Jake
Mit einer raschen Geste bedeutete Jen ihm, ihr zu folgen. Sie führte ihn in einen Raum, der etwas abseits lag. Erst jetzt bemerkte er die anderen Kinder. Es waren ungefähr ein halbes Dutzend, die Kinder, die er schon kannte, einmal weggerechnet. Sie starrten ihn stumm und mit großen Augen an. Jen konnte auf keinen Fall die Mutter von allen sein, vom Jüngsten vielleicht, ja, aber das war unmöglich. Etwas irritiert ging er an ihnen vorbei und betrat das Zimmer.
In dessen Mitte war ein Schlafsack ausgebreitet, Decken lagen um ihn herum. An drei der Wände waren Kisten und Regale aufgestellt, die vierte war vollkommen kahl.
Und mittendrin lag ein Junge. Er schien zu schlafen, doch sein Atem ging stockend und seine geschlossenen Lider zuckten. Seine Stirn war schweißbedeckt.
Vorsichtig schlich Jen um ihn herum, bedacht darauf, ihn nicht zu wecken. Jake folgte ihr genauso leise. Mit einem Schlüssel, den sie unter einem Regal hervorzog, öffnete sie eine der Kisten. Ganz oben lagen Medikamente, verschiedene, einfach wahllos zusammengewürfelt.
Er kniete neben ihr nieder. "Was ist mit ihm?", flüsterte er.
Ihr Blick verdüsterte sich. "Er ist krank", antwortete sie. Mit einer Hand fischte sie eine angebrochene Packung Tabletten aus der Truhe. "Das habe ich ihm gegeben, auf gut Glück. Es scheint zu wirken, denn er ist viel ruhiger, seit ich ihm das verabreicht habe. Vielleicht etwas zu ruhig."
Angestrengt musterte Jake den verblassten Schriftzug. Im Halbdunkeln war er nur schwer zu lesen.
Remestan. Das erinnerte ihn an irgendetwas. Er kniff die Augen zusammen und runzelte die Stirn. Irgendwo in seinem Gehirn musste er doch noch ein bisschen Fachwissen haben.
Schließlich nickte er. "Das ist ein starkes Beruhigungsmittel. Es wirkt vor allem schlaffördernd. Ich würde es dringend absetzen. Es hilft nicht bei Krankheiten."
Jens Gesichtsausdruck zeigte pure Bestürzung. Angst spiegelte sich in ihrem Blick. "Das heißt...das heißt...ich habe ihm die ganze Zeit falsche Tabletten gegeben?", bei den letzten Worten wurde ihre Stimme heiser. Eine Träne sammelte sich in ihrem Augenwinkel.
Jake wusste nicht, was er tun sollte. Kurzerhand tätschelte er ihr die Schulter. "Du hast es ja nur gut gemeint. Wie lange geht das schon so?", fragte er hastig und irgendwie unbeholfen.
"Zwei Tage." Ihre Stimme war leise, fast schon wispernd. Er hätte sie gerne in den Arm genommen, um sie zu beruhigen, aber er traute sich nicht.
"Zwei Tage", wiederholte er stattdessen. Behutsam bewegte er sich zu dem Jungen und legte ihm die Hand auf die Stirn. Er glühte. Erschrocken zog Jake seine Hand zurück. "Hast du irgendwelche fiebersenkenden Mittel?"
Er hörte, wie sie in der Kiste kramte. Dann hielt sie ihm eine Packung hin. "Hier."
Mit einem dankbaren Nicken nahm er sie entgegen. "So", meinte er, "Jetzt ist es Zeit, dich aufzuwecken." Damit tippte er den Jungen auch schon an.
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