vii. Babe With The Power
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SIEBEN BABE WITH THE POWER
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„VOODOO", SAGT HOLLY, während sie darauf wartet, dass der Durchgang aus den Ziegeln des Schlosses heraustritt. Ein Teil von ihr ist froh, dass sie erst jetzt hierher gekommen ist, denn wäre sie eine Erstklässlerin, die diese Treppe in einen dunklen Gang hinabsteigt, würde sie vor lauter Beängstigung in Tränen ausbrechen. Es ist auch ein bisschen beängstigend. Doch sie ist schon zu oft nachts durch dunkle Flure gegangen und kann somit die Möglichkeit auszuschließen, in einen Spiegel zu schauen und Bloody Mary zu sehen.
Das, und sie ist mit Susannah verflucht. Alles dank eines Muggel-Trends — Asche in Diamanten zu pressen. Susannahs Mutter trug die Kette offenbar jeden Tag, bis sie es nicht mehr tat, und sie ging verloren, und sie wurde gefunden, und sie wurde in einem netten Juweliergeschäft in der Nähe des Hauses ihrer Großeltern verkauft, wo ihr Dad dachte: Das könnte ein nettes Geburtstagsgeschenk sein.
Danke, Dad.
Manchmal erinnert sie sich an den Schrecken, der ihr in den Knochen steckte, als sie aufwachte und sah, wie Susannah in ihrem Sichtfeld erschien und neben dem Fenster schwebte. Holly hätte fast geschrien. Fast. Sie ist ein harter Brocken.
Sie muss ein harter Brocken sein, wenn sie das hier gewinnen will. Sie weiß, dass sie nicht so erfahren ist wie die älteren Champions, und nach dem, was ihre Freunde gesagt haben, ist Harry schon in genug lebensbedrohlichen Situationen gewesen, um seinen Mangel an Wissen auszugleichen. Er weiß, was zu tun ist, sonst würde er heute nicht mehr atmen. Holly jedoch... Sie kann sich duellieren?
Ihre Zweifel werden in dem Moment aus ihren Gedanken verdrängt, als sich der Durchgang zu ihrem Gemeinschaftsraum öffnet. Holly wird mit Jubelschreien begrüßt; die kleinen Erst- und Zweitklässler rufen Wuhu, grünes und silbernes Konfetti tanzt durch die Luft. Das alte Grammophon neben dem schwarzen Brett dröhnt los.
Pansy und Tracey stürmen nach vorne und legen beide einen Arm um sie. Der Applaus und der Jubel gehen weiter, als Holly weiter in den Gemeinschaftsraum gebracht wird, während der Durchgang hinter ihr verschwindet. Ihre Freunde stehen alle um sie herum, als ob die Menge der Leute, die sich für sie interessieren, es erfordert, dass fast jeder Viertklässler sie bewacht. Sie ist nicht aus Porzellan. Sei's drum.
Draco fragt: „Also, wie hast du das gemacht?"
Und Holly gerät an eine Weggabelung.
Sie könnte sagen, dass sie es nicht weiß. Sie könnte die Wahrheit sagen und sagen, dass sie keine Ahnung hat, dass sie ein wenig besorgt ist, wenn sie ehrlich ist. Sie könnte ihr Herz und ihre Seele ausschütten und sich darüber aufregen, warum sie im Turnier ist.
Oder sie könnte die Wahrheit verbiegen. Das ist kein Lügen. Lügen wäre, zu erfinden, wie sie es gemacht hat und wie sie ihren Namen eingeworfen hat. Aber wenn sie die Wahrheit verbiegt — wenn sie etwas Vages sagt, aber nicht preisgibt, ob sie es war, die ihren Namen eingeworfen hat oder nicht — dann lügt sie nicht. Sie verändert die Dinge nur ein wenig. Lässt ein paar Details im Schatten stehen und rückt bestimmte Dinge ins Licht. Dagegen ist nichts einzuwenden. Es sieht so besser aus.
Oder — sie denkt an eine dritte Möglichkeit.
„Wisst ihr, ich würde es euch ja sagen, aber", sagt Holly. Die meisten Leute im Gemeinschaftsraum hören zu. Sie sieht sich kurz um, bevor sie grinst. „Wie wäre es, wenn wir uns auf das konzentrieren, was wichtig ist? Slytherin wird gewinnen!"
Das verursacht einen weiteren Aufruhr. Die Schüler jubeln, klatschen in die Hände und benutzen Zaubersprüche, die ein Feuerwerk in die Luft steigen lassen. Natürlich in Grün und Silber. Holly schaut sich zu ihren Freunden um, die alle ein breites Grinsen aufsetzen, und Harlow reicht ihr die Hand, um ihr auf den Couchtisch neben ein paar gepolsterten Sofas zu helfen. Ihr Vater nennt sie Sherlock-Holmes-Sofas.
Alle hören wieder zu. „Ich meine, ich weiß, dass ich ein bisschen spät hierher gekommen bin", sagt Holly, jetzt, wo sie ihr Gleichgewicht gefunden hat und ihr Bestes versucht, zu ignorieren, dass sie auf einem Tisch steht und morgen Abend nachsitzen muss, falls Snape reinkommt. „Aber man braucht kein Genie sein, um zu bemerken, dass die anderen Häuser — um es vorsichtig auszudrücken — denken, dass wir böse sind."
Jemand schreit: „Sind wir verdammt nochmal nicht!"
Susannah, die in Hollys Sichtfeld erscheint, verschränkt die Arme. Sie rollt mit den Augen. „Sie sind kreativ, nicht wahr?", sagt sie. Holly würde Susannah ansehen und ihr einen Blick zuwerfen, Gib ihnen eine Chance, aber ihr Herz schlägt zu schnell, um ihr ihre volle Aufmerksamkeit zu schenken. Die Menge der Leute, die lächeln und klatschen, gibt ihr das Gefühl, Bäume ausreißen zu können.
„Aber wisst ihr was? Wenn sie denken, dass wir gerissen sind, dass wir ehrgeizig sind — dann haben sie recht! Und es ist nichts falsch daran! Ja, wir sind einfallsreich — und das brauche ich ganz sicher, um zu gewinnen! Denn wenn ich gewinne, gewinnt Slytherin—"
„Und das haben wir verdient!", ruft Pansy, die Hände ineinander verschränkt.
Noch mehr Applaus. Holly grinst weiter und blickt die Menge der Schüler an, die zu ihr aufschauen. Sie hört, wie jemand etwas in die Richtung Potter stinkt ruft, woraufhin sie versucht, nicht die Stirn zu runzeln. Was sie jetzt nicht tun wird, ist, andere Champions zu beleidigen.
Holly wird von Harlow vom Tisch heruntergeholfen, an dem sie sich festhält, um herunterzuspringen. Sie wird von all ihren Freunden beglückwünscht und Daphne verbringt gute fünf Minuten damit, Holly zu umarmen, während sie mit den anderen spricht. Während sie mit den Erstklässlern spricht, die genauso viel über die Schule wissen wie Holly. Während sie mit den Siebtklässlern spricht, die viel mehr über die Schule wissen als sie, aber bereit sind, ihr Wissen zu teilen. Um zu helfen. Sie gewinnen alle, wenn sie gewinnt. Und das wird sie.
Eine Weile vergeht und Holly zieht ihre Freunde zur Seite. Sie weiß, dass sie so schnell wie möglich eine Strategie entwickeln muss. Ihr Dad ist ein Sportfanatiker und aus dem Jargon, den sie im Laufe der Jahre von ihm gehört hat, lautet die kurze Zusammenfassung, um zu gewinnen, so: Weiß, was du tust. Holly weiß, dass das funktioniert. So ist sie aus Durmstrang gekommen, mit einem kleinen Plan, den sie auswendig konnte... Sie erinnert sich sogar noch an ihn.
Holly glaubt, dass sie Magic Dance von David Bowie auf dem Grammophon im Gemeinschaftsraum spielen hören kann. Das muss eine Menge Lügen erfordern, wenn man bedenkt, dass die Hälfte des Hauses Muggel verachtet. Hm. Ihre Gedanken verlieren sich für einen Moment in dem Text — „You remind me of the babe — What babe? — The babe with the power — What power? — The power of voodoo — Who do? — You do! — Do what? — Remind me of the babe!"
Sie kommt wieder zu Sinnen. Das ist die Schuld ihres Dads. Ihr Leben ist mit der Musik der Beatles und David Bowie verknüpft, seit sie geboren wurde. (Sie denkt aber nicht, dass das etwas Schlechtes ist.)
„Ich muss mit euch allen reden", ruft sie und versucht, über die Musik und das Geschwätz hinweg gehört zu werden. Ihre Freundinnen scheinen sie zu hören, zum Glück. Harlow ist damit beschäftigt, sich mit Blaise zu unterhalten (bezaubernd, denkt Holly), und es sind nur die Mädchen, was bedeutet, dass sie sich keine Sorgen um den Zauber machen müssen, der Jungs von den Zimmern der Mädchen fernhält. „Meint ihr, wir können uns wegschleichen?"
„Das ist wird schon mal eine Übung sein!", sagt Millicent und lächelt strahlend. Die beiden anderen Mädchen nicken zustimmend und sehen genauso begeistert aus wie alle um sie herum. Holly ist aufgeregt wegen des Turniers, weil sie sich ins Geschehen stürzen will, aber sie kann auch nicht anders, als wegen der anderen Sache aufgeregt zu sein. Alle diese Schüler scheinen ganz aus dem Häuschen zu sein — wegen ihr.
Also machen sich die vier Mädchen auf den Weg aus dem Gemeinschaftsraum in Richtung ihres Schlafsaals, schlüpfen durch die Menge und huschen hinaus in den Gang. Tracey geht voraus, um die Tür zu öffnen und sie gehen hinein, bevor jemand bemerkt, dass der Champion bei der Feier fehlt.
„Ich werde gewinnen, nur um das klarzustellen", sagt Holly. Ihre Freundinnen grinsen sie an. Überraschenderweise sieht Pansy so aufgeregt aus, dass sie fast schon anfängt, auf und ab zu springen. Wie ein aufgeregter Hund, wenn er sein Abendessen oder sein Lieblingsspielzeug sehen kann. „Aber ich brauche etwas Hilfe?"
Millicent nickt. „Wie denn?"
„Naja", sagt Holly. „Mein Dad ist besessen von Sport und er hat immer gesagt, dass ein agiler Körper zu einem agilen Verstand führt — und ein agiler Verstand gewinnt immer. Ich habe mich früher in Durmstrang duelliert und bin geschwommen, vielleicht könnte ich mit euch Duellieren üben? Und dann ist da noch das Schwimmen, was ich auch alleine machen kann — vielleicht sollte jemand dabei sein, falls ich der Krake nicht schnell genug ausweichen kann, aber andererseits könnte das Ausweichen vor der Riesenkrake auch gut sein, um die Sache mit dem agilen Verstand zu testen."
Tracey lehnt sich gegen die Wand. „Meine Mum arbeitet beim Propheten", erklärt sie. „Und immer, wenn es Arbeitsaufträge und so was gibt, sagt der Sportredakteur immer, dass die Mannschaften, die gewinnen, normalerweise die meiste Presse bekommen — natürlich meint er damit Quidditch, aber es gilt hier dasselbe, oder?"
Daphne nickt und setzt sich auf das erste Bett, in der Nähe der Tür. „Also sorgen wir dafür, dass in allen Zeitungen und Magazinen über dich gesprochen wird—"
„Rita Kimmkorn glaubt alles, was man ihr erzählt, also haben wir den Propheten", sagt Pansy. Holly sieht, wie Millicent zustimmend nickt, und wenn überhaupt ist Holly froh, dass ihre Freundinnen den Unsinn, den der Prophet ausspuckt, nicht glauben. „Und die anderen werden dem Beispiel folgen, wenn sie glauben, dass du der Champion bist, der interviewt werden sollte."
Holly nickt und beginnt, in ihrem Schlafsaal auf und ab zu gehen. „Rita Kimmkorn wird früher oder später auftauchen, der Prophet wird zuerst die Neuigkeiten über alle Champions haben wollen", sagt sie. „Ich kann damit anfangen. Und wenn die anderen Zeitungen und Magazine nicht nach Interviews und sowas fragen, dann können wir sie einfach anbieten, oder? Etwas sagen wie: Naja, ihr wollt doch bestimmt etwas über das Turnier in eurer Ausgabe haben? Wir können das schaffen — wir werden das schaffen—"
„Und du bist eine Slytherin, Rita Kimmkorn hatte schon immer eine Vorliebe für uns", sagt Pansy. Sie geht auf Holly zu, hält ihre Hände fest und nickt, während sie spricht. „Also wird sie offensichtlich einen glänzenden Artikel über dich schreiben und natürlich werden die anderen Magazine und Zeitungen mit dir sprechen wollen, wenn dein Artikel der beste ist!"
Holly nickt. „Aber in der Zwischenzeit", sagt sie, „Muss ich auf dem gleichen Stand sein wie die älteren drei. Sie haben in der Schule mehr gelernt, ich muss aufholen — oder zumindest wissen, was in bestimmten Situationen zu tun ist, sie werden uns nicht sagen, was die erste Aufgabe ist, also muss ich bereit und auf alles vorbereitet sein, was es so gibt."
„Wir können die älteren Slytherins dazu bringen, die fortgeschritteneren Zaubersprüche und Verteidigungslektionen mit dir durchzugehen", sagt Daphne.
Millicent nickt. „Offensichtlich wollen sie helfen. Wenn du gewinnst, tun wir das alle."
Holly hält ihre Halskette fest und wartet, bis sie Susannah über einem der Betten schweben sieht, bevor sie fortfährt. „Ich muss auch herausfinden, worauf jeder Richter achten wird", sagt sie. Sie blickt zu Susannah auf, die ihr einen Daumen nach oben zeigt, da sie die Botschaft laut und deutlich verstanden hat. Mit einem Lächeln im Gesicht wendet sich Holly wieder ihren Freunden zu. „Aber ich kann das regeln."
„Wir kriegen das hin", bekräftigt Tracey sie nickend.
„Ja", sagt Holly. „Wir kriegen das hin."
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HOLLY MAG DEN Gedanken, dass sie ein wenig wandelbar ist.
Als Tochter eines Mannes, der weiß, wie er seinen Platz in dem Raum bekommt, in dem alles abläuft, hat sie das Gefühl, dass es etwas damit zu tun hatte, dass sie ihre ganze Kindheit um ihn herum war. Und selbst wenn es nicht an seiner berufsbedingten Notwendigkeit für Charisma läge, glaubt sie, dass er etwas damit zu tun haben muss.
Selbst mit vierzehn hat Holly erkannt, dass bestimmte Situationen, bestimmte Menschen, unterschiedliche Fähigkeiten der Persönlichkeit von jemandem erfordern. Manchmal muss man mit jemandem sprechen, der sein Essen mit Beschwerden über alles Mögliche herunterspült, und oft ist es die einfachste Option, zu nicken und zuzustimmen, selbst wenn einem die Art und Weise, wie das Restaurant sein Gemüse zubereitet hat, eigentlich gefallen hat. Holly und ihr Vater haben beide diese Fähigkeit: zu wissen, wie man eine Situation einschätzt und den besten Weg findet, sich anzupassen.
Aber Gott sei Dank hat Holly das im Laufe der Jahre gelernt — schon als kleines Mädchen, das in der Grundschule vor bestimmten Lehrern so tat, als sei ihr das Rechnen lieber als Lesen und Schreiben und umgekehrt —, denn jetzt verlässt sich jeder darauf. Holliday Lippincott ist nicht nur das durchschnittliche Mädchen, das zu viel Geld für Feuchtigkeitscremes und Wimperntusche ausgibt. Holliday Lippincott ist der Slytherin-Champion. Holliday Lippincott wird das Trimagische Turnier gewinnen.
Also muss sie sich entsprechend verhalten. Sie wird sich in jeder Stunde selbst übertreffen. Sie wird die Manifestation von agiler Körper, agiler Verstand sein. Sie wird ihre Slytherin-Eigenschaften ausspielen und das Mysteriöse, das sie umgibt — du wirst Reporter anziehen, hat Tracey ihr vorhin gesagt. Was gut ist. Holt die Zeitungen, holt die Unterstützung. Holly kann das schaffen... Sie kriegt das hin.
„Gut, also", sagt Holly, als sie in den Zaubertränke-Klassenraum gehen. „Ich überlege, ob ich heute Abend vor dem Essen noch ein bisschen üben soll — es regnet draußen, also können wir vielleicht mit dem Duellieren anfangen oder so? Ich habe den Brief heute Morgen an meinen Dad geschickt, also können wir direkt vor Zaubertränke loslegen und etwas aussuchen..."
„Ich hätte nichts dagegen, dir zu helfen", sagt Harlow, der die meiste Zeit des Tages damit verbracht hat, Holly vor Scharen von Schülern wegzukarren, die sie fragen, wie sie ein Champion geworden ist. Holly lächelt ihn an. Ihre Freunde sind cool. „Womöglich würde es uns allen guttun, wenn wir es schaffen, auch etwas von diesem Zeug zu lernen..."
„Könnt ihr euch das vorstellen?", sagt Pansy grinsend. Die Mädchen setzen sich an einen der Tische, während sich Harlow wieder zu den Jungs gesellt. „Weil unsere Holly der Champion ist, bekommen wir alle bessere Noten."
„Ich würde es ein Wunder nennen", sagt Daphne und setzt sich. „Nichts wird mich vor meinem Schicksal bewahren — königlich in Zaubertränke durchzufallen."
Holly fängt an zu lachen, wie der Rest ihrer Freundinnen auch, doch sie blickt auf das Abzeichen an Pansys Robe und der Witz über das Durchfallen in Zaubertränke scheint nicht mehr so lustig zu sein. Viele der Hogwartsschüler haben dieses Abzeichen verteilt — eines zu ihren Gunsten und eines zu Cedrics Gunsten.Doch die Abzeichen habe alle eines gemeinsam. Sie wirbeln und drehen sich und der Text sagt UNTERSTÜTZT DEN [entweder HUFFLEPUFF oder SLYTHERIN] CHAMPION, [entweder CEDRIC DIGGORY oder HOLLY LIPPINCOTT] mit einem einprägsamen, cleveren Slogan. POTTER STINKT. Holly seufzt. Sie kennt ihn nicht, aber sie findet es unfair. Und auch dumm und albern. Aber egal.
„Gegengifte!", sagt Snape, nachdem sich die Klasse auf ihren Plätzen niedergelassen hat. Wie immer waren Draco und Harry in einen Streit geraten, weshalb Granger (wie heißt sie mit Vornamen?) und Goyle (hat er einen Vornamen?) dem Unterricht fernblieben. Diesmal endete ihr Streit in dem schlimmsten Duell der Welt und jetzt waren die beiden im Krankenflügel, um ihre Verletzungen versorgen zu lassen. „Ihr solltet inzwischen eure Rezepte vorbereitet haben. Ihr werdet jetzt mit aller Sorgfalt eure Tinkturen zubereiten, und dann werden wir jemanden aussuchen, an dem wir eine davon ausprobieren..."
Snape blickt unverhohlen zu Harry. Holly runzelt die Stirn. Sicherlich sieht jemand ein Problem darin, dass ein Lehrer Schüler vergiftet. Wenn man bedenkt, dass Holly früher in Durmstrang war, wo das nur ein normales Nachsitzen war, keine große Sache, und sie ein Problem darin sieht, dann sieht das sicher auch jemand anderes so? Was?
Jemand klopft an der Tür. Ein kleiner Junge mit einer rot-goldenen Krawatte betritt das Klassenzimmer und bewegt sich auf den vorderen Teil des Raumes zu. Snape runzelt die Stirn. „Ja?"
„Bitte, Sir", sagt der kleine Junge. „Ich soll Harry Potter und Holly Lippincott nach oben bringen."
„Potter hat hier noch eine Stunde Zaubertränke abzusitzen", sagt Snape. Holly spürt, wie ihr Herz sinkt. Sie hat nicht gegen Zaubertränke, aber sie kann es nicht ertragen, wie schwül es im Klassenzimmer ist. „Er wird nach oben kommen, wenn der Unterricht zu Ende ist. Lippincott, nimm deine Sachen mit."
Holly runzelt die Stirn, beschließt aber, mitzumachen, denn was soll sie schon tun? So wie es sich anhört, hat Snape seit jeher eine Vorliebe für die Slytherins. Also packt sie ihre Sachen weg, bleibt aber weiterhin neben ihrem Tisch stehen, für den Fall, dass er nachgibt und Harry gehen lässt.
„Sir — Sir, Mr Bagman will ihn sprechen", sagt der kleine Junge. Man merkt, dass er ein Gryffindor ist, Himmel, wer hat schon den Mut, Snape zu widersprechen? „Alle Champions müssen kommen, ich glaube, sie wollen Fotos von ihnen machen..."
Fotos? Oh, nein. Holly erholt sich noch von der Katastrophe, die ihr Schulfoto in der sechsten Klasse war. Gott sei Dank war das ihr letztes Jahr in der Grundschule, denn sie würde lieber mit dem Riesenkraken schwimmen, als jemanden zu treffen, der dieses Bild gesehen hat, mit rosa Haargummi und allem.
„Von mir aus", sagt Snape. Er sieht verärgert aus. „Potter, lass deine Sachen hier, du kommst so schnell wie möglich zurück, ich will dein Gegengift testen."
„Bitte, Sir, er muss seine Sachen mitnehmen — alle Champions—"
„Schon gut!", sagt Snape. Holly bewegt sich auf die Tür des Klassenzimmers zu. Sie geht an ihren Freunden am anderen Tisch vorbei und Harlow zeigt ihr einen Daumen hoch. Draco hebt das Abzeichen an seiner Robe hoch, damit sie es sehen kann. Sie lächelt zurück. „Potter, nimm deine Tasche und verschwinde hier!"
Holly ist schon aus dem Klassenzimmer geschlüpft, als die anderen beiden in den Flur kommen. Sie wartet, bis sie auftauchen, bevor sie losläuft. „Ist das nicht toll, Harry?", sagt der kleine Junge. Unhöflich. „Oder, Harry? Dass du Champion bist?"
„Ja, echt toll", sagt Harry. Holly geht vor ihnen her, also erlaubt sie sich ein Lächeln über seinen Sarkasmus. „Wozu brauchen sie Fotos, Colin?"
Ah. Der kleine Junge ist also Colin.
„Für den Tagespropheten, glaub ich!"
„Großartig", sagt Harry. Holly wirft einen Blick über ihre Schulter und sieht, dass Colin stehen geblieben ist, also tut sie es ihm gleich. Sie hält ihre Halskette fest und lässt den Diamanten an der Kette entlanggleiten. Ein beruhigender Schatten taucht auf. „Genau das, was mir fehlt. Noch mehr Rummel."
„Viel Glück!" sagt Colin. Er gestikuliert in Richtung der Klassenzimmertür neben ihnen und Holly geht nach vorne, um an die Tür zu klopfen, woraufhin sie höflich fünf Sekunden wartet, bevor sie sich selbst einlässt. Sie hält die Tür für Harry offen und tritt weiter in das Klassenzimmer, wo die Tische abgeräumt worden sind, um einen großen Raum in der Mitte zu schaffen.
Holly wirft einen Blick auf Harry, der wie ein Fisch auf dem Trockenen aussieht. Sie will gerade zu Viktor hinübergehen, um mit jemandem zu sprechen, der sie tatsächlich mag, aber Bagman schreitet vorwärts. „Aah, da sind sie ja! Unsere Champions Nummer vier und fünf! Kommt herein, Harry, Holly, immer rein mit euch... keine Sorge, es geht nur um die Eichung der Zauberstäbe, die anderen Schiedsrichter werden gleich da sein—"
„Eichung der Zauberstäbe?", sagt Harry.
Es ist eine Frau im Raum, gekleidet in farbenfrohe Gewänder. Sowohl Holly als auch Susannah bemerken die Flotte-Schreibe-Feder — die, von der Tracey vorhin gesprochen hat — und die Kamera neben ihr. Sie muss also Rita Kimmkorn sein.
„Wir müssen prüfen, ob eure Zauberstäbe in Ordnung sind und keine Probleme machen, da sie doch die wichtigsten Werkzeuge für die kommenden Aufgaben sind", sagt Bagman. Susannah versucht, ihre Geisterkräfte einzusetzen, um Rita Kimmkorn dazu zu bringen, an Holly zu denken — damit ist gemeint, dass Susannah Holly Lippincott in Rita Kimmkorns Ohr ruft, in der Hoffnung, dass sie es hört und denkt, es seien ihre eigenen Gedanken und nicht irgendein Geist. „Der Fachmann ist gerade oben bei Dumbledore. Und dann gibt es noch einen kleinen Fototermin. Darf ich vorstellen, Rita Kimmkorn, sie schreibt für den Tagespropheten einen kleinen Artikel über das Turnier..."
„Vielleicht nicht ganz so klein, Ludo", sagt Rita Kimmkorn. „Wäre es vielleicht möglich, dass ich rasch ein Wort mit Harry und Holly wechsle, bevor wir anfangen? Die jüngsten Champions, Sie wissen schon... damit das Ganze ein wenig Pep kriegt?"
„Natürlich!", sagt Bagman. „Das heißt — wenn sie keine Einwände haben?"
Harry beginnt: „Ähm—", als Holly lächelt und auf Rita Kimmkorn zugeht, um sich vorzustellen, während Rita Kimmkorn sie zu einer Tür im Raum führt. Holly glaubt, es ist ein Besenschrank. Charmant.
Holly verlässt den Raum nach ein paar Minuten, nachdem sie Rita Kimmkorn ein letztes höfliches Lächeln geschenkt hat. Als sie aus dem Besenschrank geht, sieht sie Harry an und wirft ihm einen seltsamen Blick zu. Sie versucht, ihn zu warnen, dass es schrecklich ist, aber er begreift es nicht. Sie hat versucht zu helfen.
Sie spricht mit Viktor, während sie auf Dumbledores Ankunft warten, und geht hinüber zu den Stühlen, die in der Mitte des Raums aufgestellt sind. Offenbar war Karkaroff heute Morgen besonders gehässig, weil sie, eine entflohene Schülerin, Champion für eine andere Schule ist. Ups. Viktor ist halb damit fertig, zu erklären, was während ihrer Abwesenheit in Durmstrang passiert ist und spricht in gedämpftem Ton, als Dumbledore den Raum betritt.
Dumbledore sieht sich um. „Wo ist—?"
„Er ist in der Besenkammer", sagt Holly.
Das nächste, was Holly weiß, ist, dass Rita Kimmkorn ausruft: „Dumbledore! Wie geht es Ihnen? Ich hoffe, Sie haben im Sommer meinen Artikel über die Konferenz der Internationalen Zauberervereinigung gelesen?"
„Bezaubernd gehässig", sagt Dumbledore. Holly und Viktor tauschen einen Blick aus, nun, dass Karkaroff den Raum betreten hat. Es dauert ein paar Minuten, bis Holly merkt, dass sie sich beim Anblick ihres alten Schulleiters näher an Viktor herangesetzt hat. Und sie soll ein Champion sein. „Mit Vergnügen würde ich mir die Gründe für diese Gemeinheit anhören, Rita, aber ich fürchte, wir müssen diese Dinge auf später verschieben. Die Eichung beginnt gleich, und wir können nicht anfangen, solange einer der Champions in einem Besenschrank versteckt ist."
Nun. Er hat nicht unrecht.
Harry stürmt aus dem Schrank, so schnell wie seine Beine es vermögen. Einen Moment lang versucht Holly, seine Aufmerksamkeit zu bekommen, ihm ein mitfühlendes Lächeln zu schenken, höflich zu sein, aber er ist zu sehr damit beschäftigt, sich zu den anderen zu setzen. Er setzt sich neben sie, aber sie reden überhaupt nicht. Stattdessen wendet Holly sich an Viktor, der sanft lächelt.
„Darf ich Ihnen Mr Ollivander vorstellen?" sagt Dumbledore. Er deutet auf einen uralt aussehenden Zauberer, der neben dem Fenster steht, mit weißem, strähnigen Haar, wie es alt-alte Leute haben. „Er wird Ihre Zauberstäbe prüfen, um sicherzustellen, dass sie vor dem Turnier in gutem Zustand sind."
„Miss Lippincott, dürfen wir Sie als erstes nach vorne bitten?" sagt Mr Ollivander, während er sich näher auf sie zubewegt. Nein, nicht bewegen. Eher gleiten. Er ist ein anmutiger, alter Mann, denkt Holly.
Holly steht auf, tritt einen Schritt vor und reicht ihm ihren Zauberstab. Er nimmt ihn in die Hand und zeichnet die in den Griff eingravierten Stechpalmenblätter mit den Fingern nach. „Hmm... Ebenholz und Drachenherzfaser... Zehn Zoll..." sagt Mr Ollivander. Er greift nach dem Zauberstab und ruft einen Zauberspruch aus, bei dem Blumenblätter aus dem Zauberstab sprießen. Holly beäugt weiter ihren Zauberstab. Sie ist ein wenig beschützerisch. „Der ist in gutem Zustand."
Er gibt Holly ihren Zauberstab zurück. Sie lächelt ihn an und setzt sich wieder hin, zwischen Viktor und Harry. Als sie aufblickt, sieht sie, wie Susannah eine Teddybär-Rolle vollführt und auf halbem Weg innehält, um Holly zuzurufen: „Du hast es geschafft!"
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„ICH HABE GEDACHT, JEMAND sollte überprüfen, ob sie dich nicht gekidnappt hat", sagt Holly und bewegt sich von der Wand im Gang weg, als Harry — der letzte Champion aus dem Klassenzimmer — den Raum verlässt. Harry sieht etwas verwirrt aus und Holly zuckt mit den Schultern. Er macht es ihr nicht leicht, was? Sie versucht, höflich zu sein. Er nicht. „Sie hat ewig gebraucht, um genug Fotos von mir zu bekommen und du bist wahrscheinlich ein bisschen interessanter für sie, wenn man bedenkt, dass du der Auserwählte bist—"
„Ich bin nicht der Auserwählte", sagt Harry.
„Stimmt", sagt Holly. Sie zieht eine Augenbraue hoch. „Wie auch immer. Ich dachte, es wäre das Beste, wenn sie dich nicht in diese Krokodilhandtasche steckt, die sie hat."
„Danke", sagt er.
Holly will murren. Er macht es ihr nicht leicht, was? Sie versucht, höflich zu sein. Sie versucht wirklich, freundlich zu sein, um eine Art von... nun, nicht Freundschaft, sondern eher eine Art von Bekanntschaft zu haben. Gibt es so etwas? Holly denkt, es sollte so etwas geben. Sie hofft, dass sie Bekannte sein können. Vor allem, weil sie beide gar nicht an diesem Turnier teilnehmen sollten.
Okay. Holly geht im Geiste die Liste durch, wie man Gespräche am Laufen hält. Ihr erster Gedanke ist es, eine Frage zu stellen. „Also", sagt Holly. „Warum hast du in Zaubertränke allein gesessen?"
Harry reißt den Kopf zu ihr herum, um sie anzusehen. Holly zuckt mit den Schultern.
„Das ist unwichtig", sagt Harry. Er blickt sie an und sie glaubt, dass er ihren völlig unüberzeugten Gesichtsausdruck bemerkt hat, da er leicht verärgert aussieht. Ups? „Du wirst das eh einfach deinen Freunden erzählen, oder?"
„Nicht unbedingt", sagt Holly.
Sie hat ihnen nichts von Susannah erzählt. Oder dass ihr Dad ein Muggel ist. Oder von dem Brief ihrer Mutter, der mit Hollidaychen beschriftet worden war. Sie hat Durmstrang ihnen gegenüber kaum erwähnt. Warum sollte sie ihnen sagen: Oh, ich habe mit dem Kerl gesprochen, den ihr alle hasst. Er hat das und das gesagt.
„Klar", sagt Harry.
Das ist doch lächerlich. Liegt das daran, dass sie eine Slytherin ist? Zum Teil hat es mit ihren Freunden zu tun, er hat sie erwähnt. Alles, was Holly versucht, ist nett zu sein. Kommt sie falsch rüber? Sie hat ihn angelächelt, sie hat vor dem Klassenzimmer auf ihn gewartet. Was soll sie sonst noch machen? Ihn das Turnier gewinnen lassen? Ja, klar.
„Ich habe versucht, höflich zu sein", sagt Holly. Sie schaut ihn stirnrunzelnd an und beschleunigt ihr Tempo, als sie die Große Halle entdeckt. „Ich dachte, es wäre eine gute Sache, wenigstens freundlich zu den anderen Champions zu sein und besonders zu dir, wenn man bedenkt, dass wir beide eigentlich wirklich nicht in diesem Turnier sein sollten. Aber egal. Gryffindors müssen alles alleine machen, oder?"
Damit geht Holly fort, um sich neben Harlow zu setzen. Sie stößt einen Seufzer aus. „Ihr hattet recht", sagt sie. „Gryffindors sind Idioten."
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