hirnordnen
Meanwhile bei T. Der ballert sich nicht sein Hirn weg im Praterdome, der gibt Vollgas in Yoga und Klavierspielen, um irgendwie die Zeit zu überbrücken, bis Pi gegen Mitternacht von der Lieferarbeit zurückkommt. Gespräche sind seine wichtigste coping strategy.
Pi merkt gleich, dass etwas bei deren Bruder off ist. Normalerweise pennt der schon um die Zeit, jetzt haut er aber ordentlich den Ravel in die Tasten. Dey steuert sogleich sein Zimmer an und wartet, bis der das Stück zu Ende gespielt hat, bevor dey reingeht.
"Hey T", begrüßt Pi den Pianisten, "Schön gespielt"
"Ah, hi. Danke. Wie war dein Tag?", erkundigt er sich, da er nie anfangen würde, von seinen Problemen zureden, wenn er nicht weiß, in welcher Verfassung die andere Person ist.
"Ganz gut. Hatte viele Aufträge. Wie war's bei dir? Du warst ja heut mit Guk im AKH oder?"
"Ja. Aber...na ja, hast du Kapazität zum Reden? Es lief nicht so gut"
"Ja, tell me", stimmt Pi zu und setzt sich bequem auf Ts gefedertes Bett.
"Also, ich hab ja vorgeschlagen, dass wir mal in die Psychiatrie gehen und dort mit wem reden, weil ich mit Guk in seinem jetzigen psychischen Zustand keine Beziehung führen kann. Und well, er hat heute mit wem geredet, aber er hat halt jegliche Hilfe abgelehnt. Der Arzt hat ihm 'nen Platz angeboten, aber er hat einfach Nein gesagt. Therapie hat er auch nicht vor. Das war komplett unnötig"
"Warte, wieso hat er das jetzt abgelehnt?"
"Ja, im Prinzip wegen seiner Angststörung. Das ist ja ein Teufelskreis, er fühlt sich minderwertig und denkt, er verdient keine Hilfe und deshalb wird er auch keine bekommen. Er verbaut sich selbst den Weg"
T redet schnell. Er ist noch immer frustriert und will es nicht wahr haben, dass sein Freund diese Option gewählt hat. Mit krummen Rücken kauert er am Klavierhocker, das Missfallen ist ihm deutlich anzusehen. Pi erkennt ebenfalls seine Emotionen und hört ihm trotz des langen Arbeitstages aufmerksam zu, da dey ihn dabei unterstützen möchte, die richtigen Schlüsse und Entscheidungen aus dem heutigen Tag zu ziehen. Geduldig hört dey sich seine Gedanken an.
"Es ist halt so kacke. Ich will nicht sagen, dass er mich verarscht hat, weil ich bin mir sicher, er hatte keine bösen Absichten. Aber wenn er mir sagt, er geht dorthin und wird sich ändern und dann pullt er sowas? Das ist doch nicht okay...Auch wenn ihn die Angststörung vielleicht diese ganzen Dinge tun lässt, I don't know, mittlerweile weiß ich echt nicht mehr, wo die Grenze zwischen Krankheit und Persönlichkeit ist"
"Ja, ich versteh schon. Du kannst nicht alles wegen seiner Diagnose entschuldigen. Und er kann sich deswegen auch nicht alles erlauben. Hat er sich dann eigentlich bei dir entschuldigt oder wie war das dann?"
"Ich hab halt gesagt, dass sich das wie Verrat anfühlt, und er dann so, ah nein, tut mir so leid, das wollt ich nicht. Er hat sogar gemeint, er geht nochmal zurück und nimmt den Platz doch an, aber bro, Psychiatrie wird ihm auch nix bringen, wenn er sich legit einfach nicht helfen lassen will. Es tut ihm ja eh leid, aber...es ändert halt nichts an der Situation"
"Fühlt es sich jetzt noch immer wie Verrat für dich an?"
"Hm...ja, schon", bestätigt T und zögert dann kurz, fügt Folgendes aber dann doch hinzu, "Ich denk halt jetzt schon öfter an Trennung. Vor allem nach heute"
"Okay, hast du ihm das gesagt?"
"Ja. Er hat gemeint, ich kann ruhig Schluss mit ihm machen und like, no shit Sherlock, das kann jeder von uns beiden, aber ich will halt nicht aufgeben. Er sagt das so leichtfertig, als würd's ihn gar nicht jucken, wenn wir nimmer zusammen sind"
"Das glaub ich nicht. Er hängt ur an dir, das sagst du ja selber immer. Aber wenn er sich so wertlos fühlt, dann denkt er vielleicht, dass er dich eh nicht verdient hat. Oder er geht einfach von 'ner baldigen Trennung aus, bereitet sich sozusagen schonmal drauf vor, damit er dann nicht komplett überrascht und traurig ist, wenn's wirklich so weit ist"
"Ja, aber so kann man doch keine Beziehung führen. Ich kann doch nicht davon ausgehen, dass es eh bald vorbei ist, wozu sollt ich dann Arbeit reinstecken?"
"Eh, aber gut möglich, dass das einfach Schutzmechanismen von Guk sind. Sowas ist schwer zu verlernen"
"Man...", seufzt T laut und rauft sich mit den Fingern durch die Haare, "Das ist alles so kacke. Genau solche struggles hab ich befürchtet, bevor wir zusammengekommen sind. Ich hab ihn eh dreimal oder so gefragt, ob er echt bereit ist für 'ne Beziehung und so, und er hat immer Ja gesagt, aber hell nah, das macht uns doch nur beide kaputt"
"Also denkst du echt an Trennung?"
"Schon, ja. Aber ich will's jetzt auch nicht überstürzen und keine Ahnung, was das dann in ihm auslöst und ja, I don't know..."
"Wir könnten ja so 'ne Pro und Contra Liste machen"
"Gute Idee, liebe solche Listen zum Hirnordnen"
"Passt"
Pi greift rüber zum Schreibtisch, grabt sich ein Blatt kariertes Papier plus Kuli und nimmt noch ein random Buch (Unter Leuten von Juli Zeh) als Unterlage. Überschrift ist TGuk, danach Unterteilung in + und -, wobei nur die Beziehung gemeint ist, weil prinzipiell könnten sie ja selbst nach einer Trennung Freunde bleiben. Aber wir schauen uns mal nur die romantic relationship an.
"Okay, also was gefällt dir an der Beziehung mit Guk? Warum funktioniert die besser als andere?", leitet Pi die Fragerunde ein und sitzt aufmerksam da, um die Antworten von deren Bruder zu dokumentieren.
"Ähm...ich mag seinen Respekt. Er respektiert jede Meinung und Äußerung, er redet nie schlecht über andere. Er judget einfach nicht, das ist...so angenehm, weil das gibt mir irgendwie voll die Sicherheit, dass ich ihm alles sagen kann und er mich nicht verurteilt eben. Vielleicht spielt da seine Angststörung rein, keine Ahnung, aber so ist es halt"
Pi schreibt ein paar Stichworte auf, T überlegt währenddessen weiter. Traurigerweise fällt ihm auf die Schnelle gar nicht so viel ein, aber wahrscheinlich sitzt ihm einfach noch die Situation vom AKH im Nacken und verzerrt seine Wahrnehmung. Schließlich redet er doch weiter.
"Ah ja, und was ich mir anfangs oft dachte, dass er so Feuer in sich hat, weißt du? So Leidenschaft und er kann sich auch voll gut für Sachen begeistern. Das find ich cool, gibt mir auch immer Motivation. Oh, und auf jeden Fall sein Humor. Wir lachen über dieselben Dinge, das ist ganz chillig"
"Okay, sonst noch was? Irgendwas, wo du so sagst, ja, das hab ich bisher in keiner anderen Person so nice erlebt, das wär wirklich ein Verlust. Das gibt's nicht oft, so auf die Art"
"Hm, ja ich glaub, das ist eh sein Respekt, seine Rücksichtnahme. Ich mein, jetzt dieses Sexding, ich kenn niemand sonst, der nicht asexual ist und das so annehmen würde. Er wär halt schon down dafür, aber da ich's nicht mag, ist es gar kein Thema für ihn und er hat nie in irgendeiner Art Druck gemacht. Er ist sogar eher übervorsichtig haha, obwohl manches für mich eh okay ist. Aber ja, das schätz ich sehr an ihm und da bin ich ihm auch echt dankbar"
Und dabei belassen wir es für dieses Kapitel. Hören wir mit ein paar schönen Zeilen auf, bevor wir uns der Contra Seite nächstes Mal widmen.
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