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...und die verlorenen Kinder (von Pilz)

Am Rande der Stadt gibt es oft diese Orte, die die feinen Menschen aus der Stadt meiden. Manchmal handelt es sich dabei um ein Obdachlosenviertel, in dem die Straßen schlimmer als nur nach Kotze und Pisse stinken. Manchmal eine Gegend voller Krüppel, die die Straßenränder säumen und mit ihren großen Augen nach Hilfe flehen, oder bloß böse hinter den edlen Kutschen hinterherstarren, so dass die feinen Kinder Albträume von ihren entstellten Gesichtern bekommen. Manchmal handelt es sich auch um ein beinahe zusammenfallendes Gebäude, nicht wirklich in Schuss gehalten, mal bewohnt, mal nicht.

In einigen dieser Gebäude, welche noch bewohnt wurden hausten einige der Obdachlosen, Verstoßene oder andere zwielichtige Gestalten. Doch in einem der größeren ihrer Art hausierten einige Halblinge mit griesgrämig dreinschauenden Hexen, welche sich als Heimleiterinnen eines Waisenhauses vorstellten, sprach man sie einmal an und hatte den richtigen Status. Ansonsten wurde man sofort vom Grundstück gejagt.

Natürlich wusste jeder was in den Waisenhäusern geschah, dennoch sollte es versteckt bleiben. Niemand sollte die elendigen kleinen Biester, welche von ihren Eltern verstoßen worden waren, sehen. Warum man einige von ihnen überhaupt von der Straße aufgelesen hatte blieb den Kindern selbst ein Rätsel. Man hätte sie genauso gut einfach dort liegen lassen können, damit sie dort verrotteten und nicht in einem kleinen Saal mit viel zu vielen und viel zu kleinen Betten zusammengepfercht.

Das Waisenhaus ‚Rédemption' war den Leuten seines Örtchens ein wohl bekannter Begriff. Es gab viele Sagen und Geschichten, die sich um das alte zerfallene Gebäude rankten besonders über die Sache, die eigentlich wohl am offensichtlichsten und bekanntesten sein sollte: ob das Waisenhaus noch in Betrieb war. Doch in diesem Punkt schieden sich die Geister.

Die einen sagte, sie hätten noch einige Nonnen und Kinder hinter den Fensterscheiben her huschen sehen, andere stempelten all dies als Firlefanz und Humbug ab, da die letzten Nonnen bereits vor Jahren aus ihrem Örtchen verschwunden waren, gemeinsam mit den Kindern. Außerdem sehe man doch nie irgendwelche Lieferungen zu der Ruine fahren und dort könnte somit niemand leben unter diesen Umständen. Würde jemand durch die Gänge dort laufen würde das gesamte Haus bestimmt zusammenbrechen.

Doch genau wegen der ganzen Spukgeschichten war das alte Gebäude ein beliebter Ort für Mutproben unter Kindern und eine regelrechte Attraktion für Verschwörungstheoretiker, von denen das Land genug hatte. Das Städtchen selbst, Vengea, versuchte sich nicht zu sehr um das geisterhafte Gebäude zu kümmern.

Es ging unter den Bewohnern das Gerücht herum, dass tatsächlich die armen Seelen der in der Vergangenheit dort verstorbenen Kinder noch immer in den Mauern umherirrten. Das jedoch das Knarren der Dielen, welche durch das halbe Örtchen zu hören waren, und das leise Weinen, welches zu mancher nächtlichen Stunde die Eltern aufweckte, nicht bloß das Werk eines Geistes waren, mochte sich eigentlich niemand ausmalen wollen.

Somit versuchten einige der Bewohner auch Schaulustige davon abzuhalten in den Ruinen zu stöbern, in der Angst was zu Tage kommen würde, auf was für Geheimnissen sie über Jahrzehnte gestanden hatten ohne etwas zu wissen oder zu unternehmen. Doch einige schafften es über die Schikane der Ortsbewohner dennoch das Häuschen zu erreichen und zu erkunden ohne direkt am ersten Tage wieder abzureisen.

Zu ihnen gehörte auch Monsieur Sorgue, welcher mit einigen seiner Kommilitonen angereist war um in seinem jugendlichen Schabernack und Leichtsinn durch die Mauern des berühmten Geisterhauses zu streifen.

Zwei Tage nach Semesterende trafen die vier jungen Männer ein und machten sich auf den Weg zur nächsten Gaststätte um ein Zimmer für sie alle zu erhaschen. Doch es ließ sich bloß das eine für sie vorbereiten. Ein kleines Dachzimmer, in welchem sie alle auf einer dünnen Schicht Stroh schlafen mussten, ohne Decken, die sie wärmen könnten in den kalten Winternächten. Ihre Sturheit übertraf jedoch die Abweisung der Ortsbewohner.

Sie machten sich nach wenigen Stunden Schlaf mit nichts als ihren wenigen Habseligkeiten auf zu den Ruinen. Die Straßen waren von Regen und Schlamm verdreckt und sorgten bei dem ein oder anderen ihrer kleinen Gruppe für gerümpfte Nasen, bis sie schließlich im Halbdunkeln vor den eisernen Toren standen, welche ihnen auf ihrem Weg zum alten Waisenhaus ein Hindernis waren. Ein verschmitztes Lächeln zeichnete sich auf den Zügen ihres Abenteurers und Anführers ab.

Mit vereinten Kräften versuchten sie das Tor aufzudrücken, zu ziehen, es anzuheben, doch nichts mochte gelingen. Die dicken schwarzen Stangen hingen weiterhin verbogen in der Luft vor ihnen und verwehrten ihnen den Zugang. Ein paar Pflanzen rankten an den rauen Oberflächen empor und waren wohl die einzigen, die die Flügel all die Jahre hatten passieren lassen.

Die Morgendämmerung schien nicht wirklich voranzuschreiten während sie so dort standen und Idee um Idee ausprobierten um endlich an die Pforten des brüchigen Gebäudes zu gelangen. Niemand machte sich um dieses seltsame Phänomen Gedanken, zu sehr waren sie in ihre Grübelei vertieft.

Immer wieder dachten sie, sie wären kurz davor Erfolg zu feiern, doch das Knatschen und Quietschen der Bolzen in ihren eisernen Angeln war keineswegs ein Anzeichen dessen, dass die alten verrosteten Werke nachgeben würden. Sie alle hatten sich bereits an den rostigen Splittern geschnitten und bluteten schwach aus den Schnitten. Das Rot des Rostes färbte sich noch dunkler und doch geschah nichts, was ihren Schweiß und ihre Arbeit lohnen würde.

Als sie schließlich alle erneut mit Blut und Schweiß gegen die Stangen drückten durchzog ein Zittern die Tore, welche dennoch nicht gänzlich öffnen wollten. Mit einem erschöpften Aufseufzten ließen sie sich alle zu Boden fallen und berieten mit erhitzten Gemütern erneut was sie nun tun sollten, als ein kalter schneidender Wind aufzog.

Immer stärker bogen sich die kahlen Zweige der nahe gelegenen Bäume und es zog und zerrte immer mehr an den Mänteln der jungen Männer, welche die Veränderung erst bemerkten, als die ersten Äste auf ihre Gruppe niederrieselten. Mit einem erschrockenen Ruf versuchten sie den umherschwebenden Gütern auszuweichen, während sich das Tor gefährlich hin und herwiegte.

Mit einem letzten orkanartigen Windzug durchzog endlich ein tiefes Donnern die Erde und die Zweige legten sich mit den erstillenden Böen wieder auf ihren ursprünglichen Platz zu Boden zurück. Schockiert blickten sich alle fünf nach den auf der Erde verbogenen Stangen um, welche vor ihrem nun freien Weg lagen. Dünne Splitter säumten wie schwarzer Staub die gebrochenen Wächter, rieselten weiter von ihnen ab, als wäre es das Blut der Gefallenen.

Ohne weiter darauf zu achten traten die jungen Männer zwischen den Eisenwerken über ihre Leichen hinweg um den im seichten Wind zitternden Türflügeln näher zu kommen. Ein kaum vernehmbares Seufzen schwang zeitgleich über das Gelände, als würde jemand um den Verlust ihrer Tore trauern.

Das alte morsche Holz bog und brach bereits, war an einigen Stellen von Zeit und Schimmel zerfressen und gab dennoch bloß wenig Platz um durch sie hindurch in das Innere des Gemäuers zu gelangen. Auch der Rest des Gebäudes war seltsamerweise noch so gut in Schuss, dass es kaum möglich schien auf anderem Wege hineinzuklettern.

Nach einiger Untersuchung und einem getauschten Blick setzten sich drei von ihnen schließlich gleichzeitig in Bewegung und versuchten mit Gewalt die zusammen gerosteten Schlösser aufzubrechen. Doch alles was sie erreichten war eine große dunkle Staubwolke, welche ihnen aus dem kleinen Oberdach auf die Häupter rieselte. Aus den zerbrochenen Fenstern klang das Heulen des Windes, welcher durch die engen Gänge im Innern flog, so dass es beinahe wie ein Lachen klang.

Düsteren Blickes wandten sich die drei wieder an ihre beiden Kumpanen, welche sie mit einem verschmitzten Lächeln bedachten. Der Jüngste von ihnen, ein Mathematikstudent, wagte sich in seiner staubigen Kleidung erneut nahe an die Tür und besah sich Schloss und Holz noch einmal genauer. Normalerweise hätte eine Tür in solch bemitleidenswertem Zustand ihrem Gewicht doch sicher nicht standhalten dürfen.

Mit seichtem Strich fuhr er mit den Fingerspitzen über das raue splitternde Holz, als ein Knacken ertönte und das nächste was er hörte die Rufe seiner Begleiter waren. Die Verankerung des Oberdachs hatte sich gelöst und brach nun auf den jungen Mann hinab, welcher nicht schnell genug war sich zu schützen.

Schnellen Schrittes waren seine Kommilitonen bei ihm und hoben mit gebündelten Kräften die Holzbalken von ihrem Freund herunter. Doch nach einigen Handgriffen war klar, dass ihre Mühen nicht viel ändern würden. Sie hatten gerade den Oberkörper freigelegt, als ihnen der unterarmgroße Holzbalken ins Auge sprang. Er ragte aus der linke Kopfseite ihres Kommilitonen, welcher gen Himmel starrte mit dem verbliebenen Auge. Ein leerer Blick in jene Richtung, in die er entschwunden war.

Entsetzen legte sich über die Gruppe. Ein stiller Schock und ein langsames Setzen der Angst, welche erst nach einigen Augenblicken wie ein Donnerschlag über den Köpfen der jungen Männer einschlug. Die ersten stolperten zurück und waren im Inbegriff das Grundstück zu verlassen, doch etwas blockierte ihren Weg.

Das Tor, welches sich vor wenigen Augenblicken noch verbogen auf dem Boden gekrümmt hatte, stand nun erneut stur und starr an seinem Platz. Unbarmherzig und unnachgiebig quietschte es, während der Wind versuchte erneut an den Stäben zu rütteln.

Ungläubig schauten die vier Studenten auf das Tor. Vorhin war es noch aus den Angeln gerissen und hatte am Boden gelegen, zur Unbrauchbarkeit verzerrt, doch nun stand es perfekt gerade und beinahe wie neu wirkend an seinem ursprünglichen Platz. Die Angst vermischte sich nun mit Panik, wussten sie doch alle, dass sie nicht durch das geschlossene Tor kommen würden. Der Abstand der Querstangen war zu groß, als dass man hätte darüber klettern können, sowie auch die Stangen zu rutschig um sich an ihnen hinaufzuziehen. Dennoch versuchten sie es, wie erwartet ohne Erfolg.

Immer wieder rutschten ihre Hände an den schwarzen Stangen hinunter, der kalte Wind und das Metall machten die Haut rissig und spröde, bis sie aufplatzte und der dünne Blutfilm ihre Erfolgschancen weiter verringerte. Schließlich waren sie alle zu erschöpft um es weiter zu versuchen. Sie ließen sich an der Mauer sinken, welche ihr Gefängnis bildete, als ihnen etwas auffiel.

Der tote Körper ihres Kameraden war nirgends zu sehen. Sie hatten ihn nicht bewegt, nicht einer von ihnen, wie sie eine panische Diskussion voller Vorwürfe und Anschuldigungen später feststellten. Der Körper und auch die Überreste des Oberdaches waren verschwunden. Kreidebleich pressten sich zwei der Studenten enger an die Mauer, während die anderen beiden langsam näher schlichen um sich den Ort noch einmal genauer anzusehen. Es war kein Blut zu sehen, nicht ein Holzsplitter, doch die Taschenuhr ihres Kommilitonen lag unter einer Hand voll Staub bedeckt am Fuße der Treppe und schimmerte seicht.

Nervöses schluckten beide schwer, bevor sie sich mit den vorsichtigsten Schritten der Treppe näherten. War diese zuvor auch dort gewesen? Sie hatten doch vorhin nicht auf den knarzenden Brettern gestanden, welche bereits unter ihren Blicken nachzugeben schienen. Oder etwa doch? Nicht einer von ihnen mochte sich noch genau daran erinnern und versuchte sich schleunigst einzureden, dass sich nichts verändert hatte.

Prüfend wurden die ersten Schritte gesetzt und wie durch ein Wunder blieb es bei einem gefährlich tiefen Biegen der Bretter und ohrenbetäubendem Knarzen. Keiner der beiden Studenten brach durch das Holz. Als sie schließlich vor den Türflügeln standen sahen sie sich gegenseitig fragend an, bevor sie diese erneut untersuchten, weiterhin jedoch zu dem Ergebnis kamen, dass diese verschlossen waren. Sie würden nicht hineingelangen.

Zumindest hielt sich dieser Gedanke so lang, bis einer der beiden zurückwich, kreidebleich auf einen Spalt im Holz starrte und schließlich die Stufen der Treppe hinunterfiel, sich im Staub davon schiebend, die Augen weiterhin starr auf die Tür gerichtet. Auch die anderen drei waren erschrocken.

‚E...ein Geist. Ein Gespenst!', rief der zu Tode Erschrockene und deutete zitternden Fingers auf den Türspalt. Sofort drückten sich die zwei zurückgebliebenen Studenten weiter an die Mauer, der auf der Treppe verbliebene wich ebenfalls einige Schritte von den Holzschwingen fort und heftete dabei seinen Blick ebenfalls auf den beschriebenen Türspalt.

Zuerst konnte er nichts erkennen, doch dann sah auch er es und floh seinem Kameraden hinterher. Ein kleines blasses Gesicht und ein viel zu großes Auge. Groß und wässrig, dem eines Fisches nicht unähnlich mit seiner hässlichen grau-braunen Färbung und den tiefen dunklen Rändern, die es noch weiter hervorstechen ließen.

Mit einem Aufschrei flüchteten sich alle Studenten an das raue Gestein der Mauer, doch wo sollten sie schon hin. Das Tor war verschlossen, sie konnten das Grundstück nicht verlassen und auch in das Haus könnten sie nicht gelangen, wobei niemand wirklich erpicht darauf war dieses Gemäuer noch zu betreten.

Doch es ließ sich wohl nicht vermeiden. Gerade als sie sich alle einig schienen, dass niemand von ihnen einen Fuß über diese verfluchte Türschwelle setzen würde, begann sich der Wind ein weiteres Mal zu erheben und dieses Mal legte er sich nicht so schnell, rüttelte an allem was er zu fassen bekam und wehte die Herren Studenten glatt von ihren Füßen. Wie Würmer wanden sie sich am Boden im Dreck und versuchten irgendwo Halt zu finden. Finger zuckten umher, doch nichts war zu finden woran sie sich hätten klammern könnten.

Mit einem vom Wind beinahe übertönten Krachen brach einer der Türflügel in sich zusammen und bat ihnen so eine Möglichkeit dem immer weiter ansteigenden Wind zu entfliehen. So lang sie es aushielten versuchten sie jedoch außerhalb des verfluchten Gebäudes zu verweilen.

Bald aber trieben sie herumfliegende Steine und gewaltige Äste in den Schutz des Gebäudes zu treten, welches um sie weiterhin hin und herschwankte wie ein Betrunkener. Das Knacken und Krachen in den Geschossen über ihnen ließ sie so nah an der Tür Schutz suchen wie möglich, um bei den ersten Anzeichen eines Einsturzes fliehen zu könnten. Doch das der erwartete Einsturz im Eingangsbereich stattfinden würde und sie weiter in die Gänge treiben würde, erwischte sie überraschend.

Sie hatten Glück, dass sie nicht in unterschiedliche Gänge zerstreut wurden, zumindest versicherten sie sich so gegenseitig. Zuerst überlegten sie ob sie einfach an Ort und Stelle verweilen sollten, doch was würde das schon helfen, außer dass sie eventuell ein erneuter Einsturz begraben würde. So schnell würden sie nicht aufgeben und somit machten sie sich ohne ein bestimmtes Ziel auf Erkundungstour durch die Gänge. Doch ihre Entschlossenheit schwand schnell, je länger sie sich zwischen den triefend schwarzen Schatten aufhielten.

Nichts deutete auf irgendwelche Bewohner hin, zumindest keine lebendigen. Es war unheimlich still zwischen all den Türen und Wänden dafür, dass draußen ein Sturm wütete. Nicht einmal ihre zittrigen Schritte waren wirklich gut zu hören, bloß das viel zu laute Rauschen ihres Blutes und ihr lautes Keuchen hallte von den Steinen wider.

Alte verrottende Holztüren hingen schräg in ihren verrosteten Angeln und offenbarten einen kleinen Ausschnitt der dahinterliegenden Räume. Doch kaum genug Licht drang durch die Fenster als das sie irgendetwas gesehen hätten. Bloß ein schwarzes Loch, welches ihnen immer wieder von rechts und dann wieder von links entgegenblickte und sie nicht erahnen ließ was sich weiter hinten in den Räumen befand.

Die Stille mitsamt der Erinnerung an das gespenstisch bleiche Gesicht hinter den Flügeln der Eingangstür ließ die Anspannung zwischen ihnen mit jedem Schritt steigen. Jeder Schritt fühlte sich schwerer an, als würde sich der Flur mit Wasser füllen, welches sie abbremste und versuchte sie an ihren Gliedern hinunter zu ziehen.

Nach einigen Stunden des Umherirrens und des immer gleichen Bildes begannen die ersten von ihnen Dinge zu sehen. Dinge die nicht dort sein sollten oder konnte, die eventuell auch gar nicht da waren oder wo sie zumindest hofften, dass es nicht so war.

Verzweifelt versuchten zumindest zwei von ihnen die anderen beiden vehement davon zu überzeugen, dass sie sich all das nur einbildeten, doch auch ihre Blicke zuckten umher, folgten hier einem Schatten oder dort einem Lichtschein, der nicht hätte dort sein können und im nächsten Moment verschwunden war.

Ein ohrenbetäubendes Poltern und Donnern über ihren Köpfen ließ sie alle zusammenzucken und durch den Staub blinzeln, welcher ihnen von oben auf die Häupter rieselte. Ein hoher Schrei war das nächste was sie hörten und anhand ihrer aller Ausdrücke war ihnen klar, dass sie nun entweder alle vollkommen den Verstand verloren hatten, oder sich tatsächlich etwas in dem Haus befand. Alles schien mittlerweile möglich und doch war niemand von ihnen wirklich erpicht darauf die Bewohner zu treffen.

Panisch blickten sie einander an, fragten sich wo sie überhaupt waren, wo sie hin sollten, was ihr Ziel war und doch hatten sie auf keine der Fragen eine Antwort. Es war verstörend, beängstigend und ließ die Nervosität nur noch mehr steigen, einige begannen den unterdrückten Tränen der Angst freien Lauf zu lassen.  Schließlich einigten sie sich darauf eines der Zimmer aufzusuchen, in der Hoffnung, dass sich dort niemand befand und sie eine kurze Pause einlegen könnten.

Doch als sie vor einer der schräg in ihren Angeln hängenden und langsam hin und her schaukelnden Türen standen traute sich doch niemand auch nur einen Fuß über die Schwelle zu setzen, die in die Finsternis führte.

Flüsternd berieten sie ob sie es tatsächlich wagen sollten, als einer von ihnen schließlich den Mut zusammenkratzte und als Auskundschafter den ersten Schritt machte. Immer weiter näherte er sich dem Schatten, der den halben Raum eingesponnen hatte, und schaute sich um, doch schien auch von dieser Position nichts zu erkennen. Es war als wäre eine undurchdringliche Schwärze vor ihn getreten. Fast wie der dicke Nebel, der manchmal im Frühling die Felder überzog und den ein um anderen verschlang, so dass man ihn nie wiederfand.

Die Neugier überwiegend hörte er nicht die panischen Stimmen seiner Kameraden, die ihn zurückriefen als er eine Hand prüfend in den Schatten streckte. Er spürte keinen Widerstand und setzte einen Fuß nach vorn. Beinahe ganz in der Schwärze verschwunden erstarrte er plötzlich. Seine Kommilitonen waren kurz davor ihm in den Raum zu folgen und ihn herauszuziehen, als der Körper plötzlich mit einem Ruck nach vorn fuhr.

Eine kurze Pause der Stille trat ein, in der niemand zu sprechen oder gar zu atmen wagte. Ging es ihrem Kommilitonen gut? Hatte er etwas gefunden in der Finsternis?

Plötzlich unterbrach etwas die Stille. Ein Knacken und Knarren, gefolgt von einem überraschten Aufruf, kurzer Stille und dann ein hoher schriller Schrei, solch einer wie sie ihn bereits zuvor gehört hatten nach dem Poltern im Geschoss über ihnen. Panisch vor Angst hielten sie sich die Augen zu, in dem Wissen, dass sie nichts sehen würden auf Grund der Finsternis, doch eher der Hoffnung nach, was man nicht sah konnte nicht Wirklichkeit sein, oder nicht?

Langsam und voller Angst lösten sie langsam ihre Finger von ihren verschwitzten bleichen Gesichtern um in den Raum zu schauen, welcher plötzlich nicht mehr ganz so Finster und Schwarz erschien wie zuvor, so dass man die Szene gut verfolgen konnte.

Ein Loch war in den Boden gebrochen, die hölzernen Dielen gesplittert und doch war das Loch nicht tief genug um in den Keller zu führen. War dort so etwas wie ein Keller? Wollten sie es überhaupt wissen?

Doch diese Gedanken kamen ihnen gar nicht bei dem Anblick den ihr Kommilitone ihnen bot. Der Kopf in einem absurden Winkel gen Boden gerichtet, während seine Hände nach den Dielen über ihm griffen um sich abzufangen, doch vergebens. Splitter des Holzes ragten unter seinem Körper tiefer in das Loch. Niemand von den drei übrig gebliebenen Studenten wagte sich zu rühren, konnte es nicht, als sie erneut eine Stimme hörten.

‚Peter?', klang es leise, wie ein Wimmern durch die Dunkelheit und ließ Gänsehaut bei den übrigen Lebenden über alle Glieder fahren. Ein kalter Schauer, als der Wind von draußen einen Weg in die Gänge fand und ihre von Schweiß benetzte Haut umhüllte, lief ihnen den Rücken hinunter. Die Haare leicht verweht und doch war die Szene vor ihnen viel zu fesselnd, als das irgendjemand von ihnen die Veränderung wirklich bemerkt hätte.

Zuckende Augäpfel suchten die Schatten ab, bis sie alle am Ende des Korridors ein kleines blasses Gesicht erblickten. Ein Kind stand dort, doch allen gefror bei seinem Anblick sofort das Blut in den Adern.

‚Peter?', klang es dieses Mal etwas lauter und ließ einen von ihnen in die Knie gehen, während er zusammenbrach und begann laut zu keuchen, während die Tränen und der Rotz sein Gesicht hinabliefen. Glitzernde Spuren bildeten sich in dem schlechten Licht.

Mit kurzen Beinen und kleinen langsamen Schritten näherte sich das Kind in seinen abgewetzten Kleidern, dem dreckigen löchrigen Sack, den es als Oberteil trug und die viel zu großen Hosen, welche ebenso zerrissen und durchsogen von Dreck und Exkrementen war. Das Haar war zu großen Teilen bereits ausgefallen, die Wangen eingefallen, dass es krankhaft schien. Die dürren Arme und Beine von Verbänden und Schnittwunden übersäht, doch das war nicht das Schlimmste.

Was sie mehr zittern ließ als dies waren die großen hässlichen Fischaugen, die sie bereits an der Fronttür gesehen hatten und das Messer, welches zitternd in den gebrechlichen Händen des Kindes vor ihnen lag.

Das Keuchen wandelte sich in leise Schluchzer, während das spärliche Licht die wässrigen Augäpfel noch etwas mehr zum Leuchten brachte.

‚Peter, du hast gesagt du kommt und holst uns, aber jetzt ist es zu spät. Jetzt ist da niemand mehr zu holen.'

Ein weiterer Schritt brachte die Studenten nun auch dazu zu laufen. Ihren nun bewusstlosen Kommilitonen ließen sie am Boden liegen, während sie zu zweit die immer enger werdenden Gänge entlangstolperten, nicht darauf achtend was sich vor ihnen befand, bis es sie schließlich von den Füßen riss und sie mit weit aufgerissenen Augen und einem stummen Schrei zurück auf die leblose Hülle ihres Mitstudierenden blickten, welcher mit dem gleiche leeren Blick wie die anderen beiden zuvor vor sich ins Nichts blickte. Es blieben noch zwei von ihnen übrig, irgendwie mussten sie doch hinausfinden können.

‚Hast du uns vergessen?', klang es schließlich erneut um sie herum und mit einem Mal war es nicht bloß ein Kind, doch an die zehn, die um sie herumstanden und sie anstarrten. Alle hatten sie die gleichen Augen, groß, rot unterlaufen, dunkle Schatten, schwarze Punkte, wo die Iris hätte sein sollen, als wäre ein Loch in sie hineingebohrt worden.

‚Peter?', schallte es von allen Seiten auf sie ein, während die Schar immer näher trat, sie immer weiter einkesselte. Doch ihre Aufmerksamkeit schien mehr auf einem von ihnen zu liegen.
‚Peter, du musst zurückkommen', begannen die Kinder weiter zu stöhnen, während sie sich M. Sorgue näherten, welcher sie bloß mit Entsetzen anstarrte.
‚Peter?'
‚Peter komm zurück'
‚Peter spiel mit uns'
‚Peter hast du uns vermisst?'
‚Peter?'
‚Wir lassen dich nicht mehr gehen Peter, du bist und bleibst einer von uns!'


Einige Tage nachdem die Studenten sich auf den Weg gemacht hatten schrieben die Bewohner des kleinen Örtchens sie als tot ab, hatte noch nicht einer der verrückten Abenteurer wieder zurück in ihre Gemeinde gefunden. Doch eine verirrte Seele fand zurück zu der Gaststätte in der die fünf jungen Männer einige Tage zuvor übernachtet hatten. Nicht einer von ihnen verstand was er sagte und niemand sollte es herausfinden, verstarb er doch noch in derselben Nacht an einem hohen Fieber.

Das Waisenhaus, so entdeckte man später, war vollkommen in sich zusammengebrochen, nicht ein Stein stand mehr auf dem anderen und so feierten die Anwohner, dass der Spuk endlich ein Ende hätte. Doch so schnell würden sie die Geister nicht los, niemand.

Peter Pan, würde die Seelen des Örtchens und jede andere verirrte Seele eines Kindes nicht in Ruhe lassen, nicht nach all dem was ihm selbst widerfahren war.


Geschrieben von: Pilz


Vorgaben:

Ort: Altes Waisenhaus

Gegenstand: Messer

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