Kapitel 8 - Varon
Die Dunkelheit seiner Zelle, war tiefer und dunkler, als alles was Varon in seinen zweihundert Jahren gesehen hatte.
Tief lagen die Kerker von Ilfgard, im inneren der Erde, wo weder Licht noch Luft ihn erreichte. Wie alles im dunklen Turm, waren die Zellen dazu gemacht ihre Gefangene zu brechen. Menschen wären schon nach wenigen Stunden verrückt geworden, doch Varon war von einem stärkerem Wesen. Stumm lag er auf dem hartem Bett und atmete flach und leicht um die Luft nicht mit seinem Atem zu vergiften. Und wie er so stumm lag, er, der er einst Prinz und Heerführer seines Volkes gewesen war, begann die Wunde wieder zu schmerzen. Varon spürte wie sich das dumpfe Pochen und das scharfe ziehen, der tiefen Wunde, welche ihm die Bastard Tochter des Winterkönigs zugefügt hatte, in seinem Körper abwechselte. Und er spürte wie das Gift, das die Magie behinderte, durch seine Adern wanderte und seien Sinne veränderte und abstumpfte. Ein solches Missgeschick, wie auf der Straße, das ihn Kinder mit Früchten bewarfen, wäre früher nie möglich gewesen. Er spürte wie das Gift an ihm zerrte und ihm seiner Kräfte beraubte. Und das beschämte ihn mehr, als die Tatsache, das er wie ein Hochverräter in einer Zelle saß.
Die Dunkelheit war tief und undurchdringlich, doch sie war auch eine Wohltat. Die stille Landschaft seiner Heimat hatte sein Sinne bereits von dem Lärm und dem Licht der Menschenlande gereinigt, doch die Zelle gab ihm eine Stille und Ruhe, wie er sie lange nicht mehr erlebt hatte und sie schenkte seiner Seele Friede.
Doch sein Geist, wollte sich nicht beruhigen. In der Dunkelheit um ihn herum, erscheinen die Geister seines Lebens. Er erinnerter sich an das Lachen seiner Tochter Anora und an den Stolz in ihren Augen. Er dachte an sein gutes Leben, auf ihrem Landgut an der Küste, in dem er mit seiner Familie gelebt hatte, wenn man ihn in der Hauptstadt nicht brauchte.
Es war ein weiteres Anzeichen der Vergiftung. Sein Verstand war immer in geraden Bahnen verlaufen. Hatte Winkelzüge, Pläne und Intrigen gesponnen, erkannt und durchgeführt und war dabei immer auf ein Ziel fokussiert geblieben. Doch nun entglitt ihm diese Kontrolle. Sein Verstand spielte ihm dinge vor, die nicht dort waren. Varon überlegte, sich dem Schlaf hinzugeben, doch er zog dem leichten Dämmerzustand vor, in dem er gerade schwebte. E traute es Daevas zu, einen Geschickten Magier zu entsenden, der sich in seinen Verstand schlich.
Und so krochen die Stunden dahin, in einem Wirbel aus Dämmern und Träumen. Und Varon bewegte sich nicht. Stil und reglos lag er auf der pritsche und wartete.
Wie lange er wartete, konnte Varon nicht sagen, doch es musste lange gewesen sein, denn die Luft, die durch den größer werdenden Türspalt kam, war merklich süßer und reiner.
„Aufstehen, Elfenmörder. Der General erwartet euch.", sagte ein Nachtelf in Lederrüstung.
Langsam öffnete Varon die Augen. „Wo erwartet mein Onkel mich?", fragte er, ohne aufzustehen.
„Im Thronsaal, Elfenmörder."
„Habe ich die Erlaubnis, mich meiner Reisegewänder zu entledigen und meinem Onkel in einem Angemessenem Zustand unter die Augen zu treten?"
„Mir wurde nur befohlen, euch zum General zu bringen.", sagte der Nachtelf, nun mit Unsicherheit in der Stimme.
Varon richtete sich ruckartig auf. Seine purpurnen Augen fixierten den Nachtelf und hielten seinen Blick gefangen. „Ich wurde mehrere Tage in dieser Zelle gehalten. Ich werde meinem Onkel nicht in diesem zustand unter die Augen treten.", sagte er mit einer kühlen Ruhe, die seinem Volk zu eigen war.
Der Nachtelf verneigte sich rasch. „Natürlich, Herr. Ich werde euch Essen und Essen bringen.", er drehte sich um rief Anweisungen in den Gang.
Nachdem er sich gewaschen, umgezogen und etwas gegessen hatte, ließ Varon sich zum Thronsaal bringen. Er trug nun eine lange schmucklose Tunika aus schwarzem Stoff, die mit einem Ledergürtel geschnürt war, einen langen dunklen Umhang über den Schultern und feste Stiefel. Seine langen schwarzen Haare trug er offen auf den Schultern. Er fühlte sich schutzlos und ungerüstet, ohne seine Waffen, seine Rüstung, oder den Drachenstab. Und auch auf seine Magie vertraute er nicht. Zu stark floss das Gift in ihm.
Der Wachmann führte ihn durch die langen Gänge und Räume des Kaiserturms. Still bewunderte Varon die kunstfertig gehauenen Wände aus glatten Basalt, die die Geschichten und Taten seines Volkes erzählten. Die Reise von jenseits des Meeres wurde erzählt, und die ersten Schlachten in diesen Landen, in denen einst die Menschen und Nymphen geherrscht hatten sah man. Den Tot der Hochkönigin Elaine in der alten Stadt Besell entdeckte Varon. Auf halbem Weg den Turm hinauf, erreichten sie den Teil der Galerie, der ihn und alle seines Volkes, mit Trauer erfüllte. Der große Komet, der ihre Kultur zerstörte und ihnen die Herrschaft über die Lande des Kontinents entrissen hatte.
Wie alle die vom Elfischen Blut waren, erfüllten die Bilder, die Lebensecht im Stein zu sehen waren, Varon mit Trauer. Er hatte den Kometen nicht selber gesehen, doch eines Seiner Schwerter war aus dem Metall in seinem Inneren. Selbst aus der größten Katastrophe, konnte sein Volk einen Vorteil gewinnen und das, erfüllte Varon mit grimmigem Stolz. Die dunklen Kriege, in denen er selber vor einem Jahrhundert gefochten hatte, würden ebenfalls bald im Stein zu sehen sein. Und auch die Zukunft, wenn die Pläne seines Vaters endlich zur Reife kommen würden, würde man hier bewundern können. Doch dann nagte der Zweifel an ihm, da man sein Bildnis wohl nie an diesen Wänden sehen würde. Das Blut anderer Elfen zu vergießen, war eine zu große Sünde.
Die Tore zum Thron, ragten vor ihm auf und versperrten den Weg zum Thronsaal. Sie waren aus weißem Elfenbaum und das rote Harz der Bäume war zu überaus kunstvollen Szenerien von Krieg und Blut geschnitzt wurde. Zwei Dunkelelfen, die so still und starr waren wie Stauen, folgten ihm mit ihren Augen.
Langsam öffnete sich die Tür und ein leichter Lufthauch umspielte Varon und seine schwarzen Haare wehten um seinen Kopf. Mit gefaltet Händen, betrat er den Thronsaal. Es war an der Zeit, sich seinem Onkel zu stellen.
Der Thronsaal nahm einen großen Teil seiner Ebene ein. Hohe Säulen hielten die Decke, die so hoch aufragte, das sie wie die Gewölbe des Himmel wirkten. Der Boden war glatt und aus schwarzem Marmor, dessen Adern im Schein der blauen Fackeln schimmerte. Keine Banner, oder Zierrat schmückte den Saal. Doch alles an ihm zeigte die Größe seines Volkes. Menschen, Zwerge, Nymphen und was sonst noch auf jenem Kontinent lebte, war klein, winzig im Vergleich zu den Kindern des alten Blutes. Sie waren schwach und lebten kurz. Nur den Elfen war es möglich, solche Hallen zu bauen. Nichts kam ihnen gleich.
Der Thron ragte drei Meter hoch auf, ein Sitz aus schwarzem Stein. Zwei Dunkelelfen, standen vor dem Thron und hielten die Banner der Elfen. Ein schwarzes Banner mit einer hellen weißen Sonnenkorona und ein schwarzes, das den grauen Lindwurm zeigte, das Zeichen von Varons Familie.
Und vor ihnen stand ein langer schwarzer Sarg.
Varons schritte wurden langsamer. Er erahnte wer in dem Sarg lag, doch sein Herz verschloss sich gegen diese Möglichkeit.
Daevas trat neben den Sarg. Auch er war ungerüstste, was einen ebenso seltsamen Anblick bot, wie der Sarg. Varon sah ihn an.betrachtet seinen Onkel.
Den roten Augen des Generals. Fehlte das sonst so grausame funkeln. „Komm her, Neffe und nimm abschied.", sagte er in einem fast schon mildem Ton. Er legte eine behandschuhte Hand auf das dunkle Holz.
Langsam ging Varon auf den Sarg zu. Angst erfasste ihn, wie schon seit einem Jahrhundert nicht mehr.
Als er in den Sarg sah, setzte seine Atmung aus. Gebetet auf roten Kissen, lag sein Vater.
Das dunkle Gesicht von Kaiser Nytheios war eingefallen, hatte jedoch nichts von seiner Statuenhaften Schönheit verloren. Varons Blick wanderte zu dem verletzten Bein seines Vaters. Verdreht und verkrüppelt, nach dem Kampf unter den Bäumen, bereitete es ihm endlich keine Schmerzen mehr. Varon kämpft mit seinen Emotionen. „Wann?", fragte er leise.
„Kurz nachdem du eingetroffen bist.", sagte Daevas.
Es war eine Ironie, die Varon nicht entging. „Wer wird nun den Thron besteigen?"
Das allzu vertrauten hämische Lächeln kehrte auf Daevas Lippen zurück. „Du jedenfalls nicht."
Varon sah seine Onkel an und beschwor die Finsternis in ihm herauf. „Du wirst der nächste Kaiser. Du hast den höchsten Anspruch.", er gab seiner Stimme einen leeren Klang, so als würde es ihn nicht kümmern, was nun geschah.
„Vielleicht wird es so kommen. Vielleicht auch nicht. Wir werden es nach der Beerdigung meines Bruder erfahren.", antwortete Daevas unbekümmert. „Wenn du und deine Tochter sich nicht auf die Seite der Feinde unseres Volkes geschlagen hättest. Dann würdest du bald auf diesem Thron sitzen."
„Ein Versprechen zu brechen erschien mir damals als das schwerwiegendere Übel, Onkel.", gab Varon zurück. Doch Daevas Worte warn wie ein glühendes Messer in einer noch immer schmerzenden Wunde, die der Tot seiner Tochter war.
„Und jetzt?", fragte Daevas und er wirkte wie ein Raubtier, das sich auf seine beute stützen wollte.
Varon zögerte. „Ich habe gewankt, doch jetzt nicht mehr.", er richtet auf und sah seien Onkel direkt an. „Ich wünsche an der Beerdigung meines Vaters Teil zu nehmen."
„Gewährt.", sagte Daevas. „Wenn ihr ein Haus findet, dich aufnimmt."
„Das werde ich.", Varon trat erneut dicht an den Sarg heran. „Onkel.. würdet ihr mir einen Moment mit meinem Vater geben."
Daevas schien zu zögern, doch er gab den Wachen ein Zeichen und sie verließen den Thronsaal. Daevas trat dicht an Varon heran. „Glaube nicht, das du in dieser Stadt noch irgendwelche Verbündeten hättest.", sagte er leise. „Die dunklen Pläne gedeihen auch ohne dich und der Thron, der einst dein Vorrecht war, ist nun für viele offen. Unser Volk wird erneut aufsteigen, doch du, wirst daran keinen Anteil haben."
Varon antwortet nichts, sondern lauschte nur den Schritten die den Saal verließen. Die großen weißen Türen schlossen sich und er war mit seinem Vater alleine.
Varon betrachtet das Gesicht seines Vaters. Nytheios war ihm immer wie einer der Säulen vorgekommen, die den Thronsaal stützen. Standhaft, ewig und wenn er fehlte, dann würde alles zusammen brechen. Doch nun stand er hier und sein Vater war Tot. Varon strich ihm sanft über die Wange. „Ich hoffe konntest mir verzeihen, das ich deine Enkelin verloren habe.", flüsterte er. „Und ich hoffe, das wenn wir uns im Tode wiedersehen, das du mir verzeihen kannst, das ich unser Volk verraten habe.", eine Träne der Trauer, rann an seinem Kinn hinab, gefolgt von einer zweiten. Varon ließ zu, das die Trauer die Erinnerung an seinen Vater wieder hervor holte und die Momente ihres Lebens an seinem inneren Auge wieder vorbei zogen. Plötzlich wurden die Schmerzen zu einem heißen Messer, das sein inneres zerschnitt. Varon zuckte zusammen und krümmte sich. Hart viel er zu Boden und wartet, das die Schmerzen nachließen.
Dann sammelte er sich und zog sich am Sarg wieder hoch. Er hatte eine Aufgabe. Und die war wichtiger als die Trauer um seinen Vater. Er drehte sich vom Sarg weg und verließ den Thronsaal. Er musste sein Leben retten.
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