Kapitel 1
Der Tag, an welchem ich mich mit der Krankheit infizierte, war ein Sonntag Nachmittag. Oder war es doch ein Montag? Nein, ich bin mir sicher es war ein Sonntag.
Der Tag fing harmlos an. Wir hatten frei und beschlossen zusammen etwas zu kochen, was leider in einem totalen durcheinander endete. Dennoch versuchte Jeongin das Essen noch irgendwie zu retten, was mir ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Eigentlich hatte ich schon seit dem morgen keinen hunger mehr und ich war mir schon fast sicher, dass ich irgendetwas ausbrütete. Meinen Membern sagte ich dies natürlich nicht, denn falls es nur eine kleine unwichtige Erkältung gewesen wäre, hätte ich sie damit nicht stören wollen.
,,Lass gut sein, kleiner. Die Suppe kann keiner mehr retten. Nicht mal du." Schmunzelte ich und blickte zu dem mittlerweile wieder schwarzen Schopf vor mir. Schmollend sah der jüngere mich an, was mein Herz ungewollt ein wenig schneller schlagen ließ. ,,Ich kann und ich werde, Hyung!" Nickte er fest entschlossen.
,,Lass ihn, Hyunjin. Du weißt doch, dass wir es ihm eh nicht ausreden können." Grinste unser Leader und strich Jeongin kurz über die Haare, bevor er sich zur Küchentür begab. ,,Ich bestell trotzdem vorsichtshalber mal Pizza." Informierte er uns noch und verschwand dann entgültig aus dem Raum.
Ich hingegen blieb und sah dem niedlichen Jungen lieber dabei zu, wie er aufgeregt durch die Küche lief und immer mal was in die Suppe kippte. Ich lehnte mich an die Küchentheke und ließ meinen Blick über seine zierliche Figur wandern.
Er war schlicht und einfach ein Engel. Wie zur Hölle hätte ich mich jemals nicht in ihn verlieben können? Ich denke, ein Universum in welchem ich nicht an Jeongin interessiert bin, müsste erst erschaffen werden und selbst dann würde er mich vermutlich unbewusst verführen.
Seine bloße Existenz reichte schon aus, um mein Herz schneller schlagen zu lassen und ich nichts sehnlicher tun wollte, als ihn zu küssen bis uns beiden die Luft ausginge.
,,Hyung?" Ich schreckte durch seine liebliche Stimme aus meinen Gedanken und sah Lächelnd zu ihm. ,,Hm?" Fragte ich nach und stellte mich an seine Seite. Ich zuckte kurz etwas zusammen, als sich fast automatisch ein beklemmendes Gefühl in meiner Kehle breit machte. Aber ich versuchte es wissentlich zu ignorieren. Der kleinere hob einen Löffel an meine Lippen. ,,Probierst du bitte?" Fragte er mich mit Welpenaugen. Aber diese hätte er überhaupt nicht machen müssen. Ich hätte eh ja gesagt.
Sanft nahm ich ihm den Löffel aus der Hand und führte ihn zwischen meine Lippen. Belustigt verzog ich das Gesicht. ,,Das ist total versalzen, kleiner." Stellte ich fest. Jeongin legte seufzend den Kopf schief. ,,Ich hab mich geirrt. Ich kann sie wohl doch nicht retten. Naja, wenigstens ist der Trostpreis Pizza." Kicherte Jeongin und wandte mir den Rücken zu, um die Suppe wegzukippen.
Und genau das war der Moment, an welchem mich die Übelkeit übernahm. Mit einem leichten Schwindelgefühl und einem trockenen Gefühl in der Kehle stützte ich mich an der Theke ab.
,,Hyung, alles okay?" Fragte Jeongin mich besorgt und legte seine Hand auf meinen Arm. Die Stelle, an welcher er mich berührte, fing an zu kribbeln. Aber statt das es mein Unwohlsein verbesserte, machte es alles nurnoch schlimmer.
Als ich spürte, wie es mir langsam aber sicher hochkam, ließ ich schnell von der Theke ab und rannte, die Blicke meiner Member ignorierend ins Badezimmer. Schnell schloss ich die Tür hinter mir ab und lehnte mich über die Kloschüssel.
Mein Würgereflex handelte ganz automatisch und schon übergab ich mich, mit einem schmerzhaften Gefühl in meiner Brust und meiner Kehle. Jedoch kam nicht das aus mir raus, was man erwartet hätte. Nein, es waren Blütenblätter.
Die einer pinken Lilie, Jeongins Lieblingsblume.
Ich fühlte, wie meine Augen langsam glasig wurden, ich hielt mir eine Hand vor den Mund, um das Schluchzen zu unterdrücken, als Jeongin sanft gegen die Tür klopfte. ,,Hyung, ist alles in Ordung? Du sahst so blass aus."
Jedes einzelne seiner Worte waren wie Stiche in meiner Brust. So schön sie auch klangen, genauso sehr schmerzten sie auch.
Ich war nicht dumm. Ich hatte von dieser Krankheit schon gehört. Der Hanahaki-Krankheit. Und ich wusste auch was sie zu bedeuten hatte.
Unerwiderte Liebe.
Und da es Jeongins Lieblingsblumen waren, welche ich erbrochen hatte und es nur eine Person auf diesem Planeten gibt, in die ich schon seit zwei Jahren verliebt war, gab es nur eine plausible Erklärung dafür.
Jeongin liebte mich nicht.
Eine Träne schlich sich über meine Wange und floss mein Kinn entlang, ehe sie auf dem kalten Fliesenboden aufkam.
Ich hatte es mir schon denken können, aber die entgültige Bestätigung zu bekommen, tat weh. Es tat mehr weh, als den Schmerz, den ich wenige Sekunden zuvor ertragen musste.
Ohne es zu wollen hatte ich mir die gesamte Zeit über Hoffnungen gemacht, dass er mich vielleicht doch mehr, als einen Freund lieben könnte. Jedes mal, wenn er einen Albtraum hatte und deshalb zu mir ins Bett gekommen war. Jedes mal, wenn er sich ausgerechnet auf meinen Schoß gesetzt hatte, obwohl er das genauso gut bei den anderen Membern hätte machen können. Jedes mal, wenn er mir sein bezauberndes Lächeln geschenkt hatte.
Aber er meinte das alles im freundschaftlichen Sinne.
Und nun hatte ich nicht nur zerstörte Hoffnung, sondern auch ein angeknackstes Herz, sowie Schmerzen in der Brust und Kehle.
Meine Hand rutschte von meinem Mund und ließ ein kleines Schluchzen entweichen.
Fast sofort hörte ich wie Jeongin nun etwas fester gegen die Tür haute. Seine Stimme wurde mit jedem Wort eine Nuance besorgter. ,,Hyung? Bitte mach die Tür auf!" Ich schüttelte den Kopf, wohl wissend, dass er dies nicht sehen konnte. Ich vergrub meinen Kopf in meinen Handflächen und ließ die Tränen einfach nur laufen.
Die Schmerzen wurden nicht besser und mein Herz fühlte sich an, als hätte man einen Stein darauf gelegt und mich dann einfach allein damit gelassen.
,,Bitte mach die Tür auf, Hyunjin. Ich ertrag es nicht wenn du weinst..." Hörte ich Jeongins zarte, gebrochene Stimme hinter der Tür. Es war schon immer eine Angewohnheit von uns gewesen, dass wenn der andere weinte, man selbst auch weinen musste. Wir konnten uns gegenseitig einfach nicht leiden sehen. Und auch das hatte ich wohl offenbar falsch gedeutet.
Trotz Jeongins liebevoller Worte, schenkte mir jedes einzelne einen weiteren Stich in mein Herz und gab mir das Gefühl, mich gleich wieder übergeben zu müssen.
,,Geh einfach, kleiner. Bitte..." Schluchzte ich leise, aber dennoch laut genug, damit er mich trotzdem hören konnte. Kurz war Stille auf der anderen Seite der Tür, bis ich Jeongins Stimme erneut hörte, nun jedoch noch ein Stück schwächer und trauriger. ,,Ich lasse dich jetzt ganz bestimmt nicht allein, Hyung."
Ich kannte Jeongin. Er war stur. Ich wusste, dass er nicht gehen würde, ehe er sich versichert hatte, dass es mir besser ginge. ,,Dann hol Chan." Antwortete ich leise. Schon wieder war es kurz ruhig, bis das Maknae mir antwortete: ,,N-nagut. Ich hole Chan..." Ich konnte klar und deutlich heraushören, dass es ihm schmerzte, dass ich mich lieber Chan anvertraute, als ihm.
Und genau das machte den Schmerz, welcher in mir wuchs nur noch größer. Ich wusste das er nun traurig war und es fraß mich von innen heraus auf, zu wissen, dass es auch noch meine Schuld war.
Als ich mir entgültig sicher war, dass der Kleine weg war, schloss ich die Tür leise auf, setzte mich auf den kalten Boden und lehnte mich schmerzerfüllt an die Wand des Badezimmers. Immer wieder entwichen leise Schluchzer meine Lippen, bis ich ein etwas stärkeres Klopfen an der Tür wahrnahm.
,,Hyunjin, bist du noch da drin?" Hörte ich die beruhigende Stimme unseres Leaders. Als er mein Schluchzen durch die Tür hörte, zögerte er keine Sekunde länger und öffnete die Tür des Badezimmers.
Seine Augen weiteten sich geschockt und besorgt, als er mich mit tränenüberströmten Gesicht auf dem Badezimmerboden auffand.
Der blonde Mann zögerte keine Sekunde länger und nahm mich schnell in den Arm. ,,Hey, nicht weinen. Ich bin für dich da. Was ist denn los?" Flüsterte er mir ruhig ins Ohr, während er mir mit einem gleichmäßigen Rythmus über den Rücken strich.
,,E-es tut so weh, Hyung." Schluchzte ich nur noch lauter gegen seine Brust. Es war noch nicht oft vorgekommen, dass ich wirklich so fertig war, dass ich mir nicht mal die Mühe gab es zu verstecken. Um ehrlich zu sein noch nie, weshalb ich Chans geschockte Reaktion gut verstehen konnte. Ich hatte mich noch nie so hilflos gefühlt und ich hasste es.
,,Was tut dir weh? Rede mit mir, Hyunjinnie!" Sagte Chan leise und wippte mich wie ein Baby leicht hin und her. Jedoch kam er ins stocken, als er wohl offenbar die paar Blütenblätter sah, welche neben die Toilette gefallen waren.
,,Oh nein. Hyunjin bitte sag mir, dass das nicht wahr ist. Bitte nicht..." Wurde nun auch mein Hyung bleich und sah mit großen Augen zu mir hinunter. Ich wusste nicht, dass Chan offenbar von der Existenz dieser Krankheit wusste. Nicht viele wussten davon, da sie keine häufige Krankheit war, aber dafür war sie ungefähr doppelt so schlimm.
Ich fing durch seine Worte nur noch mehr an zu schluchzen und konnte fast schon nicht mehr damit aufhören. Der blonde zog mich behutsam auf seinen Schoß und wippte mich weiterhin hin und her.
,,Na komm, sag mir wer meinem Baby weh getan hat. Welche Frau oder welchen Typen muss ich verhauen?" Versuchte unser Leader mich wohl zu beruhigen. Verweint sah ich zu ihm hoch. ,,Woher weißt du, dass ich schwul bin?" Fragte ich ihn mit schniefender Stimme.
,,Wusste ich nicht. Ich wollte nur sicher gehen." Zuckte Chan mit den Schultern und strich mir sanft über die Haare. ,,Ist es einer der Member?" Fragte er mich ruhig. Ich nickte schluchzend.
,,Ist es Jeongin?"
Ich erstarrte. Chan hatte sofort ins schwarze getroffen und das auch noch ohne zu zögern. Ich spürte, wie sich meine Kehle bei diesem Namen zuschnürrte. Egal wie oft ich diesen Namen hörte, ich würde wohl nie genug davon bekommen, aber zeitgleich bereitete er mir nun auch Kopfschmerzen.
Als Chan bemerkte, dass er scheinbar Recht gehabt zu haben schien und es mir dadurch nurnoch schlechter ging, seufzte er mitleidig aus und drückte mich fest gegen seine Brust. ,,Ich bringe dich zum Arzt. Jetzt sofort!"
Ich schüttelte den Kopf. ,,Hyung, nein..." ,,Hyunjin, wir werden zum Arzt gehen. Ich will...du musst..." Der blonde fuhr sich gestresst durch die Haare und war damit beschäftigt, die richtigen Worte zu suchen. Er schien mir sichtlich durcheinander und schien nicht zu wissen, wie er auf diese Situation reagieren sollte.
,,Bitte. Komm einfach mit, ja?" Flehte er mich an. Leider eines seiner versteckten Talente: Man konnte ihm nicht nein sagen. Ich ließ den Kopf sinken und nickte kurz. ,,Oder ist es dir lieber wenn jemand anders mit dir hin geht?" Fragte mich der ältere fürsorglich.
,,Nein, es ist okay so. Bitte komm mit." Bat ich ihn mit stets glasigen Augen. Mitleidig verzog Chan das Gesicht und zog mich nochmals in eine liebevolle Umarmung, ehe er mich an die Hand nahm und mit mir aus dem Badezimmer ging.
Fast sofort sprang mit ein schwarzhaariger Schopf um den Hals. ,,Hyung, bitte mach mir nicht so eine Angst. Was ist los?" Fragte Jeongin mich mit zitternder Stimme. Erst jetzt bemerkte ich seine ebenfalls gläsernen Augen. Mein Magen kribbelte und wurde wärmer, während mein Herz nurnoch schwerer wurde und das Gefühl der Übelkeit gefährlich schnell zurück kehrte.
Chan schien das wohl bemerkt zu haben, da er Jeongin sanft von mir weg zog und für mich antwortete: ,,Hyunjin geht es nicht gut. Ich fahre ihn zum Arzt."
Meine Member sahen mich mit großen Augen an und schienen nicht zu wissen, was sie sagen sollten. Zu groß schien der Schock, mich so schwach und gebrochen zu sehen.
,,Chan, was-..." ,,Hanahaki!" Unterbrach Chan den Bandältesten. Geschockt weitete Woojin seine Augen. ,,Wer ist Hanahaki?" Fragte Minho irritiert und schien wie die anderen nicht zu wissen, was das war. Bis auf Jisung, welcher mich nun ebenfalls mit offenem Mund ansah.
Jedoch hatte ich keine Zeit, darauf etwas zu erwidern, da Chan mich schon aus dem Dorm schob, um mich zum Arzt zu fahren.
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