Kapitel 9 - Selena
„Bei der... M...M...Macht ...der...der...der Zwill...lings...Gött..tt....", versuchte Selena den Text vorzulesen, der vor ihr lag.
„Bei den Zwillingen!" rief Schwester Miriam wütend. „Das sind nicht viele Worte!", sie hob Theatralisch die Hände. „Bei der Macht der Zwillinge. Ich übergebe der rechtmäßigen Königin den Ring der Macht, als Zeichne das Sie alle Halbelfen unter dem Schutz der Götter vereint.", Schwester Miriam sah wütend auf Selena hinab. „Wenn du so etwas einfaches schon nicht kannst, dann weiß ich nicht warum die Oberste Ordensmutter dich für diese Aufgabe ausgewählt hat.", zischte sie.
Selena war den Tränen nahe. Sie war unter den Worten der Schwester zusammen gesunken und kauerte nun wie ein Häuflein Elend vor dem Schreibpult, auf dem das Buch mit den Krönungs Texten lagen. „Sch..sch..schwes..ter...ich", versuchte Sie zu sagen, doch Miriam schnitt ihr das Wort ab. „Wie kommt die Oberste Mutter dazu, jemanden der so unfähig ist, zur Ringträgerin zu ernennen, wo es dutzende, nein, hunderte fähigerer Mädchen gibt?", fluchte die alte Frau.
Selenas Unterlippe begann zu zittern. Sie wollte die Texte doch vorlesen, aber es gelang ihr einfach nicht. Ihr Hals schmerzte und Kopfschmerzen dröhnten in ihren Ohren.
Schwester Miriam baute sich vor ihr auf, die Hand erhoben. „Dir werde ich Respekt lehren!"
Selena sah mit Angst geweitet Augen zu der Schwester hoch, die dafür bekannt war, ungezogene und aufmüpfige Novizinnen zu schlagen.
„Schwes...ter...", versuchte Selena sich zu erklären, doch die Ohrfeige raubte ihr den Atem.
Ihr Kopf fuhr herum und es dauerte einen Moment, bis sie begriff, das Schwester Miriam Sie tatsächlich geschlagen hatte. Ihre Wange begann zu brennen und ihr Blick verschleierte sich. Sie zog die Schultern hoch und wappnete sich für weitere Schläge. Sie verdiente es doch nicht anders. Es war ihre Schuld. Ohne ihre Probleme beim Sprechen, würde man Sie nicht schlagen müssen.
„Gibt es hier ein Problem?", fragte eine Stimme von der Tür her.
Selenas Kopf fuhr herum. Prinz Tarik stand an der Tür zur Kammer, in der Selena seit einigen Tagen ihren Unterricht entgegen nahm.
Die azurblauen Augen des Prinzen funkelten, als er Schwester Miriam über Selena gebeugt sah, die Hand erhoben. Er machte einen Schritt auf die sie zu und seine Hand legte sich wie von selbst auf den Griff seines Schwertes. Schwester Miriam zuckte zurück, als wäre sie es, die geschlagen worden wäre.
„Prinz Tarik.", sagte die Schwester nach einem Moment der Überraschung. „Was wollt ihr hier?"
Tarik fixierte Schwester Miriam mit einem hartem Blick. „Ich bin hier,", begann er „um im Namen meiner Schwester, Kronprinzessin Milenn, mit der Ringträgerin zu sprechen."
„Ich kann euch nicht mit der Novizin alleine lassen.", schnaubte Schwester Miriam. „Es ist nicht schicklich."
Tarik kniff die Augen zusammen und machte einen weiteren Schritt auf Selena zu. „Verurteilt ihr den Sohn aufgrund der Eltern, Schwester Miriam?", sagte er und unter seiner ruhigen Stimme, lauerte ein Knurren. „Ihr geht jetzt besser.", er machte einen Schritt zur Seite, so das der Weg zur Tür frei war.
Schwester Miriam starrte Tarik erbost an. Und dann passierte das undenkbar: Sie neigte den Kopf und verließ dann, mit steifen Schritten, den Lehrraum.
Selena starrte die geschlossene Tür an. Noch nie hatte sie erlebt, wie jemand Schwester Miriam so die Stirn geboten hatte.
Tarik atmete geräuschvoll aus. „Von allen Drachen denen ich auf den Inseln begegnet bin, war das der schlimmste."
Selena konnte nicht anders. Sie musste kichern. Schwester Miriam, der Drache. Das passte. Doch sofort schämte sie sich. Schwester Miriam war eine der ältesten und erfahrensten Dienerinnen der Diana und sie genoss den Respekt der Obersten Mutter Beatrice. Sich über sie lustig zu machen, war nicht angemessen.
Tarik bemerkte ihren Gefühls Ausbruch, denn auch seine Mundwinkel zuckten. Er nahm das Buch, das vor ihr lag. „Die Zeremonie der Krone," las er laut vor. „Ich erinnere mich. Ein dicker Wälzer, mit wenig Aussagekraft.", er klappte es mit einem solchen Ruck zu, das Selena zusammen zuckte. „Wie oft hat sie dich schon geschlagen?", fragte er.
Selena sah zu ihm hoch und blinzelte. „Was?", fragte sie leise.
Tarik nickte zur Tür. „Schwester Miriam. Der Drache. Wie oft hat sie dich schon geschlagen?"
Selena senkte beschämt den Kopf. „Ich... ver...die..diene...es.", sagte sie.
Tarik runzelte die Stirn. „Weil du stotterst?", fragte er sie rundheraus.
Selena wich dem blauen Blick des Prinzen aus. Es war ihr unangenehm, das man sie so direkt darauf ansprach.
Tarik nahm ihr schweigen als Bestätigung. „Niemand verdient es, für etwas bestraft zu werden, was nicht seine Schuld ist.", murmelte er geistesabwesend. Dann legte er den das dicke Buch zur Seite. „Komm. Ich will glaube, ich weiß, wie ich dir helfen kann."
Selena sah zu ihm hoch. „Ab...ber..mei...ne Übbb..ungen?"
Tarik wischte ihre Bedenken mit einer Handbewegung beiseite. „Es geht um die Krönung. Und da ich nicht sehe wie es dir helfen soll, in dieser staubigen Kammer zu sitzen und tausend Jahre alte Bücher zu wälzen, kommst du jetzt mit."
Einen Moment schwankte Selena. Doch ihre Nagst vor der Bestrafung der Schwester Miriam wurde von der Neugierde besiegt. Unsicher stand sie auf und folgte dem Prinzen.
Er war einige Zentimeter großer als sie und so musste sie immer zu ihm aufsehen, wahrend er sprach. „Meine Schwester hat mir erzählt, was dein Problem ist.", sagte er und klang dabei nicht unhöflich. Sie verließen die Studierstube und den großen Tempel. Draußen wehte ein sanfter Wind von Norden und brachte einen leichten kalten Schauer mit sich. Selena fröstelte. Wolken kamen über den Ozean und verwandelten das freundliche Blau in ein abweisendes und hartes Grau. Tarik führte sie von dem Tempel weg, durch den großen Balustradengang zur Königlichen Festung. Die Wellen schlugen gegen die flache Küste. Nach der Ankunft von Prinzessin Milenn, war das Wetter erneut umgeschlagen.
„Ein letzter Moment des Winters.", sagte Tarik. „Die kalten winde des Nordens und des Westens drücken gegen unsere Küste. In einigen Wochen wird der Frühling uns von dieser Unannehmlichkeit befreien.", er zog seinen blauen Umhang enger um die Schultern.
Selena schwieg, wünschte sich aber auch einen Mantel, denn die Novizinnen Tracht die sie trug, schütze kaum vor dem seltenen kalten Wind.
Schließlich erreichten sie einen windstillen Ort, der von einer kleinen Gruppe schiefer und krummer Bäume umringt wurde. Vorsichtig sah Selena sich um. Einige Steine standen in einem kleinen Kreis. Tarik setzte sich auf den größten und bedeutet Selena, sich neben ihn zu setzen.
Selena zögerte. Was genau wollte der Prinz eigentlich von ihr?
Tarik bemerkte ihr zögern. Er lächelte. „Für mich ist dieser Ort hier, etwas besonderes.", er lehnte sich zurück und richtet seinen Blick in einen Ort, den Selena nicht erfassen konnte. „Als ich noch im Palast wohnte, ehe die schwarzen Bastarde meine Familie zerstörten, kamen Dea und ich oft hierher. Dea hatte immer schon Probleme." er seufzte schwer. „Sie ist meine Schwester, doch anders als ich und Milenn, ist sie ein Uneheliches Kind."
Selena hatte die Gerüchte gehört, dass es im Palast ein Königliches Bastardkind gab, doch niemand unter den Novizinnen hatte gewusst wer es war. Nun setzte sie sich doch neben Tarik. Aufmerksam hörte sie ihm zu.
„Dea litt immer, auch wenn sie nie wusste, warum man sie anders behandelte. Sie kam oft an diesen Ort, wenn sie sich ungerecht behandelt führte.", Tariks Blick wanderte und Dea sah, wie er in alten Erinnerungen versank. Sie ließ den Prinzen reden, denn tief in ihrem Inneren spürte sie, das er ihr mit seiner Geschichte helfen wollte.
„Es half Dea, aus all dem Ärger zu entfliehen und einfach von Stille umgeben zu sein.", Tariks Stimme hatte einen rauen Ton angenommen. Der Prinz atmete durch und sah sie an. Seine blauen Augen waren tief und voller Erringungen. „Versuch du es auch einmal."
Verwirr blinzelte Selena Was sollte sie probieren?
Tarik stand auf und bedeutet ihr, sich auf den Stein zu setzen. Behutsam richtete er ihren Blick auf das Wasser, dabei berührte er sie aber nie. „Schieß die Augen.", befahl er.
Selena tat was er sagte und die Welt um sie herum verschwand. Nur ein lautes rauschen blieb. Ihre Kopfschmerzen verschwanden.
„Entspanne dich.", Tariks Stimme schien von überall her zu kommen. „Nimm die Geräusche um dich herum auf. Lausche auf den Wind, höre die Wellen. Und Atme langsam, ein und aus."
Selenas Brust hob und senkte sich, während sie versuchte, die Anweisung zu befolgen. Der Wind rauschte um sie herum. Er brachte die Bäume zum schwanken und ließ die Nadeln rascheln, während die Äste aneinander stießen. Weit unter ihnen, stießen die Wellen gegen den Fels, wo sie tosend brachen und zurück flossen, um sie sich für den nächsten Angriff sammelten.
„Die Welt um ins herum ist Friedlich. Nimm die Geräusche in dich auf. Lass die Musik der Natur deinen Geist bestimmen.", murmelte Tarik.
Selena fühlte, wie die Geräusche um sie herum, sich zu einer einzelnen Musik vereinten. Alles passte zueinander. Es gab keine Pausen, oder Misstöne. Alles war wie ein großer Gesang der Welt. In ihrem Hals stieg ein Geräusch auf. Langsam baute es sich auf, wie die Wellen unter ihr, bis es sich brach, nur um dann zurück zu kehren, in einem immer währendem Rhythmus.
Ein heller Ton erfüllte die Natur. Er mischte sich unter die verschiedenen Geräusche und wurde eins mit ihm. Dem ersten Ton folgte ein zweiter und ein dritter, der tiefer war. Emotionen ließen den Ton anschwellen, aber nicht brechen.
„Und jetzt: Sprich!", eine Stimme sprach zu Selena. Doch es war nicht Tarik. Es war eine andere Stimme. Sie schien aus der Natur selbst zu kommen. Eine sanfte Stimme, voller Mitgefühl und und endlicher Liebe. Und Selena sprach: „Bei der Macht der Zwillinge. Ich übergebe der rechtmäßigen Königin den Ring der Macht, als Zeichne das Sie alle Halbelfen unter dem Schutz der Götter vereint."
Ein lautes Klatschen zerstörte die Illusion. Selena erschrak und öffnete die Augen. Der magische Moment zerbrach. „Was?" fragte sie. „Was...was...ist...passiert?"
Hecktisch sah sie sich um. Sie saß noch immer auf dem Stein an der Küste. Was war passiert?
Tarik stand plötzlich vor ihr. Ein Ausdruck von Zufriedenheit und Verwirrung lag auf seinem Gesicht. „Du hast den ersten Satz der Krönungszeremonie zitiert.", erklärte er ihr feierlich. „Ohne zu Stottern, oder einen Fehler zu machen."
Selena starte ihn an und blinzelte, wie eine Eule im Sonnenlicht. Sie hatte was getan?
„Du hast es nicht wirklich, gesagt.", korrigierte sich Tarik. „Du hast den Text, gesungen."
Selenas Verwirrung wurde komplett. Sie hatte Gesungen? Aber sie konnte doch gar nicht singen. Oder doch? Nun, sie hatte es nie versucht. Unwillkürlich fasste sie sich an den Hals. Gesungen. Unsicher sah sie Tarik an. Er nickte zufrieden. „Du hast klare Töne getroffen und dann begonnen, den Krönunstext zu singen. Es war beeindruckend. Ich habe noch niemanden mit so einer klaren Stimme gehört.", er mussterte sie und ihm schien ein Gedanke zu kommen. „Warum eigentlich nicht?", murmelte er.
Doch Selena hörte ihm gar nicht mehr zu. So sehr hatten sie die Momente eingenommen. Sie hatte gesungen. Sie! Die Stotterin der Novizinnen. Die die nie ein Gebet ohne Fehler hatte aufsagen könne! Eine tiefe Dankbarkeit überkam sie und sie nahm sich fest vor, der Göttin für diesen Moment zu danken.
Tarik stand auf. Er schien zu einem Entschluss gekommen zu sein und rückte seinen Schwertgurt zurecht. „Ich werde mit Mutter Beatrice sprechen. Das könnte eine Möglichkeit für dich sein." Soll ich dich zurück zum Tempel bringen?"
Selena schüttelte den Kopf. Sie wollte noch nicht zurück. Etwas beschäftigte sie noch und das wollte sie nicht mit dem Prinzen teilen.
Tarik nickte. „Dann sehen wir uns Morgen wieder hier. Wenn ich die Oberste Ordensmutter überzeugen kann."
Mit federnden Schritten verließ Tarik Sie.
Selena bleib noch auf dem Stein sitzen. Der Wind hatte nachgelassen und das rascheln der Bäume war nur noch schwach zu hören, während das Meer noch immer rauschte. Sie Atmete die salzige Luft ein, die noch immer nach Winter roch. Doch da war noch etwas anderes. Ein Gefühl von Sicherheit, das sie so noch nie gefühlt hatte. Während sie gesungen hatte, hatte sie das Gefühl gehabt, das jemand bei ihr gewesen war. Aber nicht der Prinz. Jemand anderes, jemand der kein Halbelf war, sondern sich wie ein Verkörperung der Natur angefühlt hatte.
Selena zog die Beine an den Körper. Etwas war passiert. Sie war nicht mehr alleine. Jemand war bei ihr. „Danke.", sagte sie leise und wie zur Antwort, wurde das Meer ruhiger und die Wolkendecke brach auf. Der Frühling kam zurüc
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