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Kapitel 86: Trümmer - Teil 1

Jadna!

Der Name seiner Schwester war das erste, was in seinem Kopf aufflammte, als er wieder zu sich kam. Stöhnend drehte er sich auf die Seite, stemmte die Hände gegen den Boden, um sich aufzurichten. Schmerz schoss durch seine aufgeschnittenen Handflächen und er spürte, wie wieder Blut darunter hervor quoll. Irgendwie schaffte er es auf die Beine, stolperte zur Tür und nach draußen. Es dämmerte bereits. Wie lange hatte er hier gelegen?

Ich muss zu ihr, dachte Rin Verran mit wachsender Panik. Ich muss sie warnen! Ich muss sie retten, bevor die Drachenklauen... Er konnte den Gedanken nicht zu Ende bringen.

Auf einmal erklang ganz in der Nähe ein lautes Wiehern. Der schwarze Hengst stand immer noch vor dem Haus, scharrte mit den Hufen. Hat Yodha ihn hier gelassen? Ohne weiter darüber nachzudenken, packte Rin Verran die Zügel, schwang sie über den Kopf des Pferdes und hievte sich dann selbst nach oben. Tasaan... Tasaan liegt ganz auf der anderen Seite des Fernen Stroms im Süden! Verzweiflung stieg in ihm auf. Er durfte keine Zeit verlieren.

Grob stieß er dem Hengst die Hacken in die Seite, riss ihn herum und preschte den Hügel hoch, um auf der anderen Seite wieder hinunter zu galoppieren. Flüchtig bemerkte er, dass zwei neue Gräber unter der Eiche waren. He Baltabek und He Kenje. Begraben vom eigenen Mörder.

Ich darf nicht stehen bleiben! Ich muss immer weiter! Nicht aufgeben! Nicht aufgeben!

Rin Verran zügelte den Hengst nicht, als das Ufer des Fernen Stroms in Sicht kam. Das Wasser war am Rand gefroren. Das Eis zersplitterte und brach unter den Hufen des Hengstes, der erschrocken wieherte und den Kopf zurückwarf, scheute. Doch Rin Verran drängte ihn weiter. Er hatte keine Zeit, um zum nächsten Dorf zu reiten und nach einer Fähre zu suchen, die ihn auf die andere Seite bringen könnte. Außerdem hatte er kein Geld.

Das eiskalte Wasser spritzte von beiden Seiten hoch und durchnässte seine Hose, als der Hengst doch noch tat, was er von ihm verlangte. Seine Beine schoben sich durch den Fluss, die Muskeln angespannt. Rin Verran konnte spüren, wie viel Mühe es dem Hengst bereitete, sich gegen die Strömung zu stellen. Mehrmals hatte er das Gefühl, die Hufe würden gleich ihren Halt verlieren. Doch dann hatten sie die tiefste Stelle überstanden. Ein letztes Mal zersplitterte das Eis, als der Hengst das andere Ufer erklomm. Einige der Stücke waren am Rand rot, hatten dem Tier wahrscheinlich in die Beine geschnitten. Der kalte Winterwind fuhr über das nasse, schwarze Fell und Rin Verrans Hose.

Unnachgiebig trieb Rin Verran den Hengst weiter. Lenkte ihn zum Rand des Rotkiefer-Hains und dann in Richtung Süden. Er kannte diese Gegend gut, war hier schon oft gewesen. Es war bereits finstere Nacht. Pechschwarze Wolken verdeckten die Sterne und den Mond und zwangen Rin Verran dazu, langsamer zu werden. Dann fing es an zu schneien. Schwere, weiße Flocken fielen vom Himmel und verwandelten die nächtliche Landschaft in ein graublaues Trauerbild. Rin Verran fluchte, konnte nur hoffen, dass der schwarze Falke, der Todesbote, auch für eine Weile ausgebremst war.

Als die ersten Sonnenstrahlen sich am Horizont zeigten, konnte Rin Verran seine Finger und seine Füße nicht mehr spüren. Dem Hengst schien es nicht besser zu gehen. Immer wieder stolperte er und ruckte mit dem Kopf, als wäre er kurz davor, umzukippen. Wütend schlug Rin Verran die erste Stunde mit einem Zweig auf das Tier ein, bevor er abstieg und es einfach hinter sich her zog. Schritt für Schritt kämpfte er sich durch den Schnee, spürte weder Wärme noch Kälte. Nur eine brennende Verzweiflung, die ihn immer weiter trieb.

Jadna darf nicht sterben. Sie darf nicht...

Irgendwann blieb der schwarze Hengst einfach stehen und bewegte sich nicht mehr weiter. Zwei Sekunden später kippte er tot um. Schnee wirbelte auf und bedeckte ihn sogleich wie ein weißes Leichentuch. Rin Verran hatte keine Zeit, um zu trauern. Alleine kämpfte er sich weiter. Stunde für Stunde. Seine Gliedmaßen waren taub und so schwer wie Eisen, aber er durfte nicht stehen bleiben. Er war müde, so unendlich müde, aber er durfte die Augen nicht schließen. Tag und Nacht verschmolzen miteinander, wurden zu einem unsteten Grau, durchzogen von weißen Punkten, die von oben runter fielen.

Er wusste nicht, wann, er wusste nur, dass er irgendwann in die Nähe der Gämsen-Pagode kam. Die Brücke war als weißer Schemen über einer tiefen Schlucht mit schwarzem Wasser zu erkennen. Rin Verran durfte nicht gesehen werden. Er schleppte sich zwischen den Bäumen des Rotkiefer-Hains hindurch in den Wald, stolperte weiter. Plötzlich blieb sein Fuß an etwas hängen. Er hatte keine Kraft mehr, um seinen Sturz mit den Händen abzufangen, fiel einfach ins Unterholz, rollte ein Stück und blieb benommen liegen. Als er blinzelte, war die Dunkelheit so beruhigend, dass er vor Erschöpfung einschlief.

Rin Verran kam erst wieder zu sich, als etwas an seinen Händen pickte. Er stöhnte und rappelte sich auf. Der Schnee an seinen Händen war rot, wo der Rabe mit dem Schnabel in seiner Wunde herum gebohrt hatte. Der schwarze Vogel krächzte und flatterte mit den Flügeln, verschwand im Wald.

Ich muss weiter.

Er verfluchte sich für seine Schwäche. Wie hatte er einfach so einschlafen können, obwohl das Leben seiner Schwester auf dem Spiel stand? Rin Verran spürte gefrorenes Wasser auf seinen Wangen, das zersprang, als er das Gesicht vor Schmerzen verzog. Seine tauben Beine kribbelten unangenehm, während das Leben in sie zurückkehrte. Dann eilte er weiter. Immer in den Schatten der Nadelbäume, außerhalb der Sichtweite der Gämsen-Pagode. Seine Lunge fühlte sich an, als würde sie gleich platzen. Doch er durfte nicht stehen bleiben. Wieder verschwommen Tage und Nächte.

In einer Nacht stolperte er auf einmal auf eine Schneise, die quer durch den Rotkiefer-Hain zu gehen schien. Sie war ziemlich breit. Rechts und links davon standen Zelte, ähnlich denen in einem Feldlager. In keinem davon schien Licht, aber wahrscheinlich schliefen dort trotzdem Leute. Anhänger der Ghan-Gilde? Von den Ästen einiger Bäume hing das Zeichen der schwarzen Krähenfeder. Was machten sie hier? Rin Verran hatte keine Zeit, um weiter darüber nachzudenken. Sein Blick fiel auf ein Pferd, das an einer der Kiefernstämme festgebunden war. Ein grauer Hengst mit einem hellen Fleck über den Nüstern. Mondfleck?

Rin Verran schlich sich zu ihm. Er hatte keine Ahnung, ob es wirklich sein Hengst aus dem Rothirsch-Turm war, aber er brauchte ein Reittier, mit dem er schneller nach Tasaan kam. Mit leicht zitternden Händen sattelte er das Pferd, zäumte es auf und schwang sich auf seinen Rücken. Gerade als er los galoppierte, flackerte in einem der Zelte ein Licht auf und ein Ruf ertönte, aber da war er schon zwischen den Bäumen verschwunden.

Es war ohne Zweifel Mondfleck. Der Hengst reagierte ohne zu murren auf jede seiner Bewegungen, auf jeden seiner Befehle. Seine Muskeln arbeiteten unermüdlich. Immer weiter kamen sie nach Süden. Irgendwann ließ Rin Verran ihn aus dem Rotkiefer-Hain ausbrechen. Ohne Bäume um sich herum schoss Mondfleck noch schneller über die Ebene. Er schnaufte, Schaum bildete sich um sein Maul, aber er hielt nicht an. Fast, als merkte er, dass sein Herr in großer Eile war. Erst nach einer langen Zeit wurde Mondfleck langsamer und ließ den Kopf hängen.

Rin Verran stieg ab und zog den Hengst hinter sich her wie er es zuvor schon bei dem anderen Tier gemacht hatte, das jetzt tot irgendwo weiter im Norden lag. Irgendwann entglitten die Zügel jedoch seinen Fingern. Er könnte es nicht ertragen, noch ein Pferd zu Tode geritten zu haben. Ohne sich umzublicken stolperte er weiter. Kein Mensch begegnete ihm. Wie auch? Er hielt sich abseits der Wege, eilte querfeldein.

Tasaan, hämmerte es in seinem Kopf. Tasaan. Tasaan.

Er wusste nicht, wie viele Tage oder Nächte vergangen waren, als er mit verschwommenen Blick das besagte Dorf vor sich sah. Ein abgelegenes Haus, dachte er. Irgendwo in der Nähe. Vor Erschöpfung und Verzweiflung brach er mitten auf der schneebedeckten Wiese zusammen und beobachtete, wie der Schnee um seine Hände sich rot färbte. Die Wunde war nicht verheilt, weil er die ganze Zeit Zügel in der Hand gehabt hatte. Wie soll ich sie finden, wie? Schwer atmend hob er den Kopf und sah sich nochmal um. Da! Eine dunkle Silhouette inmitten des Weiß.

Mit letzter Kraft stand Rin Verran auf, fiel nach dem ersten Schritt wieder hin, erhob sich erneut und rannte dann los. Der Wind stach ihm in die Augen und ließen sie tränen. Oder war es die Angst, die ihn weinen ließ? Immer näher kam er der Hütte, deren Dach mit einer weißen Schneeschicht bedeckt war. Er stockte, verlor den Rhythmus seiner Schritte und stürzte. Als er wieder hoch kam, glaubte er, keine Luft mehr zu bekommen. Auf dem Schornstein der Hütte hockte ein schwarzer Falke, der jetzt die Flügel ausbreitete und davon flog.

»Jadna!«

Sein Schrei zerriss die Stille. Alle Erschöpfung war verflogen. Rin Verran stürmte zur Hütte, doch kaum hatte er den Pfad betreten, der zur Haustür führte, blieb er stehen und sank auf die Knie. Seine Hände ballten sie zu Fäusten, während Tränen die Sicht auf die zwei Leichen verschleierten, die vor ihm im Schnee lagen. Der Schmerz zerriss sein Herz und ließ es tot in seiner Brust zurück. Er hatte keine Worte, fand keine Worte. Er schrie seinen Schmerz einfach hinaus in die Welt, während er zu Ghan Jadna und Ghan Idos hin kroch.

Seine Schwester lag auf dem Rücken. Die Augen starrten leer in den Himmel, sahen nichts mehr außer der Dunkelheit des Todes. Zwischen ihren Lippen und auf ihrem Schlüsselbein hatte sich bereits Schnee gesammelt. Der Anhänger der Kette, die Ghan Idos ihr einst geschenkt hatte, ließ ihre Haut noch blasser erscheinen. Mit zitternden Händen richtete Rin Verran ihren Oberkörper auf und hielt sie in den Armen, wiegte sich hin und her, schluchzend. Sie war so kalt. Kalt wie Eis. Kalt wie die Tränen, die auf seinen Wangen gefroren.

Ich bin zu spät. Zu spät. Der Gedanke ließ ihn nicht in Ruhe, machte ihn verrückt, brachte ihn an den Rand der Verzweiflung, der fast an Wahnsinn grenzte. Warum war ich so langsam? Ich hätte es verhindern können! Warum habe ich es nicht geschafft?

Rin Verran konnte nicht auf den roten Blutfleck sehen, der sich auf ihrem Bauch ausgebreitet hatte. Jemand hatte ihr ein Messer oder einen Dolch dort hinein gestoßen. Sie war qualvoll verblutet. Der Schnee um sie herum war aufgewühlt. Als hätte ein Kampf stattgefunden. Aber nicht sie hatte gekämpft.

Sein Blick fiel auf Ghan Idos, dessen Arme und Hände mit Schnitten bedeckt waren. Der Dolch steckte immer noch in seinem Hals. Aber es schien sein eigener zu sein. Die verkrampfte Hand umklammerte den Griff, doch seine Augen waren weit aufgerissen. Auf seinen Lippen und an seinem Kinn waren Blutspuren zu erkennen. Jemand hatte seinen Schlag so umgelenkt, dass er sich selbst in den Hals gestochen hatte.

Rin Verran spürte eine brennende Wut in sich aufsteigen. Wenn Yodha denkt, dass er mich so dazu bringen kann, meine Meinung zu ändern, irrt er sich gewaltig! Ich werde ihn töten! Ich werde ihm einen qualvollen und langsamen Tod geben wie Jadna ihn hatte!

Er streckte die Hand nach dem Dolch aus, der in Ghan Idos' Hals steckte und zog ihn vorsichtig raus. Die Klinge war mit gefrorenem Blut bedeckt, aber als Rin Verran sie sauber wischte, runzelte er verwirrt die Stirn. Er kannte diesen Dolch. Zwar war der Name zerkratzt worden, aber es war eindeutig...

Plötzlich ertönte ganz in der Nähe ein dumpfer Aufprall, als ein Haufen Schnee zu Boden fiel. Blitzschnell war Rin Verran auf den Beinen, hob drohend den Dolch und blickte sich um. Die Hütte hatte einen Garten mit einigen Sträuchern, hinter denen man sich bestimmt gut verstecken konnte. Ist die Drachenklaue, die das getan hat, noch hier? Eigentlich hatte er keine Fußspuren gesehen, aber bestimmt konnte sie ihre Spuren gut verwischen.

»Wer ist da?«, rief er. »Zeig dich!«

Im nächsten Moment entglitt der Dolch fast seinem Griff und wäre zu Boden gefallen, wenn er sich nicht rechtzeitig gefasst hätte. Hinter einem der Büsche tauchte ein kleines Mädchen auf, das vielleicht drei Jahre alt war. Es war völlig verängstigt. Die Hände umklammerten einen Stoffhasen, den sie fest an ihre Brust gedrückt hatte. Sie wirkte halb durchgefroren, das Gesicht war bleich wie der Schnee, auf dem sie mit ihren kleinen Füßen stand.

»Mama hat gesagt...«, sagte sie, während sie ihn mit großen Augen ansah. »Mama hat gesagt, ich soll mich verstecken. Warum schläft sie immer noch? Sie hat gesagt, sie kommt mich holen. Aber sie schläft immer noch.«

Rin Verran spürte einen schmerzhaften Knoten in seiner Brust. Kalte Tränen flossen seine Wangen hinab, während er den Dolch hinter seinen Gürtel steckte und sich hin hockte, die Arme ausbreitete. »Komm, es ist kalt. Ich tu dir nichts.«

Das Mädchen zögerte. »Mama hat gesagt, sie kommt mich holen.«

»Deine Mama...« Rin Verran schluckte. »Deine Mama wird nicht mehr aufwachen.«

»Warum nicht?«

Warum fühlt es sich so schrecklich an?

»Hat sie mich verlassen? Hat sie mich alleine gelassen?« Tränen standen in den blauen Augen des Mädchens. »Mag sie mich nicht mehr?«

»Doch, sie mag dich. Sie mag dich sehr. Es ist nur, dass...« Er konnte es nicht sagen, brachte es nicht übers Herz. Er biss sich auf die Lippen, bis es schmerzte. »Ich bin zu spät gekommen.« Er konnte ihr nicht in die Augen sehen.

Es war eine Weile still, doch auf einmal erschienen kleine Füße in seinem Sichtfeld. Als er den Kopf hob, stand das Mädchen vor ihm und sah ihn mit großen Augen an.

»Mir ist kalt.«

Rin Verran brachte ein gequältes Lächeln zustande und schloss sie in die Arme. Sie erinnerte ihn an seine eigene Tochter, Rin Kahna, die mittlerweile wohl schon vier Jahre alt sein musste. Und jetzt hatte er erfahren, dass er eine Nichte hatte. Ghan Jadnas Tochter. Die Tochter seiner Schwester. Er spürte, wie sie in seinen Armen zitterte. Ob vor Kälte oder vor Angst wusste er nicht. Hat sie alles mit ansehen müssen?

»Alles wird gut«, flüsterte er mit dem Wissen, dass er das nicht versprechen konnte. »Die bösen Leute sind weg. Alles wird gut.«

»Was ist mit Mama und Papa?«, fragte das Mädchen. »Warum haben sie so viele rote Flecken?«

Rin Verran hielt sie ein Stück von sich und versperrte ihr mit seinem Körper den Blick auf ihre Eltern. »Die bösen Leute haben sie in den ewigen Schlaf geschickt«, sagte er. »Sie werden nicht mehr aufwachen. Es tut mir leid.«

Das Mädchen blinzelte. Er konnte nicht wirklich sagen, ob sie seine Worte verstand oder nicht.

»Ich bin dein Onkel«, erklärte er vorsichtig. »Onkel Verran. Wie heißt du?«

»Reva«, sagte das Mädchen und hob dann ihren Stoffhasen hoch. »Das ist Hasi.«

Rin Verrans Lippen zuckten, bis er ein Lächeln zustande brachte. »Geh zurück in die Hütte und versteck dich da, bis ich dich hole, ja?« Ich muss Jadna und Ghan Idos begraben. Bei dem Gedanken daran wurde ihm übel. Zu viele Tote, dachte er. Zu viele Tote.

»Aber...« Ghan Reva sah ihn mit großen, traurigen Augen an. »Du wirst wirklich kommen, oder? Onkel Verran?«

Rin Verran spürte einen Stich im Herz, als sie ihn so nannte. Gerade wollte er antworten, als ihre Aufmerksamkeit sich auf etwas anderes richtete.

»Jemand kommt zu Besuch«, sagte sie.

Er sah zur Seite. Ghan Reva hatte wirklich scharfe Augen. In einiger Entfernung bewegten sich mehrere Gestalten auf sie zu, wurden größer. Rin Verran konnte nicht sagen, wer das war, aber es wäre besser, wenn sie sich versteckten. Kurzerhand stand er auf und hob das Mädchen auf die Arme.

»Wir verstecken uns zusammen, in Ordnung?«, fragte er.

Es war wahrscheinlich, dass die Fremden die Hütte betreten würden, also blieben nur die Büsche übrig, zwischen denen Ghan Reva sich zuvor schon versteckt hatte. Als er in das Gestrüpp trat, bemerkte er eine Art Fuchs- oder Dachsbau zwischen den Wurzeln eines Baumes. Anscheinend hatte das Mädchen sich dort verborgen, als Ghan Jadna ihr gesagt hatte, sich zu verstecken, denn sie krabbelte auch jetzt dort hinein. Doch dann schaute sie ihn erschrocken an.

»Mamas Traumfänger!«

»Was?«

»Mamas Traumfänger! Sie hat gesagt, dass er andere beschützt!«

Rin Verran verstand erst jetzt, was Ghan Reva meinte. Die Flöte, die Ghan Jadna als Herzstück hatte, befand sich immer noch in dem Etui an ihrem Gürtel. Er warf einen besorgten Blick in Richtung der Fremden, die immer näher kamen. Wenn er schnell genug war...

Ohne nachzudenken, rannte er geduckt zum Leichnam seiner Schwester hin. Seine Finger zitterten, während er den Knoten löste, aber letztendlich gelang es ihm. Sein Blick verweilte einige Sekunden auf ihrem blassen Gesicht. Ein letztes Mal strich er ihr über die Haare und drückte einen flüchtigen Kuss auf ihre Stirn, bevor er zurück zu den Büschen eilte. Auf dem Weg verwischte er die Spuren im Schnee, sodass es unmöglich war zu sagen, wo genau jemand entlang gegangen war.

»Hier«, flüsterte er Ghan Reva zu und hielt ihr Traumfänger hin. »Verliere ihn nicht und halte dich versteckt.«

Das Mädchen nickte und verkroch sich in dem Bau, während Rin Verran seine Kräfte sammelte und den Baum hoch kletterte. Ein Mal rutschten seine Stiefel fast an der vereisten Rinde ab, aber endlich hatte er es auf einen dicken Ast geschafft. Von hier aus hatte er einen guten Blick auf den schneebedeckten Vorgarten der Hütte, auf den nur wenige Minuten später fünf Reiter trabten.

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Das Endlied des Traumfängers

Von Feuer zu Mistel, von Phönix zu Krähe.

Es sind dunkle Pfade, auf denen ich gehe.

Ich greife nach dem Licht, doch spüre nur Leere.

Statt gelben Halmen wachsen funkelnde Speere.


Meine Augen schmerzen von vergossenen Tränen.

Ist es verboten, sich nach Frieden zu sehnen?

Kann ein Traumfänger wirklich Träume fangen?

Sind es dann meine, denen die Schatten entsprangen?


Aus meinem Herzen klingt eine Melodie.

Noten in der Luft, denen ich Leben verlieh.

Wie Staubkörner wandern sie ins Licht.

Durch schwarze Mauern und Waldesdicht.


Ein Augenblick der Ruhe in der Ferne.

Am Tag scheint die Sonne, nachts funkeln die Sterne.

Zwischen den Blumen ertönt ein Kinderlachen,

Doch mein Leben gehört den Klauen des Drachen.


Rote Flüsse fließen durch den Schnee.

Sein leerer Blick ist das letzte, was ich seh.

Ich vermisse die Zeit, als die Sonne noch schien

Und in allen Farben schillerte der Turmalin.

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