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Alina's Sicht
Einige Tage waren vergangen, in denen es Damian und Jack sogar gelungen war, Niklas und seine Freunde zu überzeugen, dem Rudel beizutreten. Außerdem wollte Damian, wie er selbst sagte, sich wieder mehr mit dem Trainieren der Jungwölfe beschäftigen.
Ich beschloss mich etwas zurückzuziehen und ging kurzzeitig auch in die Schule. Da mir aber die Konzentration und Lust fehlte, schrieb mich meine Tante kurzerhand krank.
Als ich Damian mitteilte, dass ich wieder zu mir nach Hause zurückkehren würde, reagierte er wie erwartet.
"Das ist eine furchtbare Idee."
Ich hatte nur die Augen gerollt. Wir waren ja nicht weit voneinander entfernt und außerdem hatten wir schon die letzten Tage immer aufeinander gehangen.
Mit ein bisschen Überredungskunst überzeugte ich ihn schließlich und bekam sogar die Versicherung, dass mich seine Leute in Ruhe lassen würden. Totaler Blödsinn, wie sich später herausstellte. Denn ich war mir hundertprozentig sicher, dass ich immer von mindestens einem Werwolf beobachtet wurde. Anfangs störte es mich, jetzt war es mir jedoch relativ egal.
Während in Damians und mein Leben wieder etwas Normalität zurückkehrte, ging auch Mr. Tally wieder nach Hause. Und so wie er ausgesehen hatte, freute er sich wahrscheinlich schon riesig auf ein Zuhause ohne Werwölfe.
Ich verbrachte besonders viel Zeit mit Amelia, die mir schon von Anfang an sympathisch gewesen war.
So kam es auch, dass wir uns heute in einem Café trafen, um ein wenig zu quatschen. Etwas merkwürdig Normales, wenn man bedachte, was in den letzten Wochen alles passiert war.
"Ich nehme ein Stück vom Apfel-Zimt-Kuchen." Der Kellner nickte und nahm uns dann lächelnd die Speisekarten ab, wobei sein Blick etwas länger auf Amelia verweilte.
"Also", begann ich und lehnte mich in meinem Stuhl zurück, "wie geht's eigentlich deiner Oma?"
Amelia seufzte. "Naja, es bessert sich langsam. Mum versucht, sie mit allen möglichen Mitteln abzulenken, aber es fällt ihr sehr schwer."
Vor zwei Tagen vertraute Amelia mir an, warum ihre Großmutter krank war. Vor 40 Jahren hatte sie ihren Seelenverwandten bei einem Rudelkampf verloren. Seitdem ging es ihr besonders schlecht und sie sah auch immer älter aus.
Seinen Seelengefährten zu verlieren, war etwas Furchtbares. Es war schon schlimm, wenn die Verbindung nicht vollständig abgeschlossen war, aber wenn aus einer schon für Ewigkeiten bestehenden Seelenverbindung einer starb, war es unerträglich.
Die Werwölfe wurden besonders von geistigen Schmerzen geplagt. Es fühlte sich an, als würden die Innereien ganz langsam herausgerissen. Ein Schmerz wie dieser war mit nichts vergleichbar und eigentlich führte ein solches Ereignis für die zurückgebliebene Seele ebenfalls schnell zum Tod.
Dass Amelias Großmutter diesen Schmerz seit so langer Zeit aushielt, bewies ihre Stärke und ihren Willen. Vermutlich wollte sie für ihre Familie weiterleben. Eine Eigenschaft, die ich nur bewundern konnte.
"Aber Mum glaubt, dass sie, wenn ich in vier Tagen Geburtstag habe, genug Ablenkung haben wird. Meine Oma backt den besten Schokokuchen überhaupt."
Im selben Moment brachte der Kellner unser Essen und meinen Kaffee. Wieder verweilte er etwas länger als nötig an unserem Tisch, um Amelia anzustarren. Die bemerkte davon jedoch nichts.
Als er weg war, beugte ich mich über den Tisch und sagte: "Dir ist schon aufgefallen, dass der Kellner ein Auge auf dich geworfen hat, oder?"
Verdutzt sah sie mich an und schaute dann zum Tresen des Cafés, von wo aus der Mann sie immer noch anstarrte. Gar nicht komisch oder so.
Amelia zuckte mit den Schultern und beäugte dann ihren Kuchen. "Mein Leben ist noch zu frisch, um sich über so etwas Gedanken zu machen." Mit diesen Worten probierte sie ihr Stück und seufzte dann genüsslich auf.
Ich kicherte.
"Wieso? Wie alt wirst du denn?"
"16."
Überrascht schaute ich von meinem Kaffee auf. "Du bist erst 15? Aber du gehst doch in die gleiche Klassenstufe wie ich."
"Ich hab damals eine Klasse übersprungen." Unschuldig lächelnd zuckte sie wieder einmal mit den Schultern.
Ich probierte nun ebenfalls von meinem Kirsch-Kuchen und musste diese Information erstmals verdauen. Gleichzeitig wurde mir auch bewusst, was das bedeutete.
Ich würde ihr bald einen Seelengefährten zuordnen. Ein breites Grinsen schlich sich auf mein Gesicht.
"Alles klar bei dir?", fragte Amelia lachend und deutete auf mein Grinsen.
"Ja, alles super."
"Sehr gut." Sie tupfte sich den Mund mit einer Serviette sauber und fixierte mich dann mit hochgezogenen Augenbrauen. "Dann kommen wir jetzt zu dir, meine Schöne."
Ich lachte leise. Natürlich war mir bewusst, dass es ein solches Gespräch geben würde. "Ja?"
"Du und der Alpha also?"
"Scheint so."
"Du magst ihn, nicht wahr?"
"Möglich."
"Du hörst dich ja nicht so interessiert an, aber das ist ja nicht so schlimm. Celine übernimmt deinen Posten bestimmt gerne."
Bei dem Gedanken an das überhebliche Wolfsmädchen und wie sie sich an Damian rangemacht hatte, grollte ich leise.
Wieder lachte Amelia. "Nun gut. Lass mich die Frage noch einmal stellen: "Magst du Damian?"
Geschlagen antwortete ich: "Ja."
Aufgeregt begann sie, mit den Beinen zu wippen. "Oh, das ist ja so aufregend. Endlich mal eine Verbindung zwischen Seelengefährten, die ich miterleben kann. Und dann auch noch so was Besonderes. Schließlich gibt es nicht alle Tage eine Verbindung zwischen einem Mensch und einem Werwolf."
Ich nickte zustimmend.
Amelia beobachtete meine Reaktion genau. "Weißt du, warum ich dich so mag? Du hast keine Angst vor mir. Vor uns. Du stellst dich einfach hin und sagst deine Meinung. Völlig egal, wie stark die Person dir gegenüber ist."
"Und wie du mit der Seelengefährten-Sache umgehst", sprach sie weiter. "Ich meine, viele würde das total beunruhigen oder würden sich Sorgen machen. Aber du nicht. Du lässt dich nicht unterkriegen. Manchmal denke ich sogar, du bist stärker als wir alle, wenn du etwas sagst."
Ich lächelte Amelia dankbar an. Es war schön, so etwas von jemandem zu hören, den man wirklich schätzte.
Ich setzte gerade zu einer Antwort an, als zwei mir bekannte Gestalten das Café betraten und ohne zu zögern auf unseren Tisch zukamen.
"Drokor", meinte ich schmunzelnd. "Wie geht es deiner Schulter?"
"Alles verheilt, keine Sorge. Bin wieder wie neu." Mit einem Murren schob er sich neben mich auf die Sitzbank.
"Woher wusstet ihr, wo wir sind?"
Verlegen sah Drokor Amelia an. "Wir haben geraten?"
Ich schnaubte. Ja, gewiss.
"Aber das ist gerade egal", sagte er. "Zu allererst möchte ich sagen, dass wir nicht auf Damians Befehl hier sind. Vermutlich dürfte ich gar nicht hier sein und besonders nicht das machen, was ich gleich vorhabe."
Stirnrunzelnd deutete ich auf den immer noch stehenden Benjamin, der sich sichtlich unwohl fühlte. "Was macht er dann hier?"
"Celine nervt mich in letzter Zeit besonders und ich musste da einfach weg."
Verständlich.
"Und was wollt ihr nun von uns oder ihr?", fragte Amelia.
"Ein Rudel ist zu Besuch gekommen. Beziehungsweise nur die wichtigsten Vertreter. Das Wester Rudel. Alle waren total überrascht, als sie plötzlich vor unserer Tür standen, nur Damian nicht."
Drokor rieb sich übers Kinn. "Auch bei ihnen gab es Morde. Alle im gleichen Muster. Damian, Jack und die anderen üblichen Verdächtigen haben sich im Rudelhaus mit ihnen versammelt. Sie wollen die Lage besprechen. Ich habe mich raus geschlichen, weil ich möchte, dass Alina auch anwesend ist."
"Was?", entfuhr es mir überrascht.
"Ich weiß, dass die Anderen das auch so sehen, nur will dich Damian einfach beschützen. Aber du warst von Anfang an dabei und bist Damians Seelengefährtin."
"Er hat es euch erzählt?"
Drokor nickte. "Wir waren unfassbar sauer auf ihn, dass er uns diese Information vorenthalten hat. Das verändert alles. Du bist unsere Luna und wir haben im Kampf nicht auf dich geachtet. Dir hätte sonst was passieren können."
Und da war es wieder. Dieser nervige Beschützerinstinkt der Werwölfe. Zum Wohle aller sprach ich das jedoch nicht an.
"Damian wird sauer sein."
"Das ist es wert."
Ich zuckte mit den Schultern. "Na gut." Dann sah ich zu Amelia. "Wenn es dir nichts ausmacht, bin ich dabei."
Amelia grinste. "Ein Mensch, der in eine Versammlung voller Werwölfe reinplatzt und den Ton angibt? Oh, ich bitte darum."
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