bachelorette
Ich starrte Jungkooks Mutter mit großen Augen an, nachdem diese mich in den Salon ihres Hotels geführt hatte.
"Ich war mir nicht sicher, ob du einen Junggesellinnenabschied möchtest, aber ich dachte, dass wäre angemessen", erklärte mir die Koreanerin mit ruhiger Stimme.
Der elegante Raum wurde mit schönen Blumengestecken und weißen Ballons dekoriert. Eine Girlande mit der Aufschrift „Bachlorette" prangte über der Bar, wo ich bereits Minjun, Jungkook, deren Vater, Soyeon und Seokjin entdeckte.
"Vielen Dank, Yoojin!", mit glasigen Augen drückte ich mich an sie und konnte nicht fassen, dass sie dies extra für mich organisiert hatte.
"Deine Mutter wäre sicher gern dabei gewesen. Ich weiß, dass ich sie nicht ersetzen kann, aber ich hoffe du weißt, dass du für mich wie eine Tochter bist." Ihre sanfte Stimme lag direkt an meinem Ohr und ich musste für einen Moment andächtig gegen die Tränen in meinen Augenwinkeln kämpfen.
"Ich weiß, Eomma."
Wir lösten uns voneinander und ich sah, dass sie ebenfalls Schwierigkeiten damit hatte ihre Emotionen in Schach zu halten.
"Na, los. Die anderen warten schon auf dich. Ich komme später nach", lachte sie, doch ich wusste, dass sobald sie außer Reichweite sein würde, sie anfangen würde zu weinen.
Als sie sich umdrehte, griff ich noch nach ihrer Hand, ehe sie davoneilte.
"Dankeschön", sagte ich nochmal und sah wie ihre Unterlippe zuckte, allerdings überspielte sie dies gekonnt.
Ich sah der schönen Frau einen Augenblick lang nach, bevor ich schließlich in den Salon eintrat, wo sich sogleich alle Augenpaare auf mich richteten.
"Unsere Dame des Abends ist also hier!", begrüßte Minjun mich voller Begeisterung und stand sogar von dem Barhocker auf, um mir auf den neben ihm aufzuhelfen.
"Du siehst unglaublich aus!", schwärmte Soyeon, ihr Blick war voller aufrichtiger Bewunderung.
"Danke, das Kleid habe ich ausgesucht", kicherte Woojin.
Ich trug ein rotes, schulterfreies Cocktailkleid aus Satin, welches bis zu meinen Knien rechte. Dazu schlichte weiße High Heels mit Trichterabsatz und eine passende Clutch.
"Darf ich dir schon etwas zu trinken anbieten?" Seokjin stand hinter der Theke und lächelte mich freundlich an.
Erst Kellner und jetzt Barmixer?
"Einen Cosmopolitan bitte."
"Hey, Kookie! Kümmerst du dich bitte um die Musik? Dieses geklimmper nervt langsam. Bringen wir leben in die Bude!", bat Minjun seinen jüngeren Bruder enthusiastisch, der bloß stumm Nickte.
Irrte ich mich, oder hatte Jungkook etwa ein Auge auf Soyeon geworfen? Er sah ziemlich nervös aus neben ihr aus?
"Danke, dass ihr gekommen seid", meinte ich hauptsächlich an Seokjin und Soyeon gerichtet, da die Jeons schließlich irgendwie zur Familie gehörten.
"Wie könnte ich mir das entgehen lassen?", meinte Seokjin charmant und stellte mir den Drink vor die Nase.
Ich war beeindruckt wie gefasst er wirkte, wenn man bedachte, dass die Verhaftung seines Vaters nicht lange her war.
Die Musik wechselte von Klassik zu K-Pop und Minjun nahm sofort fahrt auf, was mich zum Lachen brachte.
Tatsächlich war Minjun momentan derjenige, der mich am besten Verstand und bei dem ich mich in letzter Zeit am wohlsten fühlte. Die anderen versuchten es zwar, doch sie konnten nicht verstecken, dass sie alle insgeheim gegen diese Hochzeit waren.
Er war der Einzige, der meine Entscheidung nicht hinterfragte und deshalb hatte ich anstelle von Jungkook, Minjun gebeten mein Trauzeuge zu werden. Dies brachte zwar seinen Zeitplan mit der Rückkehr nach Amerika durcheinander, doch ihm war klar, wie sehr ich ihn jetzt brauchte.
Obwohl ich zuerst skeptisch wegen dem Junggesellinnenabschied war, so sehr freute ich mich, dass wir hier zusammensaßen. Die Zeit verging wie im Flug. Was allerdings jeder wusste, aber keiner auszusprechen wagte war, dass eine bestimmte Person hier fehlte.
Meine beste Freundin.
"Anna wird zwei Tage vor der Hochzeit nach Korea kommen. Früher geht es leider nicht."
"Ich freue mich schon so darauf sie kennenzulernen", ich lächelte.
"Und wir erst!" Yoojin war mittlerweile zu uns gestoßen.
"Sie ist schon ganz aufgeregt, aber-" Minjun verstummte, als Jungkook plötzlich aus dem Nichts kam und ihm etwas ins Ohr flüsterte.
"Was ist denn mit dir los?" Ich zog verwirrt die Augenbrauen zusammen, als ich Minjuns Grinsen sah.
Doch anstatt mir zu antworten, sprang er von seinem Barhocker und klopfte seinem Bruder stolz auf die Schulter.
"Frag das mal mein Brüderchen", meinte der Ältere der beiden.
Meine Augen huschten an beiden Brüdern hin und her, bis Jungkook sich schließlich räusperte und seinen Arm hob, um auf etwas zu deuten, das hinter mir lag.
Als ich mich umdrehte, hörte ich wie Jin neben mir scharf die Luft einsog. Ich war völlig überrumpelt, als ich im Eingang die schmale Silhouette der jungen Frau im kleinen Schwarzen erblickte. Sie sah fantastisch aus.
Mein Herz machte einen Satz, als ich sie dort sah und knickte beinahe auf meinen Absätzen um, als ich aufsprang.
"Yeonjoo!", keuchte ich und hätte sofort losheulen können.
Sie war wirklich gekommen. Wie froh ich war.
Ich schlang meine Arme um sie, als ich sie erreichte und sie erwiderte meine Umarmung, ohne eine Sekunde zu zögern.
"Du bist gekommen", schluchzte ich von meinen Gefühlen überwältigt.
"Wie hätte ich mich sonst für das Bild bedanken können?", wimmerte sie ebenfalls.
"Du hast es also bekommen?" Endlich spürte ich ihre Wärme wieder.
Ich spürte ihr Nicken an meiner Halsgrube und lächelte erleichtert in ihr Haar.
"Du bist das Geschenk meiner Mutter, Jinhee. Das Bild ist nur ihr zweites. Du hast mir das zurückgegeben, was ich verloren habe", weinte sie und löste sich vin mir, damit sie mich ansehen konnte.
Tränen liefen der schönen Brünetten übers Gesicht, während sie mich ansah, als wäre ich eins der sieben Weltwunder.
"Hoffnung. Die Hoffnung auf ein neues Leben." Sie nahm meine Hände und hielt sie fest.
In jeder Trauer liegt auch Trost. Die Hoffnung auf einen neuen Versuch wird es immer geben.
"Verzeihst du mir bitte?", in ihren Augen lag so viel Kummer, doch sie waren auch so voller Liebe.
Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Mein Herz fühlte sich plötzlich viel leichter an, als zuvor.
"Da gibt es nichts zu verzeihen", meinte ich dankbar und drückte ihre Hände ebenfalls.
Einige Augenblicke standen wir so da und lächelten uns einfach nur an, ohne noch was zu sagen. Doch dann erhob Yeonjoo schließlich das Wort.
"Ich hab noch ein Geschenk für dich."
"Du bist da, dass ist alles was ich mir wünsche", ließ ich sie wissen, doch sie schüttelte sachte den Kopf und legte ihre Handfläche auf meine linke Wange.
"Er wartet draußen."
[...]
Konfuzius sagte: "Wichtig ist nicht, dass du schnell gehst. Wichtig ist nur, dass du nicht stehen bleibst."
Es hört sich so leicht an, aber mal ehrlich ... Irgendwann bleibt man einfach stehen. Weil man keine Kraft mehr hat oder sein Ziel aus den Augen verliert. Aber das ist okay. Es ist okay hinzufallen. Egal wie oft du in deinem Leben auch hinfällst, du musst jedes mal wieder aufstehen. Und du wist sicherlich öfter mal stehen bleiben, das lässt sich nicht ändern. Man muss daher stark genug sein sich wieder zu erheben, um weitermachen zu können.
"Taehyung?"
Er drehte seinen Kopf reflexartig in meine Richtung, während er vor dem Eingang des Hotels stand. Es war seltsam ihn in einem Anzug zu sehen, er sah so förmlich aus, ganz ungewohnt. Doch ich war froh ihn nochmal sehen zu können.
Weshalb war er hergekommen?
Ein Lächeln lag auf seinen Lippen, als er mich erblickte. Mit langsamen Schritten ging ich auf den Älteren zu, wusste nicht, was ich machen sollte.
Als ich schließlich vor ihm stand und zu ihm aufsah, fühlte ich mich so hilflos und ausgeliefert.
"Du siehst hübsch aus", sagte er ganz beiläufig, ich erwiderte nichts darauf.
Er verbarg all seine Traurigkeit und ich ließ den Blick sinken.
Er war ganz still und auch ich blieb stumm. Denn wir mussten uns nichts mehr sagen.
Für einen Moment schloss ich die Augen und konnte hören wie unsere Herzen in zwei Hälften zerbrachen. Eine Hälfte des jeweilig anderen tauschten wir gegen unsere eigene.
Ich schluckte den Schmerz mit Fassung herunter, riss jedoch in der nächsten Sekunde die Augen auf, da ich seine Berührung an einer meiner Hände spüren konnte.
Aus glasigen Augen sah ich mir an wie er meine Hand zu seinen Lippen führte und meinen Handrücken küsste.
*Flashback*
"Weißt du... Taehyung hat mir erzählt, dass jeder Kuss eine andere Bedeutung hat."
Ich setzte mich auf und legte den Kopf schief, als Yeonjoo begann zu sprechen.
"Ein Kuss auf die Wange steht zum Beispiel für Verlässlichkeit und Freundschaft. Ein Kuss aufs Haar sagt hingehen sowas aus wie 'Ich bin dein Beschützer'"
Ich nickte, da es ziemlich logisch klang.
"Ein Kuss auf die Stirn ist ein Zeichen von Vertrautheit und ein Kuss auf die Hand....", sie seufzte und lächelte verträumt.
"Was ist mit der Hand?", hakte ich nach.
"Die Hand finde ich ganz besonders romantisch. Es ist eine Art zu küssen, die Verehrung ausdrückt. Er kann aber auch so etwas wie Hochachtung oder Unterwürfigkeit signalsieren. Der Kuss für eine Königin."
*Flashback end*
Es dauerte, bis ich verstand, dass dies sein Abschiedsgeschenk an mich war. Ein Zeichen absoluter Treue und Respekt.
Mein gesamter Körper stand unter Strom, ich konnte spüren wie sich die Härchen an meinem Nacken aufstellten.
"Es war mir eine Ehre Sie kennenzulernen, Fräulein Kang", sagte er mit seiner tiefen Stimme den ersten Satz, den er damals zu mir gesagt hatte, als er mein Babysitter wurde. Doch diesmal klang er gebrochen.
Und mir wurde klar, dass dies hier unser Schlussstrich war.
Ich hatte soviel Dank ihm gewonnen, doch es fühlte sich trotzdem an wie eine Niederlage. Unsere Verbindung war stärker, als alles was ich bisher kannte. Er kannte all meine Narben und ich seine.
Und jetzt würden wir erneut zu Fremden werden.
"Es war mir ebenfalls eine Ehre Sie kennenzulernen zu dürfen, Herr Kim."
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