5. Kapitel - Eros
Aidos benötigte viel Zeit, um einzuschlafen. Daher hatte ich immer wieder darüber nachgedacht, mit ihr zu reden. Doch was wäre dann geschehen? Wahrscheinlich hätte ich versucht, sie zu beherrschen. Denn als ihr Herz zur Ruhe kam, sollte es für mich schneller schlagen. Vor Aufregung, vor Lust, vor Verlangen. Aus diesem Grund habe ich mich entschieden, kein weiteres Wort zu verlieren und den Frieden noch eine Weile zu bewahren.
Ich meinte es ernst, als ich sagte, dass ich mich selbst zugleich zerstören würde. Dieser Befehl von Zeus hatte das Potenzial, im schlimmsten Fall zwei Götter auszulöschen. Mir war dies bewusst, doch war es ihr auch bewusst? Ich war mir nicht sicher. Ebenso wusste ich nicht, ob ich dieses Thema mit ihr besprechen sollte. Darüber musste ich erst noch eine Nacht schlafen. Meine Augen brannten und ich schloss sie. Dieses Mal gelang es mir endlich, einzuschlafen.
Plötzlich wurde ich unsanft aus meinem Schlaf gerissen, als ein lautes Klirren erklang. Noch verschlafen überlegte ich, was das sein könnte und ob ich es mir nur eingebildet hatte. Immerhin war ich alleine und es war hier immer so ruhig. Nicht einmal die Tiere verirrten sich hier her. Genüsslich drehte ich mich um und dann wurde mir bewusst, was los war. Aidos! War sie das? Wollte sie etwa fliehen?
Ich lief zu der Tür, breit sie zu fangen und öffnete sie, und wieder sah mich eine erschrockene Aidos an, ihr Herz schlug schneller. Ich wollte es heilen und gleichzeitig stärker schlagen lassen. Diese Göttin brachte mich ständig durcheinander. Ich war im Jagdmodus, nur bewegte sich meine Beute nicht. Wie öde... »Ist das... eine Angewohnheit von dir, Eros?«, fragte Aidos mit verlegener Stimme. Und ich mochte es sehr, wie sie mich durch ihre vollen Wimpern hindurch ansah.
Es wäre jetzt wunderbar, meine Hand sanft unter ihr Kinn und möglicherweise auch an ihrem Hals zu legen, um intensiv zu spüren, wie ihr wertvolles, goldenes Blut durch ihren Körper fließt. Ich musste es darauf ankommen lassen. Konnte nicht wiedersehen, dem Bedrüfnis in mir nicht ein wenig nachzugeben. »Berühre mich, Aidos«, verlangte ich mit heiserer Stimme. Ihre Augen öffneten sich noch weiter und ich bemerkte, wie sie auf ihre sinnliche Lippe biss.
»Du wirkst unsicher in meiner Nähe. Ich gebe dir jetzt den Vortritt, da ich dich beim nächsten Mal berühren werde. Es liegt ganz bei dir. Entweder jetzt und ich werde geduldig warten, bis du es tust oder es passiert noch heute und dann aus dem nichts.« Sie schwieg einen Moment, dann streckte sie tatsächlich ihre Hand nach mir aus. Mein Herz begann schneller zu schlagen und ein Gefühl der Zufriedenheit überkam mich. Sie folgte meinem Wunsch!
Sie zog jedoch unerledigter Dinge ihre Hand zurück und schaute zur Seite. Meine Hand reagierte sofort und legte sich sanft um ihren Hals. Danach machte ich einen Schritt nach vorne. Auf diese Weise fühlte ich mich dominant und sie würde sich automatisch demütiger verhalten, weil sie ihren Hals überstrecken musste. Diese Runde ging an mich! »Hast du etwa gedacht, dass es ein Scherz war? Das ist es nicht, ängstliches Rehlein.«
Ihr abwesender Blick überraschte mich und ich ließ sie sofort los. Es war, als ob sie nicht wirklich hier wäre, wie eine Statue. Verärgert über diesen Start und über mich selbst, machte ich Aidos die Tür frei, indem ich zur Seite trat und weiter in den Wohnraum ging. Gleichstand...
Sie folgte mir, Blumen in den Händen haltend. Wahrscheinlich hatte sie diese draußen gepflückt. Dann setzte sie sich an den Tisch und begann einen Kranz zu flechten. Dieses schweigen und diese angespannte Stimmung quälten meinen geistigen Zustand. Nur wusste ich nicht wie ich die Stille düllen konnte. »Das macht man doch als Gast. Ein Geschenk mitbringen... Nicht wahr?«
Ihre Stimme war außerordentlich einfühlsam, zarter als die feinste Seide. Dass sie immer noch mit mir sprach, nich dazu in diesem Ton, konnte ich nicht begreifen. Es war so schwer, sie zu verstehen. »Tust du das für mich!?« Ihr zustimmendes Nicken durchdrang mich auf eine ganz seltsame Art. Eins war klar. Es war für mich nicht hilfreich, Aidos an meiner Seite zu haben, da es meine negativen Eigenschaften nur verstärkte. »Du bist mir Geschenk genug«, sagte ich dennoch zu ihr.
Sie hörte auf, den Kranz zu flechten und blickte mich an. Ich wollte es ihr nicht zu bequem machen, mich zu lesen, und ging immer wieder um den kleinen Tisch herum, an dem sie saß. »Es ist wirklich eine große Herausforderung, den Respekt vor Zeus und dir zu wahren, aber ebenso das Gefühl der Schüchternheit und meiner Zurückhaltung. Nichts erleichtert es mir, zu entscheiden, was ich tun soll. Es liegt gleichauf.«
Das hieß, dass sie einerseits darauf bedacht war, das Urteil zu befolgen und zu tun, was man ihr sagte. Andererseits konnte sie es jedoch nicht, da ihre Kräfte es ihr nicht erlaubten. »Aidos, die Begierde nach dir wird nicht schwächer, wenn du mir diesen kleinen Hoffnungsschimmer gibst. Es wäre besser, dies nicht zu sagen, es sei denn, du bist bereit, die Konsequenzen zu tragen.«
Während sie sich erneut dem Kranz widmete, blieb ich hinter ihrem Stuhl stehen. Eine Weile beobachtete ich ihre geschickten Finger und ihr sein. Dann legte ich vorsichtig meine Hände auf die Stuhllehne und neigte mich langsam nach vorne. Ihr bezaubernder Duft umschloss mich und meine Lippen berührten automatisch sanft ihren Scheitel. Ich hatte großen Respekt vor ihr und das wollte ich ihr auf diese Weise zeigen, denn ich konnte es nicht in Worte fassen.
Doch in diesem Augenblick empfand ich das dringende Bedürfnis, mich von Aidos zu distanzieren. Bevor ich restlos bei ihr zu weit ging. Es schwirrten zu viele Gedanken in meinem überhitzten Kopf herum. Ich wollte draußen frische Luft atmen und mich abkühlen. Als ich mich zurückzog und zur Tür ging, hielt sie mich jedoch auf. »Eros?!« Ich blieb zögernd stehen, unsicher, ob ich hören wollte, was sie zu sagen hatte.
»Wenn du einverstanden bist, würde ich gerne einen neuen Versuch starten«, sagte sie freundlich. Doch was genau meinte sie mit einem neuen Versuch? Die Berührung oder unser kennenlernen? »Hätte mein Gewissen sich nicht gemeldet, dann hätte ich dir gerade sehr sehr wehgetan«, fügte sie hinzu.
Offensichtlich war ihr dieser zarte Kuss bereits zu viel gewesen. Ich versuchte meine Wut zu unterdrücken und kam ihr erneut näher. »Das ist deine letzte Chance, Aidos! Berühre mich!« Ich wusste, dass sie nicht mit mir spielte und dennoch fühlte es ich so an. Nur hatte ich hier das Sagen und nicht sie! Das würde sie noch verstehen.
1076 Wörter
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Hallo liebe Leser,
Im folgenden Kapitel erscheint eine Person aus dem Götter-Lexikon. Wer könnte das sein? Und aus welchem Grund?
Ich werde noch einmal aus der Sicht von Eros schreiben, da das Kapitel so lang geworden ist, dass ich einen Teil davon ins Kapitel 6 verschieben musste. Danach wird wieder die Sicht von Aidos folgen. Habt ihr eigentlich Vorlieben betreffend der Sicht? Dann könnte ich das noch mit einplanen. Oder nehmt ihr es, wie es kommt?
LG Patty ❤️
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