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Kapitel 35: Inseln - Teil 1

Gedankenverloren schaute Rin Verran auf das dunkle Wasser des Sees, das sich bei jedem Windstoß leicht kräuselte und so die Spiegelung des Bootes verzerrte, an dessen Reling er stand. Es war nicht sehr groß. Gerade mal fünf Leute passten darauf, aber er war nur mit Rin Veyvey, ihrer Dienerin Lai Vatani und einem weiteren Anhänger der Dul-Gilde darauf, der das Gefährt vorwärts bewegte. Sie waren schnell unterwegs, was vor allem damit zu tun hatte, dass sie die Strömung des Flusses hinter sich hatten, der in den See floss. Während die Rin-Gilde ihn den Fernen Strom und die Val-Gilde ihn den Knochenbrecher nannte, hieß er für die Dul-Gilde einfach nur Kieselsteinfluss, denn sein Grund war mit kleinen, grauen Steinen bedeckt. Der Stillwasser-See hingegen war so tief, dass man den Boden nicht sehen konnte. Insgeheim fragte Rin Verran sich, wie viele Menschen hier wohl schon ertrunken waren.

»Da!«, rief Rin Veyvey auf einmal, hakte sich bei ihm unter und deutete aufgeregt auf eine der dunklen Silhouetten der Inseln, zu denen sie aufgebrochen waren. Die letzten Wochen und Monate war sie erstaunlich enthusiastisch und freundlich ihm gegenüber gewesen, aber wahrscheinlich lag das daran, dass sie den anderen eine glückliche Ehe vorspielen wollte. Jetzt dürfte sie sich aus demselben Grund so benehmen. Immerhin wurden sie von Lai Vatani und dem Mann beobachtet, der das Boot lenkte.

»Welche der Inseln?«, fragte Rin Verran und grinste leicht, um bei ihrem Theater mitzuspielen.

»Der Anfang wird auf der größten sein«, erklärte Rin Veyvey. »Die in der Mitte. Da werden auch der Gesang-, Musik- und Kunstwettbewerb und der Großteil der anderen stattfinden. Die Jagd wird aber auf allen Inseln sein.«

»Wie sollen die Teilnehmer denn von einer Insel zur anderen kommen?«

»Vater hat an den Ufern Boote bereitgestellt«, meinte Rin Veyvey. »So wird es gleichzeitig auch spannender! Die Boote dort sind anders als unseres. Man kann sie nicht alleine lenken, sondern nur zu zweit und die Strömung zwischen den Inseln ist auch nicht so stark. Man braucht also jemanden, der rudert, und jemanden, der steuert. Die Teilnehmer müssen sich mindestens zu zweit zusammenschließen, um auf eine andere Insel zu kommen. Und ich verrate dir ein Geheimnis.« Sie beugte sich dicht zu ihm rüber und flüsterte ihm zischend ins Ohr: »Wenn du auch nur versuchst, die Dul-Gilde absichtlich schlecht dastehen zu lassen, werde ich das Sofa rausbringen lassen und du schläfst auf dem Boden.«

Rin Verrans Lippen zuckten. Etwas anderes hatte er auch gar nicht erwartet.

»Jetzt weißt du also Bescheid!«, säuselte Rin Veyvey fröhlich und sah zu dem Mann hinten im Boot. »Kannst du nicht etwas schneller fahren? Meine Schwester ist schon fast da!« Sie deutete auf ein Gefährt, das vor ihnen bereits in der Nähe der mittleren Insel trieb, auf der der Zatos – den dieses Mal die Dul-Gilde veranstaltete – seinen Anfang nehmen würde.

»Ich entschuldige mich vielmals, Frau Rin, aber ich bin nur für die Richtung und nicht für die Geschwindigkeit zuständig«, kam die wenig freundliche Antwort.

Rin Veyvey rümpfte unzufrieden die Nase, sagte aber nichts weiter und wartete stattdessen schweigend, bis auch sie das Ufer erreicht hatten. Das Boot wackelte kurz, als es mit der Seite gegen den Steg stieß. Rin Verran sog scharf die Luft ein, als Rin Veyvey ihre lange, rot lackierten Fingernägel in seinen Oberarm grub, um nicht hinzufallen. Er zwang sich zu einem freundlichen Lächeln, sprang auf den Steg und hielt ihr die Hand hin, um ihr beim Aussteigen zu helfen. Sie schlug seine Hand weg.

»Ich schaffe das auch so!«

Meinetwegen. Rin Verran verschränkte die Arme vor der Brust und beobachtete leicht belustigt, wie sie sich mit ihrem prächtigen Kleid abmühte, bis Lai Vatani sich endlich erbarmte und ihr half. Schwer atmend stellte Rin Veyvey sich vor ihm auf und funkelte ihn aus blaugrünen Augen verärgert an. Als würde er es nicht bemerken, wandte er sich ab und ging den Steg entlang ins Innere der Insel. Sie folgte ihm mit hoch erhobenem Kopf und weiten Schritten.

Dul Nehmon und Dul Caitha hatten sich wirklich Mühe bei den Vorbereitungen dieses Zatos gegeben. Es war anscheinend das erste Mal, dass er auf den Inseln im Stillwasser-See stattfand, weswegen wohl viele Gilden auch aus reiner Neugier zugesagt hatten. Rin Verran fühlte sich bei dem Gedanken daran, seinen Vater, Rin Narema, Rin Raelin und Rin Jadna wiederzusehen, nicht allzu gut. Er wusste nicht, wie es um sie alle stand. Als er das letzte Mal einen Brief nach Ridike geschickt hatte, war keine Antwort gekommen. Und das war schon fast zwei Monate her. Hatte Rin Jadna ihn einfach nicht bekommen? Oder ignorierte sie ihn jetzt auch? Das konnte er sich nicht vorstellen. Nicht bei ihr. Vielleicht hatte sie ihre Musikschule aber auch geschlossen und war nach Hause zurückgekehrt. Einen Brief an den Phönix-Hof zu schicken kam allerdings überhaupt nicht in Frage.

Auf der großen, freigeräumten Lichtung in der Mitte der Insel wimmelte es bereits vor Anhängern der Dul-Gilde, die die letzten Tische aufstellten und Speisen brachten. Dul Nehmon unterhielt sich mit Paat Jero über irgendwas, während Dul Caitha auf der anderen Seite einigen Dienern dabei half, Schmuck und verschiedene Banner an die Bäume zu hängen. Überall leuchtete bereits das Blau der Dul-Gilde. Bänder flatterten im Wind. Der Himmel war mit ein paar Wolken bedeckt, die jedoch dichter und auch dunkler wurden. Wenn sie Pech hatten, würde es bald anfangen zu regnen.

Rin Verran sah sich unauffällig um, auf der Suche nach Dul Arcalla, und entdeckte sie schließlich an einem der Tische. In ihren Händen trug sie eine Platte mit Teigtaschen, die sie nun abstellte.

»Hast du Hunger?«, fragte Rin Veyvey auf einmal, die seinen Blick anscheinend bemerkt hatte, aber wohl nur die ungefähre Richtung und nicht die genaue Person, auf die er schaute. »Wir können uns was holen, bevor die anderen Gilden eintreffen.«

»Nein, danke«, sagte er schnell.

»Dann halt nicht«, erwiderte Rin Veyvey eingeschnappt. »Ich hole mir jedenfalls was! Schau zu, wie du dich alleine beschäftigst, bis der Zatos anfängt!« Sie ergriff Lai Vatani bei der Hand und eilte davon in Richtung der Tische mit den Speisen.

Rin Verran unterdrückte ein genervtes Seufzen.

Es dauerte nicht lange, bis die ersten Gilden eintrafen. Zunächst nur die kleineren, die bereits in der Nähe des Seerosen-Ufers ihren Sitz hatten. Rin Verran erfuhr zum ersten Mal, dass die Gilde von Meisterin Zha tatsächlich mit der Dul-Gilde verbündet war. Sie kam aus einer kleinen Stadt südlich des Stillwasser-Sees und ihre Anhänger trugen weiße Gewänder mit roten Streifen, die angeblich die Flügeladern einer Libelle symbolisieren sollten. Allerdings fand er keine Ähnlichkeit mit ihnen.

Als Rin Verran die schwarzen Gewänder seiner früheren Gilde sah, konnte er nicht anders, als sich aufrechter hinzustellen und sein Gesicht dazu zu zwingen, ausdruckslos zu bleiben. Sein Vater warf ihm nur einen kurzen Blick zu, bevor er auf die gegenüber liegende Seite der Lichtung ging, während Rin Narema ihn einfach vollständig ignorierte. Rin Raelin war keineswegs besser. Er ballte die Fäuste und schaute demonstrativ weg, während er seinen Eltern folgte, die bereits in ein Gespräch mit Dul Nehmon verwickelt waren. Wo ist Jadna? Er konnte seine Schwester nirgends zwischen den Anhängern der Rin-Gilde entdecken. Er wartete geduldig, aber sie kam einfach nicht. Verwirrt ließ er seinen Blick erneut über die angekommenen Menschen schweifen. Nichts. Nur Bao Jenko fiel ihm auf, der allerdings dicht an Rin Balerons Seite blieb und keine Anstalten machte, zu ihm zu kommen.

»Am Festtag sollte der Mensch nicht alleine sein«, ertönte auf einmal eine Stimme neben ihm. »Freche Kinder zupfen an den Ärmeln. Perlenketten um schlanke Hälse. Zusammen sind zwei Herzen glücklich.«

Rin Verran wandte sich um und fand sich Dul Caitha gegenüber, die ihn mit blitzenden Zähnen anlächelte. In ihrer rechten Hand hielt sie ein Weinglas, an dem sie kurz nippte, bevor sie fragte: »Hat Veyvey dich einfach stehen gelassen? Das ist aber nicht freundlich von ihr.«

»Seid Ihr hier, um sicher zu gehen, dass ich meinen Vater nicht darum bitte, mich wieder aufzunehmen?«, riet Rin Verran.

»Vielleicht«, meinte die Gilden-Anführerin. »Vielleicht aber auch nicht.«

»Ihr sprecht in Rätseln.«

»Ich weiß.« Dul Caitha zupfte den Ausschnitt ihres Kleides zurecht, der ohnehin schon weit genug war. »Ich stehe eigentlich nur neben dir, damit man sieht, dass wir dich aufgenommen haben. Als Zeichen, verstehst du? Zeichen sind sehr wichtig. Und ich bin mir sicher, dass insbesondere Gilden-Anführerin Rin solche Zeichen lesen kann. Schau, sie sieht zu uns rüber. Tu so, als hätte ich etwas Lustiges gesagt.«

Rin Verran lächelte leicht gequält, woraufhin Dul Caitha ihm leicht ihren Ellenbogen in die Seite stieß.

»Sind meine Witze so schlecht, dass du nicht mal auflachen kannst?«, fragte sie gespielt beleidigt. »Jetzt hast du die Chance vertan. Sie mag dich nicht sonderlich, oder?«

Er schwieg.

»Ich mag dich auch nicht«, sagte Dul Caitha beiläufig, hörte dabei aber nicht auf, zu lächeln. »Aber du behandelst Veyvey wenigstens besser als dein Bruder es wahrscheinlich getan hätte.« Sie trank ihr Glas aus und schwenkte es kurz in der Luft herum. »Ich wünsche dir schonmal viel Erfolg bei der Jagd.«

Rin Verran sah ihr nicht hinterher. Er war immer noch damit beschäftigt, nach Rin Jadna zu suchen, aber sie war wirklich nicht da. Kurz überlegte er, einen der Anhänger der Rin-Gilde nach ihr zu fragen – mit dem Risiko, dass er Ärger von beiden Seiten bekommen würde –, aber im selben Moment kam die Ghan-Gilde auf der Lichtung ein. Und ihn traf fast der Schlag.

Vorne ging Ghan Kedron, wie immer mit dem prächtigen Mantel über seiner Gilden-Kleidung, und neben ihm Ghan Shedor, der seine Ehefrau Ghan Minue an der Hand führte. Beide sahen nicht sonderlich glücklich aus. Das Mädchen, das Bao Jenko ihm damals im Speisesaal der Gämsen-Pagode zum ersten Mal gezeigt hatte, war zu einer jungen Frau geworden, die ihren Kopf leicht gesenkt hatte. Den Blick fest auf den Boden gerichtet. Hinter den dreien gingen Ghan Idos und... Rin Jadna.

Rin Verran starrte seine Schwester ungläubig an, die ein dunkelgraues Kleid mit aufgestickten Krähenfedern trug. Eindeutig die Farben der Ghan-Gilde. Auf ihrem Gesicht stand jedoch ein schwaches Lächeln und sie hatte sich bei Ghan Idos untergehakt. Fast, als wären sie ein Paar. Nein, sie waren ganz bestimmt ein Paar, sonst würde sie weder diese Kleidung tragen noch so weit vorne gehen.

Der Schock saß tief in seinen Knochen. Rin Jadna hatte ihn noch nicht gesehen. Sie schaute hinüber zu Rin Raelin und winkte ihm zu, aber ihr Bruder ignorierte sie und wandte ihr demonstrativ den Rücken zu. Was ist passiert? Die Gedanken in Rin Verrans Kopf wirbelten wild im Kreis herum. Er wusste nicht, welche Frage er zuerst stellen sollte. Versuchte gleichzeitig, sich zu beruhigen. Das muss irgendein Missverständnis sein. Bestimmt ist sie nur vorübergehend bei der Ghan-Gilde. Das machen einige Erzwächter manchmal. So wie Arcalla. Sie war auch bei der Ghan-Gilde und hat sich um Ghan Ilana gekümmert. Es fiel irgendwie fast gar nicht auf, dass die Gilden-Anführerin nicht da war. Schon vor ihrem Tod war sie kränklich gewesen. Rin Verran war nie dazu gekommen, Dul Arcalla deswegen beizustehen. Bestimmt machte sie sich Vorwürfe, dass sie Ghan Ilana zwar gepflegt hatte, ihr aber letztendlich nicht hatte helfen können.

»Verran!«

Wie von selbst breitete sich ein fröhliches Grinsen auf seinem Gesicht aus. Es tat gut, die Stimme seiner Schwester wieder zu hören. Rin Jadna strahlte ihn an, bevor sie sich um seinen Hals warf und ihn umarmte. Dabei musste sie sich auf die Zehenspitzen stellen. Als sie von ihm abließ, hob sie die Hand und tippte ihm spielerisch mit dem Finger auf die Nase.

»Wie geht es dir? Ich habe so lange nicht mehr von dir gehört! Warum hast du mir nicht geschrieben?«

»Aber ich habe dir doch geschrieben!«

Rin Jadna sah ihn ratlos an. »Also, ich habe nichts bekommen.«

Allmählich stieg eine Vermutung in Rin Verran auf. »Du... bist nicht mehr in Ridike, oder? Bei deiner Musikschule?«

Seine Schwester blinzelte verwirrt. »Nein, ich... Aber hat Vater dir nicht...« Sie seufzte und strich sich die Haare aus dem Gesicht. »Natürlich hat er es dir nicht geschrieben. Dabei hatte ich ihn darum gebeten. Bist du deswegen nicht zu meiner Hochzeit gekommen?«

Rin Verran spürte einen schmerzhaften Stich in seiner Brust. »Hochzeit? Deine Hochzeit? Bist du wirklich...?« Sein Blick wanderte hinüber zu Ghan Idos, der sich sehr unauffällig ein Stück Fisch auf den Teller packte, während er sie sehr auffällig beobachtete. Wahrscheinlich wollte er es genau andersrum tun, was ihm jedoch nicht gelang.

»Ich bin jetzt Ghan Jadna«, erklärte seine Schwester mit einem leicht schüchternen Lächeln. Ihre Wangen röteten sich. »Anscheinend hatte Vater schon seit einiger Zeit vor, mich mit Idos zu verheiraten, bevor die Verlobung gelöst wurde. Angeblich hatte Idos in der Gämsen-Pagode eine Affäre mit einem Mädchen, aber da ihre Gilde vor einiger Zeit praktisch ausgelöscht wurde und es niemanden gab, der für ihr Recht der ersten Nacht einstehen könnte, hat sich das letztendlich erledigt.«

Rin Verran versuchte, nicht zusammenzuzucken, als seine Schwester Ghan Idos auf so eine vertrauliche Weise nur beim Vornamen nannte und gleichzeitig indirekt Rin Raelins gefälschten Brief und den Angriff der Drachenklauen auf Muwam erwähnte. Irgendwie schaffte er es, sich ein Lächeln abzuringen. »Behandelt er dich wenigstens gut?«

»Idos ist ganz in Ordnung.« Ghan Jadna schaute zu den Tischen hinüber, wo Ghan Idos etwa zeitgleich den Blick auf seinen Teller richtete. »Er kümmert sich die meiste Zeit nicht um mich, aber dafür habe ich umso mehr Zeit, um mit meiner Flöte zu üben.« Sie klopfte sich auf das Etui, das an ihrem Gürtel hing. »Heute werde ich auch wieder etwas spielen. Eines meiner eigenen Stücke. Es heißt ›Turmalin‹. Du kennst diese Edelsteine?«

»Ja. Rin Veyvey mag Schmuck sehr gerne und redet ziemlich oft darüber.« Viel zu oft.

»Deine Frau?« Auf einmal wirkte Ghan Jadna seltsam betreten. »Wie ist sie?«

»Anstrengend.«

»Welche ist es?«

Rin Verran nickte in Richtung Rin Veyvey, die mit Dul Arcalla und einer weiteren Frau zusammen stand, die er nicht kannte. »Die mit dem pompösen Kleid und der goldenen Haarnadel.«

»Sie ist hübsch«, kommentierte Ghan Jadna, bevor ihre Augen sich weiteten. »Ist das daneben...« Sie brauchte Rin Verrans Antwort nicht abzuwarten, um zu wissen, dass es die Heilerin war, die ihn einst versorgt hatte, als sein Arm gebrochen war. Ohne ein weiteres Wort umarmte sie Rin Verran fest und strich ihm tröstend über den Rücken. »Es tut mir leid, dass es so kommen musste. Ich glaube immer noch nicht daran, dass das am Phönix-Hof du warst.« Sie trat einen Schritt zurück und sah ihn an. »Du kannst mir ruhig die Wahrheit sagen. Was ist damals wirklich passiert?«

Raelin hat mir eine Droge gegeben, damit die Verlobung zwischen ihm und Rin Veyvey aufgelöst wird. Aber so sehr er seiner Schwester auch die Wahrheit sagen wollte, er konnte es einfach nicht. Langsam schüttelte er den Kopf, schwieg.

»Ich verstehe. Du möchtest nicht darüber reden«, sagte Ghan Jadna. »Das ist in Ordnung. Oh, du hast einen Edelstein an deinem Schwert angebracht?«

Im ersten Moment war er erleichtert über den Themenwechsel, bis er feststellte, dass sie den Smaragd meinte. Trotzdem, um seine Schwester nicht noch weiter zu enttäuschen, zog er Habichtfeder und präsentierte ihr den Knauf. »Ja.«

Ghan Jadna strich mit den Fingern darüber, hielt dann inne und schaute ihn an. »Ich erkenne diesen Smaragd.« Rin Verran versteifte sich. »Keine Sorge, ich werde es niemandem weiter sagen. Aber du solltest aufpassen, dass niemand einen Zusammenhang feststellt.«

»Das wird nicht passieren«, erwiderte er fest.

Ghan Jadna lächelte. »Du hast es aber auch wirklich geschickt gemacht. Es sieht fast so aus, als wäre er immer schon das Auge des Habichtkopfes gewesen.« Während sie das sagte, wanderten ihre Augen ein Stück zur Seite. Rin Verran folgte ihrem Blick und entdeckte einen jungen Mann, der in einem Stuhl saß. Seine Hände ruhten auf zwei Rädern, die links und rechts daran befestigt waren. Er versuchte, sie vorwärts zu bewegen, steckte aber anscheinend in einem Stück weicher Erde fest. »Ich glaube, ich sollte ihm kurz helfen.« Sie wollte gerade losgehen, als ein Anhänger der Ghan-Gilde auftauchte und dem Mann schon half. »Oder auch nicht.«

»Wer ist das?«, fragte Rin Verran. »Er kommt mir irgendwie bekannt vor, aber ich bin mir nicht sicher. Es ist glaube ich schon etwas länger her...«

»Wahrscheinlich hast du ihn in der Gämsen-Pagode gesehen«, half Ghan Jadna ihm auf die Sprünge. »Er ist der jüngere Bruder von Idos.«

Jetzt erinnerte Rin Verran sich wieder. »Ghan Edhor, richtig?«

Seine Schwester nickte. »Er ist ganz nett. Man kann sich gut mit ihm über allerlei Sachen unterhalten. In der ersten Prüfung in der Gämsen-Pagode war er der Beste, auch wenn ich ihm das aus der Nase ziehen musste. Er ist sehr schlau und manchmal komme ich selbst nicht mit. Das hat er bestimmt von seinem Vater. Weißt du, was lustig ist?«

Rin Verran grinste. »Nein, aber du wirst es mir bestimmt gleich sagen.«

»Das stimmt«, lachte sie auf. »Ich habe ihm von meinem geliebten Bruder erzählt, der meinem anderen Bruder seine Verlobte weggeschnappt hat und jetzt nennt er dich nur noch ›Schatztruhe‹.«

»Schatztruhe?«, fragte Rin Verran verwundert. »Warum das denn?«

Seine Schwester zuckte mit den Schultern.

Mittlerweile waren weitere Gilden eingetroffen. Unter ihnen war auch die Mahr-Gilde mit ihren rotbraunen Gewändern. Rin Verrans Gesicht verfinsterte sich ein Stück, als er Mahr Xero entdeckte, der entschlossenen Schrittes direkt zu Dul Arcalla ging und ein Gespräch mit ihr anfing. Er fühlte sich wieder in die Gämsen-Pagode zurückversetzt. Damals war es ihm auch nicht möglich gewesen, Mahr Xero irgendwie von ihr fern zu halten – allerdings aus einem anderen, im Nachhinein völlig lächerlichen Grund.

»Mach dir nichts draus«, flüsterte Ghan Jadna ihm zu, die seinen Gesichtsausdruck bemerkt hatte. »Beziehungen können sich so schnell verändern, dass du es manchmal gar nicht mitbekommst.«

»Warum hat Raelin dich eigentlich ignoriert, als du ihm zugewunken hast?«, fiel Rin Verran ein.

Das Lächeln seiner Schwester erlosch für eine Sekunde, bevor es wieder auftauchte. »Vor meiner Hochzeit mit Idos haben wir uns gestritten«, antwortete sie. »Er hat ihn heftig beschimpft und gesagt, dass ich mich keinesfalls auf ihn einlassen soll. Aber ich konnte nicht einfach zu Vater gehen und ihn darum bitten, die Verlobung aufzulösen. Erstens hätte er das sowieso nicht gemacht und zweitens wird er mich bestimmt nicht mit jemandem verheiraten, von dem er sich nicht sicher wäre, dass er mich gut behandeln wird.«

Bist du dir sicher?, wollte Rin Verran fragen, meinte stattdessen aber: »Raelin hat sich nur Sorgen um dich gemacht. Er kennt Ghan Idos sogar noch besser als ich und in der Gämsen-Pagode ist er wirklich immer sehr arrogant und eingebildet aufgetreten. Hat sich für was Besseres gehalten, nur, weil er der Sohn des mächtigsten Gilden-Anführers ist.«

»Tatsächlich?« Ghan Jadna war ehrlich überrascht. »Er ist zwar sehr selbstbewusst und gibt gerne mit seinen Bogenschusskünsten an, aber ansonsten verhält er sich anderen gegenüber immer respektvoll.« Sie seufzte. »Ich wünschte, Raelin würde wieder mit mir reden, aber wahrscheinlich ist er immer noch beleidigt.«

»Vielleicht solltest du einfach zu ihm rüber gehen«, zwang Rin Verran sich zu sagen. »Du bist seine Schwester. Er wird dich nicht einfach davonjagen.«

Ghan Jadna blickte ihn zweifelnd an, nickte dann. »In Ordnung. Ich gehe zu ihm hin. Möchtest du mitkommen?«

Er lächelte entschuldigend. »Tut mir leid. Ich muss... die Distanz aufrecht erhalten.«

Zum Glück schien sie zu verstehen, was er meinte, denn sie tippte ihm zum Abschied ein letztes Mal auf die Nase und bahnte sich einen Weg in Richtung Rin Raelin. Rin Verran bemerkte, wie etwa gleichzeitig Ghan Idos seinen Teller dem nächstbesten Anhänger seiner Gilde übergab und ebenfalls irgendwo hin verschwand. Er überlegte gerade, ob er aus Langeweile ein Gespräch mit jemandem anfangen sollte, als er Nan Fe in der Menge der Anhänger der Mahr-Gilde entdeckte. Sie stand an der Seite eines Mannes, der etwa einen Kopf größer war als sie. Er hielt ihre Hand, während er mit der anderen einen Teller mit Gebäck füllte und ihn ihr reichte. Das musste Tar Shano sein, der Erzwächter, den Nan Fe geheiratet hatte. Rin Verran suchte gar nicht nach Bao Jenko, um seine Reaktion zu sehen. Er wusste, dass seine Augen wahrscheinlich gerötet sein würden.

»Meine Lieben!«, erklang auf einmal die Stimme von Dul Caitha, die die Gespräche der anderen übertönte. Sie stand mit theatralisch erhobenen Armen neben Dul Nehmon, der sich vorerst zurückhielt. »Tücher spannen sich über die Brücke«, trug sie wieder eines ihrer Gedichte vor. »Im Wasser spiegeln sich Pfirsichblüten. Ein roter Fisch durchbricht die Spiegelung. Langsam treiben die Seerosen davon.«

»Was meine Frau sagen möchte«, fügte Dul Nehmon hinzu, als das verwirrte Schweigen anhielt. »Wir erklären die diesjährige Zatos-Meisterschaft im Territorium der Dul-Gilde für eröffnet!«

Jubel brach aus. Rin Verrans Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. Dieses Mal würde er nicht einfach in irgendeine unmarkierte Falle stürzen und sich den Arm brechen, sondern sich möglichst viel Mühe geben, um bei der Jagd auf einem der ersten Plätze zu landen. Rin Veyvey würde natürlich nicht daran teilnehmen, was er sich bei dem Kleid, in das sie sich heute Morgen gequält hatte, fast schon gedacht hatte. Während Dul Nehmon denen, die das erste Mal an einer Jagd teilnahmen, erneut die Regeln erklärte, fiel Rin Verran eine junge Frau auf, die leicht verloren zu sein schien. Sie trug ein offenbar viel zu langes Kleid in den Farben der Mahr-Gilde und drehte sich mit einem prall gefüllten Teller in der Hand um die eigene Achse als würde sie jemanden suchen. Es würde keine Sekunde dauern, bis sie auf den Saum ihres eigenen Kleides trat, strauchelte und hinfiel.

Rin Verran atmete erleichtert auf, als das nicht passierte, aber im nächsten Moment setzte die junge Frau sich in Bewegung und stolperte doch noch. Blitzschnell trat er vor und fing sie geschickt auf, bevor sie zu Boden stürzen konnte. Trotzdem entglitt der Teller ihren Händen und das ganze Essen landete im Gras.

»T-tut m-m-mir l-leid!«, stotterte die junge Frau und befreite sich aus seinem Griff, um wieder alleine zu stehen, verhedderte sich aber erneut im Kleid. Beschämt senkte sie den Kopf, wobei sie leicht errötete. »T-tut mir l-l-leid. I-Ich bin s-so tollp-p-patschig.«

»Nicht schlimm«, beruhigte Rin Verran sie und stützte sie, bis sie wieder sicher stand. Sie war so klein, dass sie ihm nur bis zur Brust reichte. »Macht nächstes Mal größere Schritte. Dann stolpert Ihr nicht so leicht.« Warum weiß ich das? Verdammt, ich muss aufhören, Rin Veyvey so oft zuzuhören, wenn sie über ihre Kleidung redet.

Die junge Frau hob den Kopf nicht, nickte nur und starrte betreten auf das auf dem Boden verstreute Essen.

»Das passiert jedem mal«, bemerkte Rin Verran und trat einen Schritt zurück. Einige der Leute um ihn herum warfen ihm bereits seltsame Blicke zu. Er wollte nicht, dass irgendwelche Gerüchte in Umlauf kamen. »Passt einfach besser auf«, schloss er und machte Anstalten, sich umzudrehen, als die junge Frau ihn am Umhang festhielt.

»D-Danke«, stotterte sie leise. »Es w-war n-n-noch n-nie jemand s-so nett zu m-mir.«

Rin Verran wusste nicht, was er darauf antworten sollte, also sagte er nur: »Ist schon gut.« Doch die junge Frau ließ ihn immer noch nicht los. Schon etwas genervt seufzte er und fragte der Höflichkeit halber: »Wie heißt Ihr?«

»M-M-Mahr L-Lesara«, stammelte sie, den Kopf immer noch gesenkt.

Eine weitere Bastard-Tochter von Mahr Hefay? Kein Wunder, dass sie so verängstigt und einsam ist. Wahrscheinlich macht Mahr Xero auch ihr das Leben schwer. »Mahr Lesara, Ihr haltet immer noch meinen Umhang fest«, sagte er deshalb etwas höflicher. »Es wäre nett, wenn Ihr ihn loslassen könntet. Ich möchte an der Jagd teilnehmen und die fängt jetzt an.«

Mahr Lesara zuckte erschrocken zusammen, als hätte sie gar nicht realisiert, dass sie ihn festgehalten hatte, und ließ los. Ihr Kopf ruckte hoch und zwei dunkelbraune Rehaugen sahen ihn mit einer leichten Panik an. »T-tut m-mir leid!«, stieß sie hervor, drehte sich um und rannte davon, wobei sie mehrmals strauchelte.

Die Arme, dachte Rin Verran, während er sich mit den anderen Teilnehmern der Jagd auf den Weg zum Ufer machte. Wahrscheinlich wäre es am besten, sich schnell jemanden zu suchen, mit dem er auf eine der Nachbarinseln übersetzen konnte. Der Lärm, den die Anwesenden auf dieser mittleren Insel veranstaltet hatten, hatte die meisten Tiere wahrscheinlich weiter nach außen getrieben. Zuerst musste er Habichtfeder aber wieder gegen einen Bogen und einen Köcher Pfeile austauschen.

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Fortsetzung von Dul Caithas Gedichte-Sammlung:

Gedicht 3: Am Festtag sollte der Mensch nicht alleine sein. Freche Kinder zupfen an den Ärmeln. Perlenketten um schlanke Hälse. Zusammen sind zwei Herzen glücklich.

Gedicht 4: Tücher spannen sich über die Brücke. Im Wasser spiegeln sich Pfirsichblüten. Ein roter Fisch durchbricht die Spiegelung. Langsam treiben die Seerosen davon.

Fortsetzung von Rin Jadnas Lieder-Liste:

Lied 2: Turmalin

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