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Kapitel 114: List - Teil 3

Als Rin Verran sich mit triefend nasser Kleidung aus dem Knochenbrecher zog, der hier, etwas weiter südlich, noch nicht so heftig wütete, fühlte er sich vollkommen ausgelaugt. Das einzige Positive daran war, dass Mehn Wudu und die anderen seinen Schlafmangel auf die Nervosität schoben, was teilweise ja auch stimmte. Nur war er nicht nervös, weil bald der gesamte Krähen-Palast brennen würde, sondern weil genau das hoffentlich nicht passieren würde. Aber der Plan... Wenn die Drachenklauen auch nur eine Kleinigkeit vermuteten, war es aus. Nicht nur für ihn – sie würden ihn ohne Zweifel töten –, sondern auch für Sun Shimei.

»Wir müssen uns weiter südlich halten«, bemerkte Dia Nemesis trocken. »Sonst könnten wir den Erzwächtern der Ghan-Gilde über den Weg laufen.« Sie warf Rin Verran einen feindseligen Blick zu. »Und wir werden besser sehen können, ob uns jemand folgt. Das Land ist dort flacher.«

Mehn Wudu nickte zustimmend und schien den Blick gar nicht bemerkt zu haben. Er sah nur besorgt zu Mehn Zairda hinüber, die sowohl von Se Laf als auch von Va Dalja gestützt wurde. Rin Verran fragte sich, warum sie überhaupt mitgekommen war. Einerseits konnte er verstehen, dass Mehn Wudu sie unmöglich alleine in der Gämsen-Pagode zurücklassen konnte, aber sie ganz bis zum Krähen-Palast mitzunehmen? Er wollte es zwar nicht aussprechen, aber sie war offensichtlich eine Last, sah sogar noch mitgenommener aus als er es sich vorgestellt hatte. Warum konnte sie nicht mit Se Laf und Va Dalja irgendwo warten? War es Mehn Wudu wirklich so wichtig, dass sie die Rache ebenfalls mitbekam? Rin Verran bezweifelte, dass sie dazu überhaupt in der Lage war.

Mehn Zairdas Augen starrten ununterbrochen ins Leere und sie blinzelte so unnatürlich langsam, dass es fast schon gruselig war. Ihre Schritte waren schleppend. Die Finger krallten sich regelmäßig in den Stoff ihrer weiten Hose, die sie so jedoch nur auswrang. Ab und zu öffnete sie den Mund und murmelte etwas Unverständliches. Sie tat Rin Verran einfach nur leid. Besonders, da sie trotz allem immer noch eine Peitsche an ihrem Gürtel trug, die offenbar ihr Herzstück war.

Wegen Mehn Zairda kamen sie nur langsam voran. Jede Nacht verbrachten sie auf der eisigen Erde, die mit jedem Tag kälter wurde. Bald würde der Herbst einbrechen, was auch schon ab und zu an den Bäumen zu sehen war. Einige ihrer Blätter färbten sich bereits gelb.

Als sie am Rotapfel-Berg vorbeikamen, trennte sich Dia Nemesis kurzzeitig von ihrer Gruppe. Sie verkleidete sich nicht, um die kleine Farm an seinem Fuß zu betreten, wo Ghan Leddan anscheinend die Antwort seines Neffen entgegengenommen hatte. Rin Verran vermutete, dass das auch die Farm war, auf der die Drachenklauen sich vor ihrem Angriff auf Muwam versteckt hatten. Gab es dort jemanden, der mit ihnen zusammenarbeitete? Vermutlich.

»Wez Britta«, sagte Mehn Wudu, der seine Gedanken offenbar gelesen hatte.

Rin Verran horchte auf. Wez wie Wez Yumaton?

»Sie war früher die Mätresse von Gilden-Anführer Ghan, dem Vater von Ghan Kedron und Ghan Leddan«, erklärte Mehn Wudu. »Sie hat ihm sogar zwei Söhne geboren. Aber sie waren unehelich. Gilden-Anführer Ghan wollte seine Mätresse loswerden, bevor sie mit irgendwelchen Intrigen versucht, einen ihrer Söhne zum Erben zu machen.« Er rieb sich die Schläfen. »Erst im Nachhinein habe ich verstanden, dass er unseren Schleier des Vergessens nur haben wollte, um sie aus dem Weg zu räumen. Er hat ihn nach der Auslöschung meiner Gilde mitgenommen und Wez Britta verabreicht. Dann hat er sie zusammen mit ihren Söhnen in diesem Dorf ausgesetzt und ihr die Beine gebrochen, damit sie nirgendwo mehr hingehen kann. Sie weiß nicht, dass wir die Drachenklauen sind. Aber sie freut sich, wenn sie Ghan Leddan und seinen Freunden helfen kann. Er war derjenige, der ihr früher immer Essen und Geld gebracht hat, damit sie überlebt.«

»Ihr nutzt ihre Unwissenheit aus?«

Mehn Wudu zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Sie hat es verdient.«

Wenig später kam Dia Nemesis zurück. In der Hand hielt sie einen Zettel, den sie Mehn Wudu gab. »Ghan Shedor hat dem Treffen nicht nur zugestimmt, sondern er wird auch noch ein großes Fest veranstalten, um Ghan Leddan willkommen zu heißen. Es werden sehr viele Gilden anwesend sein. Sie müssen aber natürlich auch erst noch anreisen. Das gibt uns mehr Zeit.«

Mehn Wudu nickte zustimmend, während er die Nachricht las. Dann zerriss er sie und verstreute die Fetzen auf dem Boden, wo sie vom Wind sogleich in alle Richtungen fortgeweht wurden. Rin Verran unterdrückte den Instinkt, nach einem davon zu greifen. Vermutlich stand noch mehr in dieser Nachricht – wie der geheime Zugang zum Krähen-Palast –, aber offenbar hörte Mehn Wudu diesmal auf Dia Nemesis und ließ ihn nicht zu viel wissen.

Es vergingen weitere vier Tage, bis sie zum Rand des Silbermistel-Waldes kamen. Unwillkürlich fühlte Rin Verran sich an die Nacht erinnert, in der er mit Rin Raelin den gefälschten Brief hierher gebracht hatte. Das war schon so lange her... Und auch jetzt schlugen sie sich durch das Unterholz des Waldes statt die breite Straße zu benutzen. Va Dalja hatte sich ein schwarzes Gewand über ihr Kleid gezogen, damit das helle Weiß und das grelle Rot nicht so stark auffielen. Mit einem etwas mulmigen Gefühl im Bauch sah Rin Verran hinüber zu Mehn Zairda, die mittlerweile nur noch von Se Laf gestützt wurde. Sie ging aufrechter und ihre Augen waren klarer als die Tage zuvor. Vermutlich lag es daran, dass Se Laf ihr nicht mehr so oft den Schleier des Vergessens verabreichte. Normalerweise hatte sie das jeden Morgen, Mittag und Abend getan, doch jetzt beschränkte sie sich nur noch auf ersteres. Irgendwas daran war Rin Verran ungeheuer. Vielleicht die Tatsache, dass Mehn Zairda viel zu oft nach ihrer Peitsche griff und ihre Hand dann von Se Laf gelöst werden musste.

»Wir warten die Nacht über hier«, befahl Mehn Wudu schließlich, sobald sie nah genug an der schwarzen Mauer waren, die den Krähen-Palast umgab. »Dia Nemesis, du übernimmst die erste Wache, dann Va Dalja, Jin Gajin und Se Laf. Ich übernehme die letzte.«

Rin Verran entging keineswegs, dass er nicht unter den Aufgelisteten war.

»Morgen werden wir reingehen«, fuhr Mehn Wudu fort.

»Hoffentlich wird man uns mit Freuden begrüßen«, sagte Jin Gajin, wie immer mit dem unnatürlichen Lächeln im Gesicht.

»Das wird man bestimmt.«

Während die kleine Gruppe sich zwischen die Wurzeln einer ungewöhnlich großen Buche setzte, sah Rin Verran in die nächtliche Dunkelheit des Waldes hinein. Es war fast, als würde ihn von dort aus jemand beobachten, was natürlich nicht sein konnte. Nicht sein sollte. Bevor Dia Nemesis darauf aufmerksam werden konnte, wandte er den Blick wieder ab und schaute zu Mehn Zairda. Sie lag in den Armen von Mehn Wudu, der ihr leise etwas ins Ohr flüsterte und sie sachte hin und her wiegte.

Es muss einen Grund geben, aus dem er sie mitgenommen hat. Nur welcher ist es? Nur, damit sie mitbekommt, dass die Rache erfolgreich war? Oder damit die Gilden sehen, was sie verursacht haben, bevor alles in Flammen aufgeht? Ein Schauer fuhr ihm über den Rücken, als Mehn Zairda erneut nach ihrer Peitsche griff und Mehn Wudu dieses Mal viel mehr Kraft aufwenden musste, um ihre Finger davon zu lösen. Ist sie für ihn nur noch eine Waffe? Eine Verrückte, die er nach seinem Willen manipulieren kann? Aber er liebt sie doch...

Als die Sonne im Osten wieder aufging und der Himmel sich allmählich in ein leuchtendes Orange verwandelte, weckte Mehn Wudu alle auf und bedeutete ihnen, ihm zu folgen. Er führte sie an der schwarzen Mauer entlang, wobei er regelmäßig mit einem Fingerknöchel gegen die Steine schlug und dabei leise zählte. Rin Verran versuchte, sich alles zu merken, aber immer wieder kam Dia Nemesis in sein Sichtfeld, sodass er mit den Zahlen durcheinander kam. Irgendwann gab er es auf.

»Hier ist es«, sagte Mehn Wudu schließlich. Er sah sich suchend um, bis er einen dünnen Ast entdeckte, der anscheinend für seine Zwecke passte. Nachdem er ihn in der Mitte durchgebrochen hatte, steckte er ihn in eine Spalte zwischen zwei Mauersteinen. Es gab ein leises Klicken und mehrere Schritte weiter klappte ein Teil des Bodens auf einmal nach unten. Mehn Wudu zog den Zweig wieder raus und ging zu dem Geheimgang, der sich geöffnet hatte.

Rin Verran wollte ihm gerade folgen, als er über seine eigenen Füße stolperte und fast hingefallen wäre. Gerade noch rechtzeitig konnte er sich an der Mauer abstützen, womit er sich einen fragenden Blick von Dia Nemesis einfing. Die Frau packte ihn grob an den Schultern, sah prüfend hinüber zu dem Loch zwischen den Mauersteinen, das auffällig nah an seiner Stolpertstelle war, und schob ihn grob nach vorne, als sie nichts Verräterisches entdeckte.

Mehn Wudu, Jin Gajin und Va Dalja waren bereits durch den engen, unterirdischen Tunnel auf die andere Seite gekrochen und Se Laf war gerade dabei, Mehn Zairda zu helfen.

»Du zuerst«, forderte Dia Nemesis, als auch die zwei Frauen es geschafft hatten.

»Misstraust du mir immer noch?«, fragte Rin Verran in einem leicht provozierenden Ton.

»Warum sollte ich dir trauen?«, hielt sie dagegen und legte eine Hand auf den Schwertknauf. »Mach schon.«

Gehorsam hüpfte Rin Verran runter, wobei er mit seinem Umhang so viel Staub, Laub und kleine Zweige aufwirbelte, dass Dia Nemesis hustend einen Schritt zurückwich. Zufrieden mit sich selbst legte er sich auf den Bauch und kroch unter der Mauer hindurch, wobei er sich mit den Armen nach vorne zog. Dieser Gang wurde anscheinend fast gar nicht benutzt und entsprechend viele Insekten und andere Viecher hatten hier ihre Nester gebaut. Zwar hatten die Drachenklauen vor ihm schon den Großteil der Spinnennetze mitgerissen, aber als er auf der anderen Seite wieder auf die Beine kam, klebten trotzdem einige der dünnen Fäden in seinen Haaren.

Der Geheimgang war gut versteckt. Umgeben von dichten Sträuchern, die anscheinend auch im Winter Blätter trugen. Von hier aus konnte er unmöglich sagen, in welchem Teil des Gartens sie sich befanden. Aber Mehn Wudu schien das genau zu wissen. Als Dia Nemesis sich ebenfalls wieder aufrichtete, schloss er den Tunnel, indem er den Zweig in ein Loch auf dieser Seite der Mauer steckte, und schlug gezielt eine Richtung ein. Immer hinter den Büschen und Sträuchern, bis er zwischen zweien von ihnen hindurch tauchte und an der hinteren Wand eines Schuppens stehen blieb. Er hatte keine Fenster, also konnte sie, selbst wenn jemand darin wäre, niemand sehen. Vorsichtig lugte Mehn Wudu um die Ecke und Rin Verran tat es ihm unter den wachsamen Blicken der anderen nach.

Jetzt wusste er, wo sie sich befanden. Dies war der südliche Teil des Gartens, den er immer von seinem Zimmer aus gesehen hatte, als er noch Ghan Shedors Leibwächter gewesen war. Er kannte die prächtigen Heckenrosen und Himbeersträucher, die jetzt jedoch weder blühten noch Früchte trugen. In der Mitte der Wiese gab es einen kleinen Teich, in dem farbige Fische umher schwammen. Hierhin war Rin Veyvey immer mit Rin Kahna gegangen, damit das kleine Mädchen im Gras hatte umherkrabbeln können.

Sein Blick wanderte hinüber zu dem Fenster im dritten Stock, das du seinem Zimmer gehörte. Zu seiner Überraschung brannte darin Licht und er sah kurz einen Schatten vorbeihuschen. Also hatte Feng Hamid recht und sie ist wirklich in den Krähen-Palast gezogen. Weiß sie schon, dass ich nicht tot bin? Bestimmt...

»Zwei Erzwächter«, murmelte Mehn Wudu und riss ihn aus seinen Gedanken. »Einer nahe der Versammlungshalle, der andere beim Seiteneingang.«

Letzteren hatte Rin Verran schon gesehen – er stand vor der Tür, durch die man den Garten betreten konnte –, aber der andere war hinter den ganzen Büschen und Sträuchern kaum sichtbar. Es war vermutlich nur seinen auffälligen, roten Haaren zu verdanken, dass Mehn Wudu den Mann überhaupt entdeckt hatte. Er hatte anscheinend die Aufgabe, die Versammlungshalle von außen zu bewachen und ging gemächlichen Schrittes um sie herum. Jetzt gerade verschwand er um die Ecke, doch bestimmt würde er bald wieder auftauchen.

»Ist der am Seiteneingang nicht egal?«, flüsterte Va Dalja. »Wir müssen ihn nicht töten.«

»Er wird uns sehen, sobald wir hinter dem Schuppen hervor kommen«, hielt Mehn Wudu dagegen. »Es liegt an dir, ob du ihn tötest oder nicht.«

Rin Verran wusste nicht, ob er sich täuschte, als Va Dalja sich auf die Lippen biss. Dann zog sie jedoch das schwarze Gewand aus, sodass ihr farbiges Kleid zum Vorschein kam, und verschwand zwischen den Büschen. Kurz darauf tauchte sie an einer anderen Stelle wieder auf und tanzte mit leichten Schritten über die Wiese. Natürlich wurde der Erzwächter sofort auf sie aufmerksam, richtete sich auf und legte eine Hand aufs Schwert. Allerdings schien er nicht wirklich zu wissen, was er von dieser hübschen, tanzenden Frau halten sollte. Währenddessen kam Va Dalja ihm immer näher. Direkt vor ihm blieb sie stehen und streckte eine Hand nach ihm aus, strich ihm zärtlich über die Schultern und Arme. Der Erzwächter war sichtlich verwirrt.

Was tut sie da? Rin Verran wollte gerade den Blick abwenden, als der Erzwächter Va Dalja plötzlich mit einer Hand festhielt und mit der anderen Anstalten machte, sein Schwert zu ziehen. Dann passierte alles blitzschnell. Etwas blitzte in der Luft auf, rotes Blut quoll aus der Kehle des Mannes hervor und tropfte auf Va Daljas Kleid. Es wurde von dem Stoff sofort aufgesogen, während die Frau sich mit zerknirschtem Gesicht an ihn klammerte und ihn über die Wiese zu den Büschen zerrte. Es dauerte nicht lange, bis sie zurückkehrte.

»Was ist passiert?«, fragte Se Laf, die Mehn Zairda gleichzeitig so drehte, dass sie das Blut nicht sah.

»Er hat mich erkannt«, antwortete Va Dalja kurz angebunden. »Die Broschüren.«

»Er hätte dem Tod mit einem Lächeln entgegenblicken sollen«, meinte Jin Gajin.

»Dem zweiten Erzwächter können wir nur ausweichen, wenn wir schnell genug sind«, erklärte Mehn Wudu und wandte sich zu Rin Verran um. »Wie gut kannst du klettern?«

Das Lächeln kam wie von selbst. »Ziemlich gut.«

Mehn Wudu nickte zufrieden. »Wir werden in drei Gruppen gehen. Jin Gajin und ich zuerst. Se Laf und Va Dalja, ihr helft Zairda. Dia Nemesis...«

Die muskulöse Frau begegnete Rin Verrans Blick. Ihr ausdrucksloses Gesicht zeigte nicht, ob sie die Zuteilung gut oder schlecht fand. Es war offensichtlich, dass sie ihm immer noch nicht traute. Aber sie würde ihn nicht einfach töten und hier zurücklassen, oder?

»Gehen wir.« Mehn Wudu und Jin Gajin verließen die Deckung hinter dem Schuppen, rannten die kurze Strecke bis zu den nächsten Büschen und tauchten erst wieder auf, als sie zur Wand der Versammlungshalle hechteten. Dort nutzen sie die unebenen Steine und kunstvoll eingemeißelten Verzierungen, um aufs Dach zu klettern. Gerade noch rechtzeitig zog Jin Gajin seinen Fuß über die Kante, bevor der Erzwächter wieder um die Ecke kam. Doch er schaute sowieso nicht nach oben, sondern machte nach einiger Zeit kehrt und ging zurück.

Se Laf, Va Dalja und Mehn Zairda brauchten länger. Der Erzwächter ging zwei Runden, bevor alle drei Frauen auf dem Dach ankamen. Das nun blutbefleckte Kleid von Va Dalja leuchtete hell im Licht der aufgehenden Sonne, doch es gab niemanden, der es sehen konnte.

»Worauf wartest du?«, fragte Dia Nemesis Rin Verran grob.

Er antwortete nicht, sondern machte sich einfach auf den Weg. Zwischen den letzten Sträuchern und der Versammlungshalle mussten sie jedoch nochmal anhalten, da der Erzwächter auf halbem Weg kehrt gemacht hatte und jetzt den Boden absuchte. Offenbar war ihm etwas aus der Tasche gefallen. Rin Verran fragte sich gerade, was genau das denn sein sollte, als er ihn auf einmal entdeckte. Einen Ring, der nur wenige Schritte von ihm entfernt im Gras lag. Viel zu nah. Besorgt wechselte er einen Blick mit Dia Nemesis, deren Gesicht sich verfinsterte, als sie das Schmuckstück ebenfalls sah. Wenn sie sich jetzt bewegten, würden sie die Aufmerksamkeit des Erzwächters unweigerlich auf sich lenken. Aber er würde sie ohnehin sehen, sobald er kam, um den Ring aufzuheben, was jeden Moment geschehen konnte.

Vom Dach aus schienen die anderen ebenfalls bemerkt zu haben, dass etwas nicht stimmte. Mehn Wudu winkte Jin Gajin zu, der daraufhin näher zum Rand rutschte. Der Dolch in seiner Hand blitzte kurz auf, bevor er sich von hinten in den Hals des Erzwächters bohrte. Dieser gab nur ein leises Röcheln von sich und kippte dann nach vorne. Dia Nemesis war sofort zur Stelle, um seinen Körper aufzufangen und zu verhindern, dass zu viel Blut auf das Gras spritzte. Sie trug ihn in die Büsche und legte ihn dort ab, wo sie sich zuvor noch versteckt hatte. Als sie zurückging, nahm sie Jin Gajins Dolch mit, während Rin Verran den Ring des Erzwächters aufhob. Er war ziemlich schlicht, doch auf der Innenseite war der Name ›Ju Petra‹ und ein Herz eingraviert. Mit einem schlechten Gewissen warf er den Ring in den Strauch und folgte Dia Nemesis hastig, die bereits dabei war, nach oben zu klettern. Für ihn selbst war der Aufstieg eine Leichtigkeit. Obwohl es schon länger her war, dass er irgendwo hoch geklettert war, erinnerte sein Körper sich noch genau daran, wie er die Hände und Füße setzen musste.

»Bleibt im toten Winkel«, flüsterte Mehn Wudu ihnen zu und winkte sie näher zu sich. Dort grenzte das Dach der Versammlungshalle an die Wand des Krähen-Palastes, der noch zwei Stöcke höher war. Zwar gab es auf dieser Seite Fenster, doch wenn sie nah genug an der Mauer blieben, würde man sie nicht sehen. Es sei denn, jemand öffnete eines davon und beugte sich weit hinaus, aber warum sollte das jemand tun?

Das Dach selbst bestand aus Schieferplatten, die locker ineinander verschachtelt waren. Rin Verran musste aufpassen, nicht versehentlich eine von ihnen loszutreten, sodass sie hinunter schlitterte, aber sobald er auf dem oberen, flachen Teil des Daches angekommen war, hatte er das Problem nicht mehr. Stattdessen musste er darauf achten, nicht zu nah an das Loch zu kommen, das Mehn Wudu und Jin Gajin freigelegt hatten. Es war gerade groß genug, um das Innere der Versammlungshalle beobachten zu können.

Die Vorbereitungen für das Fest waren bereits in vollem Gange. Diener huschten hin und her, stellten neue Tische auf und brachten Besteck und Gläser. Lange Stoffbahnen mit prächtigen Mustern wurden aufgehängt und Vasen mit Blumen überall verteilt. In einer Ecke redete ein Anhänger der Ghan-Gilde auf eine kleine Gruppe von Musikern ein, die später anscheinend singen und auf ihren Instrumenten spielen würden. Rin Verran fiel eine untersetzte Frau auf, die bereits eine Melodie aus ihrer Flöte erklingen ließ. Sie spielte Ghan Jadnas allererstes Stück, das ›Wiegenlied eines Schäfers‹.

»Vermutlich wird das Fest erst um die Mittagszeit anfangen«, bemerkte Mehn Wudu und legte die Schieferplatte, die er zuvor gelöst hatte, zurück an ihre Stelle, damit man das Loch nicht sah, wenn man von unten zufällig nach oben schaute. »Wir werden hören, wenn es anfängt.« Er sah hinüber zu Se Laf. »Hast du den Atem des Drachen?«

Die Frau in der schwarzen Trauerkleidung nickte und löste ein Lederetui von ihrem Gürtel, aus dem sie eine Phiole mit einer durchsichtigen Flüssigkeit holte. Sie wartete nicht auf Mehn Wudus Befehl, sondern ging vorsichtig alleine zum Rand des Daches und fing an, den Atem des Drachen rund um die Versammlungshalle auf das Gras zu schütten. An jeder Stelle nur wenige Tropfen, aber es war offensichtlich, dass sie mehr als reichen würden. Als sie zurückkehrte, war immer noch ein Viertel der Phiole gefüllt.

»Bur Nashin hätte sich gefreut«, sagte Va Dalja in die Stille hinein. »Er mochte das Feuer.«

Rin Verran bemerkte die brennenden Blicke, die sich auf ihn richteten. Immerhin war er derjenige gewesen, der den jungen Mann mit den Sommersprossen damals getötet hatte. Da er nicht wusste, was er darauf antworten sollte, schwieg er. Nicht mehr lange, beruhigte er sich. Nicht mehr lange, dann ist es vorbei. Besorgt schaute er zu Mehn Zairda, deren Hand sich mittlerweile gar nicht mehr von der Peitsche löste. Ihre Augen waren klarer denn je und in ihnen stand ein Schmerz geschrieben, den er so noch nie gesehen hatte.

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Das Finale rückt immer näher O.o

Alternativer Titel für die ganzen nächsten Kapitel-Teile: Some sh*t is about to go down – Teil 4/4

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