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"Und was machen wir jetzt?"
fragt Ellie ängstlich und hüpft unruhig von einem Bein aufs andere. Hilflos zucke ich mit den Schultern. Was sollen wir schon groß tun? Wenn ANGST uns will, wird ANGST und früher oder später bekommen. Es ist nur eine Frage der Zeit. Und genau diese Zeit müssen wir nützen und auf irgendeine Weise herausfinden, wie wir das Unmögliche schaffen und von der Bildfläche verschwinden können. Und zwar so, dass niemand uns mehr findet.
Sterbt, denke ich bitter bei mir. Sterben wäre eine einfache Möglichkeit. Obwohl; jetzt, da sie mein Blut haben, ist nicht mal mehr das möglich. Oder kann man mich nicht mit meinem eigenen Blut wiederbeleben?
Ganz in Gedanken versunken merke ich garnicht, wie Newt das Zimmer verlässt. Erst als die Tür durch den Luftzug lautstark zuknallt, schrecke ich auf.
Newt P.O.V
Ich laufe den Flur entlang, bis ich wieder vor der Treppe stehe. Die Situation ist mehr als nur verwirrend. Einerseits ist alles ruhig und die alten Mauern gebe das täuschende Gefühl, beschützt zu sein. Andererseits sitzt da immer noch dir nagende Angst in meiner Brust, welche mir das Blut aus den Adern zu ziehen scheint wie eine Klette, die sich von meiner Unsicherheit ernährt. Ich lehne mich gegen das Geländer des Stiegenabgangs, mein Kreislauf ist noch nicht ganz wieder in der Höhe und rüttelt noch ab und zu an meinem Gleichgewicht. Langsam drehe ich den Kopf und blicke über die Schulter zu dem Zimmer, aus dem ich gerade eben getreten war, vermutlich war es früher Lux' privater Raum. Gleich daneben ist eine weitere Tür, die nur angelehnt ist.
Aus irgendeinem Grund zieht der Lichtspalt meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich trotte langsam darauf zu, meine Hand ruht bewegungslos auf der Klinke, doch ich zögere. Irgendetwas sagt mir, dass sich dahinter etwas Großes, etwas Bedeutendes befinden könnte. Etwas, was tiefer in Lux Leben einschneidet, als Erzählungen es jemals schaffen mögen. Doch wie weit kann ich mir selbst erlauben, zu gehen? Könnte ich sie damit verletzen? Ich sehe zu der geschlossen Türe neben mir, leises Stimmengemurmel dringt zu mir durch, ich kann jedoch kein Wort verstehen. Wie weit will ich gehen...?
Mir leisem Knarren öffnet sich die Tür und ich trete in einen hell erleuchten Raum. Das Sonnenlicht scheint genau durch das offene Fenster und lässt den vom Staub abgestumpften Raum leuchten, wage kann man sich vorstellen, wie freundlich es einmal hier gewesen sein muss. Im hinteren Eck stehr ein großer Glastisch, darauf häufen sich Berge von Unterlagen und Akten. Es erinnert mich etwas an die Büros der Ärzte, sogar einen Computer gibt es hier, wenn auch ein altes Modell.
Wie in Zeitlupe schreite ich zu dem unordentlichen Haufen hin und lese einige der klein gedruckten Zeilen. Es ist der schwer zu entziffern, da das Papier vergilbt ist, außerdem werden sehr viele wissenschaftliche Bezeichnungen verwendet. Wer hier auch gearbeitet hat, kannte sich mit lateinischen Begriffen gut aus. Hat Lux nicht gesagt, ihr Vater hätte bei ANGST gearbeitet? Was für eine Tortur muss es für sie gewesen sein, den eigenen Vater auf die gegnerische Seite wechseln zu sehen, wenn auch unbewusst?
Behutsam hebe ich das oberste Blatt hoch, dabei kommt das Gebilde jedoch ins wanken und einige der Drucke rutschen ab, segeln zu Boden. Ich seufzte leicht genervt und hocke mich hin, um alles wieder aufzuklauben, da fällt mir eine fett geschriebene Überschrift ins Auge.
ANGST hat mich gefunden
Mit höchster Vorsicht, um das spröde Blatt nicht zu zerbröseln, halte ich den Zettel gegen das hereinscheinende Licht.
Eine Email, ganz eindeutig.
Adressiert an einen gewissen Doktor Edward Thomson.
Sie haben mich, Edward.
Sie werden mich morgen holen; ich weiß es. Ich spüre es. Nach allem, was ich getan habe, werden sie mich nicht laufen lassen, trotz der Kinder und Steves hohen Rang. Immerhin sind wir der Weltfeind Nummer eins, wir haben den Planeten zerstört! Wir haben Millionen, wenn nicht gar Milliarden Menschenleben auf dem Gewissen, und nun muss ich diese Schuld mit ins Grab nehmen. Verdammt Edward, weißt du, wie sehr ich es bereue? Weißt du, wie oft ich des Nachts hochschrecke, wegen Albträumen? All die armen Leute, ob nun Immun oder nicht; sie alle verlieren eine Heimat. Unser Versuch, die Ausbreitung rechtzeitig zu stoppen, ist fehlgeschlagen... aber das ist dir sicher schon längst bewusst. Und ob Plan B funktioniert, wird sich erst weisen, doch dies werde ich nicht mehr erleben. Ich hoffe, das Projekt war es dir wert, so viele Familien gewaltsam auseinanderzureißen, denn ich stelle mich nun klar dagegen.
Trotz allem bitte ich dich als deine Kollegin und Freundin, dein altes Versprechen zu halten und alles daran zu setzen, Plan C nicht in Kraft treten zu lassen. Ich könnte nie Ruhe finden mit dem Gedanken, dass ich meine eigene Tochter in meine jugendliche Dummheit hineinziehen könnte.
Leb wohl,
Michaela.
Verwirrt betrachte ich die Zeilen. Weltfeind Nummer eins? Was soll das bedeuten? Was könnte diese Michaela so grausames getan haben, dass sie um ihr Leben zu fürchten hatte? Und was soll dieses Plan A, B, C? Ich lese den letzten Satz noch einmal.
Ich könnte nie Ruhe finden mit dem Gedanken, dass ich meine eigene Tochter in meine jugendliche Dummheit hineinziehen könnte.
Tochter... Tochter...? Lux' Mutter, ist das möglich? Aber wenn diese Frau wirklich so nah zu dem Mädchen gestanden hat, dann weiß sie doch sicher Bescheid, was es mir dieser rätselhaften Email auf sich hat. Oder? Oder war es etwas geheimeres, etwas düstereres?
Ich lege das Blatt beiseite und greife nach dem nächsten. Es ist ein älteres Exemplar, das merkt man sofort an dem fleckigen, zerknitterten Papier. Diesmal handelt es sich nicht um einen gedruckten Text, sondern um eine händisch verfasste Notiz.
Vorrat #017
Das 7. Monat
Bluttest positiv.
Injektion hat gegriffen.
Immunwerte bestätigt.
Keine Fehlbildungen.
Gesundheitszustand stabil.
Anhang:
Es bleibt nicht mehr viel Zeit, doch die Experten sind zuversichtlich mit dem Versuchen. Nach ihren Ergebnissen hadelt es sich bei meinem Kind um ein besonders starkes Kind, welches sich optimal für das Versteck eignet. Jedoch, sagen sie, könne es Verhaltensstörungen im höheren Alter aufweisen, da die Dosierung in den ersten Monaten zu hoch gestochen war. Es handelt sich also um ein besonders wertvolles Exemplar, welches privaten Schutz benötigen wird.
Sollte ich das verstehen? Sollte mir irgendetwas von all dem Quatsch einleuchten?
Selbst als ich es mir abermals durchlese, zweimal, dreimal; der Sinn bleibt gleich. Nämlich unbekannt.
Mein Wissensdurst ist geweckt und ungeduldig greife ich nach dem nächsten Zettel, als die Tür plötzlich aufgerissen wird und Lux in den Raum tritt. Sie mustert mich perplex, wie ich so am Boden hocke, um mich herum lauter beschriebene Blätter verstreut. Es muss lächerlich aussehen für Außenstehende.
Doch Lux lacht nicht.
Stattdessen zieht sie die Augenbrauen so weit zusammen, dass sie zu einem verschmelzen, und fragt:
"Was zur Hölle machst du im Büro meiner Mutter?"
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