Marea-Kapitel: Fluchtartiger Rückzug
Yukine war zum Training zum Fluss gegangen. Er ließ Evoli auf die Wingull am Ufer zielen. 'Was soll ich tun...' Aufgeschreckt sausten die Wingull über den Wellen durch die Luft, weiße Federn schweben immer wieder zu Boden. "Gut gemacht, Evoli." Yukine kraulte es zufrieden. Die Umgebung rund um das Wasser war still. Dann aber erschütterte plötzlich ein Knall die Naturlandschaft, gefolgt von dem Aufschrei eines Folikon.
"Was war das denn?" Yukine zuckt zusammen, hob Evoli auf den Arm und rannte los. Untypisch aggressiv rief Akira seinen Pokémon Befehle zu. Flunkifer und die anderen stürzten sich auf sein Kommando auf die wilden Pflanzen-Pokémon. Yukine blieb stehen. "... was hat ihn denn gebissen?" Der Silberhaarige wirkte, als stünde er völlig neben sich. Mit trüben Augen und angespannter Haltung zitterte er immer wieder unter der Last des letzten Tages und des fehlenden Schlafs auf. Yukine wollte zu ihm gehen, hielt sich aber zurück, stattdessen wartete er ab. Schon bald ließ er sich an einem Baum zu Boden sinken, grub mit gesenktem Kopf die Hände in sein Haar und presste die Stirn gegen seine Knie. Seine Pokémon gaben fragende Laute von sich und rückten an ihn heran - doch als Irrbis ihn anstupsen wollte, schlug er es mit dem Handrücken grob zur Seite. Evoli fauchte bei seiner Reaktion und sträubte das Fell. "EVO!!",
"Shhht! Yukine hielt dem Pokémon eine Hand vor die Schnauze.
"...Hau ab", knurrte Akira. Yukine schwieg und sah ihn nur an. "... Na schön, wie du willst." Dann wandte er sich ab.
"Geh zurück. Zu deinen-" Akira versagte die Stimme. Wieder zitterte sein Körper auf, aber Yukine hörte ihn schon längst nicht mehr.
'Ich werde nicht den ersten Schritt machen. Vergiss es. Wenn du denkst, ich entschuldige mich, hast du dich geschnitten. Ich hab nichts falsch gemacht...' dachte der Schwarzhaarige bei sich. Evoli stupste ihn mit der Nase an. "Mir geht es gut, Evoli..." Er schüttelte nur den Kopf. 'Ich bin ihm egal. Ich sollte das vielleicht auch mal lernen. Dass mir andere egal sind... aber so bin ich nicht... Ugh. Ich habe für ihn gekämpft... aber hat das noch einen Sinn? Vielleicht nicht... wenn ich ihm nicht egal bin, dann sollte er für mich kämpfen, wenigstens einmal... und falls nicht... dann ist es... vermutlich Zeit zu gehen... er hat mich nie darum gebeten, zu bleiben...' Er setzte sein Training auf Route 6 fort und kehrte dann abends ins Pokémon-Center zurück. Dort setzte er sich mit einer neuen Kakaotasse an einen Tisch.
"Zu... viele... Leute..." Erleichtert betrat Tori das Center, gefolgt von dem Rest der Gruppe.
"Bah... man kann ja kaum atmen", murrt Solace.
"Endlich Ruhe...", seufzte Makoto.
"... Ruhe?" Solace sah ihn verwirrt an. "Hast du Wahrnehmungsstörungen? Hier ist es alles andere als ruhig.",
"Jeder Ort ist ruhiger als Mareas Straßen während der Turniersaison.",
"... guter Punkt.",
"Hey! Da ist Yukine!" rief Aella. Sie deutete auf den Trainer, der in ein kleines Notizheft stierte.
"Hey! Yukine!" Lane winkte ihm zu und Yukine schaute auf. "Mh?",
"Hey, Yu." Makoto schloss zu ihm auf.
"Ah! Hey, Leute. Ihr seid ja doch gekommen." Er klappte sein Heft zu.
"Was liest du da?",
"Ich hab mir zwischendurch immer mal wieder Notizen gemacht. Ich hab im Arenakampf von Rayono vergessen, dass man Elektro-Pokémon nicht paralysieren kann und so und ich wollte nachschauen, ob es nich solche Fälle gibt, damit ich nicht nochmal der Länge nach auf die Schnauze falle. Die Arena hier ist vom Typ Boden und ich hab mir nochmal angesehen, was ich auf jeden Fall NICHT machen sollte.",
"Guter Plan.",
"Ich hoffe bloß, mein Gedächtnis macht mit... Ugh... Elektro und Feuer sollte ich nicht benutzen, also fallen Evoli, wenn es sich entwickelt hat, und Rutena schon mal raus... lässt nur noch Staravia und Riolu übrig.",
"Wo ist Akira? Konntet ihr reden?"
Er schüttelte den Kopf. "Keine Ahnung, wo er ist. Ich hab ihn heute nur kurz gesehen. Er wollte nicht mit mir reden. Ich gehe nicht zu ihm. Er soll zu mir kommen. Wenn er das nicht macht... dann ist es wahrscheinlich wirklich Zeit, zu gehen."
Tori seufzte frustriert. "Ugh... Ich glaube, er braucht einen Schlag ins Gesicht... Ich suche nach ihm.",
"Tori, nein", ermahnte Solace sie.
"Aber jemand muss ihm mal die Wahrheit in den Dickschädel prügeln! Er verliert gerade seinen besten Freund! Yukine war der Einzige, bei dem er sich mal entschuldigt hat, wenn er sich mies verhalten hat! Also muss Akira sich doch dreckig fühlen!",
"Ein Schlag ins Gesicht wird da nicht wirklich helfen, glaube ich.",
"Aber was dann?",
"Zeit. Denke ich.",
"Zeit..." wiederholte sie ungeduldig.
"Ja, ich weiß, Geduld kennst du nicht, aber trotzdem."
Makoto hörte dem Gespräch still zu, drehte aber währenddessen kurz den Kopf zur Treppe. "... Ich glaube, Tori muss ihn nicht schlagen... Er hat uns zugehört."
Lane war seinem Blick gefolgt. "... Tja.",
"Jetzt liegt es an ihm, was er damit anfängt.",
"Ja. Wahrscheinlich.",
"Wir holen uns ein Zimmer", sagte Solace. "Und ich mir ein paar Donuts. Wir sehen uns später.",
"Yo. Bis später." Tori winkte ihm zu.
"Komm schon, Lane.",
"Ich komme." Schnell machten sich die Jungs auf den Weg. Auch Makoto verabschiedete sich und machte sich auf dem Weg nach draußen.
"Hoffentlich ist noch ein Einzelzimmer frei", murmelte Tori nervös in sich hinein, bevor sie Yukine zuwinkte. "Bis dann.",
"Bis dedenne. Ich schnapp mir den Orden vor dir, Tori.",
"Das heißt gar nichts! Ich besiege dich so oder so!",
"Ich hab nur den Wind pusten gehört! Was hast du gesagt?"
Gespielt empört wirbelte sie zu ihm herum. "Ey!",
"Was denn?",
"Werde nicht frech, das ist mein Job!",
"Hab dich so eben gekündigt und übernommen!" Er zwinkerte.
"Pah... Als Bestrafung musst du später mit mir mitgehen.",
"... wohin?",
"Ich will mir Marea anschauen. Auch, wenn da viele Menschen sind. Ich trainiere gerade an mir selbst!",
"... Aha. Anders ausgedrückt, du willst trainieren und mich dabei am Kragen hinter dir her schleifen?",
"Das ist korrekt! Bis in einer halben Stunde!",
"... NaschönenDankauch..." murrte er und ließ den Kopf auf die Tischplatte sinken. "Ich verstecke mich unter meinem Bett.",
"Sorry, hab nur den Wind pusten gehört. Was hast du gesagt?",
"Klappe. Wo ist die Zeilenangabe beim Zitieren?"
Tori prustete schadenfroh in sich hinein und lief lachend davon. "Uh... Kapitel 'Yukine hat keine Lust', Absatz 'Pech gehabt', Zeile... Vier?",
"Pfft... sehr witzig. Wo waren die Klammern?",
"Ha Ha. Jetzt sind's nur noch 28 Minuten, bis wir losgehen~" Tori schnappte sich einen Schlüssel und lief zu ihrem Zimmer. Yukine seufzte und trank seinen Kakao aus.
Später hüpfte Tori in großen Sätzen die Treppe hinab und zupfte ihre orangenen Beanie zurecht, bevor sie zu Yukine aufschloss. "Okay, dann los.",
"Gib mir... einen Schokoriegel... Ich bin... gleich wach...",
"Pfft..." Schmunzelnd kramte Tori in der Tasche ihres Hoodies und hielt ihm kurz darauf einen Riegel hin. "Da.",
"Ich wusste, ich kann auf dich zählen!" Er griff nach dem Riegel und stand auf.
"Das war mein letzter.",
"Ich bin dir zu Dank verpflichtet.",
"Ich erinnere dich daran.",
"Okay. Gehen wir." Er dehnte sich und ging dann vor.
"Das ging schnell." Sie lief ihm nach. "Außerdem entscheide ich, wo wir hin gehen!",
"Ja, sorry!" Er hob beide Hände an. "Gut, dann geh du voraus!",
"Brav~" Sie tätschelte seinen Kopf und lief dann selbstzufrieden vor. "Ich will erst ans PWT-Gebäude, dann an die Stege. Und dann... Ich mach das nur wegen dir, weißt du?",
"... was? Wegen mir? Wieso wegen mir?",
"Was hättest du gemacht, wenn ich dich nicht nach draußen geschleppt hätte?",
"... geschlafen, wahrscheinlich...",
"Das geht so nicht! Du kannst sowieso besser schlafen, nachdem wir hier fertig sind.",
"Meinst du?",
"Ja!",
"Wenn du das sagst... " Er fuhr sich durchs Haar.
"Marea City ist anscheinend bis zum Platzen voll..." Sie erreichten das Turniergebäude. Mit weiten Augen beobachtete Tori die Szenerie. "Whoa... So... viele... Menschen... Kann nicht... atmen...",
"Wir sollten vielleicht wirklich lieber drin bleiben..." Yukine sah sich um. "Draußen kann man sich kaum bewegen.",
"Das sind bestimmt viele Repor-" Wie vom Blitz gerührt verstummte sie.
"...ter", beendete er ihren Satz. "Was ist los?",
"Mom.",
"Wa-" Alarmiert sah er auf. "Wo?!"
Tatsächlich stand Toris Mutter nicht weit weg von den beiden einem Mann im Geschäftsanzug gegenüber und unterhielt sich sichtlich fasziniert mit ihm. Yukine versteckte sich panisch hinter Tori. "Ich dachte, du hast gesagt, sie verlässt Ondula nicht?!",
"Keine Ahnung, jetzt ist sie aber hier!! H-Hey, ich muss mich auch verstecken!! Komm!! Uh... Hier irgendwo!" Kurzerhand packte sie ihn am Arm und hastete mit ihm hinter einen Container, der zwischen sich und der Wand des Gebäudes etwas Platz ließ.
"Das hier ist kein sicheres Territorium mehr..." keuchte Yukine.
"Ugh, was du nicht sagst...",
"Und jetzt?",
"... Warten wir...?",
"Frauen können sehr viel reden... Wir sollten vielleicht den Rückzug antreten...?",
"Wie denn, sie ist direkt um die Ecke! Und mach dich nicht so breit, ich brauch auch Platz!",
"Ich mach mich gar nicht breit!",
"Ich würde dir zeigen, wie viel du wegnimmst, wenn wir überhaupt wirklich Platz hätten!",
"Shhht!!",
"Vielen Dank für Ihre Zeit!" Kattleas Stimme hallte gefährlich nahe von den Wänden des Gebäudes wider. Tori kniff fest die Augen zusammen und hielt den Atem an. "Nichthierherschauennichthierherschauennichtguckennicht-",
"Ich brauche noch Ihren vollen Namen als diesjähriger Mitorganisator des Junior-Turniers", hörte man sie erklären. "...Ken'nichi Amuro.",
"Ja, haha... Ständig hört man immer nur ihren Nachnamen. Sie haben Kinder, nicht wahr? ...Oh, wirklich? Fast genauso alt wie meine Tochter. ...Ja, das glaube ich Ihnen. Victoria würde sich bestimmt gut mit ihnen verstehen."
Tori biss bei ihrem vollen Namen die Zähne zusammen.
"Oh oh... Makotos Vater ist hier...?" Yukine hielt den Atem an, als hätte er Angst, er würde sie nur dadurch verraten. Kattleas Stimme wurde immer leiser, bis sie irgendwann in der Menge verklang. Prüfend lugte Tori hinter dem Container vor. "Okay. Luft ist rein.",
"Uff. Knappe Sache."
Sie wandte sich hervor und ließ sofort die Schultern sinken und den Kopf hängen. "Okay. Keine Lust mehr. Los, zurück...",
"Wir sollten Makoto warnen.",
"Mhkay... Ist er nicht hier draußen und macht Musik irgendwo?",
"Ich weiß nicht. Er hat mir keinen Aufenthaltsort verraten.",
"Oh! Und...", Tori blickte auf ihren Viso-Caster hinab, "...seine Freundin hat gesagt, dass sie sich das Turnier anschauen will.",
"...Oh je." Yukine schrieb Makoto an.
Makoto? Wo steckst du?
Ich bin okay. Hab mich versteckt... Leira ist hier.
Dein Vater auch.
Nicht wahr...
Doch wahr. Wir haben ihn vorhin mit Toris Mutter reden hören.
Lange kam keine Antwort, doch als Makoto letzten Endes zurückschrieb, hielt er sich kurz:
Bis später.
Wir sehen uns.
Hastig machte Yukine sich zusammen mit Tori auf den Rückweg. Tori gab kein Wort mehr von sich und verkroch sich danach mit ihrer Konsole unter ihre Bettdecke. Yukine lag in seinem Bett und ging nochmal seine Notizen durch.
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