》20《
Alina's Sicht
Damian setzte sich zu uns an den Tisch und fragte: "Also, was willst du besprechen?"
Jack räusperte sich und fuhr mit der Hand verlegen in den Nacken. "Also die Krieger sind der Spur gefolgt, wie ihr gesagt habt. Und sie führen tatsächlich zum Wasser. Zwischendurch mischen sich die Abdrücke der Schuhe der Frau auch noch mit anderen."
"Anderen?"
"Ja." Jack sah zu mir. "Fußabdrücke mit der Schuhgröße 43. Also definitiv nicht von dem Opfer."
"Also waren es nun Werwölfe?" Damians Blick verfinsterte sich.
"Wir gehen weiterhin davon aus. Vermutlich hat der Täter die Frau durchs Wasser verfolgt und hat sich dann verwandelt. Später hat er seine Fußspuren einfach verwischt, sodass man sie nur findet, wenn man ihnen so weit folgt, wie wir gekommen sind."
"Super", meinte Damian sarkastisch. "Also hat sich irgendeiner meines Rudels von mir abgewandt, um eine Einwohnerin zu ermorden. Wahrscheinlich damit wir wieder von hier verschwinden."
Ich wusste, dass Damian wütend war. Und natürlich konnte ich es in gewisser Weise auch verstehen. Eines seiner Rudelmitglieder hatte ihn verraten, ihn hintergangen. Und jetzt wusste Damian nicht mal, wer es war. Als sich seine Hände verkrampften, legte ich meine Hand sanft auf seine und lächelte ihm leicht zu.
Es ist nicht deine Schuld.
Seine Schultern sackten etwas herunter.
Wie kannst du so etwas sagen? Es waren wahrscheinlich meine Leute, die jemanden von deinen getötet haben. Und das auch noch einfach so. Vermutlich grundlos.
Das wissen wir nicht. Wir wissen nicht, ob es einer von deinen Leuten war. Dafür haben wir noch zu wenig herausgefunden. Aber auch wenn dieser Jemand zu dir gehört, bist du trotzdem nicht für seine Tat verantwortlich. Das weiß ich.
Ich verstärkte den Druck meiner Hände und lächelte Damian an. Er nickte leicht und die Anspannung wich aus seinem Gesicht, aus seinen Schultern.
"Darf ich offen sprechen, Alpha?"
Verwirrt sah Damian seinen Beta an. Daraus schlussfolgerte ich, dass Jack sonst nicht extra um Erlaubnis fragte.
"Natürlich."
"Mich verwirrt etwas an dieser Geschichte. Eigentlich sogar mehrere Dinge. Also zuerst: Warum sollte jemand diese Frau umbringen wollen? Einfach nur, damit wir verschwinden? Wollte jemand hier so sehr wieder abhauen, dass er extra jemanden umbringt? Da hätte doch auch etwas anderes gereicht. Keine Ahnung, ein Gespräch oder irgendwas, das Aufmerksamkeit erregt. Aber gleich einen Mord? Das erscheint mir ein etwas merkwürdiger Grund zu sein."
Jack strich sich die Haare zurück und fuhr dann fort. "Außerdem, warum sollte sich jemand die Mühe machen, diese Frau in Menschengestalt zu verfolgen, um sich irgendwann doch in einen Wolf zu verwandeln und sie dann so herzurichten? Warum nicht gleich in Wolfsgestalt? Dann würde es auch keine Chance geben, dass man zufällig erkannt wird."
Ich nickte leicht. Jack hatte recht. Auch wenn es etwas beängstigend war, dass er anscheinend so viel Ahnung davon hatte. Ich mein, ich wusste auch einiges, aber das nur durch Serien.
"Und dann verwirrt mich noch etwas."
Damian stöhnte auf und legte den Kopf auf den Tisch. "Nein, nicht noch mehr Fragen, auf die wir keine Antworten haben."
Jack ließ sich davon nicht beirren und auch ich schenkte Damian keine Beachtung.
"Das Wasser", sagte Jack.
Damian richtete sich auf. "Das Wasser?"
"Ja. Werwölfe sind keine großen Fans von Wasser."
"Ja und?"
"Würdest du dich freiwillig in einen See stürzen?"
"Nein, aber auch nur, weil Werwölfe von Natur aus etwas wasserscheu sind."
"Nicht nur etwas." Aufgeregt stand ich auf und sah die beiden Männer an. "Seit es Werwölfe gibt, waren sie wasserscheu. Es war die Angst, die sie dazu antrieb. Im Laufe der Zeit wurde diese jedoch immer weniger. Dennoch besteht sie. Nehmen wir mal an, es war kein Werwolf aus Damians Rudel. Dann müssten hier in der Nähe einige Rogues, also Einzelgänger, sein, die diese Tat vollzogen hätten. Da Rogues keinem Rudel angehören und sie sich somit auch weniger in die Gesellschaft einbürgern lassen, leben sie wilder. Die Angst vor dem Wasser ist bei ihnen also noch größer. Vor allem bei einem Fluss, wo die Strömung so stark ist. Es müsste also jemand aus dem Shadow Rudel gewesen sein. Und dass so eine Tat ziemlich bescheuert wäre, hatten wir ja schon geklärt."
"Woher weißt du das alles?"
Ich war live dabei, wenn auch ziemlich jung. "Ich hab es mal in einem Buch gelesen."
Nachdenklich betrachtete mich Damian. Ich wusste, dass er mir nicht glaubte, aber das war gerade egal. Wir würden später noch viel Zeit haben, um über all meine Lügen zu reden.
"Ich mein, du hast schon recht", meinte Jack schulterzuckend. "Ich bin kein großer Fan von Wasser. Selbst Duschen ist irgendwie eklig. Es prickelt so komisch."
"Ja, das liegt daran, dass Wölfe von Natur aus empfindlicher sind. Das sind sie bei all ihren Sinnesorganen. Bessere Sehstärke, verbesserte Hörfunktion und das alles. Das heißt aber auch, dass sie, was ihre Haut angeht, empfindlicher sind."
"Tastorgan", murmelte Jack.
So konnte man es natürlich auch nennen.
"Okay, nehmen wir mal an, ihr habt mit allem, was gerade gesagt wurde, recht", sagte Damian. "Was genau heißt das dann?"
"Dass es keine Werwölfe waren. Vermutlich bedeutet es, dass kein Werwolf Ella Mulm umgebracht hat. Und normale Wölfe würden so etwas wohl nicht machen."
"Und wer war es dann? Menschen wohl kaum."
"Warum nicht?", fragte ich Damian.
"Wieso sollten Menschen sich gegenseitig umbringen, es dann aber so aussehen lassen, als wären es Werwölfe gewesen."
"Das war-"
"Das Ziel von ihnen", unterbrach mich Jack, der mich ganz aufgeregt ansah, weil er verstand, worauf ich hinaus wollte.
"Du hast gesagt, dass es Werwölfe gewesen sein könnten, die einfach hier weg wollen. Also waren es Menschen, die euch nicht hier haben wollten. In dem sie die Tat auf euch schieben, sorgen sie dafür, dass die Einwohner euch hier wieder weg haben wollen."
"Warum sollten sie so etwas wollen?"
"Nun ja", grinsend sah ich Jack an. "Ihr habt euch bei euren Reisen von Dorf zu Dorf vermutlich nicht nur Freunde gemacht. Außerdem eilt euch ein gewisser Ruf voraus."
Damian nickte verstehend. "Obwohl es absurd klingt, ergibt es doch irgendwie Sinn." Er sah zwischen Jack und mir hin und her. "Irgendwie finde ich es aber gruselig, dass ihr so gleich denkt."
Ich kicherte leicht. Tatsächlich war ich ziemlich stolz auf mein Gesagtes, vor allem weil es einfach Sinn ergab. Denn Jacks Zweifel, die er anfangs geäußert hatte, spielten nun auch keine Rolle mehr.
"Tja, was soll ich sagen", Jack legte den Arm um meine Schultern. "Wir verstehen uns einfach."
Damian rollte die Augen. Dass es ihn quasi gar nicht interessierte, dass Jack und ich uns gerade so nah waren, verblüffte mich. Es zeigte, wie sehr die beiden sich vertrauten.
Im nächsten Moment klopfte jemand an die Tür. Auf Damians "Herein" hin, kam Amelia in die Küche, welche mich direkt erfreut ansah.
"Es stimmt also, du bist wieder wach." In der nächsten Sekunde war sie bei mir und umarmte mich fest. Leise lachend erwiderte ich ihre Umarmung.
Als sie mich schließlich wieder losließ, musterte sie mich erst einmal gründlich und irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass ihr dabei alles auffiel. Unter anderem auch Damians Klamotten an meinem Körper.
Besagter räusperte sich und lenkte somit die Aufmerksamkeit wieder auf sich. "Ich will eure Wiedersehensfreude ja nicht unterbrechen, aber warum bist du hier, Amelia?"
"Natürlich", sie stellte sich ordentlich hin. "Der Schuldirektor ist so langsam am Ausflippen. Er schreit jeden an und will wissen, wie es Alina geht."
"Dann sollte ich wohl mal zu ihm gehen", sagte ich und ließ Damian gar nicht erst zu Wort kommen.
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