Deriundvierzig
Der Morgen des 15.7.16 brach an. Heute vor einem Jahr war alles gut. Ich hatte keine Depressionen, fühlte mich nicht einsam und verlassen, hörte noch normalen Pop, und vorallem war mein Vater noch am Leben. Müde quälte ich mich aus dem Bett, sofort fiel mein Blick fiel zur Uhr, es war halb 10. Normaler weise sind Papa und ich um diese Uhrzeit immer zum Bäcker gefahren. Wir fuhren mit dem Fahrrad und kauften immer das selbe: eon paar Kürbiskernbrötchen und 2 Laugenstangen. Nur dieser Morgen war es anders, wir fuhren nicht mit dem Fahrrad.
"Schnell" Flüsterte Sebastian hektisch und klatschte in die Hände: "zieh dich an, wir wollen los!" Ich nickte und taperte ins Bad. Ich zog mich um.
(...)
Die Sonne schien, sie stand hoch am Himmel, ich schätze höher konnte sie nicht stehen. Es war heiß, kochendheiß. Die Hitze machte mich fertig, sie zerstörte mich noch mehr als dieser Tag überhaupt. Ich griff in Felix' Rucksack und holte seine Wasserflasche raus: "ich darf doch?" Er nickte. Dankend trank ich die Flasche halb leer und steckte sie zurück in seinen Rucksack.
"Dir geht's nicht gut, was?" Erkundigte er sich. Ich schüttelte den Kopf: "es ist zu heiß."
"Nein, es ist wegen gestern Abend." Sagte er. Wir bleiben stehen, er hatte Recht.
Erneut flüsterte ich: "ich kann das nicht.."
Er legte seine hand auf meine Schulter und bremste mich: "Alex.. Bitte, geh zu Frau Engel und fahr nachhause. Du musst zum Arzt.."
Nicht der beste Arzt dieser Welt könnte mir helfen, nur Felix schafft das unmögliche.
"Niemals, ich lasse mir diese Klassenfahrt doch nicht entgehen."
"Aber wir würden doch sowieso morgen nachhause fliegen. Bitte, ruh dich aus. Zu Hause."
"Eben, wir fliegen morgen. Diesen Tag halte ich auch noch durch."
Ich ging weiter, doch er hielt meine Schulter sanft fest und hielt mich schon wieder an: "Alex.. Bitte! Ich sehe doch, wie schlecht es dir geht.. Das gestern am Lagerfeuer, deine schlechte Laune, und dass du so blass bist.. Alex bitte." Ich zuckte die Schultern und ging weiter, dieses mal ohne von Felix aufgehalten zu werden. Er folgte mir betrübt.
Meine Hände verschwanden in die Hosentaschen, Blick gesenkt. Schon wieder diese Körperhaltung, die symbolisiert, dass ich am Arsch bin.. Dass es mir nicht hätte schlechter gehen können. Dass meine Depressionen meinen Körper langsam wieder zurück gewannen.
Felix hat recht. Ich muss nachhause. Ich muss bei meiner Familie sein und Steffi unterstützen. Es ist meine schuld.. Und ich mache mich einfach vom acker. Was bin ich für ein Mensch? Ich muss nach hause, heute. Sofort.
Ich blieb stehen, auch Felix bremste: "was ist los, alles okay?" Fragte er besorgt.
"Du hast recht." Sagte ich leise: "ich muss nachhause. So schnell wie möglich."
Er atmete tief ein und aus. Dann legte er seine Hand auf meine Schulter: "werd' schnell gesund, okay?" Ich nickte.
Felix steuerte direkt auf Frau Engel zu. Als er fertig erzählt hatte, sah sie mich mit offenem Mund an und fing an zu telefonieren, sie rief Tante Steffi an.
(...)
"Wie meinen Sie das?"
Frau Engel drückte mir mein Flugticket in die Hand: "der Flieger kommt in ca. 10 Minuten, du bist spät. Aber das ist der frühste Flieger, den du erreichen könntest. Der nächste geht erst um 23:17 Uhr."
Ich nickte: "Okay, und danke, dass das so spontan geklappt hat."
"Na klar, ruh dich aus, Alex." Sie strich mir über den Rücken und ging hinter die Absperrung.
Felix und sie standen dahinter. Er sah mich mit einem mitleidigen Blick an, hob seine Hand und winkte mir langsam. Ich lächelte, drehte mich um und wollte zur Kontrolle gehen. Was ist, wenn was schief geht? Ich kann das nicht riskieren.
Ruckartig wandte ich mich der Sicherheitskontrolle ab und lief mit weit ausgestreckten armen auf Felix zu. Man kann sich das vorstellen wie internetfreunde, nur mit den Unterschied, dass wir keine internetfreunde sind und, dass nur einer läuft, das war ich. Ich hätte Felix beinahe umgelaufen, dabei ist er doch so viel größer und stärker als ich.
Meine Arme schlagen sich um seine Hüfte, er legte seine Hände um meine Schulterblätter. Es war schön, es war die schönste Umarmung, die wir jemals hatten. Ich schloss meine Augen um den Moment zu genießen. Ich wollte, dass Felix mitkommt. Alleine in diesem großen Metall gestell.. niemals. Aber ich musste.
"Pass auf dich auf." Flüsterte er und ließ mich los. Schnell ließ ich ihn ebenfalls los, lächelte und ging nun wirklich zur Kontrolle. Dieses mal wirklich, es gab kein Zurück mehr. Kein zurück in Felix' Arme.
(...)
Das Flugzeug grummelte und vibrierte, wir rollten an. Frau Engel und Felix standen bestimmt unten am Flughafen und haben mir wahrscheinlich zu gewunken, leider konnte ich weder sie noch ihn sehen, daher musste ich es leider nur vermuten. Wie gerne ich ihn nochmal gesehen hätte.
Da fingen wir an zu fliegen, ich sah die Wolken von oben. Das war der Traum von meinem Vater seitdem er denken konnte.. Leider hat er es nie geschafft sie zu sehen. Von oben.
Hoffentlich werde ich sicher in Berlin landen. Wobei.. Ich könnte glücklich sterben. Am Todestag meines Vaters, einer letzten Umarmung von Felix und dem größten Wunsch von Papa.
Doch eigentlich war ich überhaupt nicht glücklich, es hätte mir nicht schlechter gehen können. ||
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