Jahren. Er war nicht nur mein bester Freund, er war mein Seelenverwandter, meine zweite Hälfte, das Ying zu meinem Yang, ich würde es nicht ertragen ohne ihn zu leben.
Ich wusste genau, wie er reagieren würde, wenn ich es ihm erzählte, er würde mich umarmen, mir sagen dass das nichts zwischen uns ändern würde. Doch das würde es. Allein die Tatsache, dass ich wusste, dass er es wusste, würde mich so fertig machen, dass ich nicht mehr normal mit ihm umgehen könnte. Genauso wenig brauchte ich darauf zu hoffen, dass er vielleicht dieselben Gefühle hatte wie ich, dafür hatte ich mir in den letzten vier Monaten zu oft seine Schwärmereien über Magnus anhören müssen. Vielleicht würde er sich einreden, dass wir eine Chance hätten, immerhin waren wir beste Freund und er liebte mich ja, und er würde sich dazu zwingen mit mir in einer Beziehung zu sein. Und ganz ehrlich, dass wäre schlimmer als alles andere. Denn ich wusste genau, wie es Enden würde.
Da stand ich lieber hier, beobachtete wie er lachte und fröhlich war, auch wenn es wehtat, weil es ein Anderer war, der ihn glücklich machte. Doch ich würde es schon überleben. Alles war besser als ihn zu verlieren.
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Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass mich wohl eher selten Leute als ‚fröhlich' oder ‚gut drauf' beschreiben würden, dennoch hätten mir wohl die meisten zugestimmt, wenn ich behaupte, dass ich an diesem Freitag besonders schlecht gelaunt war.
Gegen drei Uhr früh hatte ich Linus davon überzeugen können, endlich von dieser dämlichen Party zu verschwinden. Hauptsächlich hatte er nachgegeben, weil auch Magnus einige Minuten vorher gegangen war.
Die ganze Rückfahrt über hatte ich mir dann Linus betrunkenes Gerede über Magnus anhören können. Ich war wirklich froh gewesen, als er irgendwann eingeschlafen war, auch wenn ich ihn in sein Bett hatte tragen müssen. Nachdem ich meinen besten Freund mitsamt seines Autos sicher zuhause abgesetzt hatte, hatte mir noch ein zwanzig Minütiger Marsch bei angenehm warmen 2 Grad bevorgestanden.
So stand ich nun also komplett übermüdet, und mit einer Erkältung im Anflug an diesen beschissenen Freitagmorgen vor der Schule und versuchte nicht im Stehen einzuschlafen.
„Du hättest mein Auto ruhig nehmen können. Das du wirklich mitten in der Nacht bei solchen Temperaturen nachhause gelaufen bist. Du bist echt unfassbar." Er schüttelte den Kopf und sah mich missbilligend an. Linus war einer dieser Menschen mit einem viel zu großen Herzen, er war ständig besorgt um mich. Es interessierte ihn nicht, dass ich fast volljährig war und durchaus selber auf mich aufpassen konnte. Auch wenn er es in seiner mütterlichen Sorge manchmal übertrieb, bedeutete es mir viel, jemanden in meinem Leben zu haben dem ich so wichtig war.
„Ich dachte du magst es nicht, wenn ich ohne Führerschien fahre." Er hatte Angst ich würde erwischt werden. Linus war ein ehrlicher Mensch, er mochte es nicht, gegen die Regeln zu verstoßen, mit einem besten Freund wie mir hatte er es da nicht immer leicht. Obwohl man dazu sagen musste, dass mein bester Freund einen wirklich guten Einfluss auf mich hatte, ich mochte es nicht ihm Sorgen zu bereiten, ich wollte ihm nicht zur Laste fallen, daher benahm ich mich die meiste Zeit in seiner Nähe.
„Tu ich auch nicht. Aber das wäre eine Ausnahme gewesen. Ich war ja nicht mehr wirklich in der Lage dich zu fahren." Er seufzte, dann sah er mich schuldbewusst an. „Übrigens wollte ich mich deswegen auch nochmal entschuldigen. Ich hatte ja eigentlich gar nicht vor, zu trinken, aber Anna aus meinem Deutsch Kurs hat mir dieses Getränk in die Hand gedrückt und ich hatte bereits die Hälfte getrunken bevor sie meinte, dass da Alkohol drin ist. Und du weißt ja, ein Tropfen Alkohol und Blinus hat das Steuer in der Hand..." Er seufzte, ich musste mir ein Schmunzeln verkneifen. ‚Blinus' war der Nickname, den Linus und ich für Linus ‚betrunkenes-Ich' verwendeten. Linus trank nicht oft, vermutlich weil ich keinen Alkohol trank und sich alleine betrinken verdammt deprimierend war, doch wenn er dann doch mal etwas trank wurde er zu einer anderen Person. Er vergaß all seine Überzeugungen und wurde dieser aufgedrehte Gummiball, der für jeden Mist zuhaben war.
„Und es tut mir auch leid, dass ich dich die ganze Zeit allein gelassen habe. Das war wirklich keine Absicht! Blinus war einfach so überwältigt, dass Magnus mit mir geredet hat, er ist einfach eine egoistische Bitch."
„Kein Grund sich zu entschuldigen, ich versteh das, wirklich." Immerhin wusste ich, wie es war verliebt zu sein und jede freie Minute mit seinem Schwarm verbringen zu wollen. Ich könnte Linus dafür niemals böse sein, vor allem, weil ich genau wusste, dass er mir niemals absichtlich wehtun würde.
„Du bist der beste Freund den man haben kann." Er umarmte mich fest und gab mir einen Kuss auf die Wange. Ja es waren Momente wie diese die mich daran erinnerten, dass ich, entgegen der landläufigen Meinung, doch ein Herz besaß. Ich würde mich wohl nie an den süßen Schmerz gewöhnen, den seine Berührungen und diese Worte ‚bester Freund' auslösten.
Ich wiedersprach ihm nicht, auch wenn er falsch lag. Ich war sogar ein ziemlich beschissener bester Freund, denn ein Teil in mir wünschte sich, dass Linus Liebe nicht erwidert werden würde, das Linus niemals jemanden anderen finden würde, niemanden der ihn glücklicher machte als ich.
„Auch wenn ich nicht genau weiß, woher du das verstehen willst." Setzte er noch hinzu.
„Ich bin empathisch, ich kann mich in andere hineinversetzen." Behauptete ich überzeugt.
„Seit wann das denn?" Linus sah nicht wirklich überzeugt aus.
„Schon immer."
„Als Saskia letzte Woche die Treppe runter gefallen ist und sich ihr Bein gebrochen hat, bist du einfach über sie drüber gestiegen."
„Ich mag Saskia nicht."
„Du magst generell keine Menschen." Diese Aussage lag nicht allzu fern von der Wahrheit. Aber es lag nicht an mir, es gab einfach zu viele anstrengende, dumme und beschissene Menschen da draußen.
„Ich mag deine Mütter."
„Das zählt nicht, sie sind quasi ich in 30 Jahren, man kann nicht anders als sie zu mögen."
„Ich hab nie gesagt, dass ich dich mag."
„Wir wissen beide, dass du mich liebst, Arschloch." Gespielt dramatisch warf Linus seine imaginären langen Haare zurück und stapfte ins Schulgebäude.
Ich folgte ihm schmunzelnd. Er war wirklich ein Idiot.
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„Wusstest du, dass es Haie gibt die über 400 Jahre alt werden können? Ist das nicht unglaublich?"
„Interessant."
„Sie heißen Grönland-Haie und sie wachsen nur einen Zentimeter im Jahr."
„Ein Lebewesen, das noch langsamer wächst als du. Beeindruckend." Ich wuschelte ihm durch die honigblonden Haare. Er schlug meine Hand weg und begann seine Haare zu richten, während er weiter redete.
„Das älteste Lebewesen jedoch ist eine Muschel, die mehr als 500 Jahre alt werden kann."
Wir saßen zusammen in der Mensa, es war gerade Mittagspause. Noch zwei wundervolle Stunden Chemie und dann hatten wir diesen Tag endlich überstanden.
„Du hast dich mal wieder vergoogelt." So etwas passierte Linus öfters. Er begann mit einer einfachen Frage oder einem Suchbegriff, meist für die Schule und verlor sich dann in den unendlichen Weiten des Internets und ehe er sich versah googelt er die Namen von „My-little-Pony"-Pferden, anstatt sein Geschichtsreferat zu schreiben.
„Ich konnte einfach nicht aufhören. Moglie, diese Welt ist so faszinierend!"
„Nein, diese Welt ist am Arsch. Seit wir Menschen auf der Bildfläche erschienen sind geht es nur noch Berg ab."
„So pauschal kann man das jetzt auch nicht sagen, immerhin...." Mein bester Freund brach seinen Satz ab, als sich jemand neben ihn setzte. Ich war so fixiert auf Linus gewesen, dass ich nicht bemerkt hatte wie sich mein Lieblings Pseudo Fußballer zu uns gesellt hatte.
„Oh, hallo Magnus." Begrüßte Linus ihn mit roten Wangen.
„Hi ihr Beiden. Ich hoffe, es stört euch nicht, dass ich mich zu euch setzte."
„Doch schon." Erwiderte ich ehrlich.
„Moglie!" zischte mein bester Freund mit warnenden Blick über den Tisch.
„Was denn? Ich dachte man soll ehrlich sein."
Ein weiterer scharfer Blick und ich schwieg augenverdrehend.
„Natürlich stört es uns nicht, wenn du bei uns sitzt, Magnus. Moglie macht nur Witze, du kennst ihn ja."
Am Arsch kannte dieser Trottel mich. Ich würde niemals freiwillig ein Wort mit ihm wechseln und da wir zum Glück nur wenige Kurse zusammen hatten, konnte ich unsere Interaktion auf ein zufriedenstellendes Minimum reduzieren.
„Oh ja! Dein Ruf eilt dir voraus Moglie." Der Ruf als seltsamer, grimmiger Einzelgänger dessen einziger sozialer Kontakt Linus war. Es gab immer wieder einzelne die mir irgendein Badboy-Image oder irgendwelche mysteriösen Geheimnisse andichteten, doch tatsächlich war ich einfach nur ziemlich langweilig.
„Genauso wie dein Mundgeruch." Ich zog meine Mundwinkel hoch zu einer verzogen lächelnden Grimasse.
Es tat mir leid, aber ich konnte es nicht wirklich besser beschreiben. Obwohl, vielleicht so: Stellt euch Kermit den Frosch vor, der euch verachtend und verurteilend ansieht, während er versucht sein übliches Lächeln beizubehalten. Zumindest so ähnlich.
Stellt euch einfach vor, das quer über meinem Gesicht steht: „Du bist ein niederträchtiges, zurückgebliebenes und vollkommen überbewertetes menschliches Wesen und wenn ich könnte würde ich dir ins Gesicht kotzen, doch dann hätte ich Mitleid mit meiner eigenen Kotze." Das war zumindest der Vibe den ich anstrebte. Etwas zu hart? Vermutlich. Beschwert euch nicht, ich hab euch gewarnt. Verbitterte Menschen sind nun mal nicht nett.
Loverboy lachte über meine Bemerkung, dachte wohl es wäre ein Witz. Dabei saß der einzige Witz neben meinem besten Freund. Dieser stimmte ebenfalls in das Lachen ein, wohl um die Stimmung etwas zu lockern.
„Du bist wirklich witzig." Kommentierte Magnus, bevor er sich an Linus wandte. „Warum ich aber eigentlich hier bin, ich wollte dich etwas fragen." Mein bester Freund sah ihn aufmerksam an, seine Wangen leicht rosa gefärbt. „Wollen wir vielleicht ein Stück gehen? Ich kann dich zu deiner nächsten Stunde bringen." Schlug der Lackaffe vor.
Ich sah das Funkeln in Linus Augen. Er war aufgeregt. Dennoch zögerte er. Ich wusste er wollte mich nicht einfach sitzen lassen, so war Linus nicht, er achtete immer auf die Gefühle der Anderen und wollte nicht, dass sich jemand ausgeschlossen fühlte. Er war ein guter bester Freund, doch nun war es an mir ein guter Freund zu sein. Egal wie weh es tat.
„Ich glaube nicht das..." setzte Linus an Magnus eine Absage zu erteilen, doch ich unterbrach ihn.
„Geht ruhig."
„Bist du dir sicher?" Skeptisch musterte er mich.
„Ja. Ich bin schon groß, ich komme alleine klar. Und so kann ich vielleicht endlich etwas entspannen, ohne das mich jemand voll quatscht." Ich war ein guter Lügner, das wusste ich. Auch wenn ich es nicht mochte Linus anzulügen.
„Du liebst es wenn ich dich voll quatsche!" Empörte sich Linus. Er wusste nicht wie recht er damit hatte. „Aber wenn du es nicht zu schätzen weißt, dann geh ich halt." Demonstrativ streckte er mir seine Zunge raus, bevor er sich erhob.
„Perfekt." Magnus grinste. Am liebsten würde ich ihm ins Gesicht schlagen.
„Wir sehen uns nächste Stunde." Zum Abschied winkte mir mein bester Freund noch einmal zu, dann verschwand er zusammen mit Magnus.
Als sie außer Hörweite waren seufzte ich und blickte auf die Uhr, noch eine viertel Stunde bevor die nächste Stunde beginnen würde.
Er würde ihn einladen. Das wusste ich genau. Auf ein Date, oder einfach nur um „zusammen abzuhängen". Mir wurde schlecht. Ich war gut darin geworden meine Emotionen und Gefühle nach außen zu verbergen, auch wenn es in mir drinnen brodelte. Ich mochte Gefühle nicht. Und ich hoffte wirklich, dass meine Gefühle für Linus irgendwann abklingen würden.
Ich musste dringend etwas machen um mich von dieser ganzen Gefühlsscheiße abzulenken.
„Hey Moglie." Urgh.
Tatsächlich gab es außer Linus noch eine weitere Person, die hin und wieder in der Schule mit mir redete, zu meinem Leidwesen.
„Wie geht es dir so?" Sie klimperte mit ihren Wimpern. Michele war wirklich ein besonderes Mädchen. Aber nicht auf eine gute Art und Weise. Aus irgendeinem Grund hatte sie es sich zur Aufgabe gemacht, den mysteriösen, verschlossenen Einzelgänger (ihre Worte), alias meine Wenigkeit, für sich zu gewinnen.
Am Anfang hatte ich noch gedacht, dass sie eine Wette gewinnen wollte, doch das Ganze ging nun schon fast ein Jahr und egal wie oft ich sie abwies, sie ließ sich einfach nicht abschütteln. Ehrlich gesagt tat sie mir manchmal leid, irgendjemand musste sie ganz schön verletzt haben, wenn sie so mit sich umgehen ließ, ohne sich irgendwann zu denken, dass sie etwas Besseres verdient hatte.
„Vor fünf Sekunden ging es mir noch besser." Antwortete ich monoton.
„Warum?"
„Weil du da noch nicht neben mir saßt." Ich weiß, ich hatte gesagt sie tat mir Leid. Aber das war nun auch wieder kein Grund nett zu ihr zu sein. Ich hatte es bereits auf die nette Art versucht, das Ganze lief seit einem Jahr, an diesem Punkt hatte ich es bereits auf jede erdenkliche Art versucht sie abzuweisen, doch sie ließ einfach nicht locker. Wenn ich sie weiter abwies und gemein war, würde sie vielleicht irgendwann aufgeben und jemand anderen finden. Ich hoffte es zu mindestens.
„Du bist soo witzig, Moglie." Lachte sie mit Betonung auf dem o von so.
Warum dachten eigentlich immer alle, dass ich Witze machte, wenn ich sie beleidigte? Langsam ging mir das wirklich gegen der Strich, da wollte man einfach nur ein unsoziales Arschloch sein und alle dachten ich wäre der nächste Klassenclown.
„Was willst du, Michele?"
„Dich." Erwiderte sie süffisant grinsend.
Ich stand auf und ging.
Wieso waren Menschen nur so anstrengend?
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