Preparation-Kapitel: Verborgene Angst
Währenddessen lungerte Tori mutlos in ihrem Zimmer herum und hatte ihr Kissen über ihren Kopf gedrückt.
"Sollten wir sie rausholen...?" fragte Aella an Elma gewandt. Beide Mädchen standen vor ihrer Tür. "Ja... Sie ist schon den ganzen Tag da drin." Elma seufzte besorgt. "Aber was sollen wir machen?",
"Uh... Ich weiß nicht..." Aella klopfte zögerlich.
"Meh..." murrte Tori von drinnen. "Wasis...",
"Ähm... willst du nicht mal wieder rauskommen?",
"Nee...",
"Wieso nicht?",
"Mag nicht..."
Elma neigte neben Aella den Kopf zur Seite. "Dürfen wir rein?",
"Mmmmhm... Klar..."
Aella öffnete die Tür. Es war stockdunkel in ihrem Zimmer. "Whoa... Ist ja zappenduster hier drin...",
"Hab alles dunkel gemacht... Will kein Licht...", nuschelte Tori. Elma tastete sich blind bis zum Fenster vor, schob die Vorhänge auseinander und öffnete sie weit. Tori verkrümelte sich unter die Bettdecke.
"Was machst du da?" wollte Aella wissen.
"Verstecken...",
"Wovor?",
"Vor der Welt...",
"Wieso?",
"Alles ist meine Schuld... Ich hatte die Idee mit der Mission und der Gruppe und allem... Aber jetzt ist alles so ernst..." Sie kauerte sich enger zusammen. "Ich will doch nicht, dass euch etwas passiert...",
"Wir weichen nicht vor unserem Plan zurück.",
"Aber Elly-",
"Nein.",
"Elly-",
"Nein.",
"...Aber-",
"Nein." Diesmal antwortete Elma. "Wir stehen das zusammen durch. Ich weiß, dass wir das schaffen können.",
"Ja. Wir müssen das durchziehen", stimmte Aella ihr zu. "Wir sind die einzigen, die das jetzt noch können. Und wir werden es machen. Ende, aus."
Tori schwieg niedergeschlagen unter ihrer Bettdecke.
"Die ganze Gruppe hat das entschieden. Es gibt für uns kein Zurück mehr.",
"Aber wenn ihr euch verletzt...",
"Es heißt die oder wir, Tori."
Tori rührte sich unter der Decke und setzte sich daraufhin mit hängendem Kopf auf. "Ich... will echt nicht, dass euch was passiert... Ihr seid meine Freunde...",
"Du kannst unsere Meinung nicht ändern, Tori. Nicht dieses Mal.",
"...Dann beschütz ich euch alle. Alle und alle. Ich mach diese Typen fertig...",
"So kenne ich dich." Aella nickte zufrieden.
"Ich hasse sie! Die kriegen meine Faust und zwar DA REIN!" Tori stand auf und deutet mit der Faust auf das Gesicht einer überraschten Elma. Aella lachte. "Whoa, pass auf. Zwei Zentimeter weiter und du hättest ihr wirklich eine reingedübelt.",
"Ah, sorry, El!" Tori grinste schief, während Elma erleichtert aufatmete. "Meine Güte... Schön, dass es dir wieder besser geht. So gefällst du uns allen besser", kicherte die Schwarzhaarige.
"Da kann ich nur zustimmen!" Aella legte einen Arm um Elma und einen um Tori. Während Tori lachte und die Geste ausgelassen erwiderte, macht Elma runde Augen und hob die Augenbrauen. "Oh! Haha... Das kam... überraschend...",
"Haha! Du hast Augen rund wie Untertassen!", scherzte Aella. Elma kicherte hinter vorgehaltener Hand und gab ein hohes Quietschgeräusch von sich.
"Gesundheit.",
"A-Ah, sorry... Das mache ich aus Versehen immer!",
"Das klingt süß.",
"Ja, voll!" stimmte Tori enthusiastisch zu. "Wollt ihr hierbleiben? Wir machen eine Mädelsrunde, nur Mädchen erlaubt!",
"Dann musst du Ayuuki herlocken", meinte Aella.
"Sie ist bestimmt irgendwo unter einem Schrank oder so... Wie kriegen wir sie hierher?",
"Du bist hier die kreativste.",
"Ich kenne Ayuuki kaum!" jammerte Tori.
"Dann lass dir was einfallen!",
"Mmmmmmmm..." Tori dachte angestrengt nach. Neben Aella strich sich Elma nachdenklich das Haar zurück. "Hm...",
"Vielleicht fragen wir sie einfach?" fragte Aella zögerlich.
"Wenn wir nur wüssten, wo sie-" Tori hielt plötzlich inne. "AHA!",
"Aha, was? Hast du eine Idee?",
"Nein, aber ich hab sie gesehen!"
Aella drehte sich um. Ayuuki kauerte als dunkler Schatten hinter Toris Schrank. "Okay, gut. Aber wie kriegen wir sie hervor gelockt?"
Elma grübelte vor sich hin, bis sie bemerkte, wohin Ayuukis Blick ständig wanderte. "...Oh. Hey, Tori. Sind das da alles deine Nagellacke?" Sie deutete auf die vielen kleinen, bunten Fläschchen auf Toris Nachtisch. Ayuuki wurde gleichzeitig hellhörig, als Tori nickte. "Jep. Alles Neonfarben.",
"Ew..." Aella seufzte. "Wieso Neon?",
"Weil neon cool ist!", bekräftigte Tori und hielt ihre eigenen, strahlend hellgrünen Nägel nach oben. "Ich mag das.",
"... ich mag das nicht so... Ist wohl eher Geschmackssache.",
"Was magst du denn, Elly?",
"Ich mag schwarzen Nagellack.",
"Den hab ich auch! Ich trage den nur nie. Magst du?" Tori pflückte den Nagellack aus ihrer Sammlung.
"Gern.",
"Ihr auch?" Tori wedelte mit dem Nagellack. Elma und Ayuuki nickten einverstanden. Wenige Minuten später saßen alle Mädchen auf Toris Bett, während Ayuuki Aellas Nägel lackierte.
Jairo saß nach ein paar Stunden wieder nachdenklich in der Halle. Makoto betrat zusammen mit Leira das Foyer. Der Junge sah auf. "Hi, Makoto...",
"Hallo, Jairo. ...Ist alles in Ordnung?",
"..." Jairo sah auf die Tischplatte. "I-Ich... mir ist was eingefallen.",
"Was ist dir eingefallen?" Besorgt musterte Makoto den Jüngeren.
"D-Der Grund, warum meine Eltern zu Ugoya gegangen sind... Die Firma, in der mein Vater gearbeitet hat, ist Pleite gegangen. Alle Arbeiter wurden entlassen... Das war bestimmt auch die Schuld der Amuros...",
"Jairo..." Makoto biss die Zähne zusammen.
"Ugh..." Der Jüngste vergrub die Hände in den Haaren. "Wäre das nie passiert, dann... wäre ich nie...",
"Hey." Makoto drückte eine Hand besonnen auf Jairos Schulter. "Ich kämpfe an eurer und an deiner Seite. Wir werden uns für alles rächen. Wir sind Partner.",
"I-Ich weiß, Makoto... Tut mir Leid...",
"Kein Grund, sich zu entschuldigen... Ich schäme mich für das, was meine Familie getan hat... Ich werde gegen sie und für dich kämpfen.",
"Ich habe es gehasst... eingesperrt zu sein...",
"Jetzt bist du frei und genießt es, oder?",
"Ja. Ich hab rebelliert. Jetzt ist alles besser!",
"Wie wäre es, wenn wir zusammen mehr unternehmen? Wir beide. Unsere Freiheit genießen. Machen, was du willst. Wir haben viele Möglichkeiten offen."
Jairos Augen glitzerten. "Echt?",
"Ja." Makoto erwiderte seinen Blick mit klaren, verständnisvollen Augen. "Ich gehe hin, wohin du gehst. Wir könnten den Freizeitpark in Rayono besuchen, oder durch die Städte in der Umgebung spazieren. Du bist der Chef.",
"Wow! Cool!" Jairos Trübseligkeit war wie weggepustet. "Einverstanden, Makoto!"
Er lachte ruhig und nickte. "Okay, dann ist es ein Deal. Ich erwarte aufgeregt deinen ersten Wunsch, ja?",
"... Behandelst du mich gerade wie ein kleines Kind?",
"Nein. Wie einen guten Freund, den ich näher kennenlernen will.",
"Okay, wenn du das sagst...",
"Du bist Jairo, oder?" fragte Leira. Er nickte. "J-Ja.",
"Du bist der Jüngste, oder? Was ist denn mit deinem Gesicht passiert?",
"Verletzungen aus Ugoya", murmelte Makoto. "So war es, oder, Jairo?",
"J-Ja... Shiratos Tectass hat mir eine gewischt, ja... Sieht schlimm aus, oder?",
"Sie scheint immerhin gut geheilt zu sein.",
"Ja, das stimmt!" Er lächelte peinlich berührt, als Taen das Gebäude betrat.
"Hey." Makoto blickte zu dem Gildenanführer. "Ich hab Leira mitgebracht... Danke, dass sie hier sein kann.",
"Kein Thema. Hallo, Leira." Taen deutete eine höfliche Verneigung an. Leira starrte Taen an. Sie kannte sein Gesicht zwar aus den Nachrichten, aber ihn in Echt zu sehen, hinterließ doch einen anderen Eindruck. Er war groß, schlank und elegant. Er sah ganz normal aus... Nur seine Augen wirkten dunkel und unheimlich. Sie war eingeschüchtert von ihm. Dieser Mann war zu allem Möglichen im Stande. Man konnte ihm nicht ansehen, was er dachte. Das alles, seine ganze Persönlichkeit, war hinter einer Fassade aus Höflichkeit verborgen. Einer Fassade, durch die man nicht durchblicken konnte. Er war unberechenbar. Unnahbar. Sein Gesicht wirkte versteinert; ausdruckslos, als wäre es noch nie von einem Lächeln erhellt worden. Sein ganzes Gesicht wirkte hart und seine Haut war heller als die der anderen, bleicher. Seine Haltung war gerade, seine Arme waren hinter dem Rücken verschränkt, sein dunkler Mantel betonte seine Figur noch mehr. Der Stein, der in seiner Kette aufglühte, verlieh ihm eine Spur Geheimnis. Er wirkte mysteriös, geheimnisvoll. Für einen Moment starrten sich die beiden nur an, während sich Taen nicht ein Stück bewegte. Er blinzelte nicht mal. Er stand einfach nur da.
"Ich zeige dir dein Zimmer." Makotos Stimme riss Leira aus ihren Gedanken. Sie drehte sich schnell zu ihm. "Ja. Danke." Makoto führte sie zu den Treppen und deutete im ersten Geschoss auf die leeren Zimmer. "Du hast freie Wahl... Sag mir, wenn du etwas brauchst.",
"Danke." Sie küsste ihn auf die Wange. "Ihr habt es nett hier.",
"Ja, ziemlich." Er nickte. "Ich kann dir später alles zeigen, wenn du dich für eines der Zimmer entschieden hast. Geh es langsam an, okay?",
"Okay. Verstanden." Makoto nickte und lächelte ihr zu, bevor er sich abwandte. Leira betrat eines der Zimmer und sah sich um. Es war nicht gerade schäbig eingerichtet. Sie stellte ihren Koffer ab und setzte sich an den Schreibtisch. Ihre Gedanken schwebten wieder zu Taen. Wieso wollte er ihr nicht aus dem Kopf gehen? Wieso wirkte er auf sie so, als wäre alles nur gespielt? Als könnte er sie alle hintergehen? Sie hatte gar kein Vertrauen in diesen Mann. Einer, der dazu bereit war, die Welt zu opfern, könnte nie ein guter Mensch sein. Niemals. Allein seine Augen... Seine tiefschwarzen, raubtierhaften, eisig kalten Augen... Das waren die Augen einer Person, in deren Inneren Dunkelheit tobte. ...Aber vielleicht hatte sie auch einfach zu viele Filme gesehen... Trotzdem hatte sie ein ungutes Gefühl bei Taen. Irgendetwas an ihm machte ihr Angst.
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