~Kapitel 15~
Dieser Gedanke lies mich nicht mehr los. Bis zum Schlafen gehen konnte ich an nichts mehr anderes denken. Ich würde töten müssen, etwas was mich einfach nur anwiderte. Ein Leben zu nehmen, egal wie es die Weltsituation ändern würde, kam es mir total falsch vor. Wieso konnte man es nicht anders machen? Colum vielleicht ins Exil schicken oder einen Kompromiss aushandeln?
Ich wusste, dass das nicht gehen würde, doch es kam mir wie die beste Möglichkeit vor.
Auch in meine Träume verfolgte mich der Gedanke. Er ließ mich grausame Sachen sehen. Mein Vater tot, erschossen. Meine Mutter und meine Oma erhängt. Und bei beiden Orten eine Haarsträhne meines Haares am Boden. Ich hatte sie getötet. Die Menschen, die mir am meisten am Herzen lagen.
Die letzte Szene war am grausamsten. Meine Eltern und meine Oma knieten vor einer Holzstange, die Hände an die Stange gefesselt. Ihre Klamotten waren am Rücken zerrissen und das Fleisch darunter war kaum noch vorhanden. Alles war blutig, es sah aus, als ob sie ausgepeitscht worden wären.
Und dann sah ich mich, oder zumindest die Person die ich für mich hielt. Die Gestalt trug einen schwarzen Umhang, eine Kapuze verdeckte das Gesicht. Doch eine Haarsträhne lugte unter der Kapuze hervor und das Haar glich meinem eigenen. In meiner linken Hand hielt ich eine Peitsche, in der rechten Hand eine Pistole. Mein fremdes ich tat zwei Schritte zu meinem Vater und presste ihm die Pistole an den Kopf. Mit einem grausamen Lachen drückte sie ab.
Schweißgebadet schreckte ich hoch.
Es war nur ein Traum, es war nur ein Traum. Alles ist gut, deine Eltern leben noch.
Es war nur ein Traum.
Ich versuchte meinen Atem unter Kontrolle zu bekommen.
Es war nur ein Traum, es war nur ein Traum.
Leise schlich aus dem Zelt, in der Hoffnung Morticia nicht geweckt zu haben.
Es war nur ein Traum Aiana.
Es half nichts, dass Bild meiner Eltern und meiner Oma hat sich unweigerlich in mein Gehirn eingebrannt.
Tränen rannten über meinen Gesicht und mein Körper zitterte durch mein Schluchzen.
Ich ließ mich auf den Boden fallen.
Es war nur ein Traum Aiana, es war nur ein Traum.
Doch es hatte sich so echt angefühlt, dass meinen Eltern einfach etwas passiert sein musste.
Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, doch irgendwann verebbten meine Schluchzer und ich lag einfach nur noch im Gras.
„Hey, was ist denn passiert? Geht es dir gut?", fragte auf einmal Morticia, als sie aus dem Zelt hinausgetreten war. Ich wischte mir kurz über die Augen, bevor ich aufsah. „Alles gut" Meine Begleiterin zog fragend eine Augenbraue hoch, doch fragte zu meinem Glück nicht weiter nach. Etwa eine halbe Stunde später machten wir uns auf den Weg, um die letzten Kilometer zu Colums Festung zurück zu legen. Morticia und ich hingen beide unseren Gedanken nach. Meine Gedanken kreisten immer noch um meine Eltern. Hoffentlich ging es Ihnen gut.
In einem kleinen Wäldchen hielt Morticia an und stieg ab. „Was hast du denn jetzt vor?", wollte ich irritiert wissen und stieg ebenfalls ab. „Wir müssen die Pferde hierlassen und den Rest zu Fuß laufen", erklärte sie und band Nyx an einen Baum. Ich tat es ihr nach und lockerte den Sattelgurt um Rickys Bauch ein bisschen. „Hier, das wirst du wohl brauchen, wenn du Colum den Kopf abschlagen musst", meinte meine Begleiterin da und hielt mir mein Schwert hin. Angewiderte nahm ich ihr das Schwert ab und befestigte es an meinem Gürtel. „Wo hast du es her?", wollte ich wissen. Ich hatte es mit Absicht an der Stelle liegen lassen, wo uns die Adler angegriffen hatte. „Da wo du es verloren hast", antwortete Morticia und betonte verloren besonders, anscheinend hatte sie meinen Versuch durchschaut. „Ich verstehe echt nicht, wie du Herr der Ringe und der Hobbit schauen kannst und dann aber gegen töten bist. In beiden Trilogien sterben doch so viele", äußerte sie sich dann da. Bevor ich antwortete formte sie in meinem Kopf erst mal die Frage, wo her sie das wusste. Immerhin hatte ich ihr gegenüber nie erwähnt, dass ich ein Fan beider Filmtriolgien war oder doch?
„Wenn du es genau wissen willst, normalerweise überspringe ich die Kampfszenen", mit diesen Worten wand ich mich um und lief los.
Mir war nicht klar, wie lange wir gewandert waren, als sich der Wald lichtete und den Blick auf das Gebirgsmassiv vor und freigab. Davor thronte eine riesige, schwarze Festung. Eine Mauer umgab die Festung und ein riesiges Fallgitter würde unerwünschte Besucher vor dem eindringen hindern. Doch das Gitter war nicht runtergelassen und gewehrte uns einen Blick auf einen großen Runden Innenhof.
„Wie ist der Plan, wie willst du zu Colum gelangen", flüsterte Morticia fragend. „Ich habe keinen Plan, ich dachte du denkst dir was aus. Ich habe von sowas doch keine Ahnung", flüsterte ich zurück.
Warum sollte ich mir einen Plan zurechtlegen, wenn ich Colum nicht mal töten wollte? Außerdem, woher sollte ich denn wissen, wie wir zu Colum gelangen sollten?
Morticia schüttelte genervt den Kopf und murmelte etwas, dass sich verdächtig nach dich kann man auch zu nichts gebrauchen anhörte. Ich bedachte sie mit einem bösen Blick. Sie hätte mich ja auch früher fragen können.
„Wir improvisieren einfach", schlug ich dann vor und verließ die Deckung des Waldes. Ich wusste nicht, ob das eine gute Idee war, aber ich rannte einfach auf das Tor zu. Meine Begleiterin folgte mir fluchend. Am Tor angekommen verringerte ich mein Tempo und lief eng an der Wand gepresst in die Festung. Bisher hatte alles gut geklappt, es waren keine Wachen zu sehen, deswegen setzte ich meinen Weg fort. Im Schatten der Mauer arbeitete ich mich zu einem großen Holztor vor. Auch dieses stand offen. Anscheinend hatte Colum nicht die geringste Ahnung, dass Morticia und ich hier waren.
Dann ging alles ganz schnell, hinter mir ertönten Geräusche. Morticia rang mit einem Mann. Dieser trug einen schwarzen Brustpanzer, einen schwarzen Helm, sowie schwarze Stiefel. Seine Beine steckten in gewöhnlichen Jeans. Das war vermutlich nicht die beste Rüstung, aber bestimmt nicht so schwer zu tragen. Ich wollte ihr gerade zu Hilfe eilen, als ich hinter mir Schritte im Kies knirschen hörte. Hastig drehte ich mich um. Vor mir stand ein Mann, genauso gekleidet, wie der, der mit Morticia kämpfte. Doch einen Unterschied gab es, der Mann trug keinen Helm. Er hatte eine Faust zum Schlag erhoben.
Mein Gedanken überschlugen sich, ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Ich tat das einzige, was mir einfiel und versuchte mit meinem Armen mein Gesicht zu schützen. Der Mann lachte und rammte mir seine Faust an die Schläfe. Das letzte was ich mitbekam, war wie ich hochgehoben wurde. Dann glitt ich in die Welt der Bewusstlosigkeit.
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