Umziehen?
Bis drei Uhr in der früh lerne ich für meine Prüfung und nach 4 Stunden Schlaf muss ich mich schon zur Schule eilen.
In der Schule passiert nicht viel. Nach der Prüfung kann ich auch schon erleichtert mit meinen Freundinnen die Zeit verbringen. An der Bushaltestelle kommt mir auch schon mein Freund Emil entgegen.
„Wieso hebst du dein Handy nicht ab, wenn ich anrufe?", fragt er verärgert.
„Dir auch Hallo Emil!", sage ich gezwungen grinsend.
„Antworte verdammt auf meine Frage, Vera!", schreit er.
„Wieso ich nicht abhebe? Hast du schon vergessen, dass wir vorgestern eine Verabredung hatten und du mich dort sitzen lassen hast? Was ist diesmal deine Ausrede? Hat dich wieder dein Vater, dein Kumpel oder besser gesagt deine Ex die noch immer was von dir will, aufgehalten?", frage ich laut und es ist mir diesmal egal ob meine Freundinnen mir zuhören.
„Nein, diesmal war es die Beerdigung von meiner Oma!", sagt er mit leicht roten Augen. Erstaunt starre ich ihn schweigend an. „Ich habe dich so oft angerufen wegen dem, aber du hast nicht abgehoben...", meint er.
„Dir ist aber nicht in den Sinn gekommen mir vielleicht zu schreiben? Woher hätte ich wissen sollen, dass deine... es tut mir leid wegen deiner Oma!"
Er blickt mir ein letztes mal in die Augen und geht zu seinem Auto.
„Hey der Bus ist schon da", höre ich Lilly hinter mir sagen. Ich schlucke den Klos runter und steige in den Bus.
Zuhause mache ich mir ständig nur den Kopf wegen Emil. Es war doch nicht falsch von mir, wenn ich auf ihn sauer war, weil er mich zu unserem Date sitzen gelassen hat oder? Ich habe ihn die Sache drei mal verziehen und diesmal war es ein ernsthafter Grund gewesen. Er hat keinen Grund auf mich sauer zu sein.
„Vera? Sofort nach unten mit dir!", höre ich Mutter im unteren Stock schreien.
Na toll, was habe ich jetzt schon wieder angestellt?
Ich gehe die Treppen runter und betrete die Küche.
„Was gibts?", frage ich.
„Komm wir wollen gemeinsam essen", meint Mam.
„Dein Geschrei hat sich aber so angehört als ob ich was getan hätte und du mit mir schimpfen willst", rede ich und lege den Kopf schief.
„Hör auf rum zualbern. Ich bin einfach mit der Art, wie ich mit dir rede gewohnt, weil du mir selten die Möglichkeit gibst nicht zu schreien."
„Haha Mam", grinse ich und setze mich hin.
„Und wie war deine Prüfung?", macht auch mal meine große Schwester Vanessa ihren Mund auf, doch sie schaut mich nicht an, sondern ist in ihrem Buch vertieft. Egal was sie macht, sie hat ständig Bücher in der Hand. Nie sehe ich sie Filme oder Serien schauen.
„Danke der Nachfrage Schwesterherz", sage ich gespielt. „Tja ich denke es wird gut ausfallen, immerhin habe ich echt viel gelernt. Mama was bekomme ich, wenn ich eine gute Note geschafft habe?", frage ich sie.
Mutter verdreht ihre Augen. „Immer das gleiche mit dir. Deine Schwester hat nie was von mir für ihre gute Noten gewollt. Du lernst für dich mein Schatz und nicht für mich!", sagt sie und isst ihr Essen weiter.
„Keine Ahnung, ich hätte mich schon über ein billigen Schmuck oder Sonstiges gefreut, denn dann lerne ich für die nächste Prüfung noch besser", merke ich ihr an.
„Dein Essen wird kalt. Und wir zwei sind schon fast fertig. Der Letzte der mit dem Essen fertig wird muss den Tisch aufräumen", grinst Mutter.
„Jaja...", kommt von mir genervt.
„Weißt du was mein Schatz? Ich wollte das noch ein wenig für mich aufheben, aber ich kann's nicht mehr für mich behalten...", sagt sie und macht kurz Pause. Vanessa und ich haben die vollste Aufmerksamkeit zu Mutter gerichtet. „Ich habe da jemanden kennen gelernt. Wir sind seit zwei Monaten zusammen und verstehen uns perfekt...", hört sie wieder auf zu reden.
„Das ist doch super Mama!", schreit Vanessa voller Freude. Ich hingegen bin damit nicht einverstanden.
„Was ist mit dir Vera? Freust du dich auch, dass deine Mama Jemanden gefunden hat?", fragt Mutter.
Ich zucke mit den Schultern. „Naja, du willst ihn ja nicht heiraten, also wird das sowieso nicht lange halten!", rutscht es mir raus und ich bekomme sofort einen Fußtritt gegen meinen Bein von Vanessa. Vor Schmerz ziehe ich mein Gesicht, den sie hat meinen bereits verletzten Bein getroffen.
„Er hat mir schon einen Antrag gemacht, ich habe auch zugestimmt, aber wollte trotzdem vorher mit euch zwei reden", sagt sie traurig.
„Du hast zugestimmt? Wieso fragst du uns, wenn du schon zugestimmt hast? Mama Männer sind scheiße, du bist auch ohne einen Mann glücklich also lass es sein!"
„Wo hast du sie glücklich gesehen? Bist du jemals mitten in der Nacht aufgewacht? Hast du da Mama gehört wie sie geweint hat, weil sie Papa vermisst? Nein hast du nicht. Sie spielt hier uns ihre glückliche Seite vor. Wenn sie einen anderen heiratet, dann wird sie über diesen Schmerz hinwegkommen!", erklärt mir Vanessa.
Mutter fließen Tränen über die Wangen.
Schweigend beobachte ich sie und schlucke den Klos runter.
„Ja, Mama wenn er dich glücklich machen wird, dann bin ich auch einverstanden", sage ich gezwungen grinsend. Dann zieht sie ihre Lippen zu einem weitem glücklichen Grinsen.
Sollte er ihr das Herz brechen, dann wird sie an diesen Gespräch hier mit mir zurück denken. Niemand ist besser als mein Papa, der aber vor 4 Jahren an Krebs gestorben ist. Meine Freundinnen haben mir über ihre Väter erzählt, und seitdem weiß ich wie scheiße Männer sind, ausgeschlossen von meinem Vater. Papa war immer gutherzig, er hat immer sein Lächeln gezeigt.
—
Es sind einige Tage vergangen. Mein Freund hat sich nicht gemeldet. Ein paar mal habe ich ihn angerufen, aber er hat nicht abgehoben. Ich dachte mir, vielleicht hat er mich damals ja angerufen, weil er wegen seiner Oma von mir Trost gebraucht hat. Ich bin auch zu ihm gefahren, aber er war nicht zuhause. Seine Schwester meinte er ist mit seinen Freunden abhängen gegangen. Das heißt wohl, dass er meinen Trost sicher nicht braucht. Und ab heute werde ich ihn auch nicht mehr anrufen.
An einem Tag kommt Mutter und Vanessa in mein Zimmer und schauen mich ernst an. Wie ich aus ihren Gesichtern raus lesen kann, wollen sie mich zu irgendwas überreden.
„Was gibt's?", frage ich und lege mein Handy weg. Sie setzen sich zu mir aufs Bett.
„John, also den Mann den ich kennen gelernt hab, und mit ich auch verlobt bin...er...", stottert Mutter.
„Mama, was ist los? Sag's ihr einfach!", sagt Vanessa ohne Geduld.
„Er will, dass wir alle in seinem Haus einziehen. Eine Familie werden...", beendet Mutter schließlich ihren Satz.
Ich fange an zu lachen. „Das kommt ja noch besser."
„Was hast du dir erwartet? Wenn sie ihn bald heiraten will, würde sie ja auch zu ihm in sein Haus ziehen. Also wir werden unser hässliches Haus verlassen und in einer Villa wohnen", meint Vanessa grinsend.
„Jaja der war gut, von wegen Villa. So viel Glück würden wir nie haben. Okay Mama ich bin einverstanden, aber wie soll ich dann zur Schule fahren? Wenn du mir sagst ich soll auch noch meine Schule wechseln, dann kannst du das Ganze hier vergessen! Den so einen Umzug mag ich nicht. Ich will nicht wieder auf Freundschaftssuche gehen..."
„Mein Gott! Bei dir laufen sie haufenweise hinterher ohne suchen zu müssen also, Schwesterherz mach dir keine Sorgen."
„Nein, deine Schule wechselst du nicht, auch die Stadt wechseln wir nicht. Er hat wirklich ein sehr schönes Haus, Platz für uns alle und sein Sohn wohnt auch dort. Ihr werdet einen Bruder haben, den ihr euch schon lange gewünscht habt und zwar einen großen Bruder", sagt Mutter weit grinsend.
Ich schlage meine Hände auf mein Gesicht. „Bringt mich bitte hier um!", lalle ich. Mutter umarmt mich ganz fest. Was soll ich tun als zu zustimmen? Vanessa ist gut bei allem Überredungen.
...
03.04.2020
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