33.) Abstand
Ich war noch immer ahnungslos, wie ich die angebrochenen Tage verbringen sollte, wie ich es anstellte, dass die Zeit so viel schneller vergehen könnte. Von Tag zu Tag konnte man mir ansehen, wie ich mit immer weniger Energie in den Tag startete. Mein Vater hatte aufgegeben meine Lebensfreude in mir hervor zu rufen. Er war wahrlich etwas überrascht und entsetzt, als Thor und Odin ihm beichteten, dass Loki mein Interesse weckte und dass ich mich ihn hingegeben hätte. Ab und zu heuerte er Thor und die Anderen an, mich ab zu lenken, in der Hoffnung, dass von jetzt auf gleich meine Energie, wieder da wäre, dass ich all das was passiert war vergessen, oder zumindest akzeptieren konnte. In den letzten Monaten, blendete ich die Besorgnis meines Vaters komplett aus, um ein weniger schlechtes Gewissen zu haben. Doch manchmal, wenn ich ihn verzweifelt im Wohnzimmer, mit Thor und Sif reden hörte, überkam mich mein Elend. Es war furchtbar meinen Vater in solch eine Situation zu bringen. Der kleinste Versuch, nur so zu tun, als ob ich glücklich wäre, schien mir unmöglich.
Ich wurde durch ein sanftes Klopfen am Morgen geweckt. Genervt seufzte ich in meinen Bettlaken und presste mein Gesicht in die Matratze. "Zera.", sprach die bekannte Stimme Thors zu mir. Er war in den letztem Monaten doch wahrlich einer meiner engsten Freunde geworden. Auch, wenn ich es ihm selten gezeigt hatte. Er war stehts da und versuchte mich aufzuheitern und gab nicht auf und war sogar in seinen schlimmsten Trauerzeiten, ab und zu bei mir, auch wenn es nur zwei Minuten waren, in denen ich vielleicht etwas bissig und unfreundlich war, fand er trotzdem stehts ab und zu einen Weg zu mir. "Es wird nun wirklich Zeit einmal raus zugehen!", sprach er entschlossen und trat etwas weiter in mein Zimmer. Ich starrte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Warum probierst du es immer noch, sieh' mich an. Ich kann nicht mehr. Ich möchte auch nicht mehr!", gab ich zu und drehte mein Gesicht von ihm weg. "Zera, bitte! Du trauerst, dass ist okay, doch du musst langsam anfangen, mit deiner Trauer umgehen zu können und, es zu akzeptieren. Ein Leben ohne Loki akzeptieren.", riet Thor und fasste mir ruhig auf die Schulter. Ich schnaufte aus. "Wie schaffst du, dass bloß?", raunte ich und mir entfuhr ein leiser Schluchzer. "Warum kann bloß jeder ohne ihn leben. Doch ich nicht!", schluchzte ich etwas stärker. "Du hast ihn geliebt... Ich traue mich sogar sagen, dass er dein Seelenverwandter war. Ich habe genauso getrauert. Loki würde nicht wollen, dass wir so ein Leben führen, schon gar nicht würde er es für dich wollen!", erklärte er und rieb seine Hand sanft auf meiner Schulter auf und ab. "War......", wiederholte ich entsetzt. "Geh' mit mir nach Draußen. Nicht lange. Der Spaziergang wird von kurzer Dauer sein, ich schwöre es dir. Deine Haut benötigt wieder etwas Sonne. Du bist blass.", zwinkerter Thor und stützte mich mit seinen Armen. Thor hatte schon irgendwie Recht. Ich musste lernen ohne Loki zu Leben. Ohne die komplizierten Streite. Ohne die Taten von ihm, die mich ahnungslos werden ließen. Ohne kindische Blödeleien. Ohne sein beleidigtes Auftreten, wenn er Thor Recht geben musste. Ohne sein spitzbübisches Lachen, wenn er mich mit seinen Trugbildern ausgetrickst hatte.
"Ich weiß, es muss für dich noch unvorstellbar sein, dich an einem Alltag ohne Loki zu gewöhnen, dass ist es selbst für mich, doch wir schaffen das. Gemeinsam!", sprach Thor plötzlich, als der Spaziergang drohte von peinlicher Stille geprägt zu sein. Vielleicht war es nicht die beste Idee, die Stille, mit solch einem Satz zu unterbrechen, doch es schuf ein tiefgründiges Gespräch zwischen mir und Thor. Trotz des Themas, bekam ich eine ganz andere Sichtweise auf All das Geschehene.
Aufmerksam blickte ich in die Weite, als ich und Thor etwas vom Weg abgekommen waren. Wir kamen zu einem Waldstück, von dem aus wir die Stadt perfekt beobachten konnten. Mein Blick schweifte von links nach rechts und stoppte bei dem Anblick, der kaputten Regenbogenbrücke. Mein Atem stockte. Von einem Augenblick zum Anderen, kam wieder alles hervor, was ich verdrängte, das Leben ohne ihn wirkte wieder unvorstellbar, seine fehlende Existenz raubte mir den Atem. Panisch baute ich Distanz zu Thor auf und drehte mich ruckartig um, als ich direkt vor meinen Augen den Palast zu Gesicht bekam, der mich hysterisch nach Luft schnappen ließ. Ich schaute auf den Balkon, der zu Lokis Zimmer gehörte und ging in meinem Meer aus Tränen unter. Ich verfiel in eine Art Trance, die einem Tiefenrausch gleichte. "Zera! Zera, beruhige dich!", schrie mir Thor hinterher und folgte mir. "I....Ich muss hier weg!", schnappte ich auf und lief über tausend Ecken, nur um Thor ab zuhängen. Weit entfernt hörte ich noch Thors vergebliche Schreie, die nach mir riefen. Doch diese hielten mich nicht davon ab weiter zu rennen. Ich musste weg von all dem hier. Ich musste wohin, wo mich nichts an ihn erinnerte, sonst würde ich Loki noch irgendwann in den Abgrund folgen, um bei ihm sein zu können. Alles verband ich mit ihm. Es war unerträglich.
Es trieb mich zu einem etwas weiter entfernten Hügel, hinter dem Friedhof, wo ein Platz meiner Mutter gewidmet war. Dort brachten mich meine Füße, zu einer Schlucht, die einem alten Steinbruch gleichte, der stillgelegt wurde. Die Schlucht, war mehrere Meter tief. Den Boden, der Schlucht schmückte ein türkis, grün gefärbter See, in dem sich die Sonne wiederspiegelte. Es war die Schlucht, die ein Wurmloch in eine andere Welt in sich versteckt hatte, jedoch wusste ich nicht in welche. Mir war zu diesem Zeitpunkt völlig egal, wo ich landen würde. Selbst, wenn es eine andere Schlucht gewesen wäre und ich durch den Aufprall sterben würde, wäre es mir egal. Ich hatte zu wenig Motivation, mich mit irgendetwas Anderem auseinanderzusetzen.
Ich schloss also die Augen und stürzte mich geradewegs nach unten. Der freie Fall, verfrachtete mich noch mehr in einen Rausch. Die Anspannung stieg, als ich die letzten Meter durch eine Schlitz tauchen musste und schon war wieder der gewohnte Schwindel und das Rauschen, durch das Loch zu vernehmen. Der kurze Verlust meines Bewusstsein, ließ mich daraus schließen, dass ich nun auf der anderen Seite, des Wurmloches angekommen war. Ich musste mich so gut es ging versteckt halten, um Heimdall, nicht auf mich aufmerksam zu machen, weshalb ich mir bewusst werden musste, dass meine Wege hauptsächlich durch Wälder und überdachte Alleen oder enge Seitengassen führen mussten. Ich wusste ich würde meinen Vater und Thor damit verletzten, einfach so verschwunden zu sein, doch es ging nicht anders, es ließ sich nicht vermeiden.
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