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Damian's Sicht
"Mein Gott! Was ist bloß los mit dir?" Jack hockte auf der Armlehne des Sofas und sah mir mit gerunzelter Stirn zu, wie ich nun schon seit einer halben Stunde durch das lichtdurchflutete Wohnzimmer lief und zwischendurch immer wieder verzweifelte Laute ausstieß.
"Seit du dich vor ein paar Tagen mit diesem Menschenmädchen im Wald getroffen hast, bist du nicht mehr du selbst. Ist es, weil du Angst hast sie könne ein Spion sein? Schließlich ist es nicht normal, ein Dorf voller Werwölfe hinter einem Baum zu beobachten."
Gehetzt fuhr ich mit der Hand über mein Gesicht. In den letzten Nächten hatte ich wenig geschlafen, weil meine Gedanken immer von diesem Mädchen besetzt waren. Sie wollte mir nicht mehr aus dem Kopf. Und als dann auch noch die Signale bei ihr funktioniert hatten, war es endgültig vorbei mit meiner Konzentration.
Die vorigen Tage hatte ich mein Haus nicht verlassen. Zu groß war die Befürchtung, ich würde Alina hinterher rennen und versuchen, alles über sie herauszufinden. Denn das war definitiv nicht gesund.
Genervt stand Jack von seinem Platz auf und ging mit großen Schritten auf mich zu. Dann packte er mich am Arm und wollte mich zum Sofa zerren, woraufhin ich ihn nur anknurrte. Ich war immer noch sein Alpha und eigentlich wusste Jack auch immer, wann eine Grenze gezogen werden musste.
Mein bester Freund las die unausgesprochene Frage in meinem Blick und seufzte. "Du musst wieder runterkommen. Ich hab keine Ahnung, was mit dir los ist und ich verlange ja auch gar nicht, dass du es mir sagst. Aber das Rudel macht sich Gedanken. Auch sie haben dich seit Tagen nicht gesehen und wollen wissen, was mit dir los ist."
Ich blieb stehen und atmete einmal schwer aus. Er hatte recht und das wusste ich.
Während meines Verbleibs in diesem Haus hatte Jack sich um alles gekümmert, was auch seine Aufgabe als Beta war. Trotzdem sollte ich mich mal wieder blicken lassen. Es gab noch einiges zu regeln mit den hier lebenden Menschen, außerdem musste ich meinen Kriegern neue Befehle geben.
Aber wie sollte ich mich auf all das konzentrieren, wenn mein Kopf voll von ihr war? Andauernd hatte ich ihren Geruch in der Nase und sah sie in dem zu großen T-Shirt vor mir. Und wie sie mich herausforderte.
Verdammt, obwohl ich das Mädchen erst seit wenigen Tagen kannte, wollte sie nicht aus meinen Gedanken. Wäre sie ein Werwolf hätte ich genau gewusst, was das bedeutet hätte. Aber sie war nun einmal ein Mensch und so etwas war unmöglich.
Ich blickte Jack an, der mir erwartungsvoll entgegen schaute. Mit einem schwerfälligen Seufzen ließ ich mich auf das Sofa fallen. Ich musste mit jemandem darüber reden. Auch wenn ich meine Probleme sonst meist alleine löste. Bei diesem steckte ich jedoch in einer Sackgasse.
Ich lehnte meinen Kopf gegen das Kissen hinter mir und fing dann an zu sprechen. "Ich glaube, ich habe meine Gefährtin gefunden." Gut, vielleicht hätte ich etwas subtiler vorgehen können, aber ich hasste es, um den heißen Brei herum zu reden.
Jack fiel vor Erstaunen fast von seinem Sitzplatz, konnte sich aber mit einer übernatürlichen Eleganz wieder auffangen.
"Willst du mich verarschen? Seit wann? Und wer? Vor allem wer? Warte, ist das der Grund, warum du in den letzten Tagen so komisch drauf warst?"
Ich brummte etwas Unverständliches.
Jack ließ sich auf das Sofa fallen und fragte erneut: "Wer?"
"Es ist kompliziert."
Verwirrt runzelte er die Stirn. "Kompliziert?"
"Ja. Ich glaube Alina ist meine Gefährtin."
Jetzt schienen ihm fast die Augen vor Erstaunen rauszufallen.
"Alina?! Das Menschenmädchen?"
"Ja."
"Dir ist klar, dass das unmöglich ist?"
"Ja, natürlich. Aber was soll ich machen? Ich habe ihre Stimme in meinem Kopf gehört, wie bei einem Gefährten-Band. Ich konnte sogar darüber in ihre Gedanken sprechen."
"Trotzdem ist es unmöglich. Werwölfe und Menschen können keine Seelenverwandten sein. Ein Mensch ist nicht stark genug, um die Macht eines Werwolfes während des Vollzugs zu bewältigen."
"Denkst du vielleicht, das weiß ich nicht?", knurrte ich ihn fragend an. Langsam war ich echt gereizt. Ich brauchte Jack nicht, um mir vor Augen zu führen, dass ich an etwas Unmögliches glaubte.
Aber konnte ich denn anders? Seit mehreren hundert Jahren wandelte ich nun schon auf dieser Welt, hatte mir mein eigenes Zuhause aufgebaut. Aber ein richtiges Zuhause hatte ich nie gehabt. Bei meiner Seelenverwandten.
Ich hatte lange nach ihr gesucht, jedoch immer erfolglos. Natürlich hatte ich daran gedacht, dass sie mit ihrem Rudel hin und her zog, aber die wenigsten Werwölfe taten das. Viele blieben schnell sesshaft und gründeten Familien, um ihr Rudel zu vergrößern.
Irgendwann gab ich die Hoffnung auf. Und als mir dann auch noch der Heiler eines fremden Rudels, welches wir gerade überfallen hatten, mitteilte, dass jemand so Grausames wie ich keine Gefährtin besitzen würde, verlor ich die Hoffnung endgültig. Danach riss ich ihm das Herz aus der Brust.
"Was ist mit den Signalen? Hast du die schon probiert? Haben sie bei ihr gewirkt?"
"Ja." Bei dem Gedanken daran, welchen Geruch sie ausgeströmt hatte, als ich sie mit den Signalen überraschte, musste ich ein Knurren unterdrücken. Verdammt! Das Mädchen war nicht mal hier, aber der bloße Gedanke an sie reichte, um mich hart werden zu lassen.
Jack fuhr sich ein wenig verwirrt durch sein Haar. "Und hat sie irgendetwas zu dir gesagt? Wegen eurer Verbindung? Etwas, das sie spürt oder so?"
"Nein, nichts. Sie reagiert nicht einmal körperlich auf mich, also ohne besondere Umstände."
"Das ist wahrscheinlich völlig normal. Schließlich ist sie ein Mensch und kein Werwolf. Unsere normalen Gesetze funktionieren bei ihr nicht." Gedankenverloren nickte Jack.
Währenddessen sah ich ihn verblüfft an. "Du glaubst mir?"
"Wie könnte ich nicht? Jeder Werwolf sucht nach seiner Seelenverwandten. Außerdem kenne ich dich. Du bist ein besonders starker Werwolf, also ist es nur logisch, dass du auch eine besondere Verbindung kriegst. Abgesehen davon würde ich dir immer glauben. Deshalb werde ich dir auch helfen, das genauer herauszufinden." Er zuckte mit den Schultern.
Aber ich kannte ihn besser. Er tat das nicht, weil er mein Beta war. Er tat das, weil er, ebenso wie ich, seit dem Moment, als ich ihn verletzt im Wald gefunden hatte und wir ab dann beste Freunde waren, mich als seinen Bruder ansah. Wir hatten uns zusammen aus dem dunklen Loch gequält, in das wir gefallen waren, als unsere Familien starben.
Und ich schätzte das. Seinen Rat, seine Anwesenheit, seine Freundschaft. Sie waren eine der wenigen Dinge, die mich manchmal davon abgehalten hatten, dumme Dinge zu tun.
Alpha? Es gibt ein Problem an der Grenze.
Ich rollte die Augen als ich Ethans Stimme über den Mind-Link vernahm.
Kann das nicht warten?
Ich fürchte nicht. Die Krieger haben eine Leiche aufgespürt. Ein Mensch. Wir versuchen mehr herauszufinden.
Ich stieß einen Fluch aus.
Ok, ich bin gleich da.
Ich sah zu Jack, der mit den Augen aus dem großen Fenster im Wohnzimmer sah. "Probleme?"
"Ja", antwortete ich und stand mit raschen Bewegungen auf. Es wurde Zeit, dass ich wieder mich wieder um meine Leute kümmerte. "Eine Leiche."
Überrascht sah er mich an und folgte mir dann. Zusammen gingen wir aus der Tür.
Kurz bevor wir uns verwandelten sagte Jack noch: "Menschliche Seelenverwandte und eine Leiche kurz nachdem wir hierherziehen. Die Mondgöttin will dich echt verarschen!"
Ich neigte dazu, ihm zuzustimmen.
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