Das Abduction-Kapitel: Die Hölle kehrt zurück
"..." Taen öffnete langsam die Augen. Sein Kopf tat etwas weh und er war noch leicht desorientiert. Das verschwand aber sofort, als er bemerkte, dass seine Arme sich nicht bewegen ließen. Er sah zur Seite. Feste Eisenringe, die mit einem Schloss verschlossen waren, hielten ihn an ein Holzbrett gefesselt. Sein rechter Arm schmerzte, denn er war immer noch nicht vollständig geheilt, auch wenn er ihn geschont hatte. Er saß auf dem Boden. "...Was zur..." Er erinnerte sich daran, dass jemand von hinten an ihn heran getreten und ihm etwas über Mund und Nase gepresst hatte. Er wusste noch, dass das letzte, was er wahrgenommen hatte, ein süßlicher Geruch gewesen war... Er hatte schon gedacht, dass jemand da gewesen war. Er hatte sich also doch nicht getäuscht. Wenn er bloß mal auf seine Sinne gehört hätte...
"Aha. Bist ja endlich aus deinem Dornröschenschlaf erwacht", sagte eine Stimme. Taen erkannte sie sofort und ohne Mühe. Diese Stimme voll Gift und Hass, die er zum letzten Mal vor 5 Jahren gehört hatte. Er hob den Blick an und begegnete den dunklen Augen seines Vaters. "... Du schon wieder", fauchte er. Ein böses Lächeln verzerrte sein Gesicht, als er sich vor seinen Sohn hockte. "Hast du mich vermisst?",
"Einen Dreck habe ich.",
"Oho, du bist ganz schön großkotzig geworden in der Zeit, in der du die Welt mit deinem Unsinn terrorisiert hast.",
"Wenn du das großkotzig findest, solltest du dich selbst mal anschauen."
Ein Schlag mit einem stumpfen Gegenstand folgte und Taen spürte, wie Blut seine Stirn hinab lief. Er sagte aber nichts.
"Ich hätte dich wirklich damals töten sollen, bevor du abgehauen bist." Satoshi seufzte gespielt bestürzt. "Du MONSTER... Widerliche MISSGEBURT... Ich wusste schon immer, dass du Unglück über jeden hier bringst. So etwas wie du sollte nicht weiterleben.",
"Oh, bitte..." Taen sah ihn mit eigenem Hass an. "Wenn du es so sehr gewollt hättest, warum hast du's nicht damals schon getan? Hattest du etwa Mitleid mit mir?",
"Tse, mach dich nicht lächerlich." Satoshi lachte. "Ich hatte nie Mitleid mit dir. Ich hatte mir nur gedacht, dass Taro rausfinden würde, dass ich dich umgelegt hätte, selbst, wenn ich es wie einen Unfall aussehen lassen würde. Nachdem du dich verdünnisiert hast damals musste ich ihm einiges erklären. Ich war gezwungen, umzuziehen. Hierher, nach Stratos und dann sieh mal einer an... treffe ich die Pest wieder.",
"Dir ist schon bewusst, dass du praktisch vor Taros Haustür wohnst, wenn du dich verstecken willst?",
"Halt die Klappe, Kanalratte.",
"Kannst wohl die Wahrheit nicht ab, hm..."
Ein Tritt in seinen Bauch folgte. Taen biss sich auf die Lippe und Blut rann seinen Mundwinkel hinab.
"Manchmal ist das beste Versteck direkt vor der Nase deines Feindes. Er pflegt, dich in dem Fall zu übersehen. Ich freue mich schon darauf, dich leiden zu sehen, Taen... Du, der du mein Leben zerstört hast...",
"Wieso hast du mich hergeholt? Du hättest ein neues 'Leben' anfangen können. Aber stattdessen bin ich wieder hier. Hast du den alten Zeiten nachgetrauert, oder wie?",
"Du hast eine ganz schon große Klappe für jemanden, der sich früher vor mir gefürchtet hat.",
"Ich habe mich nicht vor dir gefürchte", anteortete er. Er wusste zwar, dass das eine Emotion sein musste, aber er konnte nicht sagen, was für eine oder wie sie sich anfühlen mochte. "Du hast mir meine Emotionen geraubt.",
"Tse." Satoshi schnaubte.
"Woher wusstest du überhaupt, dass ich hier bin?",
"Jemand war so nett, mir Bescheid zu sagen. Jemand, der dich genauso wenig leiden kann wie ich. Jemand, der dich wohl verraten hat...",
"Aha... Shirato war also so dreist, hm... Wenn du erwartest, dass ich vor dir anfange, zu betteln und zu flehen, dann kannst du das auf der Stelle knicken. Mach was du willst. Du kannst mich so sehr niedertrampeln wie du willst, du kriegst mich nicht mehr kaputt.",
"Das werden wir ja sehen!" Satoshi grinste. "Weißt du, dass du hübsch aussiehst, wenn du blutest?",
"Du wirst es ja wissen...",
"Oh ja, zu genüge. Dein rechter Arm blutet auch... Hast eine hübsche Verletzung dort. Hab sie ganz aus Versehen wieder aufgerissen. Ich könnte dir den Arm absägen, den scheinst du wohl nicht mehr benutzen zu können.",
"Tse...",
"Es hat mich echt zum Lachen gebracht, dass keiner deiner "Verbündeten" auch nur einen einzigen Blick zurück geworfen hat. Du bist ihnen gleichgültig, Taen.",
"Erzähle mir was Neues.",
"Sie interessieren sich nicht für dich, sie HASSEN dich. Sie werden dich daher auch nicht vermissen.",
"Bist du bald fertig mit reden?",
"SCHNAUZE!!" Er schlug zu. Taen biss sich ein Ächzen zurück. Am Ende war er der Hölle, in der er gelebt hatte, wohl doch nicht entkommen... Er musste das schon wieder ertragen. Nach all den Jahren...
Jairo kam inzwischen beim Pokémon-Center an.
"Da ist er ja wieder...", bemerkte Solace. "Aber ohne Lucian.",
"Hast du ihn auch verloren?" Tori hatte sich inzwischen zurückgelehnt.
"Nein." Jairo schüttelte den Kopf. "Er befragt Leute. Wir haben Taens Kette gefunden. Laut Lucian wurde sie ihm anscheinend vom Hals gerissen.",
"Was zur Zerrwelt?" Sofort stand sie auf.
"Das heißt... was?", fragte Aella verwirrt. "Das wir uns Sorgen machen müssen? Um Taen Kataoka?",
"Er wurde bestimmt entführt!",
"...Taen und entführt? Was?",
"An seiner Kette hat ein Schlüsselstein gehangen. Sowas wirft man nicht weg!" beharrte Tori. "Wir müssen jetzt gehen und ihn finden!",
"... ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass jemand ihn entführen würde oder kann", murmelte Aella.
"Außerdem bringt es uns nichts, wenn wir sofort losstürmen und nach ihm suchen. Stratos ist riesig", warf Makoto ein. "Vielleicht ist er abgehauen, weil er weiß, dass die Polizei hinter ihm her ist.",
"Wer sagt, dass er überhaupt in Stratos ist?" fragte Solace. "Ich meine... dass er weg ist heißt nicht, dass er immer noch in Stratos ist. Meine ich.",
"Naja... das stimmt...", gab Lane zu. "Aber wenn er abgehauen wäre...", er sah zu Makoto, "... warum sollte er dann seine Kette hier lassen? Das ist doch total bescheuert und ergibt keinen Sinn.",
"Ich weiß nicht, wie jemand tickt, der so etwas wie Ugoya gegründet hat", antwortete Makoto. "Aber wenn ein Schlüsselstein an der Kette war...",
"Huh... wir müssen warten, bis Lucian zurück kommt. Vielleicht ergibt sich dann was." Lane verschränkte die Arme. Tori nickte leicht und drehte dann besorgt den Kopf zu Akiras Krankenzimmer. "...",
"Sieh doch nach ihm", sagte Aella.
"Nee... Yukine ist schon drin. Ich gehe später rein.",
"Yukine kommt da auch so schnell nicht raus.",
"Wie lange ist er schon da drin?",
"Eine Stunde bestimmt.",
"Ich muss ihn da rausholen. Von alleine bewegt er sich bestimmt nicht.",
"Viel Erfolg."
Makoto beobachtete, wie Tori aufstand und zum Zimmer lief. "...Sie ist ständig auf Achse", bemerkte er.
"Was du nicht sagt..." Solace lehnte sich zurück. "Sie ist bestimmt hyperaktiv."
Yukine saß auf einem Stuhl bei Akiras Bett. Sein Kopf lag auf der Decke und er schien zu schlafen. Tori beobachtete ihn für eine kurze Weile. Immer wieder blickte sie dabei zwischen Akira und ihm hin und her und musste sich zusammenreißen, um nicht noch trauriger zu wirken. Vorsichtig streckte sie die Hand aus und tippte auf Yukines Schulter. "Hey..."
Er reagierte nicht. Er atmete nur regelmäßig vor sich hin und die Haare hingen ihm im Gesicht.
"Hey." Ihre Stimme klang fester, als sie an seiner Schulter rüttelte. "Yukine, wach auf.",
"...?" Langsam hob er den Kopf an. "...Tori?",
"Genug geschlafen." Kopfschüttelnd verzog sie den Mundwinkel. "Komm mit. Taen ist verschwunden und wir brauchen jeden Kopf.",
"...Taen ist verschwunden? Wie das?" Er rieb sich die Stirn und strich die Haare zurück. "Das tut er doch öfter...",
"Du musst raus hier, Yukine. Du machst dich nur selbst fertig, wenn du ihn die ganze Zeit siehst." Bedrückt verschränkte das Mädchen die Arme.
"..." Yukine sah zu Akira. "Wenn er wach wird, dann kann er was erleben... Ich mach ihn fertig... Dafür, dass er uns so einen Schrecken einjagt...",
"Er hat fast alle von Ugoya im Alleingang fertiggemacht. Trotzdem... Ich hätte mich lieber zehn Mal von dem Luftschnitt treffen lassen, wenn ich gewusst hätte, dass danach das passiert.",
"Akira ist manchmal so ein egoistischer Vollidiot..." Er stand auf und seufzte. "... Aki...",
"Du sagst das so, aber du meinst das nicht ernst, oder?",
"Natürlich meine ich das nicht ernst! Aber ich habe gute Lust, ihm tausend Beleidigungen an den Kopf zu werfen, wenn er wach wird... Wenn du ein paar gute kennst, her damit.",
"Oh, Yukine." Sie prustete leise. "Du kannst echt süß sein.",
"Huh...? Ich kann was?" Er blinzelte verdutzt.
"Süß sein. Wie ein kleiner Bruder, den man trösten muss.",
"E-ey! Mich muss niemand...!" Schnell sah er weg. "Ich bin kein kleines Kind mehr.",
"Ja, stimmt schon. Du bist... wie alt?",
"Fünfzehn.",
"Wie ein Bruder!" lachte sie. "Ein kleiner Bruder, auch, wenn wir gleich alt sind.",
"..." Er schnitt eine Grimasse. "Lachst du mich aus?",
"Nein! Ich hab euch alle echt gern!" Sofort schüttelte sie den Kopf. "Dich halt wie einen kleinen Bruder. Ich bin da, wenn du jemanden brauchst, der dich aufheitert." Selbstsicher stemmte sie die Arme in die Seite.
"... wann hast du Geburtstag?" fragte Yukine.
"09. Februar. Du?",
"14. Juli. Wenn du gerade erst 15 geworden bist, heißt das, dass ich älter bin als du." Er verschränkte die Arme.
"Ich glaube, ich verhalte mich gerade eher wie eine große Schwester als wie eine kleine.",
"..." Er seufzte besiegt.
"Komm schon, Yukine." Kichernd legte sie den Arm um ihn. "Ich will dich doch nur aufheitern!",
"Ja, okay!" Er brachte ein Lächeln auf. Sie grinste zufrieden. "Besser! Jetzt komm endlich mit.",
"Ja, ist okay, big sis." Er konnte sich das echt nicht verkneifen. Tori kicherte frech und zog den Arm zurück. "So ist's brav!"
Yukine grinste nur kess und ging dann mit ihr nach draußen.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro