》32《
Alina's Sicht
Geschwind lief ich die Treppe hinunter und ging dann direkt ins Wohnzimmer. Dorthin, wo ich Damian vermutete. Bevor ich den Raum betrat, konnte ich bereits mehrere Leute angeregt miteinander reden hören. Und nach dem, was ich mitbekam, war ich wohl ein ziemlich interessantes Gesprächsthema.
Unschlüssig blieb ich stehen. Würde ich diesen Raum betreten, müsste ich mich vielen Fragen stellen, auf die ich entweder selbst keine Antwort kannte oder die ich nicht beantworten wollte. Aber ich musste es tun. Und wenn es sein musste, wimmelte ich die anderen irgendwie ab.
Also marschierte ich in den Raum hinein. Sofort lag die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf mir, welche ich aber gekonnt ignorierte. Stattdessen ging ich schnurstracks auf Damian zu, der mich nachdenklich ansah. Vor ihm blieb ich stehen und war plötzlich unfassbar nervös. Ich rang mit den Händen und senkte den Blick.
Was ist?
Können wir reden? Nun entschlossen schaute ich ihn an. Wir mussten dieses Gespräch jetzt führen. Sämtliche Fragen aus der Welt räumen. Es war wichtig für uns beide.
Das würde ich wirklich gerne, aber ich glaube, dass würde besonders Egbert nicht gefallen. Der Mann hat viele Fragen und Gründe, warum er sich seit Stunden aufregt.
Ich drehte meinen Kopf zu dem älteren Mann. Tatsächlich fixierte er mich mit zornigem Blick. Auffordernd hob ich die Augenbrauen. "Was?"
"Du hast uns einiges zu erzählen, Mädchen. Oder wie du auch immer genannt werden willst."
"Deine Ehrfurcht von eben hat ja nicht lange angehalten", reizte ich ihn.
"Bei diesem Kampf hättest du eine entscheidende Rolle gespielt. Wenn du von Anfang an deine... Kräfte benutzt hättest, hätte es keine Toten gegeben. Warum musstest du dein wahres Wesen überhaupt geheim halten?" Die Worte wahres Wesen betonte er so, dass es sich richtig lächerlich anhörte.
"Ich bin dir und deinen Leuten keine Rechenschaft schuldig. Wenn überhaupt dem Shadow Rudel. Ihr habt Fragen und das verstehe ich. Jedoch werde ich sie beantworten, wenn ich es für richtig halte. Bis dahin werdet ihr euch noch gedulden müssen."
Ich ergriff Damians Hand und zog ihn hinter mir her, hinauf in sein Zimmer. Er folgte mir.
In seinem Zimmer angekommen blieb ich im Raum stehen, während Damian sich auf sein Bett setzte und mich wortlos anstarrte.
Wieder wurde ich so furchtbar nervös. Das lag nur daran, dass ich Angst hatte, mir das mit ihm zu versauen. Mit Damian fühlte ich mich so glücklich wie schon lange nicht mehr. Und das, was Amelia über unsere Beziehung zueinander gesagt hatte... Es hatte mir Mut gemacht. Jetzt durfte ich es nur nicht vermasseln.
"Ich wollte es dir sagen. Wirklich. Nur wusste ich nicht, wann und wie. Schließlich ist es nicht etwas, was man mal so ganz nebenbei erwähnt. Aber du bist die erste Person, bei der ich wirklich das Gefühl hatte, ihr vertrauen zu können. Ihr mich anzuvertrauen. Das ist vermutlich auch der Grund, warum ich mich dafür entschieden habe, mich jetzt zu offenbaren. Ich wollte, dass du es weißt und ich will es auch jetzt noch. Es ist mir unfassbar wichtig, was du darüber denkst. Ich will, dass du mich akzeptierst. Dass du mich annimmst, so wie ich bin. Mit all meinen Fehlern, wie zum Beispiel zu warten, bis es wirklich richtig schlimm für uns aussah. Egbert hat schließlich recht. Hätte ich einfach schon früher eingegriffen, wären diese zwölf Wölfe nicht durch Krecanos-Kugeln gestorben. Denn ich wäre in der Lage gewesen, sie zu stoppen. Ich hätte es tun können. Doch habe ich es nicht getan. Und das lag weder daran, dass ich mich um die Kinder gekümmert habe, noch, dass ich nicht dazu nicht in der Lage gewesen war. Denn ich hatte Angst. So furchtbare Angst, was passieren würde, wenn ich mein Geheimnis mit allen teile." Mittlerweile rannen mir die Tränen ungehindert über die Wangen. "So lange habe ich diese Bürde mit mir herumgetragen. Dieses Wissen, dass ich all die Jahrhunderte so viel hätte verhindern können. Aber ich habe mich nie getraut. Schließlich ist es nicht die Aufgabe der Mondgöttin, sich in die Probleme anderer einzumischen. Oder vielleicht doch. Das weiß ich nicht. Keine Ahnung, denn niemand hat mir je gesagt, wie ich meinen Job zu erledigen habe." Ein freudloses Lachen entwischte meinen Lippen. "Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, was andere über mich denken. Warum auch? Ich lebe ewig, besitze starke Kräfte und bin quasi unbesiegbar. Zumindest, wenn ich niemandem meine Schwächen offenbare. Dass ich verletzbar bin und vielleicht einfach an einer Verletzung sterben würde. Dass ich keine Ahnung habe, was dann passieren wird. Schließlich gibt es niemanden, der meinen Job einfach übernimmt, wenn ich sterbe. Also einfach unnahbar sein. Allen weismachen, dass sie einem keine Angst machen können. Aber das zwischen uns, Damian, das macht mir Angst. Weil es etwas ist, das ich nicht kontrollieren kann. Ich habe mir das nicht ausgesucht und hätte, als ich es herausgefunden habe, einfach alles dafür getan, damit ich es hätte verhindern können. Aber das will ich jetzt nicht mehr. Ich liebe das, was wir haben. Diese Verbindung zwischen uns. Das Verständnis und den Respekt. Und ich will auf gar keinen Fall, dass es einfach so aufhört. Schließlich hat es doch gerade erst begonnen und ich beginne doch gerade damit, es zu genießen. Deswegen hoffe ich inständig, dass du mir verzeihen kannst. Dass ich es dir nicht erzählt habe. Dass ich an dem Tod deiner Leute Schuld bin. Dass ich so egoistisch bin und nicht will, dass es jetzt schon endet. Und wenn es irgendetwas gibt, dass ich tun kann, bitte sag es mir."
Meine Unterlippe zitterte. Den Blickkontakt zu Damian vermied ich vollständig.
"Sieh mich an, Alina", forderte Damian. Seine Stimme war so nah, als würde er direkt vor mir stehen.
Ich hob den Blick und begegnete seinem. Er stand tatsächlich direkt vor mir und sah mich an. Ich konnte nicht sagen, was er dachte oder sagen wollte.
Damian hatte scheinbar nicht vor, etwas zu sagen. Stattdessen umschlossen mich seine starken Arme und drückten mich sanft an seine Brust. Ich schluchzte einmal auf, bevor ich den Kopf in dem Stoff seines Oberteils vergrub und meine Finger in seinen Rücken krallte. Damians Wange ruhte auf meinem Kopf.
Als ich mich beruhigt hatte, blieben wir weiterhin so stehen. Den Geruch des jeweils anderen einatmend und in völliger Ruhe.
Diese wurde dann aber von Damian unterbrochen, als er zu sprechen begann.
"Du bist nicht für den Tod dieser Menschen und Werwölfe verantwortlich." Er sprach nicht nur von denen, die beim Kampf gefallen waren. "Nicht du hast dich dafür entschieden, sie umzubringen. Du hattest damit nichts zu tun. Ich weiß, dass du eine große Bürde zu tragen hast." Seine Stimme klang gedämpft hinter meinem Rücken. "Deswegen bitte ich dich, sie mit mir zu teilen. Schließ mich nicht wieder aus. Ich möchte ebenso wie du an deinem Leben teilhaben und ich habe ganz sicher nicht vor, es schon zu beenden." Er entfernte sich von mir, sodass er in der Lage war, mir ins Gesicht zu gucken. "Du hast Angst vor unserer Bindung, weil es etwas ist, das du nicht kennst. So wie sich das angehört hat, warst du nicht dafür verantwortlich. Aber trotzdem bin ich unendlich dankbar, dass es passiert ist. Und auch wenn es wahrscheinlich noch vieles gibt, was wir zu klären haben, sollten wir es erstmal dabei belassen."
Fachmännisch suchte er mein Gesicht ab und registrierte dabei die immer noch zitternden Lippen und meine tiefen Augenringe. Er schob mich zum Bett und ließ sich dort mit mir nieder. Seine Arme hüllten mich ein und gaben mir ein beständiges Gefühl von Wärme und Sicherheit.
Damian beugte sich leicht vor und hauchte mir einen Kuss auf die Lippen. "Schlaf, Alina. Wir haben noch genug Zeit, um alles Weitere zu besprechen."
Wir wussten beide, dass das eine Lüge war. Wir mussten uns um die Angreifer kümmern, um den Alpha im Wohnzimmer, um die Verteidigung des Dorfes. Aber das konnten wir nicht, wenn wir nicht fit waren. Also schloss ich meine Augen und schlief langsam ein.
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Ich möchte gerne ehrlich mit euch sein. Eigentlich hatte ich vor Alinas und Damians Beziehung zueinander viel komplizierter und mit mehr Hindernissen zu gestalten. Es sollte riesige Eifersuchtsdramen und Vertrauensprobleme geben. Beim Schreiben ist mir dann aber bewusst geworden, dass das zu den beiden einfach nicht passt. Sie haben so komplizierte Leben und sind so unterschiedlich, dass so ein Verhalten einfach nicht möglich war. Stattdessen habe sie eine tiefgründige Verbindung, die sie selbst gerade erst zu verstehen beginnen.
Deshalb gibt es hier auch kein Anschreien, kindisches Verhalten und Abhauen. Weder passt das zu meinen Protagonisten, noch wäre so ein Benehmen bei ihrer Beziehung zueinander angemessen.
Ich hoffe, ich vesteht, was ich damit sagen will. Natürlich möchte ich trotzdem erwähnen, dass noch einiges auf die beiden zu kommen wird. Schließlich ist noch vieles in den Startlöchern ;)
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