zukunftspläne
Guk plant etwas. Wie es heißt, müssen wir kurz überlegen, da gibt's nämlich viele Worte und wir wollen uns ja bewusst für eines entscheiden.
Selbstmord könnte man das Ziel seines Plans nennen. Aber das klingt sehr abwertend, betitelt ihn ja als Mörder. Und das ist er doch eigentlich nicht, wenn er sterben will. Würde ihn ja zu einem Verbrecher vorm Gesetz machen und das trifft halt echt nicht zu. Gut, also nächstes Wort bitte.
Suizid. Das kommt ja ausm Lateinischen sui für sich und caedere für töten. Caedere kann zwar auch 'nen Haufen anderer Bedeutungen haben, wie gefühlt jedes Wort in Latein, aber well, nehmen wir halt die Grundbedeutung. Ja, Suizid könnte man schon eher sagen, das ist neutral und hat auch irgendwie einen schönen Klang, muss man zugeben.
Selbsttötung kann auch durchgehen, heißt ja im Prinzip das Gleiche wie Suizid, eben nur auf Deutsch. Trägt genauso keine Wertung mit und ist einfach ein gechillter Ausdruck.
Dann gibt's noch den Freitod, aber ja, ganz sympathisch ist das Wort nicht. Das kommt ja so rüber, als würde man sich vollen Bewusstseins für seinen Tod entscheiden, komplett reflektiert und alles. Doch davon kann man wohl nicht immer sprechen, oft spüren sich die Leute, die Suizid begehen, gar nicht richtig und sind alles andere als in ihrer mind. Braucht man nur mal durch Wien fahren und paar Menschen fragen, findet man sicher jemanden, der von Erfahrungen aus erster Hand berichten kann.
Gut, nach dieser Analyse gehen wir wohl mit Suizid oder Selbsttötung als Ausdruck weiter, das scheint passend. Guk plant also seinen Suizid. Er meint das nicht ernst, denkt eher spaßhalber drüber nach, weil der Gedanke ihn fesselt. Er enjoyt es, sich vorzustellen, dass er leblos von der Decke baumelt, oder unter dem Wasser der Donau begraben liegt. Was soll man auch sonst im Kopf haben, wenn man mitten in der Nacht aufwacht und nicht mehr einschlafen kann.
Er muss sich halt auch einfach für die Zukunft vorbereiten. Irgendwann wird T mit ihm Schluss machen und dann muss er ready sein, kann keine unnötige Zeit mit Planung verbringen, sondern muss zack, zack, zack handeln und raus hier. Lang kann's ja echt nicht mehr dauern, T gibt ihm zwar jetzt noch eine letzte Chance mit dem Krankenhausbesuch, aber spätestens wenn das nicht klappt, wird es vorbei sein. Und dann will er nicht planlos dastehen.
Denn sind wir mal ehrlich. Was macht er hier noch? Er pumpt sich jeden Tag mit shit voll, tut alles, nur um seinem Kopf für ein paar Stunden zu entfliehen und lebt anscheinend nur dafür, dass er am Leben ist. Ok, nein, jetzt hat er noch einen Sinn, T, aber wenn der weg ist, warum sollte er dann noch bleiben? Zu seinen Eltern hat er keine Verbindung, er hat nichts, was ihm wirklich Spaß macht und vom Umwelt pov ist er sowieso nur reine Ressourcenverschwendung. Kann man sich genauso gut verpissen.
Er überlegt also, wie er es machen würde. Als erstes kommt ihm der Strick in den Sinn. Diesen komischen Knoten binden, da gibt's sicher irgendwo im Internet ein Tutorial und dann rein da in die Schlaufe. Aber wo soll er das Teil aufhängen? Ist nicht so, als hätte er einen Haken dafür an der Decke angeschraubt und ob die das ganze Gewicht überhaupt halten könnte, ist ihm auch unklar. Hm, vielleicht lieber nicht so, ein fail kann er nämlich nicht gebrauchen.
Adern aufschlitzen, ist natürlich auch etwas, an das man gleich denkt bei Suizid. Ist ja schon bei zwei, drei Liter Blutverlust kritisch oder so, das geht schon schnell. Nur hat Guk, der ängstliche Bre, auch hier seine Bedenken. Wenn er halt einfach zu wenig reinschneidet, killt's ihn vielleicht nicht. Was weiß er schon, ob er dann wirklich durchziehen kann, oder ob ihm der nahende Tod alle Kraft raubt.
Den geschmeidigen Fenstersprung gäb's auch noch im Angebot. Da muss natürlich die Höhe stimmen, seine Wohnung ist circa 20 Meter überm Asphalt der Straße. Hm, ob das genügt? Er ist sich unsicher, vielleicht landet er irgendwie blöd auf den Füßen, wenn er Pech hat, und überlebt. Vielleicht könnte er einfach zu einem höheren Haus gehen. Gibt genug Feuertreppen, bei denen man random jederzeit raufgehen kann, oben ein kurzer Seitensprung und die Sache ist erledigt. Die Leute, die ihn dann vom Boden aufwischen müssen, tun ihm leid, aber manchmal geht's halt nicht anders.
Ja, es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten, wie man sich selbst töten kann, Guk fühlt sich wie beim leckeren Buffet in einem lausigen Hotel. Ob Springen, Gleise, Überdosis, Kohlenstoffmonoxid oder Aufschlitzen, er verspürt eine kindliche Aufregung, als er in Gedanken die ganzen Szenarien abspielt. Am liebsten würde er gleich mehrere kombinieren, Arme aufschneiden, OD kicken und dann noch in die Donau jumpen. Wenn er nach dem Allem nicht tot ist, läuft in dieser Welt doch gehörig was falsch.
Er fantasiert so lange über seinen eigenen Tod, bis draußen die Sonne wieder aufgeht. Gut, er weiß nicht, wann er aufgewacht ist und der Gedankenfluss begonnen hat, aber es war schon eine ordentliche Zeit. Jetzt steht er auf, zieht die Rollo runter, bis es erneut finster ist und legt sich wieder ins Bett, wo er noch kurz sein Handy checkt. T hat geschrieben.
was denkst du darüber, dass wir zum krankenhaus fahren am freitag?
Pf, was er darüber denkt? Ja, oarsch. Irgendein Fremder wird ihn persönliche Sachen fragen, versuchen, Kausalität in seinem Leben zu finden und dann ja, keine Ahnung. T hat gemeint, sie werden ihn nicht dortbehalten, aber was sonst? Kriegt er dann Medikamente oder so? Oder muss er regelmäßig in Therapie? Man, er hat null Plan, wie dieses System abläuft, er fürchtet sich einfach nur davor. Aber für T tut er es. Also schreibt er ihm ehrlich zurück.
hab angst...aber ich weiß, dass es notwendig is, wenn ich dich nicht verlieren will. ich will besser werden für dich <3
Er schickt's ab, nachdem er die Nachricht noch dreimal durchgelesen hat und Sachen ausgebessert hat. Dabei denkt er, dass er das Richtige schreibt und T sich über diese Worte freuen wird. Little did he know, sind es genau solche Sätze, die Ts Unbehagen auslösen. Aber egal, das spielt grad alles keine Rolle.
Guk ist müde von der langen Nacht und will nochmal schlafen. Nur irgendwie wird er die Gedanken ans Krankenhaus nicht los, er hängt sich auf auf den angsteinflößenden Szenarien und stellt sich alle mögliche Scheiße vor, die schief laufen kann. Bis er es nicht mehr aushält und ein paar Valium pills einwirft. Dann geht's wieder und er kann schlafen.
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