》31《
Alina's Sicht
"Hey." Ich lächelte sie vorsichtig an, was sie mit einem breiten Grinsen erwiderte. Als Amelia sich etwas aufrichten wollte, drehte ich die Kissen rasch in eine andere Position, sodass sie sich daran anlehnen konnte.
Stöhnend legte sie eine Hand an die Stirn. "Sind diese Kopfschmerzen normal?"
"Ja, das kommt von den Kräften, die deine Selbstheilungsprozesse dir abverlangen. Es ist quasi wie ein Ausgleich."
Sie nickte verstehend.
"Weißt du", begann sie, "ich fand es die ganze Zeit schon so faszinierend, wie viel du über uns weißt, obwohl du dich scheinbar nie für den Unterricht interessiert hast. Ja, du hast dich meist sogar gelangweilt." Amelia zuckte mit den Schultern. "Jetzt ergibt das alles einen Sinn. Aber eines muss ich dir ja lassen: Wenn's um Drama geht, bist du echt die Nummer eins. Zuerst das Auftauchen bei der Versammlung und jetzt die Enthüllung. Du hast es schon echt drauf."
Ich lachte los. Trotzdessen Amelia das, was sie sagte, ernst meinte, erkannte ich, dass es nicht alles war, was sie sagen wollte. Wahrscheinlich wollte sie erstmal eine gute Grundlage schaffen, damit ich ihre Fragen wahrheitsgemäß beantwortete. Etwas, das ich sowieso tun würde.
Ich hatte die Lügen satt. Mit der Offenbarung meines Selbst hatte ich begonnen, die Mauer, welche ich all die Jahre um mich herum errichtet hatte, langsam herunter zu reißen. Damit würde ich auch gewiss nicht mehr aufhören. Ich wollte nicht mehr lügen. Stattdessen konnte ich jetzt nur noch hoffen, dass meine neu gewonnenen Freunde mir verzeihen konnten.
"Bist du sauer?", fragte ich.
Amelia seufzte und richtete den Blick zur gegenüberliegenden Wand. "Ehrlich gesagt, ja. Ich verstehe nicht, warum du es mir nicht gesagt hast. Lag es daran, dass du nicht genügend Vertrauen zu mir hattest? Oder an etwas anderem? Hab ich dir das Gefühl gegeben, ich würde dich verurteilen?"
Ich kniff die Lippen zusammen. "Es lag an nichts von dem, was du gerade genannt hast. Ich habe es niemandem gesagt."
Überrascht sah sie mich an. Hatte sie etwa wirklich geglaubt, nur ihr hätte ich mein Geheimnis nicht anvertraut?
"Nicht mal Damian?"
Ich lächelte verzweifelt. "Nein. Dieses Gespräch liegt noch vor mir. Du bist die Erste, mit der ich nach dem Kampf rede. Ich war die ganze Zeit bei dir und habe darauf gewartet, dass du wach wirst."
"Dann will ich dir diese Unterhaltung mal nicht zu schwer machen. Du hast ja noch einiges vor dir."
"Nein", sagte ich schnell. "Bitte nicht! Ich habe mein wahres Wesen so lange geheim gehalten, dass ich nie darüber nachgedacht habe, es jemandem zu erzählen. Bis du, Damian und eure ganzen Freunde in mein Leben getreten seid. Da hat sich meine Meinung angefangen zu ändern. Und deshalb will ich nicht, dass du dich zurück nimmst. Ich erzähle dir alles, was du wissen willst."
Amelia schaute mich an und schien das Gesagte noch zu verarbeiten. Vorsichtig nickte sie, langsam, verstehend. Akzeptierend. Sie räusperte sich. "Bist du wirklich die, die Seelenverwandtschaften knüpft? Also so richtig?"
Sie sprach schnell, weshalb ich vermutete, dass sie nur darauf gehofft hatte, frei fragen und sprechen zu können. Nicht nur ich brauchte das.
"Ja, das stimmt. Abends setze ich mich meist in den Mondschein und verknüpfe meine Magie mit der Kraft des Mondes. Er offenbart mir dann jemanden, der gerade sechzehn geworden ist und ich suche nach dem perfekten Seelenpartner. Wobei sich perfekt auf die Charaktereigenschaften bezieht. Das bedeutet nicht, dass sich beide Parteien gleich lieben müssen. Sie ergänzen sich aber. Gleichen sich aus."
"Und kommt es auch manchmal dazu, dass es für jemanden noch keine passende Hälfte gibt?"
"Natürlich. Dann wird irgendwann später jemand geboren, den ich dann der Person zuordnen kann."
Amelia drehte den Oberkörper zu mir, damit sie nicht mehr ihren Kopf so stark verdrehen musste. "Also arbeitest du mit dem Mond zusammen?"
"Ja. Er bietet mir quasi die Kraft und ich führe diese dann in Verbindung mit meiner persönlichen Magie aus und nutze sie."
"Ich bin immer davon ausgegangen, dass die Mondgöttin auch der Mond ist", meinte sie verlegen.
Ich lächelte verstehend. "Das tun tatsächlich die meisten. Aber wie du siehst, habe ich eine menschliche Form."
Amelia musterte mich und nickte. "Trotzdem bist du unsterblich. Bist du auch unverwundbar?"
"Nein, das bin ich nicht. Ich kann mich verletzen, wie jeder normale Mensch."
"Könntest du auch sterben?"
"Ich weiß nicht", sagte ich unbehaglich. "Ehrlich gesagt, möchte ich es nicht ausprobieren. Da ich aber normal blute ist es wahrscheinlich möglich."
"Aber du bist doch eine Göttin? Wieso kann man dich dann so leicht verletzen?"
"Wie ich vorhin schon erwähnt habe, braucht alles seinen Ausgleich. Ich bin sehr mächtig und bin in der Lage, die Rasse der Werwölfe fortzuführen. Außerdem bin ich in einer sehr starken Verbindung mit der Natur. Wäre ich zusätzlich auch noch unverletzbar, gäbe es kein Gleichgewicht, keinen Ausgleich."
"Was heißt 'du bist verbunden mit der Natur'?", fragte sie neugierig.
"Wenn wir das nächste Mal zusammen rausgehen, zeige ich es dir", antwortete ich geheimnisvoll und zog beide Augenbrauen auffordernd in die Höhe.
"Wow." Sie lehnte sich etwas zurück. "Das ist alles echt erstaunlich." Im selben Moment setzte Amelia sich wieder ruckartig auf. "Aber nur, damit das klar ist: Ich bin immer noch sauer. Nur habe ich jetzt etwas mehr Verständnis."
"Vielen Dank", erwiderte ich gehoben.
"Heißt das, du bist noch älter als Damian?"
Ich lachte wieder auf. "Oh, ich bin viel älter als Damian. Ich existiere seit Anbeginn der Zeit, seit es Werwölfe gibt. Von da an bin ich auf der Erde umhergewandert und habe immer versucht, Chaos und Ärger aus dem Weg zu gehen. Das heißt Werwölfen."
Amelia überging meine Erklärung und kam auf ein Thema zu sprechen, welches sie wirklich brennend zu interessieren schien.
"Das bedeutet ja, dass du dir Damian als Seelengefährten gegeben hast. Aber warum warst du dann nicht direkt offen für diese Verbindung? Oder kannst du einfach nur gut schauspielern? Oh Gott, so viele Fragen!"
"Du sprichst einen sehr guten Punkt an. Denn nein, ich habe Damian nie eine Seelenverwandte zugeordnet und ganz sicher nicht mich. Das würde wahrscheinlich gar nicht gehen, da ich nicht wölfisch bin und doch ist es passiert."
"Hm." Amelia musterte mich prüfend. Sie glaubte mir nicht. Etwas, das ich sehr gut verstehen konnte, mich aber dennoch verletzte.
"Ich verspreche dir, dass das der Wahrheit entspricht. Glaub mir, ich wüsste auch gerne was da passiert ist."
"Ich glaube dir. Hat er mitbekommen, dass du ihm etwas verheimlichst?"
"Das hat er. Aber er hat mich nicht bedrängt oder ähnliches. Damian hat verstanden, dass ich Zeit brauchte. Das ist etwas, was ich ihm sehr hoch anrechne." Ich seufzte schwerfällig. "Es zeigt auch, was ich für ein Glück habe. Dass er mir, obwohl wir uns noch nicht so lange kennen, schon so sehr vertraut."
"Ich glaube nicht, dass das nur von eurer Verbindung kommt", überlegte Amelia. Verwirrt sah ich sie an. "Damian hat dich von Anfang an respektiert. Du hast ihn mit deiner Art fasziniert, denke ich. Und ich glaube auch, dass diese Geduld und das Interesse, das er dir gegenüber aufbringt, nicht gespielt sind."
"Du hast recht. Mit allem was du sagst, hast du vollkommen recht. Deswegen werde ich das jetzt auch mit ihm klären gehen. Es ist wichtig, dass wir uns aussprechen. Du brauchst eh noch etwas Ruhe."
Während sie gerade empört mit dem Kopf schütteln wollte, musste sie tief gähnen. Dann lachte sie und ließ sich aufs Bett sinken, wobei sie sich ein Kissen unter den Arm quetschte.
"Vergiss nicht, mich wieder zu besuchen! Und ich wünsche dir viel Erfolg bei eurem Gespräch."
"Danke, und das vergesse ich sicher nicht." Ich stand auf und überquerte die wenigen Schritte bis zur Tür. Bevor ich diese hinter mir verschloss, lugte ich noch einmal in den Raum hinein und sagte: "Ich freue mich übrigens schon riesig darauf, dir bald einen Gefährten zuzuordnen."
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