Kapitel 50 - Reyna
Reyna war Nervös, ein Umstand, der ihr nicht behagt. Sie hatte sich für die Feier bei ihrem Bruder, für eine dunkelgrünes Gewand entschieden, das zwar ihre Figur betonte, gleichzeitig aber noch genug Bewegungsfreiheit ließ, um im Notfall kämpfen zu können.
„Bist du bereit?", Valentin rückte seinen Kragen zurecht. Er hatte sich für ein Gewand aus schwarzer Wolle entschieden, ähnlich dem, welches er auch schon auf Reynas Feier getragen hatte.
„Bin ich. Wo ist Asha?"
„Ich komme nicht mit.", Asha stand auf der Balustrade und sah auf Reyna und Valentin hinab. „Feiern der Menschen sind nichts für mich. Das merke ich, je länger ich in dieser Stadt bin."
„Was hast du den vor?"
Asha seufzte. „Ich gehe in das Armenviertel. Ich will den Menschen dort Helfen. Ich kann ihr Leid spüren."
Reyna runzelte die Stirn. „Bist du sicher, dass das eine Gute Idee ist? Du weist wie Menschen sein können."
„Ich kann mich verteidigen, keine Sorge.", in Ashas Stimme lag eine Schärfe, die Reyna nicht einordnen konnte.
„In Ordnung. Ich wollte nur...", sie brach ab und versuchte Worte zu finden, doch es gelang ihr nicht. „Wir sehen uns dann später."
Asha nickte und nahm Ladon auf, der sich an einem Pfosten hochzog. Die Schlange zischte leise. „Bis später."
Reyna lächelte schwach und verließ dann die Villa. Valentin folgte ihr.
„Fühlt sie sich hier wirklich so unwohl?", fragte Reyna, während sie den Kiesweg entlang gingen.
Valentin zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Nymphen sind... seltsam. Bevor ich losgezogen bin, um dich zu hohlen, hatte ich kaum die Ländereien meines Vaters verlassen."
Eine Kutsche fuhr über den Marktplatz und auf sie zu. Sie war aufwendig verziert und mit Blattgold verkleidet. Auf der Tür war ein Greif abgebildet.
Valentin öffnete ihr die Tür und sie stiegen ein.
Rumpelnd setzte sie sich in Bewegung und fuhr sie zum Anwesen ihres Bruders.
Nachdenklich sah Reyna aus dem Fenster und beobachtet einen Schwarm Möwen, der über den Styra seine Kreise zog.
„Ist alles in Ordnung?", fragte Valentin nach einer weile.
Reyna zuckte leicht zusammen. „Ja. Entschuldige. Ich war in Gedanken."
„Du solltest dich besser Konzentrieren. Wir sind nämlich da."
Reyna sah erneut aus dem Fenster und ihr Herzschlag beschleunigte sich.
Umringt von weißen Birken, ragte eine Mehrstöckige Villa auf. Ihre hellen Mauern waren Geschmückt mit blauen Bannern, auf denen ein weißer Stern, ein weißer Drache und eine weiße Rose abgebildet waren. Die Banner von Arkon, Amaron und Freya, wie Reyna vermutete. Die Kutsche fuhr bis zum Eingang des Mauerrings, wo vier Wachen in grauen Kettenhemden und weißen Umhängen, Posten bezogen hatten.
Die Tür der Kutsche öffnete sich und Valentin stieg aus und half Reyna hinaus.
Als sie auf die Wachen zu gingen, straften diese ihre Haltung und verbeugten sich leicht. Ohne Probleme betraten sie das Gelände des Anwesens.
„Das ging jetzt erstaunlich leicht.", bemerkte Valentin überascht.
Reyna zuckte mit den Schultern. „Jemanden mit über zwei Meter Körperwuchs, in Begleitung einer Frau mit zwei Augenfarben und einer weißen Haarsträhne... es ist ziemlich eindeutig wer wir sind."
„Das stimmt auch wieder."
Der Weg zur Villa war mit hellem Sandstein gepflastert und von einer niedrigen Hecke begrenzt. „Hübsch hier.", kommentierte Reyna das Anwesen. „Meine gefällt mir allerdings besser."
„Wenn du das sagst.", lächelte Valentin.
Die Türen des Anwesens schwangen auf und sie betraten das Anwesen.
„Willkommen.", Amaron stand mit Ausgebreiteten Armen auf einem inneren Balkon und lächelte auf sie hinab. „Willkommen in meinem bescheidenen Anwesen. Ich hoffe ihr fühlt euch wie zu Hause."
Reyna verschränkte die Arme. „Komm runter. Dann können wir reden."
Amarons Grinsen wurde breiter. Er verschwand aus ihrem Blickfeld und kam am unteren Ende einer Treppe wieder. „Reyna. Ich bin froh das du meiner Einladung gefolgt bist.", er ging auf sie zu und Umarmte sie.
Reyna versteifte sich und ließ es über sich ergehen. Nachdem er sich von ihr löste, legte er ihr einen Arm um die Schulter. „Komm. Ich muss dir ein paar Gäste vorstellen."
Valentin wollte ihr folgen, doch Reyna bedeutete ihm, Abstand zu halten.
Amaron führte sie in einen großen Saal. Der geschmückt war, mit allerlei Bannern und Wimpeln. Sonnenlicht viel durch große Buntglasfenster und tauchte alles in ein vielfarbiges Licht. Lange Tische warne im Raum verteilt worden und alle waren voll besetzt. Reyna erkannte in paar der Hohen Adelige, andere waren ihr jedoch Fremd.
„Meine Freunde, darf ich um eure Aufmerksamkeit bitten?", rief Amaron.
Mehr als ein dutzend Köpfe blickten nun zu ihnen.
Amaron nahm seinen Arm von Reynas Schulter und machte eine weitläufige Geste. „Ich freue mich, das ihr alle so Zahlreich Heute hier erschienen seid. Denn Heute ist ein ganz besonderer Tag.", er nahm Reynas Hand. „Trotz unseres Konkurrenzkampfes um den Thron, sind wir Heute hier, um den Geburtstag von mir und meiner Schwester zu Feiern. Also...", er nahm einen Weinkelch und prostete ihr zu. „Feiert und seid Froh. Vergesst für einen Moment eure Sorgen."
Die Menge jubelte und trommelte auf die Tische, ehe die Diener Essen und Getränke brachten.
Amaron nahm Reynas Arm. „Komm.", er führte sie aus dem Saal.
„Wohin bringst du mich?", fragte Reyna verwirrt. Amaron lächelte. „Die Hohen Herren sind jetzt Erstmal eine weile beschäftigt. Wir haben noch eine private Verabredung."
Er führte sie an mehreren Räumen vorbei zu einem kleineren Zimmer, das einen Herrlichen Ausblick auf den Garten hatte.
Ein kleiner runder Tisch stand in der Mitte des Raumes. Und auf seiner blauen Decke stand...
„Apfelkuchen.", Reyna zog den Duft Tief ein. Eine Zimtnote Kitzelte ihre Nase. „Das ist meine Lieblings Nachtisch."
Amaron sah sie an und das erstaunen in seinen Augen war Echt. „Tatsächlich? Meiner auch."
Sie setzten sich an den Tisch. Reyna strich über das blaue Seidentischtuch. Dann viel ihr ein drittes Gedeck auf. „Wen hast du noch eingeladen?"
„Das fragst du mich Tatsächlich?", schmunzelte Amaron.
Die Tür öffnete sich und Freya trat ein. Das weiße Kleid das sie trug, sah aus wie ihre hellen blonden Haare.
Reynas Halbschwester setzte sich auf den Stuhl neben Amaron. Schüchtern blickte sie zu Reyna auf, die ihren Blick kalt erwiderte.
„Ich hielt es für eine Gute Idee, wenn ihr euch endlich richtig kennenlernt. Und ich hoffe das du unseren Geburtstag nicht dazu nutzt ein Blutbad anzurichten. Also, Essen wir jetzt diesen, herrlich duftenden Kuchen?"
Reyna verzog den Mund, dann nickte sie. „Waffenstillstand. Für einen Tag."
Amarons Lächeln war so ehrlich, das es Reyna ins Herz schnitt.
Diener traten ein und brachten Karaffen mit Wein, Milch und Tabletts mit Früchten und Süßem Gebäck.
„Also dann.", Amaron nahm ein Messer und Schnitt den Kuchen in drei Teile. Reyna hob ihren Teller auf und nahm ihr Stück entgegen. Mit Genießerischer Miene schnupperte sie an dem Kuchen und ein Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht. „Ich liebe Apfelkuchen."
Amaron lächelte. „Dann: Guten Appetit.", er nahm den Teller von Freya und gab auch ihr ein Stück Kuchen. „Auch für dich. Lass es dir Schmecken."
Freya lächelte und nahm ihre Gabel,
Reyna folgte ihrem Beispiel. Das erste Stück fühlte sich am wie ein Geschenk Gottes. „Himmlisch."
„Das Freut mich. Ich hatte schon Angst du würdest ihn nicht Mögen. Schmeckt er dir auch Freya?"
Freya nickte. „Danke Amaron. Er ist sehr lecker."
Amarons lächelte sie liebevoll an und strichelte ihr über die Schulter.
Reyna ließ ein Apfelstückchen auf ihrer Zunge zergehen und lächelte erneut. „Also, Freya. Wo liegen deine Talente? Ich weiß das unsere Familie mit Gaben gesegnet ist.", zur Demonstration, ließ Reyna einen kleinen goldenen Feuerball aufsteigen und zerplatzen.
Freya legte ihre Gabel auf eine Servierte. „Ich mag Tiere. Zu Hause, in Eistahl, habe ich eine kleine Menagerie. Hasen, Vögel. Eine kleine Herde von Pferden. Alle von Hand aufgezogen. Ich habe sogar einen Wolf.", Freya redete immer weiter und ein glückliches Strahlen trat in ihre Augen. „Er wurde von seinem Rudel verstoßen. Ich habe ihn in einem Schneesturm gefunden. Er war ganz alleine."
Reyna konnte nicht anders, sie musste lächeln. Freya zu zuhören, wie sie über ihre Tiere redete, war erfrischend.
„Und wie ist Eistahl? Ich war noch nie im hohen Norden.", hackte Reyna nach.
Freya warf Amaron einen unsicheren Blick zu. Er nickte.
„Eistahl ist Wunderschön. Die Schönste Stadt des Reiches. Der Palast ist in einen Gletscher gebaut worden und alles ist aus Eis. Zimmer, Tische, Stühle, sogar die Betten."
„Du solltest ihr vielleicht nicht alles erzählen. Ein paar Geheimnisse sollten noch verborgen bleiben.", stoppte Amaron ihren Redefluss sanft, aber bestimmt.
Freya senkte den Kopf und ihre hellen Haare vielen ihr vors Gesicht.
Reyna spielte mit ihrer Gabel. „Ich reite eine Greifin. Du hast sie Gestern gesehen."
Freyas Blaue Augen blickten zwischen dem Vorhang ihrer Haare hindurch„Ja. Sie war wunderschön. Sind ihre Federn wirklich aus Gold?"
„Nein.", lächelte Reyna. „Aber sie wirken wie Gold. Sie ist meine kleine Süße goldene."
Reyna verlor sich in Beschreibungen von Veilan und Freya hörte ihr gespannt zu. So vergingen die Stunden. Freya redete über ihre Tiere und Magie, sie wahr seit ihrer Kindheit ausgebildet worden, und die Schönheit des Winterreichs. Die weiten weißen Ebenen, die Glitzernde Gletscher und dass weite Wasser im Sommer. Amaron steuerte mit kleineren Bemerkungen bei und brachte seine kleine Halbschwester immer wieder zum Lachen.
Die Art wie er mit Freya umging, Stimmte Reyna nachdenklich. Er war fürsorglich, Nett und Höflich. Ganz anders als Reyna es von Arkons Erbe erwartete hatte.
Die Hand, mit der sie ihre Gabel hielt, begann zu Zittern und als sie in das Gesicht ihres Bruders sah, blitzte wieder ihre erste Begegnung in der Kreuzstadt vor ihr auf. Edwards Tod. Amarons hämische Kommentare.
Die gabel begann zu qualmen und verbog sich, als Reynas Magie begann sich ihren Weg zu bahnen.
Sie ließ das heiße Metall fallen, wo es ein Loch in die Decke schmorte. „Entschuldigt mich. Ich muss...", Reyna machte eine unbestimmte Geste, dann Sprang sie auf und rannte halb aus dem Raum.
Sie fand einen großen Balkon und schnappte nach Luft. Ihre Hände krallten sich in das weiße Geländer. Die Sonne wärmte ihren Kopf und beruhigte sie. Schweiß bildete sich auf ihren Handflächen. Panik drohte in ihr aufzusteigen.
„Alles in Ordnung?", Amaron betrat hinter ihr den Balkon.
„Nichts ist gut. Ich hätte nicht herkommen sollen. Es war ein Fehler.", antwortete Reyna mit gepresster Stimme.
Amaron lehnte sich an den Türrahmen. „ist es wegen dem was ich in der Kreuzstadt getan habe?"
Reyna wagte es nicht sich zu ihm umzudrehen. Sie wollte nicht, das er ihre Tränen sah, die an ihrer Wange herab liefen.
„Hast du es bereut? Hat es dir Leid getan?"
„Was glaubst du?"
Sie drehte sich zu ihm um. In Amarons Gesicht stand Trauer und Bedauern. „Ich wollte nie töten. Es gefällt mir nicht. Es ist etwas abscheuliches."
„Warum hast du es dann getan?", Reynas Stimme war nur noch ein Flüstern.
Er stellte sich neben sie und blickte hinab auf einen kleineren Fluss, der unter der Villa verlief. „Er hat es mir gesagt. Er wollte das ich dich vernichte."
Reynas Unterlippe zitterte. „Das hast du geschafft. Ich bin nur noch ein Schatten meiner selbst. So voller Hass und trauer, das es mich zu verschlingen droht."
Amaron sah sie an. Dann, ganz langsam, legte er eine Hand auf ihre.
Reyna verkrampfte sich leicht, dann ließ sie es zu. Es war das erste mal dass sie ihren Bruder berührte.
„Ich habe es für Sie getan. Für Freya. Alles was ich tue, tue ich für Freya.", Amarons Geständnis kam ihm so zögerlich über die Lippen, das Reyna glaubte sie zerschnitten ihm den Hals.
Reyna drehte den Kopf und sah ihrem Bruder in die Augen. Die Trauer über das was er ihr angetan hatte, wurde für einen Moment von einer neuen Trauer überragt: Die Trauer, nicht mit ihrem Bruder aufgewachsen sein. Sie umfasste seine Hand und für einen Moment, nur einem winzigen Moment, hasste sie ihn nicht mehr.
„Es tut mir auch leid. Alles was geschehen ist. Und alles was noch passieren wird.", sagte sie leise. Amaron nickte und Reyna wusste, er verstand sie.
Mit zitternden Händen löte sie sich von ihm. Gerade als sie den Balkon verlassen wollte, hielt er sie zurück. „Warte."
Sie blieb stehen.
Amaron zögerte, dann zog er einen Länglichen Kasten hervor, den er die ganze Zeit bei sich getragen hatte. Er reichte ihn ihr. „Es ist kein Entschuldigung, nicht einmal annähernd. Doch heute ist unser Geburtstag. Und es ist im Norden Tradition."
Reyna nahm den Kasten aus hellem Buchenholz entgegen und presste ihn sich an die Brust. Ihre Augen waren schon wieder Feucht. „Ich muss jetzt gehen.", antwortete sie mit schwacher Stimme.
Amaron nickte und lächelte sie an. „Bis zum nächsten mal, Schwester."
Reyna versuchte das Lächeln zu erwidern, doch sie Schafte es nicht. Schnell verließ sie den Balkon und rannte die Treppen zum Ausgang hinunter, die Kiste noch immer an sich gedrückt.
„Valentin? Wir müssen los!", rief sie ihn.
Valentin tauchte aus dem Großen Saal auf, in Begleitung eines Adeligen, mit dunklen brauen locken, eine Vollbart und braunen Augen. Die beiden lachten herzlich und schlugen sich auf die Schulter. „Reyna. Schau mal wen ich kennengelernt habe. Da ist Solmeron. Er ist Erzherzog im..."
„Lade ihm zum Essen in unserer Villa ein. Wir müssen los.", unterbrach ihn Reyna.
Valentin sah sie erstaunt an. Er schien die Emotion in ihrer Stimme zu hören, denn er verabschiedete sich von Solmeron, den er tatsächlich zum Essen einlud, legte ihr einen Arm um die Schulter und führte sie nach draußen.
Erst als sie in ihrer Kutsche saßen und die Villa Amarons langsam außer Sicht geriet, entspannte sich Reyna.
„Ist alles in Ordnung?", fragte Amaron besorgt. „Hat Amaron irgendetwas gemacht?"
Reyna schüttelte de Kopf. „Er hat nichts gemacht. Er war nett und auch Freya war nett, aber... ich kann es einfach nicht vergessen. Ich kann ihm nicht verzeihen was er getan hat. Ich kann einfach nicht!", ihre Stimme zitterte vor Kummer.
Valentin legte ihr eine Hand auf die Schulter und sie ergriff sie. Es gab ihr Sicherheit.
„Was ist eigentlich in dem Kästchen?", versuchte Valentin sie abzulenken.
Reyna betrachtet es. Es war nicht außer gewöhnlich. Lang, schmal und mit einem kleinen Verschluss gesichert. „Es war eine Geschenk zum Geburtstag, von Amaron."
„Na los. Mach es auf.", forderte Valentin.
Reyna schob den Verschluss zu Seite und hob den Deckel an.
Zum Schutz in blaue Seide gelegt, lag ein Herrlich gearbeitet Dolch in dem Kasten. Der Griff war aus Politem Silber und mit kleinen Schmucksteinen versehen. Der Knauf war wie der Kopf eines Greifen gearbeitet. Reyna zog den Dolch aus dem Futteral. Die klinge war lang und schmal und aus Stahl gemacht. In der Vertiefung in der Mitte, waren geschwungene Worte eingraviert.
Für die Familie
Reyna steckte den Dolch zurück und presste ihn sich an die Brust.
„Eine Drohung?", fragte Valentin.
Reyna schüttelte den Kopf. „Eine Bitte um Vergebung."
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