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Sobald der Vorhang sich öffnete, wurde alles still. Kurz, ein ganz kurzer Moment bevor die Musik zu spielen begann. Unglaublich schöne Musik, die keinen Text hatte und dennoch unglaublich viel sagte. So viel, dass sie selbst nachdem sie sie schon so oft gehört hatte noch immer eine Gänsehaut bekam.
Sobald der Vorhang sich öffnete, gehörte die Welt ihr. Dahinter, hinter dem Vorhang, war sie nur sie, unbedeutend und winzig klein auf dieser Welt, so leicht zu übersehen. Doch jetzt, genau jetzt gehörte die Welt ihr allein, ihr und der Musik. Sie musste beinahe lachen, so dumm war es von ihr zu denken, sie könnte die Welt verändern. Aber als sie dort stand, die Scheinwerfer auf sie gerichtet, fühlte es sich so an, als könnte sie es.
Sie begann zu tanzen. Elegante, federleichte Bewegungen. Und mit ihr tanzte ihr Herz.
Es tanzte ihn ihrem Brustkorb, wilde, unregelmäßige Schläge, frei vom Rhythmus. Es tanzte zu seiner ganz eigenen Musik, einer Musik, die außer ihr niemand hören konnte, eine Musik, die niemand kannte und eine Musik, die niemanden je so berühren würde, so wie sie sie berührte.
Sie tanzte weiter, sie tanzte und war dabei so schön wie eine Rose aus Glas. Eine Rose, an deren Anblick man sich erfreute, doch man sollte nie vergessen, dass sie auch verletzten konnte. Eine Rose war wunderschön, doch sie konnte schneiden. Ihre Dornen waren es, die sie so unperfekt machten. Man konnte sie abscheiden, doch eine Rose ohne Dornen war keine Rose mehr. Rosen waren wie Menschen.
Sie tanzte. Anmutig, elegant, wunderschön.
Und dann fiel sie.
Der Schmerz durchzog ihren Körper, er saß tief in ihren Knochen. Ihr Herz hörte auf zu tanzen und schlug stattdessen immer lauter und die Rose aus Glas zerbrach.
Ihr Herz schmerzte bei dem Gedanken an all die Menschen, die ihre Augen auf sie gerichtet hatten, sie konnte beinahe schon spüren, wie sie sie verhöhnten und verspotteten, wie sie sie mitleidig ansahen und statt einer anmutigen Frau eine zerbrochene Rose betrachteten.
Ihre Augen fielen auf den Vorhang und begannen zu schreien, sie schrien, er solle sich doch schließen, er solle sich schießen. Doch nichts geschah, denn es war nur ein Vorhang und dieser konnte nicht sehen, wie ihre Augen flehten.
Die Musik verstummte, doch diesmal war da keine Stille. Leises Flüstern, Worte, die sie nicht verstehen konnte, aber es auch nicht wollte. Sie wollte nicht hören, wie sie sie verspotteten.
Plötzlich, da begann die Musik wieder zu spielen. Sie war anders als zuvor, schöner. Und dann merkte sie, dass die Musik in ihrem Herzen spielte. Töne, die ihren Körper zu beben brachten und sie ihren Schmerz vergessen ließen.
Und dann stand sie auf.
Sie stand auf und tanzte. Ihre Bewegungen waren noch ein wenig holprig, aber es wurde besser. Es wird besser.
Die Rose begann sich zusammenzusetzen, mit jeder Bewegung heilte sie. Sie war nun nicht mehr aus Glas, sie wurde rot und grün, sie wurde lebendig, sie wurde echt. Sie war einzigartig und authentisch, sie war genauso schön, wie sie zuvor gewesen ist.
Sie bemerkte nur nebenbei, dass die Musik wieder spielte. Sie tanzte weiter, anmutig, wunderschön und elegant wie die Rose, die sie war.
Der letzte Schritt wurde gemacht, der letzte Ton erklang und das Publikum begann zu applaudieren.
Sie wurde von einem Hochgefühl ergriffen, sie fühlte sich, als könnte sie die Welt verändern.
Und als die Vorhänge sich schlossen, fühlte sie sich noch immer so.
Vielleicht würde dieses Gefühl anhalten, vielleicht.
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Andra Day - Rise Up
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