Jake
Als er Patrick fertig versorgt hatte, kam Jake auf die Idee, auch nach Marko zu sehen. Pejan war bei ihm und wirkte besorgt. So leise wie möglich setzte Jake sich zu ihm und überprüfte das Fieber des Jungen. Es war seit der Früh wieder gestiegen. Schnell lief er zu der Medikamentenkiste und holte das fiebersenkende Mittel. Gemeinsam mit Pejan flößte er es Marko ein. Kurz darauf war der Junge wieder eingeschlafen.
Besorgt sahen sie sich an. Sie mussten unbedingt herausfinden, was mit Marko passiert war.
Jake stand auf und verließ den Raum, aber Pejan blieb sitzen. An der Tür stieß er fast mit Jama zusammen. Anscheinend hatte er sie die ganze Zeit beobachtet. Hastig drehte der Junge sich um und lief nach draußen. Zögerlich folgte Jake ihm.
Er ließ ihm ein paar Minuten, dann trat auch er ins Freie. Jama saß auf einem großen Stein und betrachtete den rauschenden Fluss vor ihnen. Vorsichtig setzte Jake sich neben ihn auf den Boden. Für ein paar Sekunden schauten sie einfach gemeinsam auf das Wasser.
"Ähm...", setzte Jake an. Wo sollte er beginnen? "Ich habe gesehen, dass du ziemlich gut kämpfen kannst. Wo hast du das gelernt?"
Jama starrte weiter geradeaus. "Ich habe es mir selbst beigebracht."
Jake nickte beeindruckt. "Wow. Der Hantax hatte keine Chance."
"Aber der Mann schon." Frustriert kickte Jama einen Stein in den Fluss. Die Strömung riss ihn sofort mit sich. "Ich konnte die anderen nicht beschützen." Mit dunklen Augen blickte er ihn an. "Ich habe versagt."
Jake runzelte die Stirn. "Was soll das heißen? Du hast ganz und gar nicht versagt. Das war ein erwachsener Mann und du hast dein Bestes gegeben. Du hast ihn lang genug hingehalten. Ohne dich hätten wir das nicht geschafft. Außerdem, warum denkst du, dass du die anderen beschützen musst? Eigentlich ist das mein Job."
Jama schnaubte. "Du sprichst schon wie Jen", meinte er. "Aber ich muss sie beschützen. Maya und die anderen sind meine Familie. Ich war immer der einzige, der meine Schwester beschützen konnte. Und manchmal habe ich versagt..." Er richtete seinen Blick wieder auf das Wasser und schwieg.
Verwirrt musterte Jake ihn. Wovon redete er da? Hatte er denn keine Familie davor gehabt? Als der Junge nach ein paar Sekunden immer noch nichts gesagt hatte, wechselte er das Thema.
"Wen hast du mit 'er' gemeint?", fragte er.
Jama drehte sich zu ihm um. "Was?"
"Na, vorhin, als ich den Alkohol einpacken wollte, hast du gesagt, dass ich nicht wie 'er' werden sollte", antwortete Jake.
Der Junge wandte sich ab und holte tief Luft. Er sah aus, als würde er sich an etwas Schlimmes erinnern müssen. Dann begann er zu erzählen.
"Meine Schwester und ich sind bei unserem Vater aufgewachsen. Unsere Mutter hat uns verlassen, als Maya zwei Jahre alt war. Danach hat er begonnen zu trinken. Ich... Es war schrecklich. Ich habe immer versucht, Maya zu beschützen, aber manchmal hat er auch sie geschlagen. Es wurde schlimmer." Er hielt kurz inne, dann fuhr er fort. "Einmal... einmal hat er mir einen Zahn ausgeschlagen. Danach sind wir weggelaufen. Ich habe ihn nie wieder gesehen." Seine Stimme bekam jetzt einen festeren Ton. "Während der Apokalypse habe ich Maya immer beschützt. Wir mussten uns lange alleine durchschlagen. Es gab eine Familie, die uns aufnehmen wollte. Ein paar Wochen sind wir geblieben, bis die Frau gebissen wurde und uns weggeschickt hat. Aber Jen hat uns ein paar Tage später gefunden und zu sich genommen. Seitdem leben wir hier."
Betroffen schwieg Jake. Damit hatte er nicht gerechnet. Schließlich gab er sich einen Ruck. "Ich werde nie wie er werden, das verspreche ich dir", sagte er. "Ich werde alles tun, um euch zu beschützen und Marko und Patrick zu heilen." Dann sagte er etwas, das man niemals leichtfertig sagen sollte, das aber in einer Welt wie dieser nicht so schwer einzuhalten war. "Und ich werde nie wieder auch nur einen Tropfen Alkohol anrühren."
Mit großen Augen sah Jama zu ihm hoch. Zögerlich streckte er ihm eine Hand entgegen. "Versprochen?"
Jake lächelte und schlug ein. "Versprochen."
Dann drehten sie sich wieder zum Fluss und hielten gemeinsam Wache. Und Jake wusste, sollte sich irgendein Feind jetzt hier blicken lassen, hätte er keine Chance.
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