20. Türchen
„Ihr habt ein Date?!", brach es mit großen Augen aus Vika heraus. Stefan neben ihr, der gerade einem Kunden seine Tasse reichte, verzog als Reaktion darauf nur das Gesicht. Ich musste ihr natürlich gleich davon berichten. Ich war so voller Vorfreude, dass ich wahrscheinlich bald platzen würde, wenn ich sie nicht mit jemandem teilte.
Nur war die Reaktion meiner besten Freundin und meines Bruders weniger erfreut als erwartet.
„Ja", bestätigte ich ihr nochmal und konnte nicht anders als stolz zu grinsen.
Trotz der anhaltenden Zweifel und einer gewissen Unsicherheit, die in meinem Magen brodelte, freute ich mich richtig auf unser Date.
Ich glaubte Cornel, dass er mich nicht verletzen wollte und war mir auch sicher, dass ein Abend nur mit ihm, fernab von bekannten Menschen, uns sicherlich gut tun würde. Ich wollte ihn unbedingt besser kennenlernen und vielleicht sogar endlich mal richtig verstehen können.
Da war ein Abend zu zweit wirklich optimal.
Ich hatte mir sogar im Kopf schon eine Einkaufsliste geschrieben. Nach dem Christkindlmarkt, wenn wir beide durchgefroren waren und er mich zuhause ablieferte, wollte ich ihn noch mit rein beten und ihm dann eine heiße Schokolade mit Sahne und kleinen Marshmallows anbieten. Dazu natürlich noch Plätzchen und andere kleine Naschereien.
„Er ist doch verheiratet?", fragte meine beste Freundin irritiert nach und drehte sich ganz in meine Richtung. Die Kundschaft und dass sie Stefan eigentlich helfen sollte, hatte sie längst vergessen. Selbst ihre Bratwurstsemmel hatte sie noch nicht angerührt.
„Er war verheiratet, ist aber geschieden", erklärte ich und konnte auch dabei mein Grinsen nicht verkneifen. Ich war wirklich so verdammt froh, dass er nicht verheiratet war.
„Er ist schon geschieden?", fragte nun auch Stefan nach und reichte seiner Kundschaft das Wechselgeld. „Das hört sich irgendwie nicht gut an."
„Warum?"
„Naja, wie alt ist er nochmal? Nicht älter als du, oder?"
„Woher weißt du überhaupt von ihm?", fragte ich etwas zickig nach. Seine Reaktion passte mir überhaupt nicht.
Jetzt biss meine beste Freundin plötzlich doch in ihre Bratwurst.
„Du hast es ihm erzählt?" Das war weniger eine Frage als eine Aussage. Natürlich hatte sie es ihm gesteckt. Woher sollte er es sonst wissen?
„Vika", seufzte ich und lehnte mich gegen die Tischkante. Sie und Stefan konnten sich die meiste Zeit über kaum ausstehen, aber sobald es um Gossip über mein Liebesleben ging, waren sie dann plötzlich bessere Freunde als ich und Vika es je sein könnten.
Sie zuckte nur mit den Schultern.
„Ich finde es komisch, dass er schon so jung geschieden ist. Das spricht nicht gerade für ihn, findest du nicht?" Stefan sah mir mit gehobener Augenbraue skeptisch entgegen. Obwohl er mein kleiner Bruder war, konnte er ab und an auch die großer Bruder Rolle verdammt gut übernehmen. Und anscheinend war er gerade voll in seinem Modus. Mit seinem harten Gesichtsausdruck erinnerte er mich gerade auch sehr an unseren Vater.
„Er hat mir erzählt, warum beziehungsweise wie es dazu gekommen ist. Also nein, ich finde es nicht komisch. Er hat seine Gründe."
„Seine Gründe?", wiederholte Stefan jetzt nur noch skeptischer und begrüßte dann eine Dame, die gerade zu uns herangetreten war, mit einem fast echt wirkenden Lächeln.
„Ich muss ihm da irgendwie zustimmen", seufzte Vika. „Ihr habt miteinander geredet, oder?"
Ich nickte. Allein die Erinnerung an unser Gespräch und die darauffolgenden Küsse ließ mich erneut lächeln. Woraufhin Vika nur noch einmal seufzte.
„Du strahlst schon wieder so..." Das klang nicht gerade glücklich und auch ihr Gesichtsausdruck sah nicht sonderlich erfreut aus.
„Vika", seufzte nun ich. „Wir haben uns ausgeredet. Er hat mir alles erklärt und ich bin damit einverstanden. Ich freue mich auf unser Date."
„Bist du dir damit ganz sicher?", fragte Vika nochmal nach. „Ich will nicht, dass er dir weh tut."
„Wird er nicht", gab ich enthusiastisch von mir. In dem Punkt war ich mir ziemlich sicher. Cornel würde mich nicht noch einmal absichtlich verletzen und irgendwie war ich mir sicher, dass er sich in Zukunft von seiner besten Seite zeigen würde.
„Komm. Jetzt freu dich für mich." Ich boxte ihr sanft gegen die Schulter. „Stefan zieht schon so ein Gesicht. Da musst du das nicht auch noch tun."
„Okay, okay", seufzte Vika und begann im nächsten Moment tatsächlich ein wenig zu lächeln. „Ich freue mich ja. Ich mache mir nur gleichzeitig auch Sorgen."
„Solange du dich überwiegend freust", grinste ich und auch meine beste Freundin begann nun breiter zu lächeln.
„Wenn man vom Teufel spricht", murmelte Stefan nur einen Augenblick später und rollte so kräftig mit den Augen, dass ich Angst hatte, dass sie sich gleich aus seinem Kopf drehen würden.
Und tatsächlich kam Cornel mit dem Christkind neben sich gerade auf unsere Bude zu.
Er trug ein seliges Lächeln auf den Lippen und als sich unsere Blicke trafen, zogen sich seine Mundwinkel noch weiter in die Höhe. Auch das Christkind begann zu grinsen, als sie mich sah.
Irgendetwas an ihrem Blick sagte mir jedoch, dass sie wusste, was in der letzten Stunde zwischen Cornel und mir passiert war. Ob er es ihr erzählt hatte? Und wenn ja, wie? Hatte er die Wahrheit gesagt oder ihr eine Macho-Geschichte aufgetischt?
„Ich brauche dringend einen Glühwein", schoss das Christkind gleich los, kaum dass sie in Hörweite waren. Trotzdem zögerte mein Bruder, während sein Blick deutlich auf Cornel lag, der das auch schnell bemerkte.
Sein breites Grinsen wurde etwas schmaler, sodass ein höfliches Lächeln auf seinen süßen Lippen blieb, ehe er Stefan die Hand entgegen streckte.
„Wir hatten noch nicht das Vergnügen", lächelte Cornel. „Ich bin Cornelius."
Hatte er sich gerade wirklich mit seinem ganzen Namen vorgestellt? Selbst ich hatte erst später durch Zufall herausgefunden, dass er eigentlich gar nicht Cornel hieß. Warum stellte er sich dann bei Stefan so vor?
„Stefan", murrte mein Bruder, der nur wiederwillig den Händedruck erwiderte. „Willst du auch einen Glühwein?", fragte er dann gleich weiter nach und ließ derweil schon den ersten für das Christkind herunter. Cornel nickte.
Cornels Blick fiel für einen kurzen Moment lächelnd auf mich, ehe er in seiner Hosentasche nach seinem Geldbeutel kramte.
Sein Schwiegervater oder Ex-Schwiegervater hatte ihn auch Cornelius genannt. War Cornel vielleicht hier sowas wie sein Künstlername? Nannten sie ihn hier einfach nur alle Cornel?
Das erklärte aber trotzdem irgendwie nicht, warum er sich dann ausgerechnet bei meinem Bruder mit seinem vollen Namen vorstellte.
„Das ich es mal wieder höre, dass du dich als Cornelius vorstellst", kam es mit einem sanften Kopfschütteln vom Christkind, die dann dankbar ihre Tasse von Stefan entgegen nahm.
Cornel zuckte daraufhin nur mit den Schultern.
Er legte einen Schein auf den Tresen und als mein Bruder gerade danach griff, ließ er ihn noch wissen, dass der Rest Trinkgeld war. Das lockerte den harten Gesichtsausdruck meines Bruders zumindest ein wenig.
„Nennst du ihn Cornel oder Cornelius?", fragte das Christkind plötzlich und sah interessiert zu mir hinauf. Ihre Hände lagen dabei nach Wärme lechzend fest um die Glühweintasse.
„Cornel", antwortete ich etwas zögerlich. Irgendetwas sagte mir plötzlich, dass sich die beiden schon länger und vor allem besser kannten. Cornel hatte sie nicht erst hier kennengelernt.
Meine Antwort schien sie weniger zu überraschen. Trotzdem warf sie Cornel einen Blick zu, den er nur mit einem Schulterzucken erwiderte.
„Sie ist meine Schwägerin", löste er dann das seltsame Gespräch auf. „Und du musst Andreas Freundin sein", schmunzelte er und hielt nun auch Vika die Hand entgegen.
Die Augenbrauen meiner besten Freundin schossen schlagartig nach oben und ihre Augen wurden groß. Dann fiel ihr Blick fast schon anklagend auf mich, ehe sie kräftig den Kopf schüttelte.
„Ich bin die beste Freundin!", betonte sie und reichte Cornel ebenfalls kurz die Hand. „Freundin. Bah", hing sie etwas leiser an.
Ich konnte daraufhin nur mit den Augen rollen und auch Stefan musste lachen. Cornel und das Christkind lachten ebenfalls.
„Und ihr habt am Montag ein Date?", begann Stefan dann aus dem Nichts plötzlich, woraufhin wir alle wieder verstummten.
„Ja", antwortete Cornel gleich ohne zu zögern und sah mir mit strahlenden Augen entgegne.
„Mhm", brummte Stefan hörbar unbegeistert, was auch Cornel nicht entging.
„Wir gehen auf einen Christkindlmarkt, ein wenig bummeln und Kinderpunsch trinken." Dabei lächelte er weiterhin selig mit strahlenden Augen und als sein Blick erneut auf mich fiel, konnte auch ich nur vorfreudig grinsen.
Dass er daran dachte, dass ich aufgrund meiner Schmerzmittel keinen Alkohol trinken durfte, obwohl ich ihm das nicht gesagt hatte, freute mich irgendwie. Das war wirklich aufmerksam von ihm.
Stefan bemerkte das auch. Sah kurz zwischen Cornel und mir hin und her und seufzte dann leise, bevor er sich selber eine Tasse Glühmost herunter ließ.
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