~Kapitel 18~
Anscheinend war ich durch die Erschöpfung irgendwann eingeschlafen, als ich von einem Lufthauch geweckt wurde. „Guten Morgen", hörte ich eine Stimme. Verschlafen sah ich mich um, doch entdeckte ich keine weitere Person im Raum. „Du siehst mich nicht, aber du weißt wer ich bin", erklang die Stimme erneut.
Ich überlegte, an wen mich diese Stimme erinnerte.
Nein, das konnte nicht sein, es konnte nicht ihre Stimme sein. Aber es klang so nach ihrer Stimme.
„Aber, aber das kann nicht sein", flüsterte ich.
Ein Lufthauch fuhr durch meine Haare.
„Doch, es kann sein", erwiderte Mellys Stimme, „Luftgeister können nicht sterben, sie verlieren nur ihren Körper." Sollte ich weinen oder schreien? Im Endeffekt blieb ich einfach bewegungslos sitzen und murmelte: „Ich dachte du hättest mir für immer alleine gelassen. Warum hast du mir nichts gesagt?"
Die Bettdecke neben mir kräuselte sich, als Melly sich darauf niederließ.
„Weil ich gehofft hatte, dass du so eine Wut auf Colum entwickelst, die dich antreibt hier her zu kommen. Ich wusste ja schon die ganze Zeit, dass du Colums Tochter bist und Terra die eigentliche Böse", gestand sie kleinlaut.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Alles war so verwirrend.
„Weißt du was mich am meisten verwirrt, ist die Sache, dass ich angeblich die Tochter des Himmels bin. Das Terra die Macht an sich reißen will, weil sie nicht mehr beachtet wird verstehe ich, aber das andere halt eben nicht", sagte ich nach einer Weile. „Das kann dir erklären Schwesterchen", sagte meine Schwester. Es war so ungewohnt, denn wenn es wirklich wahr war, dann wäre Melly meine Schwester.
„Als erstes, musst du verstehen, dass das wirklich alles war es, egal wie absurd es klingen mag. Der Himmel lügt nie", meinte der Lufthauch eindringlich. Nachdem ich genickt hatte, erzählte sie weiter.
„Also, da ich nicht weiß, wie genau Dad dir erklärt hat, dass du seine Tochter, fang ich mal einfach an. Götter können sich einen Gastkörper suchen. In diesem leben sie dann eine Weile und können der Person Ratschläge geben. Wenn die Götter es wollen, sind die Personen während ihrem Aufenthalt in der Lage die Kräfte der Götter zu nutzen. Wenn dies geschieht, während der Gott oder die Göttin noch im Körper der Person lebt und dann ein Kind gezeugt wird mit einem anderen Menschen, so ist das Kind in der Lage die Kraft des Gottes zu nutzen. Damit ist das Kind rechtmäßig gesehen ein Erbe des Gottes und so dessen Kind." Ich nickte, nachdem ich einen Moment über das nachgedacht hatte, was Melly soeben erklärt hatte.
„Damit bist du also meine Schwester und Colum meine Halbvater?", fasste ich nochmal zusammen. „Ja genauso ist es und das musst du einfach glauben, egal wie verwirrend es sein mag. Und jetzt steh auf, wir müssen zu Morticia. Immerhin muss unser Team ja komplett sein, wenn wir Terra besiegen wollen. Wir haben schon einen Ersatz für Matrep gefunden und ein neues Teammitglied", verkündete meine Schwester mir.
Morticia, an sie hatte ich gar nicht mehr gedacht. Schuldgefühle wallten in mir auf.
Wie hatte ich sie einfach so vergessen können?
Schnell schwang ich meine Beine aus dem Bett, feststellend das ich noch die Klamotten von gestern trug. Zeit zum Duschen und umziehen hatte ich wohl nicht mehr, dass würde ich wohl erledigen müssen, wenn das Problem Terra aus der Welt war.
„Kommst du jetzt endlich, ich habe Angst, dass die sich da die Köpfe abschlagen bei ihrer Kampfstunde", drängte Melly, als ich versuchte ihr durch die Gänge zu folgen. „Das sagt sich so einfach, ich sehe dich nicht", gab ich zurück. „Vorschlag, ich streiche jetzt links an deiner Wange vorbei, wenn du links abbiegen musst und recht, wenn du rechts abbiegen musst", schlug Melly mir vor. Zu meinem Einverständnis nickte ich und von dort an klappte es viel besser. Der Lufthauch führte mich in einen großen Saal, er glich dem Speisesaal und dem Thronsaal. „So einen großen Saal gibt es in jeder Himmelsrichtung", flüsterte Melly als Erklärung.
Hatte sie meine Gedanken gelesen und sah man mir meinen verdutzten Blick an?
Ein Klirren riss mich aus unserem kurzen Wortwechsel.
Mein Blick huschte auf drei Gestalten, die gegenseitig mit den Schwertern aufeinander eindroschen. „Was machen die da? Tragen die da etwa einen Kampf aus? Oder soll das wirklich eine Kampfstunde sein?", fragte ich leicht hysterisch.
„Ich hoffe nicht, dass sie sich gegeneinander die Köpfe abschlagen, immerhin brauchen wir Morticia, Ragna und Einar noch", antwortete Melly. „Ragna ist hier?", wollte ich wissen. Woher hatte sie wissen können, dass Terra die Böse war? Immerhin war sie doch eine treue ergebene von ihr oder etwa nicht?
„Woher wusste Ragna, dass Terra die Böse ist?", versuchte ich mit erhobener Stimme in Erfahrung zu bringen, um das klirren der Schwerter zu übertönen. „Ich weiß es nicht genau, vermutlich wusste sie schon länger, dass Colum nichts Böses im Sinn hat", beantwortete Melly meine Frage.
„Es reicht jetzt, immerhin wollen wir uns Terra heute noch vom Hals schaffen oder nicht?", befahl der Lufthauch. Die Kämpfenden hielten inne und sahen zu uns hinüber. Morticia grinste mich an, Ragna ebenso. „Tolle Bude hat dein Vater hier", befand sie. Verdattert nickte ich.
Woher wusste sie das denn schon? Und warum glaubte sie das denn so einfach? Andererseits war sie hier aufgewachsen, vielleicht wusste sie schon, dass so etwas möglich war?
„Also Miss, wie sieht der Plan aus? Wie wollen wir Terra den gar aus machen?", fragte Einar mich. „Nenn mich doch bitte Aiana", bat ich ihn.
Hatte ich das nicht schon einmal getan?
„Und nein, ich habe nicht den leisesten Schimmer, wie wir Terra besiegen wollen", drückte ich mich möglichst wohlgewählt aus und nicht so derb wie Einar.
„Wenn du erlaubst Aia, ich habe mir was überlegt", funkte Morticia dazwischen.
Aia, was war das denn für ein seltsamer Spitzname?
„Also, Ragna und ich haben uns folgendes überlegt. Einar und Ragna werden alle Wachen ausschalten und versuchen die Sicherheitsvorkehrungen am Temple auszuschalten. Du und ich werden Terra ausschalten. Melly wird sich etwas um Matrep kümmern, der sicherlich auch da sein wird", erklärte Morticia.
Mir blieb kaum Zeit zu nicken, als die Tür aufging und Colum herein kam oder wohl eher mein Vater. „Einar mach die Adler fertig. Außerdem würde ich gerne mit Aiana unter vier Augen sprechen", befahl er.
Die anderen verließen schnell den Raum und ich war alleine.
„Aiana, auch wenn du mir vielleicht nicht glaubst, dass du meine Tochter bist, musst du wissen, ich bin stolz auf dich. Und lass dich nicht immer so von allen anderen runtermachen und einschüchtern. Ich bin mir sicher, dass du Terra besiegen wirst", der Gott des Himmels hielt inne, „und als kleiner Ratschlag, scheu dich nicht, meine Kräfte einzusetzen." Dann griff unter dem Mantel den er trug und zog mein Schwert heraus. „Das wirst du wohl noch brauchen. Ich war so frei und habe den Griff in blaues Leder wickeln lassen." „Danke", flüsterte ich leise und huschte dann an ihm vorbei, aus dem Saal hinaus.
Im Gehen steckte ich das Schwert in meinen Gürtel. Ich würde es wohl oder übel nutzen müssen, wenn ich Terra besiegen wollte.
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