Eine schicksalhafte Entscheidung
Ein weiterer OS, basierend auf den März-Writing-Prompts von WattpadVampirDE
» Vorschlag 1: Eine tödliche Seuche vernichtet einen großen Teil der Menschen. Vampire sind von der Krankheit nicht betroffen und können sie mit ihrem Blut heilen. Werden sie die Menschheit retten oder untergehen lassen? «
Mit einem trägen Winken signalisierte der Lord seinen Bediensteten, nachschenken zu lassen. Das Plätschern der dunklen, roten Flüssigkeit, die in den silbernen Becher floss, war alles, was in dem großen Saal zu hören war, das, und das flache Atmen der beiden jungen Mädchen, die am Rand der Halle standen und darauf warteten, dass ihre Herren ihnen eine Anweisung gaben. Die dritte von ihnen war älter und schaffte es inzwischen, so leise zu Atmen, dass es in den feinen Ohren der Ratsherren kaum mehr als ein leiser, unerheblicher Makel war.
Sie hatte einiges an Erfahrung gesammelt in den siebzehn Jahren, die sie schon in Skalicza lebte und diente – Erfahrungen, von denen sie heute noch Nutzen hatte, und Erfahrungen, die sie um keinen Preis noch einmal machen wöllte.
Fast lautlos zog sie sich zurück, während der Lord an seinem Becher nippte.
»Aaah«, seufzte er genüsslich, die Augen halb geschlossen, während ein selbstzufriedenes Lächeln über sein ebenmäßiges Gesicht huschte. Im dämmrigen Licht der Kronleuchter blitzten seine spitzen, weißen Zähne kurz auf. Kurz fuhr er sich durch kurze, rabenschwarze Haar und musterte dann seine Kumpanen aus dunklen, aufmerksamen Augen, in denen sich das Kerzenlich spiegelte: »Was ist? Sagt nicht, Ihr sehnt Euch nicht auch nach einem Schluck Blut.«
Seine Stimme war samtig und volltönend. Ihr wohnte ein Zauber inne, der sich jetzt noch nicht voll entfaltete, aber dessen Macht zumindest zu erahnen war, ein Zauber, der nicht ganz zu seinem jungenhaften Gesicht passen wollte, oder zu seiner legeren Haltung, die ihn so leichtfertig wirken ließ auf dem eisernen Stuhl, auf dem er thronte. So leicht täuschte das über die vergangenen Jahre hinweg, die allesamt spurlos an ihm vorbei gegangen waren. So leicht verbarg es die Tatsache, dass er, dieser junge, gutaussehende Kerl auf seinem Thron, das mächtigste Wesen dieser Welten war.
»Ich sag nicht Nein, wenn du mir einen anbietest.«
Ein schlankes, blasses Mädchen, kaum älter als er, trat aus den Schatten in den hinteren Teilen der Halle. Ihre dunklen Locken waren in aufwendiger Kleinstarbeit kunstvoll hochgeflochten worden und wiesen so nun dezent auf das silberne Diadem mit dem roten Stein, das sie trug, hin. Der geschliffene Rubin schimmerte im Licht der Kerzen, mit jedem Schritt, den sie machte, änderten sich die Lichtreflexe. Ihre großen, dunklen Augen glänzten und ihre langen, dichten Wimpern wirkten schwer von dunkler Tusche. Auf ihren vollen Lippen lag ein Schimmer, der vielleicht von Lipgloss herrührte, vielleicht aber auch von Blut.
Mit den Fingerspitzen strich sie einmal beiläufig über seinen Nacken, als sie sich auf der Armlehne seines Silberthrons niederließ und ihm geschickt den Becher aus den Fingern wand. Ihre eine Hand blieb dabei in seinem Nacken liegen, ein klarer Besitzanspruch auf den Jungen auf dem Thron. Eine Diebin war sie einst gewesen, eine Königin war sie jetzt, aber eine Diebin blieb sie im Herzen.
»Auf dich, mein verehrter Gatte«, versprach sie, ihre schöne Stimme genauso samtig schnurrend wie seine, doch mit einem neckenden Unterton, den er nicht gehabt hatte, dann setzte sie den Becher an ihre vollen Lippen und trank. Auch in ihrer Stimme lag ein Zittern von Macht, der Hauch einer Andeutung, was sie zu tun vermochte. Eine einzelne Locke hatte sich aus ihrer Frisur gelöst, ein perfekter Makel, an dem der Junge nun herumspielte, während sie trank.
Als sie den Becher schließlich absetzte, starrten nicht wenige der ehrenwerten Ratsherren und -herrinnen sie entsetzt an. In Vampirkreisen war es weithin bekannt, dass das Mädchen, das ihr König sich an seine Seite geholt hatte, von anderem Schlag war als die meisten von ihnen: Nicht adelig und nicht blaublütig, nicht reich und nicht einmal berühmt war sie gewesen. Nur eine Diebin, die auch das eisige Herz des Königs gestohlen hatte, und deren Verhalten und Abstammung der Rat seit Jahrhunderten zutiefst missbilligte.
Aber der junge König lachte nur leise über das Entsetzen seines Rates und nahm den Becher dann wieder entgegen, während er einen Arm um ihre Hüfte legte und zuließ, dass sie das Blut mit dem Daumen von seiner Lippe strich.
Den Raben nannte man sie, und wenn sie da so auf seiner Armlehne saß, bereit, ihm neue Entscheidungen einzuflüstern, ganz wie es die Ratsherren befürchteten, konnte man diesen Spitznamen nur allzu gut nachvollziehen. Sie schenkte den misstrauischen Blicken, mit denen der Rat sie taxierte, keinerlei Beachtung, ihre Augen waren auf das ebenmäßige Gesicht ihres Königs gerichtet, während zwischen den beiden eine schweigende Unterhaltung abzulaufen schien, an der die Mitglieder des Rates nicht teilhaben konnten. Trotz ihrer skeptischen Aufmerksamkeit, die sich ganz auf den Raben fokussierte, wurde ihnen nicht ein Fetzen der ausgetauschten Botschaften zugetragen.
Ein Klopfen, das in dem vollkommenen Schweigen im Saal seltsam laut nachhallte, unterbrach das stille Gespräch der beiden, auf den kühlen Gesichtern der Ratsherren und Ratsherrinnen zeichnete sich stellenweise Erleichterung ab. Auf eine Handbewegung seinerseits legte eines der Mädchen den Hebel um, der die große Tür, die in den Raum führte, aufschwingen ließ.
Der junge Mann, der durch die sich öffnende Tür fast schon hastig den düsteren Sitzungssaal betrat, war jung, jünger noch als der Lord, und auf den zweiten Blick eher ein Kind als ein Mann. Das silberne Emblem an seiner schwarzen Jacke wies ihn als einen königlichen Boten aus.
»Mylord, Mylady«, begrüßte er das Herrscherpaar ein wenig gehetzt, während er niederkniete, denn so viel Anstand musste sein. Den wenigen Auserwählten, die der Krone dienen durften, sagte man stählerne Nerven nach und die Fähigkeit, selbst im Angesicht schlimmster Katastrophen ihre Ruhe – und Manieren – zu bewahren. Der kindliche Bote musste noch recht neu in seiner Berufung sein, das zumindest erzählte das nervöse Flackern in seinen Augen.
»Erheb dich«, erlaubte der Lord ihm ein wenig gelangweilt, seine Finger malten Kreise auf der Hüfte seiner Lady, die nach wie vor den Großteil seiner Aufmerksamkeit für sich beanspruchte. Desinteressiert nahm er einen weiteren Schluck aus dem silbernen Becher, dann wandte er seine Aufmerksamkeit für einen Moment dem Boten zu, um ihn einmal durchdringend zu mustern, bevor er das Interesse wieder verlor.
Anmutig erhob der junge Bote sich, aber der gehetzte Ausdruck, der in unregelmäßigen Abständen über sein ebenmäßigen Gesicht huschte, strafte sein gelassenes Auftreten Lügen. »Mylord, Mylady, ich weiß nicht, ob Ihr es bereits erfahren habt«, begann er, »aber vor zwei Wochen brach im Süden Europas eine Seuche aus, die die dort lebenden Menschen schnell infizierte. Die ansässigen Vampire blieben glücklicherweise verschont...«
»Komm zur Sache«, unterbrach der Lord gelangweilt, der desinteressierter nicht hätte sein können. Seine Finger tanzten weiter über die Haut seiner Königin, statt sich dem Boten zuzuwenden, liebäugelte er mit dem silbernen Kelch, den er noch immer in der Hand hielt, und aus dem er nach einigen Momenten einen weiteren Schluck trank. »Und fass dich kurz.«
Sichtlich irritiert, aber gleichermaßen eingeschüchtert, fuhr der Bote fort. »Die Epidemie breitete sich rasend schnell aus. Als in Spanien schließlich die gesamte Dienerschaft einer Vampirin krank wurde...«
Jetzt setzte der Lord sich doch ein bisschen auf, sein Blick wurde etwas weniger abweisend, obgleich er der Schönheit neben sich und dem Kelch zwischen seinen Finger doch weiterhin weitaus mehr Aufmerksamkeit schenkte. Die Ratsherren hingegen beobachteten nicht den Boten, sondern nur ihren König. Für sie hatte es weniger Bedeutung, welche Informationen ihnen zugetragen wurden, als was ihr König daraus machte.
Der Bote räusperte sich etwas verlegen, als bereite das Folgende ihm ebenfalls Kopfzerbrechen, während er mit den Augen den Bewegungen des Raben folgte, der seinem König erneut den Trinkkelch aus der Hand stahl. »Nun, Mylord, ich weiß auch nicht, wie es geschehen konnte, doch besagte Vampirin...« Er trat unruhig von einem Fuß auf den anderen und ließ damit das erste Mal seine Nervosität nicht nur durch seine Mimik auftreten. »Nun, es gelang ihr, ihre Dienerschaft mit ihrem eigenen Blut zu heilen.«
Der Lord warf seiner Lady einen Blick zu, doch sie lächelte bloß geheimnisvoll und trank erneut aus seinem Becher, wobei das silberne, rubinbesetzte Armband an ihrem Handgelenk leise klirrte. »Ach«, quittierte der Lord nach einigen Momenten recht gelangwelt und ließ sich langsam zurück gegen die Lehne seines Throns sinken, beinahe enttäuscht, als habe die Erzählung des Boten seinen Geschmack nicht so recht getroffen. »Und du kommst damit so aufgeregt zu uns, weil...?«
Die Atmosphäre im Sitzungssaal änderte sich, bevor der Junge auf dem Thron seine Frage beendet hatte. Eine Anspannung legte sich über die Anwesenden im Saal, die Ratsmitglieder versteiften sich bei dem Wörtchen 'uns' spürbar, bezeichnete es doch offensichtlich nur den Raben und sein Opfer, Lady und Lord, die Diebin und ihren König, und nicht den Rat selbst.
»Also...« Der Bote zögerte, als hätte er selbst noch nicht darüber nachgedacht, was ihn dazu trieb, in einer Sitzung des Ewigen Rates vorzusprechen. Dann aber schien ihn ein Geistesblitz zu erleuchten, denn das eingeschüchterte, zögerliche Lächeln wich bitterem Ernst. »Ich bitte um eine Abstimmung über das Schicksal der Menschheit.«
Der Lord schwieg. Jetzt war die Lady am Zug, denn hier, im Ratssaal, nahmen sie beide feste Rollen ein. Er war der Krieger, der Herrscher, der mit wenigen Worten ein Anliegen abschmettern konnte, ihr und ihrer Silberzunge hingegen überließ er alle Überzeugungsarbeit, die es zu leisten galt. Ihre stärkste Waffe war ihre Wortgewandtheit, die sie so geschickt einzusetzen wusste, dass selbst die Ratsmitglieder ihr nichts entgegenzusetzen hatten.
»Abstimmung?«, wiederholte sie mit einem spöttischen Schnurren, während ein schiefes, fast mitleidiges Lächeln an ihren perfekt geschwungenen Lippen zupfte. »Aber das wird doch nicht nötig sein...«
Anmutig erhob sie sich von der Armlehne des Throns. Ihre bloße Haut schimmerte im Kerzenschein fast perlmuttfarben, ihr schwarzes Kleid betonte ihre durch die Verwandlung zum Vampir perfektionierte Figur, während der Rubin an ihrer Kehle im Kerzenschein mit ihren dunklen Augen um die Wette funkelte.
Der Lord folgte ihr mit seinen Blicken, das Desinteresse war fort. Nicht einmal die ehrenwerten Ratsmitglieder, die sie und ihre Abstammung so verachteten, konnten sich dem Zauber der dunklen Schönheit entziehen, zu fesselnd, zu hypnotisierend waren ihre Anmut und das Diadem, das die Kerzenflammen reflektierte.
Langsam näherte sie sich dem Boten, der unsicher und hektisch blinzelte. Jetzt war sie nicht mehr nur der flüsternde Rabe, sondern schien viel mehr wie ein Panther, der sich auf leisen Pfoten seiner gelähmten Beute näherte, dem armen Kaninchen, das wie paralysiert der Schlange entgegenstarrte.
Sie lächelte sanft, wie ein dunkler Engel, von dem nicht mehr zu sagen war, ob er einst Himmel oder Hölle entsprungen war. »Komm, sei ehrlich...«, flüsterte sie einschmeichelnd, »Wer braucht denn schon Menschen?« Lautlos begann sie, ihn zu umkreisen, während ihre Finger seine Hand suchten.
»Unsere Diener heilen, ja«, gab sie zu, während ihr Zeigefinger jetzt genau dort lag, wo früher sein Puls gewesen war, »Aber der Rest?« Sie legte ihr Kinn auf seine Schulter, ihre freie Hand auf die andere. »Was will man mit denen«, Ihre Lippen näherten sich seinem Ohr, »schon anfangen?«
Sie spürte ihn zucken, als sie auf die andere Schulter wechselte und ihre Hand seinen linken Arm hinabglitt. »Wenn wir sie einmal geheilt haben...«, murmelte sie leise und rau, dunkle Sorge klang in ihrer Stimme mit, »werden sie wissen, dass wir existieren... Und was, glaubst du...« Sie schob ihre schlanken Finger in seine Hand und erlaubte sich ein kurzes, triumphierendes Lächeln, als er nicht wiederstehen konnte und zugriff. »... werden sie dann tun?«
Die Ratsmitglieder lehnten sich auf ihren Stühlen vor, um einen besseren Blick auf das Schauspiel zu bekommen, während sie sie mit geweiteten Augen anstarrten. Fast schon begierig, fast schon bewundernd. Oder war es Ehrfurcht, die sich auf ihren Gesichtern spiegelte? Nur der junge König auf seinem Thron blieb kühl, scheinbar unberührt, während die Köder, die seine Gemahlin auswarf, ihren Dienst taten.
Sie löste sich ganz langsam von ihm und umkreiste ihn erneut, langsam und so vorsichtig, dass es fast behutsam wirkte, bis sie vor ihm stand. Ihre eine Hand ruhte auf seiner Schulter, die andere zeichnete langsame, träge Muster über dem silbernen Emblem. »Sie werden ihre Atombomben auspacken«, flüsterte sie leise schnurrend, »Ihre Holzpflöcke, ihr Gift... Alles, was etwas gegen uns ausrichten könnte...« Sie öffnete die Lippen ein bisschen, leckte sich das Blut aus einem Mundwinkel.
Der Bote war still, starr, ängstlich, eine Bewegung könnte das seltsame Glück, was ihm in diesem Moment hold zu sein schien, verjagen. Er war fasziniert, in ihren Bann geschlagen - völlig ihr und ihrer Silberzunge ausgeliefert.
»Und dann...«, hauchte sie leise, während sie aus großen, sorgenvollen Augen unter schweren, getuschten Wimpern zu ihm hoch sah, »dann werden sie kommen...« Sie blinzelte schwer. »... und uns...« Ihre Hand kam zum Stillstand, ihre Augen weiteten sich noch ein bisschen mehr, während sie ihre weißen Fangzähne kurz entblößte.
Er starrte sie an, jetzt unverkennbar begierig, auf die Folter gespannt. Das Sehnen in seinen Augen war nicht mehr nur das nach dem frischem Blut, welches sie noch immer auf ihrer Zunge schmeckte.
»Jagen!« Sie spie das letzte Wort aus, zischte es, spuckte es in den Raum und zauberte ein Lächeln auf die Lippen ihres Lords.
Sie verharrte so, sah ihn unter dichten, langen, dunklen Wimpern an, die Lippen geöffnet. Er war ein wenig zurückgezuckt, als sie plötzlich laut geworden war, jetzt wollte er sich zurück an ihre Hände lehnen, aber sie entzog sich ihm, trat zurück, während sich ein diabolisches Lächeln auf ihren blutbenetzten Lippen ausbreitete.
Auch ihr Lord wirkte zufrieden, noch immer gelassen, während sie, noch immer anmutig, der Panther war noch in ihr, die Stufen zu seinem Thron hinaufstieg und sich erneut auf seine Armlehne gleiten ließ. Die Art, wie er beinahe sofort seinen Arm wieder um ihre Hüfte schlang und sie leicht zu sich zog, ließ erkennen, dass es ihm nicht ganz so gleichgültig war, wie er vorgab, wenn sie anderen ihre Aufmerksamkeit schenkte.
Sie beobachteten beide mit gleichem Vergnügen die Verärgerung in den Augen des armen Boten, den sie da in der Mitte des Saals stehen gelassen hatte, aber sie wusste genauso gut wie er, ihr beider König und jeder andere hier, dass sie ihn in der Hand hatte. Sie war überzeugend genug gewesen... So, wie jedes Mal. Der Tag, an dem ihre Silberzunge und ihr Lächeln sie nicht würden retten können, war noch nicht gekommen. Ihre Finger malten schon wieder komplizierte Muster in den Nacken ihres Gatten, unter sein Hemd, aber auch bis zum Haaransatz, während er einen Blick in die Runde warf.
»Also, meine Damen und Herren«, begann er, ein ruhiges, etwas spöttisches, aber definitiv zufriedenes Lächeln auf den Lippen, »Was meint ihr? Immerhin wollte unser Gast eine«, seine Lippen verzogen sich kurz zu einem spöttischen, schiefen Grinsen, »Abstimmung.«
Der Bote zuckte nur einmal mit der Wimper, als die Lady sich näher an den Lord lehnte und ihm einen Kuss auf die Wange drückte, bevor sie das Blut, das ihre Lippen dort hinterlassen hatte, wieder ableckte. Es war eine seltsam intime Geste, die nicht in die angespannte Atmosphäre des dunklen Ratssaals passen wollte, und die nur noch grotesker wirkte, weil der lächelnde Junge auf seinem Thron völlig ungerührt davon blieb.
»Also gut...«, meinte der Lord gedehnt, noch immer lächelnd. »Wer ist dafür, der Natur ihren Lauf zu lassen und die Menschheit aussterben zu lassen, wie es seit Jahrhunderten von ihr zu erwarten ist?« Er sagte das ganz leicht dahin, als ginge es bloß um eine neue Ausstattung des Saales oder etwas noch viel banaleres, vielleicht nur ein neuer Kronleuchter. Eine Alltäglichkeit, über die abzustimmen nur eine kleine Unannehmlichkeit darstellte.
Die ersten Ratsmitglieder hoben bereits ihre Hände, weitere folgten ein bisschen zögerlicher, aber das kleine Schauspiel ihrer schönen Lady hatte nicht nur bei dem Boten etwas bewirkt, sondern auch bei ihnen. Dabei stand es doch bereits fest, wie die Abstimmung ausgehen würde, wenn der junge König seine Meinung so offensichtlich kundtat, nur seine Lady sprechen ließ und einem möglichen Fürsprecher der Menschen so keine Chance gab.
Nein. Das Theater, zu dem die Lady sich hatte hinreißen lassen, war in erster Linie für den Boten aufgeführt worden – würde er doch Skalicza, die Festung des Königs, wieder verlassen, um die Botschaft der Abstimmung zu verbreiten. Eine Tätigkeit, bei der er mit dem ganzen Herzen dabei sein sollte... Nicht nur mit dem Teil, das seinem Herrscherpaar ergeben war.
Nur drei Hände, die für die Abstimmung noch relevant waren, waren nicht erhoben: Die der Lady, die des Lords, und eine letzte Ratsherrin, die noch einen Moment zögerte, bis sie schließlich ebenfalls entschlossen die Hand hob.
Lächelnd wandten König und Königin sich einander zu, bevor sie ihre schlanken Finger mit seinen verschränkte und dann die andere Hand hob. Er tat es ihr gleich.
Für einen Augenblick herrschte Stille in dem dunklen Sitzungssaal, als sowohl der kindliche Bote in der Saalmitte sich umsah, als auch die Ratsmitglieder auf ihren eleganten Sesseln ihre Blicke durch den hohen Raum schweifen ließen.
»Wie schön«, brach der Lord die Stille dann selbstzufrieden, »Damit haben wir also einstimmig beschlossen, den Menschen nicht zu helfen.«
Mit einem trägen Winken signalisierte der Lord seinen Bediensteten, nachschenken zu lassen. Und während der Rat der Vampire auf seinen erfolgreichen Beschluss trank, beschloss in einer dunklen Ecke des Saales eine einzige Kreatur, sich ihren Herrschern zu widersetzen.
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