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Kapitel 18: Briefe - Teil 2

Rin Verran hatte sein Zimmer im Sonnen-Palast so sehr vermisst wie die hohen Gräser der Feuerkorn-Steppe. Es tat gut, endlich wieder in seinem Bett zu liegen, das um einiges weicher war als das in der Gämsen-Pagode. Obwohl er so lange weg gewesen war, war alles sauber und ordentlich. Wahrscheinlich hatten einige Diener die Aufgabe bekommen, es regelmäßig zu putzen. Er hatte sich gerade wieder daran gewöhnt, wieder lange schlafen zu können, als eines Morgens auf einmal Rin Raelin reinplatzte.

»Verran!«, schrie er so laut, dass sein Bruder sofort wach war und sich im Bett aufsetzte. Die Sonne war gerade erst aufgegangen, aber da sein Zimmer auf der Westseite des Gebäudes lag, war es noch ziemlich dunkel und er begriff erst nach einigen Sekunden, wer herein gestürmt war.

»Was ist los?«, fragte Rin Verran verschlafen und rieb sich die Augen. Gestern hatten sie bis tief in die Nacht mit Rin Jadna zusammen gesessen und sich Geschichten aus ihrer Zeit in der Gämsen-Pagode erzählt. Eigentlich hatten sie auch Bao Jenko holen wollen, aber er war nirgendwo aufzufinden gewesen. Allgemein wirkte der Junge in letzter Zeit leicht nervös.

»Gilden-Anführer Ghan ist da«, sagte Rin Raelin finster und hämmerte die Faust gegen den Türrahmen. »Er und Vater sitzen gerade zusammen und besprechen etwas.«

»Und was ist so schlimm daran?«, seufzte Rin Verran und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand. Lass mich einfach weiterschlafen...

»Ich habe sie belauscht. Sie wollen Jadna mit Ghan Idos verheiraten.«

Sofort war Rin Verran hellwach. »Was?«

»Du hast richtig gehört! Sie wollen sie miteinander verheiraten!« Rin Raelin schlug wieder mit der Faust gegen die Wand. In seinen Augen brannte eine unbändige Wut. »Unsere Schwester mit diesem arroganten Arschloch!«

»Was? Aber...« Rin Verran verstand das alles nicht. »Warum? Warum sollten sie? Warum jetzt? Warum so plötzlich? Bist du dir sicher, dass du es richtig gehört hast? Warte, du hast ernsthaft gelauscht?«

»Das tut jetzt nichts zur Sache!«, presste Rin Raelin hervor. »Was weiß ich, was in deren Köpfen vorgeht! Ich kann mich nicht verhört haben!« Er stampfte mit dem Fuß auf. »Wir dürfen das nicht zulassen! Hast du vergessen, wie Ghan Idos sich in der Gämsen-Pagode aufgeführt hat? Und der soll jetzt unsere Schwester heiraten? Niemals!«

Rin Verran stand auf und zog sich so schnell er konnte an, während er sagte: »Wie konnte Vater nur auf eine so dämliche Idee kommen? Weiß Jadna überhaupt davon? Warum hat er das hinter ihrem Rücken beschlossen?«

»Sie wäre nicht begeistert davon gewesen, obwohl sie vielleicht nichts gesagt hätte«, grollte Rin Raelin. »Du weißt, wie sie ist. Immer auf Frieden bedacht. Aber das arrogante Arschloch wird sie einfach nur kaputt machen!« Er drehte sich auf dem Absatz um.

»Wo gehst du hin? Was hast du vor?« Rin Verran beeilte sich, hinter ihm her zu kommen.

»Ich gehe da jetzt rein!«

Rin Verran stellte sich erschrocken vor ihn und versperrte ihm mit ausgebreiteten Armen den Weg. »Das kannst du nicht machen! Vater wird wissen, dass du gelauscht hast und zusätzlich auch noch sein Gesicht verlieren, weil du, sein eigener Sohn, dich gegen ihn stellst! Er wird so wütend sein wie noch nie!«

»Soll ich also einfach rumstehen und nichts tun?« Rin Raelin funkelte ihn wütend an. »Geh mir aus dem Weg! Wenn du nicht mitkommen möchtest, dann geh einfach wieder zurück!«

Er wird eine große Dummheit begehen, wenn ich ihn nicht aufhalte! Verzweifelt dachte Rin Verran an alternative Möglichkeiten, diese Verlobung zu verhindern, die ihm ebenfalls überhaupt nicht behagte. Ghan Idos war niemand, der zu Jadna passte. Sie war sanft und bescheiden, während er arrogant und angeberisch war. Er würde sie einfach zerbrechen wie eine dünne Nadel. Es quälte ihn, allein daran zu denken!

»Wrun Lilath!«, fiel Rin Verran plötzlich ein. »Du erinnerst dich doch an sie?«

»Er ist oder war mit ihr zusammen«, knirschte Rin Raelin, sichtlich am Ende seiner Geduld. »Was bringt uns das? Sie können es einfach abstreiten und als enge Freundschaft verkaufen!«

»Du warst da nicht dabei«, erinnerte Rin Verran sich. »Aber nach der Kampf-Prüfung meinten mehrere Schüler, sie hätten sich zu zweit in den Garten zurückgezogen. Du weißt schon. Wenn das wirklich stimmt, wird Vater garantiert nicht zulassen, dass Jadna jemanden heiratet, der bereits mit einer anderen geschlafen hat!«

Rin Raelin presste die Kiefer fest zusammen. »Wenn das stimmt, wird die Verlobung wahrscheinlich wirklich gelöst.«

Erleichtert, dass sein Bruder keine Anstalten mehr machte, sich an ihm vorbei zu drängen, ergriff Rin Verran ihn am Unterarm und zog ihn hinter sich her zurück in sein Zimmer. Sein Blick blieb für einen Moment an Roter Phönix hängen, den Rin Raelin sich tatsächlich umgeschnallt hatte. Wäre er wirklich so weit gegangen, ihn auch zu ziehen? Ein kalter Schauer fuhr über seinen Rücken, aber er sagte nichts dazu. Stattdessen brachte er Rin Raelin dazu, sich zu setzen.

»Wie ist der Plan?«, fragte sein Bruder grimmig.

»Wir können nicht einfach reinplatzen und sagen, was wir wissen«, überlegte Rin Verran laut. »Vater würde wütend sein. Ehrlich gesagt bezweifle ich auch, dass er uns glauben wird. Wir haben keine Beweise.«

Rin Raelin schnaubte. »Als ob er es jemand anderem glauben wird.« Er hielt kurz inne. »Was ist mit Bao Jenko?«

»Wo ist er eigentlich gerade?« Im selben Moment fiel Rin Verran auf, dass die Nervosität seines Freundes sich nur damit erklären könnte, dass er bereits zuvor von der Verlobung gewusst hatte. Kein Wunder, denn er war zum persönlichen Diener des Gilden-Anführers geworden. Vermutlich saß er zusammen mit Rin Baleron und Ghan Kedron in der Flammen-Halle und besprach die Einzelheiten für die Hochzeit. Rin Raelin schien zum selben Schluss gekommen zu sein, denn er ballte die Fäuste.

»Wie konnte er es wagen!«, zischte er. »Ich dachte, wir wären Freunde! Warum hat er uns nichts gesagt?«

Rin Verran konnte es sich auch nicht erklären. Im selben Moment erklang von draußen das Geräusch von Schritten. Eine Person ging über einen der Pfade und hatte es offenbar eilig, zum Haus für die Bediensteten zu kommen. Sofort hetzten beide Brüder zum Fenster und beobachteten, wie Bao Jenko sich aus Richtung der Flammen-Halle entfernte.

»Er kommt mir nicht so leicht davon«, presste Rin Raelin hervor und stürmte so schnell aus dem Zimmer, dass Rin Verran ihn nicht aufhalten konnte. Hastig folgte er ihm in der Hoffnung, ihn vor einer vorschnellen Handlung zu bewahren. Doch als er draußen ankam, hatte Rin Raelin Bao Jenko bereits am Kragen gepackt und stieß ihn grob gegen die Wand des Sonnen-Palastes. Der untersetzte Junge schnappte erschrocken nach Luft und riss fast schon panisch die Augen auf. Unter anderem, weil Rin Raelin Roter Phönix gezogen hatte, auch wenn die Klinge bisher nur zu Boden zeigte.

»Warte!« Rin Verran kam bei ihnen an und packte seinen Bruder am Handgelenk, um seinen Griff um Bao Jenkos Kragen zu lösen, aber es half nicht. »Lass ihn los!«, forderte er. »Er hat dir nichts getan!«

»Nichts getan!« Rin Raelin funkelte Bao Jenko wütend an, der vor Angst kein Wort herausbrachte. »Er hat uns verraten, indem er uns verschwiegen hat, was Vater und Ghan Kedron planen!« Sein Griff wurde sogar noch fester. »Warum hast du uns nichts gesagt?«

»Es... Es tut mir... leid«, röchelte Bao Jenko, dessen Augen sich auf einmal verdrehten.

Rin Raelin erschrak und ließ ihn so plötzlich los, dass er hustend und keuchend zu Boden sackte.

»Es tut dir leid?«, fragte Rin Raelin mit einem drohenden Unterton. »Das ist alles, was du zu sagen hast?«

»Lass ihn doch erstmal durchatmen!«, fuhr Rin Verran ihn an, während er Bao Jenko auf die Beine half. »Und steck deinen Säbel ein!«

Zähneknirschend tat Rin Raelin wie ihm geheißen, funkelte Bao Jenko aber immer noch wütend und mit geballten Fäusten an. »Wie lange weißt du schon von der Verlobung?«

»Seit Gilden-Anführer Rin mich eingestellt hat«, krächzte Bao Jenko und wich so weit zurück wie die Wand des Sonnen-Palastes es ihm ermöglichte.

»So lange!«, wütete Rin Raelin.

»Es tut mir leid! Es tut mir leid!« Bao Jenko hob abwehrend die Arme. »Ich wollte es euch sagen, wirklich! Aber Gilden-Anführer Rin hat es mir verboten. Zuvor habe ich ihn darum gebeten, Nan Fe heiraten zu dürfen, aber er hat abgelehnt und gesagt, dass ich das nur darf, wenn die Hochzeit zwischen Fräulein Rin und Ghan Idos ohne Zwischenfälle stattfindet. Ich durfte euch nichts sagen, weil ihr euch sonst etwas ausdenken würdet, um die Hochzeit zu verhindern. Genauso wenig durfte ich es Fräulein Rin sagen. Es tut mir leid!«

»Nur wegen Nan Fe?«, schnaubte Rin Raelin ungläubig. »Ernsthaft? Wegen irgend so einem Mädchen lässt du zu, dass Jadnas Leben sich in Chaos verwandelt? Du hast doch selbst gesehen, wie Ghan Idos in der Gämsen-Pagode drauf war!«

Bao Jenko senkte den Blick und sah weg. Rin Verran wusste nicht wirklich, was er tun sollte. Er wusste nicht mal, was er getan hätte, wäre er an der Stelle seines Freundes gewesen und wäre es um Arcalla gegangen. Hätte er zu Rin Raelin und Bao Jenko gehalten oder zu ihr? Er wünschte, er würde nie in so eine Situation kommen. Und obwohl er wütend auf Bao Jenko war, hatte er gleichzeitig auch Mitleid.

»Warum überhaupt das alles?«, fragte er vorsichtig. »Warum diese Verlobung? Was bringt das?«

»Fräulein Rin ist schon zwanzig, aber immer noch unverheiratet«, erklärte Bao Jenko ohne aufzusehen. »Gilden-Anführer Rin macht sich Sorgen um sie. Und allgemein ist er auch nicht begeistert davon, dass sie eine Musikschule eröffnet hat und sich mit den armen Kindern der umliegenden Dörfer abgibt. Er meint, dass das zu viel Geld kostet und gleichzeitig ein schlechtes Licht auf die Rin-Gilde wirft. Also hat er bei den anderen Gilden herumgefragt, ob einer der Söhne der Gilden-Anführer vielleicht gewillt wäre, sie zu heiraten.«

»Aber warum ausgerechnet Ghan Idos!«, wütete Rin Raelin. »Warum ausgerechnet er? Warum nicht jemand anderes! Jemand, der besser zu ihr passt!« Er ballte wieder seine Fäuste. »Es gibt doch so viele andere!«

»Die Ghan-Gilde ist die mächtigste der fünf großen Gilden«, sagte Bao Jenko vorsichtig. »Er wäre eine gute Partie.«

»Eine gute Partie, meine Fresse!«, schrie Rin Raelin. Es sah schon so aus, als würde er sich gleich auf seinen Freund stürzen, doch im letzten Moment drehte er sich um und stampfte einfach heftig mit dem Fuß auf. »Vater ist zu weit gegangen!« Er fuhr wieder herum. Sein ausgestreckter Zeigefinger blieb nur eine Haaresbreite vor Bao Jenkos Nasenspitze stehen. »Und du auch!«

»Mit einem hatte Vater recht. Wir werden nicht zulassen, dass sie ihn heiratet«, sagte Rin Verran und sah Bao Jenko ernst an. »Sie ist unsere Schwester und verdient jemanden wie Ghan Idos nicht.«

»Was habt ihr vor?«, fragte Bao Jenko erschrocken und krallte seine Finger in Rin Verrans Ärmel. In seinen Augen glitzerten tatsächlich Tränen und auf seinem Gesicht war ein heftiger Schmerz geschrieben. »Bitte! Sagt ihm nicht, dass ich es euch erzählt habe! Er wird... Ich möchte... Ich möchte Nan Fe nicht verlieren! Bitte!«

Rin Verran war hin und her gerissen. Er hatte seinen Freund noch nie so verzweifelt gesehen und brachte es nicht übers Herz, seinen Griff zu lösen. Doch Rin Raelin schien fest entschlossen zu sein. Wütend riss er Bao Jenko am Kragen von seinem Bruder weg und hämmerte ihn wieder gegen die Wand.

»Du bist selber Schuld, wenn du Nan Fe über unsere Freundschaft stellst!«, zischte er ihm direkt ins Gesicht. »Denkst du wirklich, Vater hätte dir erlaubt, sie zu heiraten, wenn alles vorbei ist? Das sind doch alles nur leere Versprechen! Er hat dich gerade erst eingestellt! Als ob er dich so schnell gehen lassen würde!«

Bao Jenkos Mund klappte auf und wieder zu ohne dass er etwas gesagt hatte. Mit glitzernden Augen starrte er Rin Raelin verzweifelt an und wehrte sich nicht, als dieser ihn grob zu Boden stieß. Er hob nicht mal den Kopf, stützte sich nur mit den Händen ab, um nicht nach vorne zu fallen.

Rin Verran brach es das Herz, seinen Freund so zu sehen, aber Rin Raelin hatte recht. Sein Vater hätte nie zugelassen, dass sein persönlicher Diener so schnell seine Seite wieder verlässt und Bao Jenko war auf seine leeren Versprechen reingefallen. Dabei hätte er wissen müssen, dass Rin Baleron so war. Immer darauf bedacht, das Beste für sich zu haben und vor den anderen zu glänzen. Rin Jadnas Verlobung mit Ghan Idos brachte ihm Ruhm und Ansehen und es war ihm egal, was seine Tochter davon hielt.

Er schaute zu Rin Raelin, der Bao Jenko immer noch wütend anstarrte und schließlich kommentarlos wegging, den Jungen einfach am Boden zurückließ. Rin Verran biss die Zähne zusammen und folgte ihm etwas steif ohne einen weiteren Blick nach hinten zu werfen. Die Sonne war bereits höher gestiegen und der Schatten der Flammen-Halle war kürzer geworden, aber immer noch war niemand dort raus gekommen. Wahrscheinlich redeten Rin Baleron und Ghan Kedron weiterhin miteinander.

»Was machen wir jetzt?«, fragte Rin Verran, als Rin Raelin in seinem Zimmer verschwand. Er schloss die Tür hinter sich, damit niemand mitbekam, worüber sie redeten. Rin Jadnas und Rin Naremas Zimmer waren zwar im zweiten Stock, aber man wusste nie.

»Wir gehen zum Krähen-Palast«, sagte Rin Raelin und starrte ihn herausfordernd an.

»Warum zum Krähen-Palast?« Er stockte. »Und wie wirst du das Vater erklären?«

»Wir werden sagen, dass wir für eine Weile als Feuerwächter in einem abgelegenen Dorf arbeiten werden«, sagte sein Bruder grimmig. »Da wird er bestimmt nichts gegen haben. Seine zwei Söhne melden sich freiwillig, um irgendein Dorf zu beschützen. Das wird seinen Ruf nur verbessern. Das einzige, worum er sich wirklich sorgt!«

»Aber warum der Krähen-Palast? Was hast du vor?«

Statt ihm zu antworten, ging Rin Raelin zum Tisch hinüber, nahm ein Blatt Papier und begann, etwas darauf niederzuschreiben. Neugierig trat Rin Verran neben ihn.

»Das ist nicht deine Schrift«, stellte er fest.

»Nein, das ist die Schrift von Wrun Lilath«, sagte Rin Raelin ohne in seiner Schreibbewegung inne zu halten.

»Du kannst Schriften fälschen?«

»Wenn man den Bogen raus hat, geht das ganz schnell«, meinte Rin Raelin mit einem grimmigen Unterton. Seine Stirn war vor Konzentration gerunzelt. »Ich habe so oft von verschiedenen Leuten abgeschrieben, dass ich fast alle Handschriften kenne. Der Rest ist nur eine Sache der Übung.«

»Was schreibst du?« Rin Verran beugte sich über den Tisch und las die Zeilen. Mit jedem Wort weiteten sich seine Augen immer mehr. »›Ghan Idos hat meine Jungfräulichkeit geraubt und daher verlange ich die Auflösung seiner Verlobung mit Rin Jadna‹?«

Rin Raelin hielt inne. »Hast du einen anderen Vorschlag, was eine junge Frau schreiben könnte, die eifersüchtig ist?«

Rin Verran setzte sich neben ihn. Nach kurzem Überlegen nickte er. »Fang ein neues Blatt an. Ich diktiere dir.«

Zusammen schafften sie es, einen Brief zu schreiben, den vermeintlich Wrun Lilath geschrieben hatte. Natürlich würden sie ihn nicht unterschreiben, aber auch so sollte dem Empfänger klar sein, dass Ghan Idos wohl doch nicht so rein und unschuldig war, wie seine Eltern vielleicht glaubten. Es gehörte sich nicht, jemanden als eine gute Partie auszugeben, der zuvor schon eine Affäre mit anderen Frauen gehabt hatte. Zuerst hatte Rin Verran nicht verstanden, warum Rin Raelin den Brief ausgerechnet vor dem Krähen-Palast der Ghan-Gilde ablegen wollte, aber allmählich verstand er, dass der Plan so besser klappen würde.

Rin Baleron würde es garantiert nicht kümmern, ob Ghan Idos jetzt wirklich zuvor eine Affäre hatte oder nicht. Für ihn zählte allein die Tatsache, dass er aus der Ghan-Gilde kam. Er würde höchstens sein Bestes tun, um den Brief zu zerstören und niemanden davon wissen zu lassen. Ghan Kedron hingegen würde die Sache ernst nehmen und sich bei Rin Baleron für das Verhalten seines Sohnes entschuldigen. Mit großer Wahrscheinlichkeit würde er die Verlobung auch auflösen und Ghan Idos stattdessen ausfragen, wer diese rätselhafte Frau aus dem Brief war, damit er sie heiratete wie es sich gehörte, wenn man ihr die Jungfräulichkeit raubte. Der Anführer der Ghan-Gilde war zwar genauso arrogant und hochnäsig wie seine Söhne – laut Rin Raelins Erzählungen jedenfalls –, aber er war auch streng und griff hart durch, wenn es etwas gab, das ihm nicht gefiel. Dabei ging es ihm auch nicht um seinen Ruf, der ohnehin schon schlecht war, sondern um das Einhalten aller moralischen Regeln und des Kodexes. Als angenehmer Nebeneffekt würde Ghan Idos also auch noch sehr viel Ärger von seinem Vater bekommen.

»Gehen wir«, sagte Rin Raelin, nachdem er den letzten Satz beendet hatte, und steckte den zusammengefalteten Brief in die Innentasche seines schwarzen Überwurfs. »Vater ist bestimmt noch in der Flammen-Halle. Wenn wir vor den Augen von Gilden-Anführer Ghan vorschlagen, als Feuerwächter auszuhelfen, kann er es uns nicht abschlagen.«

»Machst du dir keine Sorgen, dass Bao Jenko ihm verraten könnte, dass wir eigentlich weg wollen, um die Verlobung zu verhindern?«, fragte Rin Verran.

Sein Bruder funkelte ihn an. »Wird er nicht. Er ist ein Angsthase, falls du es noch nicht bemerkt hast. Er wird sich verzweifelt an die Möglichkeit klammern, dass doch noch alles gut wird und er Nan Fe heiraten kann.« Rin Raelin schnaubte. »Das hat er davon, uns nichts zu erzählen.«

»Er tut mir trotzdem leid«, gab Rin Verran zu. »Er hat uns in der Gämsen-Pagode so oft ausgeholfen. Es ist grausam, was wir ihm jetzt antun.«

»Grausam?« Rin Raelin lachte auf, doch es klang nicht fröhlich, sondern irgendwie verzweifelt. »Ist es nicht grausam, seinen Freunden Sachen zu verschweigen, die ihr Leben verändern könnten? Stell dir vor, ich hätte das Gespräch nicht mitgehört! Wir hätten erst davon erfahren, wenn es zu spät wäre!« Er blickte seinen Bruder ernst an. »Jadna verdient es nicht, so behandelt zu werden! Und jetzt komm!«

Rin Verran biss die Zähne zusammen und atmete tief durch, bevor er Rin Raelin hinaus folgte. Die ersten Diener und Anhänger der Rin-Gilde waren zwar schon unterwegs, aber sie versammelten sich vor allem im Badehaus oder in der Küche, um schonmal das Essen für den heutigen Tag vorzubereiten. Während sie in Richtung Flammen-Halle gingen, fiel Rin Verrans Blick auf die Stelle, wo sie Bao Jenko zurückgelassen hatten. Er war nicht mehr da, war wahrscheinlich ins Haus der Bediensteten zurückgekehrt. Er wollte sich nicht vorstellen, wie sein Freund sich gerade fühlte. Wahrscheinlich einfach nur schrecklich.

Vor der Flammen-Halle waren zwei bewaffnete Erzwächter postiert, die ihnen im ersten Moment den Weg versperren wollten, bis ihnen auffiel, dass es die Söhne des Gilden-Anführers waren. Etwas unschlüssig schauten sie einander an. Wahrscheinlich versuchten sie, sich mit Blicken zu einigen, ob sie sie durchlassen sollten oder nicht, aber da war es schon zu spät. Rin Raelin stieß das Tor zur Halle auf und trat ein. Rin Verran folgte ihm.

Im Inneren saß ihr Vater am hintersten Tisch, neben ihm erstaunlicherweise Rin Narema. Als sie sahen, wer reingekommen war, verstummten sie sofort und richteten ihre brennenden Blicke auf die beiden jungen Männer. Rin Verran fühlte sich sogleich unwohl. Rin Narema weiß es also auch... Aus dem Augenwinkel sah er zwei Männer in den grauen Gewändern der Ghan-Gilde sitzen. Einer von ihnen hatte das Kinn stolz erhoben und strahlte ein ähnliches Selbstbewusstsein aus wie Ghan Idos damals in der Gämsen-Pagode. Über seine Schultern war ein prächtiger Mantel geworfen. Wahrscheinlich war das Ghan Kedron. Der andere Mann wirkte bis auf eine Narbe über dem rechten Auge eher unauffällig und hielt sich zurück. Wer das war, wusste Rin Verran nicht.

»Was wollt ihr?«, fragte Rin Narema sofort in einem scharfen Tonfall. »Wer hat euch reingelassen? Schlafen die da draußen etwa?«

»Wir werden nicht weiter stören«, sagte Rin Raelin. Seine Stimme war erstaunlich ruhig und beherrscht, obwohl in seinem Inneren ein heftiger Sturm wütete. Er zwang sich dazu, die Hände zu entspannen, das Gesicht ausdruckslos zu lassen. Als wüsste er nichts. Als hätte er keine Ahnung, was seine Eltern hinter seinem Rücken planten. »Wir wollten darum bitten, als Feuerwächter in ein Dorf auf der anderen Seite des Fernen Stroms gehen zu können, um mehr Erfahrung zu sammeln.«

»Ihr beide?« Rin Naremas Augenbrauen zogen sich zusammen, doch bevor sie etwas einwenden konnte, wurde sie von ihrem Ehemann unterbrochen.

»Meine Söhne sind wirklich vorbildlich«, sagte Rin Baleron. Es war offensichtlich, dass die Worte nicht nur an sie, sondern insbesondere an Ghan Kedron gerichtet waren, der die Szene neugierig beobachtete. »Sorgen sich immer um das Wohlergehen der einfachen Menschen. Sehr lobenswert.«

»Bestimmt werden sie nach einigen Monaten als Feuerwächter auch endlich ihren ersten Kampf gewinnen«, meinte Ghan Kedron. Der Dorn in diesen Worten war eindeutig auf die beiden jungen Männer und den Vorfall im Waldarbeiterlager gezielt. Mittlerweile wussten alle, dass sie damals den Kampf nicht nur verloren, sondern die Arbeiter auch nicht vor den Flammen hatten retten können. Die einen lobten sie, weil es schließlich die Drachenklauen gewesen waren und sie trotzdem mit ihren Leben davongekommen waren. Andere kritisierten sie für ihre Schwäche und Unfähigkeit, was besonders Rin Baleron überhaupt nicht gefiel.

»Sie werden sich Mühe geben«, sagte Rin Baleron und sah seine beiden Söhne auffordernd an.

»Werden wir«, bestätigte Rin Verran an Stelle seines Bruders, der genug damit zu tun hatte, seine Wut unter Kontrolle zu halten. Wir verstoßen gegen den Kodex, dachte er gleichzeitig. Lüge nicht. Und wir lügen. Aber es ist für Jadna.

»Dann geht jetzt«, befahl sein Vater. »Wir haben noch wichtige Sachen zu besprechen.«

Rin Narema warf ihm einen entgeisterten Blick zu, aber in Anwesenheit von Ghan Kedron wagte sie es nicht, die Stimme gegen ihren Ehemann zu erheben. Also schwieg sie und starrte Rin Raelin und Rin Verran nur mit funkelnden Augen an. Als wolle sie ihnen wortlos etwas mitteilen.

Wahrscheinlich, dass wir uns nicht blamieren sollen, dachte Rin Verran, während er sich verbeugte und seinen Bruder dann am Ärmel zupfte, damit sie die Flammen-Halle zusammen verließen. Wenn rauskommt, was wir vorhaben, werden wir nicht nur uns, sondern die ganze Rin-Gilde blamieren...

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