~5~
Seungmin
Der nächste Morgen lief wie immer ab. Ich machte mich fertig, traf unten Frau Hwang und ging dann zu Schule. Ich fühlte mich nicht sonderlich schwächer als gestern, aber auch nicht energiegeladener.
Das es mir aber um einiges schlechter ging als gewöhnlich, wurde mir vor Augen geführt, als ich Sport hatte und wir für 12 Minuten am Stück laufen mussten. Ich war anfangs noch relativ selbstsicher gewesen, doch nach nicht einmal 2 Minuten versagten alle meine Gliedmaßen. Alles verschwamm, bis es komplett schwarz wurde.
All das, was danach passiert war, erfuhr ich erst später von meinen Mitschülern, die mich zur Schulkrankenzimmer gebracht hatten.
Die Ärztin dort meinte, dass ich an starkem Energieverlust litt und dringend einen Arzt außerhalb der Schule aufsuchen sollte. Zwar war das größtenteils nichts neues für mich, aber ich realisierte langsam, wie krank mich diese Wohnung gemacht hatte. Ich sollte weg.
Danach war ich vom Unterricht befreit. Wir hätten sowieso nur noch eine Stunde gehabt.
Die Bäckerei war prall gefüllt. Also drängte ich mich durch die Leute und zur Tür. Danach ging ich die Treppen hoch. Allein nach diesen paar Treppen war ich außer Atem und meine Beine fühlten sich wie Wackelpudding an.
Oben schmiss ich mich aufs Bett und begann wieder zu weinen. Wie konnte es nur so weit kommen?
Ich seufzte aus. Ablenkung. Vielleicht Hausaufgaben. Mhh nein. Nicht heute.
YouTube. Dort verbrachte ich bestimmt mehrere Stunden ohne es wirklich zu realisieren.
Für einen Moment sah ich zu meinem Schreibtisch und mein Atem stoppte. Mein Füller. Er schrieb von selbst. Er flog in der Luft.
Ich sah genauer hin. Das sind meine Hausaufgaben. Dieser Geist bearbeitete vor meinen Augen meine Hausaufgaben. Nein, nein, nein. Ich halluziniere wieder.
-
Es war Abend. Ich fürchtete die nächste schlaflose Nacht, aber ich werde nicht aufgeben es zu versuchen.
Und nun lag ich da wieder. Keine Sekunde hatte ich bis jetzt geschlafen. Es war auch nichts passiert. Der Geist ließ mich wohl in Ruhe. Das machte seine Präsenz aber nicht verschwunden. Ich wusste, dass er hier war.
,,Warum schläft er denn nicht?", hörte ich es auf einmal genau neben mir, als würde jemand neben meinem Bett hocken. Ich zuckte weg und krabbelte auf die andere Seite des Bettes. Sofort waren da wieder die Tränen in meinen Augen.
,,wegen d-ir... bitte lass mi-mich in Ruhe.", antwortete ich stumm und sah in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war.
,,Also kannst du mich wirklich hören...", hörte ich die Stimme sagen. Sie gehörte einem Jungen. So alt wie ich ungefähr. Also naja zumindest hörte sie sich so alt an.
Irgendwie war ich verwirrt. Stimmt, warum konnte ich ihn eigentlich hören? In Geistergeschichten funktionierte das für gewöhnlich nicht.
Ich nickte also etwas unsicher und lockerte die Anspannung in meinem Körper etwas.
Die Matratze neben mir drückte sich runter, als würde sich jemand neben mich setzen.
,,Ahh!! Hilfe!!", schrie ich sofort und verfiel in Panik. Dieser Geisterjunge saß neben mir! Was tue ich jetzt?
„Psst ich werde dir nicht weh tun", versicherte mir die Stimme sofort mit ruhigem Unterton und ich spürte, wie jemand meine Hand nahm. Ich sah zu meiner Hand, doch sah nichts. Spüren tat ich es aber eindeutig. Dieser Geist hielt gerade meine Hand. Ich war unsicher, ob ich dem, was er sagte wirklich trauen sollte... immerhin war er ein Geist. Wie ein unsichtbarer Mensch.
Kurz war Stille. Tatsache fragte ich zuerst etwas: „Warum bist du eigentlich in meiner Wohnung?"
Die Stimme lachte leicht, was mich etwas verwirrt zurückließ.
,,Das könnte ich dich auch fragen", meinte er dann.
,,Was? Ich habe diese Wohnung gekauft... Wer bist du überhaupt?", fragte ich dann verwirrt.
Der Geist schwieg kurz, bevor er wieder begann zu reden.
,,Hwang Hyunjin. Das ist meine Wohnung... naja, es war."
Warte... „Hwang"? Meinte Frau Hwang nicht mal, dass ihr Sohn hier gewohnt hatte? Heißt das, dass ihr Sohn gestorben war und hier oben herumgeisterte? Ich war irgendwie zu schüchtern nachzuhaken. Was ist, wenn ihn der Gedanke an damals verletzt? Können Geister überhaupt fühlen?
,,Also hast du hier gewohnt, bevor du... ehm...", ich wusste nicht, wie ich den Satz weiterführen sollte. Diese Person neben mir war tot. Spricht man, wenn man gestorben ist gerne über seine eigenen Tod? Glaube mal nicht so.
Hyunjin kicherte leicht und ich spürte, wie er meine Hand etwas losließ.
,,... "gestorben bist?"", vollführte er meinen Satz und antwortete direkt darauf mit einem einfachen „ja".
Sofort sah ich zu Boden. Dieses Gespräch war irgendwie übelst in ein Thema geschwenkt, was ich vermeiden wollte. Ich wollte den Geist nicht verschrecken, immerhin war das sein Zuhause und meins ja irgendwie auch. Wohnten wir jetzt zusammen? Würde er mich überhaupt hier in Ruhe leben lassen? Er schien mich ja los werden zu wollen. Die letzten paar Nächte waren ja der perfekte Beweis dafür gewesen.
,,Und wer bist du?", hörte ich dessen Stimme.
Ich sah in seine Richtung. Er wusste bestimmt viel mehr als er vorgab zu wissen, immerhin hatte er mich die letzten Tage auf Schritt und Tritt verfolgt.
Leicht biss ich auf meine Lippe und wurde schüchtern. Es passierte nicht oft, dass ich mit anderen Leuten kommunizierte, weshalb ich mich manchmal schwer tat über mich selbst zu reden.
Ich überlegte also was ich sagen sollte und knabberte weiter auf meiner Unterlippe herum.
Hyunjin kicherte.
,,Bist also der schüchterne Typ, was?", bemerkte er und ich wurde knallrot. Peinlich berührt sah ich weg und biss einmal fester auf meine Lippe in der Hoffnung, dass ich so endlich mal was sagen würde.
,,Nah hör auf deine Lippen zu zerkauen! Du machst sie kaputt", meinte er und ich spürte ein Finger, der meine Lippe vorzog, um sie aus dem Griff meiner Zähne zu befreien. Diese plötzliche Berührung machte mich fast verrückt und ich spürte wie mein Atem sich verschnellerte. Flirtete gerade ein Geist mit mir? Nie hatte jemand mit mir geflirtet, aber okay. Immerhin konnte keiner von sich behaupten, dass ein Geist mit ihm geflirtet hatte.
,,Ich zwinge dich nicht was von dir zu erzählen, aber ich...", er zögerte kurz, „... ich wüsste gerne mehr über dich."
Mir wurde warm ums Herz und ich sah zu ihm. Ob ich ihn wirklich ansah. Keine Ahnung.
,,A-also ich bin Seungmin. Schüler und 19 Jahre a-alt. Ich habe keine H-Hobbys oder so...", stellte ich mich kurz vor. Woah, mal wieder bemerkte ich, wie langweilig mein Leben doch war.
,,Keine Hobbys? Du triffst doch bestimmt ein paar deiner Freunde, oder?", meinte er interessiert.
Ich lachte leicht, doch man hörte, dass es eher gestellt war.
,,Ich habe keine wirklichen Freunde... ich komme mit den meisten Leuten in meinem Alter nicht klar. Sie sind zwar nett und auch freundlich, aber ich kann mir keine Freundschaft mit ihnen vorstellen.", gestand ich und sah auf meine Hände.
Kurz war es still.
,,Das ist okay", meinte dieser Hyunjin dann. Auch wenn ich ihn nicht sehen konnte, wusste ich, dass er gerade leicht lachte.
,,Wenn du jemand gefunden hast, dem du vertrauen kannst, ist der Altersunterschied egal. Egal ob bei Freunden oder Beziehungen", erklärte er. Er war irgendwie weise. Hatten Geister das so an sich?
,,Übrigens... wegen den letzten Nächten... ich wollte mich entschuldigen", murmelte er leise. Ich verstand es aber klar und deutlich. Es tat ihm wirklich Leid? Wenn ich über die letzten Nächte nachdachte, die ich in Angst und Schrecken verbrachte hatte, konnte ich ihm diese Entschuldigung fast nicht glauben.
Er schien mein Misstrauen ihm gegenüber auch zu merken und sprach weiter:,, Weißt du, nachdem ich gestorben war, habe ich hier gewohnt. Als Geist wollte ich natürlich auch da bleiben, wo ich mein voriges Leben verbracht hatte. Also beschloss ich hier zu bleiben. Meine Mutter, sie kennst du ja schon, hatte die Wohnung über zwei Jahre nicht verkauft oder vermietet. Doch als du vor einigen Tagen hier aufgekreuzt bist, wurde ich irgendwie sauer. Ich weiß selbst nicht was in mich gefahren ist. Das einfach jemand in meinem Zuhause einzieht, war für mich so unbegreiflich. Ich wollte dich unbedingt von hier verjagen, damit ich wieder entspannt hier leben konnte. Doch gestern, als du komplett weinend da gesessen hattest, konnte ich einfach nicht weiter machen. Ich habe gemerkt, dass mein Verhalten übelst egoistisch war. Das tut mir Leid. Manchmal vergesse ich halt, dass ich tot bin."
Nach und nach verstand ich sein Problem. Natürlich wäre jeder sauer, wenn auf einmal jemand Fremdes bei einem einziehen würde.
,,Ist schon gut, solang du jetzt damit aufhörst", mahnte ich ihn und hob einen Finger.
Er lachte leicht und ich spürte wie sich zwei Arme um mich schlangen. Oh man, dieser Geist war ja mal touchy. Er kannte mich kaum, doch hatte jetzt schon mehr Körperkontakt mit mir gehabt, als mein eigener kleiner Bruder.
Können Geister einen eigentlich wirklich berühren? Man sagt immer, dass Geister durch einen durch sinken. Schien hier ja nicht der Fall zu sein.
Vorsichtig erwiderte ich die Umarmung. War etwas schwer, wenn man die Person vor einem nicht sah.
,,Eine Frage noch, danach lasse ich dich schlafen", sagte er schnell, doch unterbrach die Umarmung nicht. Schlafen. Das wäre mal was. Bestimmt schaffe ich das heute wieder nicht.
Ich nickte als Antwort.
,,Warum bist du nicht ausgezogen? Jeder andere normale Menschen wäre nach den ersten zwei Nächten gegangen...", fragte er und legte seinen Kopf auf meiner Schulter ab.
Ein Thema über das ich echt nicht gerne sprach, aber er konnte es ja niemanden weitererzählen, da ich, wie es aussah der Einzige war, der ihn hören konnte.
,,Ich komme aus einer sehr armen Familie. All das habe ich mir von meinen Ersparnissen gekauft. Ich müsste also erst wieder neues Geld ansparen, bis ich mir was Neues leisten könnte. Meine Eltern wollte ich nicht nerven, da diese sich noch um meine kleinen Geschwister kümmerten und auch fast den ganzen Tag arbeiteten", erklärte ich dem Geist. Dieser zog mich nur noch fester an sich.
,,Das wusste ich nicht... Dann tut es mir noch mehr leid", meinte er und löste sich leicht von mir.
Ich winkte ab.
,,Schon okay. Ich kann doch hier bleiben... oder?", fragte er vorsichtig.
Der Junge zögerte ein paar Sekunden, doch bejahte.
Ich atmete erleichtert aus und bedankte mich.
,,Ich spare weiter und sobald ich genug habe, suche ich mir was neues", schob ich dann noch schnell hinterher.
,,Das musst du nicht. Wahrscheinlich würde dann wer anders hierein ziehen. Da bist du mir lieber", meinte er und ich spürte, wie sich die Matratze wieder hob. Er war also aufgestanden.
Ich nickte und lächelte sanft. Der Geist war echt netter als erwartet.
,,Naja, du solltest schlafen. Gute Nacht", verabschiedete sich Hyunjin.
Ich seufzte und legte mich wieder ordentlich hin. Wer hätte es gedacht. Obwohl ich wusste, dass alles gut war, konnte ich nicht schlafen. Wieder lag ich da und starrte eine der Wände an.
Wenn ich heute schon zusammengebrochen bin, wie wird es dann, wenn ich noch eine Nacht durchmache. Sterbe ich? Das ist gar nicht mal so unwahrscheinlich. Man hält nicht lange ohne Schlaf aus.
Langsam hatte ich echt Angst, daran zu sterben oder das es Folgen auf meine Gesundheit haben könnte. Ich begann mich zu stressen und zu viel nachzudenken. Das war gar nicht gut.
So ging es bestimmt noch eine halbe Stunde, bis sich zwei Arme um mich schlangen. Ich zuckte heftig und schrie fast vor Schreck.
War das wieder diese anhängliche Geist?
,,Du schläfst zu wenig, Seungmin. Schlafe...", versicherte er mir und ich spürte seine Atmen in meinem Nacken. Es war, als würde wirklich ein Mensch neben mir liegen. War das normal?
,,Ich kann nicht. Sobald ich meine Augen schließe, fühle ich mich beobachtet, als würde mich jemand umbringen wollen. Ich fühle mich einfach so hilflos sobald ich nichts mehr sehe und höre.", erklärte ich ihm mein Problem schnell.
,,Mach dir keine Sorgen. Ich bin da. Ich werde nicht von deiner Seite weichen.", versicherte mir der Geist.
Seine Arme lagen fest um meine schmale Taille und ich spürte leichte Schmetterlinge in meinem Bauch. Tatsache fühlte ich mich sicherer. Lag es wirklich daran, dass ich wusste nicht allein zu sein und jemanden neben mir hatte, der mich beschützen würde? Vielleicht.
Ich kuschelte mich an ihn und schmatzte leicht.
Meine Augen schlossen sich und sie blieben auch geschlossen. Mein Körper entspannte sich und nach nur wenigen Sekunden war ich ins Land der Träume gereist.
---
argh i love seungjin- bye- :')
well hallo erstmal xD
wir haben den ersten Wendepunkt erreicht huhu ^^
naja, ich hoffe dieses längere Kapitel hat gemundet :3
bye bye <3
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro