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Alina's Sicht
Heute war der Tag. Das Shadow Rudel würde kommen. Vielleicht waren sie auch schon da. Ich hatte keine Ahnung, denn ich hatte die Schule geschwänzt. Natürlich nicht ohne Grund.
Mr. Tally hatte gestern bei mir zu Hause angerufen, um mir mitzuteilen, dass das Rudel während der Schulzeit kommen würde und sämtliche Schüler sich draußen auf dem Schulhof zusammenfinden würden, um sie zu begrüßen. Er erwähnte ebenfalls, dass die anderen Schüler das bereits wüssten, da ich jedoch die Informationsveranstaltung früher verlassen hatte, hatte ich diese Info nicht mitbekommen. Jedenfalls stellte er mir frei, ob ich daran teilnehmen wollte. Natürlich entschied ich mich für die einzig kluge Variante.
Ich hätte sowieso nicht viel bei diesem Treffen gewollt und dass Mr. Tally sich Sorgen um mich machte, kam mir in diesem Fall natürlich zugute. Das Problem war nur, dass ich jetzt keine Ahnung hatte, was ich tun sollte. Mir war einfach langweilig.
Ich könnte natürlich in den Wald gehen und einfach ein bisschen spazieren. Das wäre jedoch ziemlich dumm, da ich so wahrscheinlich ein Aufeinandertreffen mit den neuen Werwölfen haben würde. Andererseits war mir wirklich langweilig. Außerdem, was wäre das Leben ohne Risiken? Mein Entschluss stand fest.
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Langsam ging ich durch den Wald und atmete immer wieder tief ein. Eigentlich wusste ich gar nicht, wonach ich überhaupt suchte. Ich wusste nur, dass ich es tat. Denn ich spürte ein Drängen in mir. Es führte mich in keine bestimmte Richtung, sondern forderte mich lediglich auf, mich zu bewegen.
Und so kam es, dass ich jetzt in Jogginghose, einem übergroßen T-Shirt und barfuß durch den Wald schlurfte, während meine Klassenkameraden gerade das Rudel begrüßten. Natürlich hatte ich darüber nachgedacht, warum das Shadow Rudel zu uns kam. Eigentlich gab es nur zwei Erklärungen dafür. Die erste wäre, dass sie uns alle umbringen wollten. Dann würden wir sie jedoch wahrscheinlich nicht so feierlich begrüßen und die Werwölfe würden erst recht nicht zu ihrer Party gehen. Die zweite Möglichkeit - meiner Meinung nach auch die wahrscheinlichste - wäre, dass sie die rudellosen Werwölfe in ihr Rudel integrieren und sie schließlich auch als vollständige Mitglieder willkommen heißen wollten.
Ich streifte weiter durch den Wald, immer noch in Gedanken. Irgendwann begann eine Amsel durchgängig zu piepen. Zuerst ignorierte ich sie, als die Amsel jedoch zu schreien begann, drehte mich zu ihr um und sah sie auffordernd an. Natürlich konnte ich nicht mit Tieren sprechen, aber ich lebte schon so lange mit ihnen zusammen, dass ich behaupten konnte zu verstehen, was sie mir mitteilen wollten. Und die Amsel wollte mich definitiv warnen.
Zu spät bemerkte ich die Gestalt, welche mich packte und an einen Baum drückte. Ein Keuchen entrann mir. Ich presste die Handflächen an die Rinde. Im selben Moment begannen ein paar Äste des Baumes sich in meine Richtung zu bewegen und schließlich den Angreifer von mir wegzuwerfen.
Rasch drehte ich mich um. Mein Angreifer war ein Werwolf. Wäre er ein Mensch gewesen, hätte ich ihn gehört. Die Kunst des Anschleichens gelang den Wölfen deutlich besser als den Normalsterblichen. Ich sandte einen Gedanken an den Wald, damit der Werwolf nicht stutzig wurde und realisierte, dass ich kein Mensch war. Alle sollten sich zurückhalten. Ich musste mir jetzt sowieso schon eine Erklärung für die Geschehnisse von eben überlegen.
Der Werwolf drehte mir sein Gesicht zu. Glücklicherweise war er nicht in seiner Wolfsform, das hätte das folgende für mich nur noch erschwert. Außerdem war er neu. Er gehörte dem neuen Rudel an, denn ich hatte ihn definitiv noch nie gesehen. Der Mann knurrte mich zornig an. Na klasse, er war sauer.
"Wer bist du?!" Seine Stimme klang tief. Würde ich es nicht bald schaffen, ihn zu beruhigen, konnte ich wahrscheinlich meine Überreste selbst vom Boden auflesen.
"Ich lebe hier. Meine Wohnung ist in der Nähe des Waldes und ich wollte nur einen Spaziergang machen." Ich sprach in einer ruhigen Tonlage.
"Mensch. Du bist eine Schülerin hier, nicht wahr?" Er musterte mich interessiert.
"Ja..."
"Warum bist du nicht bei der Willkommensfeier? Bist du Alina Gray?"
Erstaunt sah ich ihn an. Woher zum Teufel kannte er meinen Namen? "Das bin ich."
Er seufzte und rieb sich einmal übers Gesicht. Dann ging er ein paar Schritte auf mich zu. "Du sollst sofort zur Schule kommen und den Alpha begrüßen. Deine Abwesenheit wurde von deinen Mitschülern bemerkt."
Es gab nur eine Person, der es nicht egal war, dass ich bei diesem blöden Treffen mit dabei war. Dieselbe Person, die mir noch etwas heimzuzahlen hatte. Niklas. Würde ich jetzt dorthin gehen, bekäme ich die gesamte Aufmerksamkeit aller Anwesenden. Gleichzeitig konnte ich auch nicht nicht hingehen. Der Mann vor mir erschien mir mit seiner muskulösen Statur nicht gerade wie jemand, der ein Nein akzeptierte. Außerdem wollte ich kein zusätzliches Aufsehen erregen. Also murrte ich ein kurzes "Auf geht's!" und ging dann voraus.
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Der Mann führte mich durch den Wald, wobei er sich erstaunlich gut zurechtfand. Öfters wies er mich auf eine Wurzel oder ähnliches hin. Er schien große Angst zu haben, dass ich mir als Mensch etwas brechen könnte. Dabei achtete er so sehr auf meinen Weg, dass er seinen eigenen völlig vergaß. Er stolperte über einen breiten Ast, fing sich jedoch mit einer Anmut wieder auf, die nur Werwölfe beherrschten.
Währenddessen stellte er mir ein paar Fragen, welche ich alle brav beantwortete. Das meiste davon war zwar gelogen, aber er hatte ja auch nicht nach richtigen Antworten gefragt. Schließlich bog er links ab und deutete mir, ihm zu folgen.
Stirnrunzelnd blieb ich stehen und sagte: "Wenn wir noch ungefähr 200 Meter weitergehen und dann erst abbiegen, sparen wir uns den Weg durch die Gassen."
Er sah mich an, rümpfte einmal die Nase und ging dann wortlos an mir vorbei.
Wir verließen den Wald und kamen hinter der Schule heraus. Wir liefen wortlos über die Wiese, zumindest bis er die Stille unterbrach. "Warum trägst du eigentlich keine Schuhe?"
Ich zuckte mit den Schultern. "Ohne Schuhe ist es im Wald deutlich angenehmer. Man spürt den Boden besser."
Verwirrt sah er mich an. Dann schüttelte er kurz den Kopf und murmelte etwas, das sich wie "komisches Mädchen" anhörte.
Schließlich betraten wir den gepflasterten Schulhof. Ich musste zugeben, dass sich das nun nicht ganz so angenehm an den Füßen anfühlte. Aber gut, ich konnte es nicht ändern. Wir gingen näher an die riesige Menge von Schülern heran.
Der Mann führte mich jedoch um sie herum, direkt auf die davor stehende kleinere Menge zu. Im Augenwinkel sah ich Niklas, der mich grinsend anstarrte. Ich fokussierte die kleinere Anzahl von Leuten vor mir. Es konnten höchstens zehn Personen sein, unter ihnen auch Mr. Tally, der mich mit zusammengekniffenen Lippen beobachtete.
Ich lenkte meinen Blick auf den größten Mann der Gruppe. Er stand mit dem Rücken zu mir. Ein ziemlicher breiter Rücken, wie mir schien. Er wurde von einem seiner umstehenden Leute angestoßen, der mit einem Kopfnicken auf mich deutete. Daraufhin drehte er sich um und mir stockte der Atem. Er war ohne Zweifel der Alpha.
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Hier nun das 4. Kapitel🙈
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