89. (Liebes)Kummer
Ein klärendes Gespräch zwischen Harry und Franzi, um die Ära Nick x Franzi zu beenden. Hehe.
Irgendwer traurig darüber?
That's the time it would take to fix my heart
———————————————
Pov Franzi
Liebeskummer ist scheiße.
Auch wenn ich mich gedanklich längst von Nicks und meiner Beziehung verabschiedet hatte und wusste, dass es nichts brauchte darüber zu weinen, dass er einfach nur ein Arsch war, fühlte mein Herz eben dennoch etwas für ihn. Und das machte mich einfach nur verrückt.
Es tat weh, ja, ziemlich sehr sogar. Aber ich wollte diesen Schmerz nicht, ich wollte nur, dass ich Nick endlich vollends hassen konnte und es mir egal war, dass er mir all diese bösen Sätze an den Kopf geworfen hatte. Ich wollte, dass mein Herz einsah, dass diese Liebe nur ein Fake, ein Schauspiel gewesen war. Dass diese ganze Beziehung eigentlich nie wirklich gewesen war, sondern nur Nicks Zeitvertreib gedient hatte, während er eine Person gespielt hatte, die er nicht mal war.
Und ehrlich gesagt tat es doch ziemlich gut, einfach mal alles rauszulassen und eine Runde zu schluchzen.
Eigentlich hatte ich gedacht, dass so ein Mädchenabend mit Emma, einer Tonne Schokolade und schlechten Filmen mich entweder wahnsinnig oder todtraurig machen würde, aber dieses Film-Klischee war wohl nicht ganz aus der Luft gegriffen worden. Es tat gut, sich mit Süßigkeiten voll zu stopfen, Emmas Nähe neben mir zu spüren und meine Heulkrämpfe auf den Film zu schieben. Drei Schritte zu dir. Vermutlich war Emma nichts Traurigeres eingefallen, dieser Film tat einfach nur weh.
Also hockten ich und meine beste Freundin seit mehr als einer Stunde in meinem Bett, hatten uns die kuschelige Bettdecke bis zu den Ohren gezogen und starrten mit riesigen Augen den Bildschirm von Nils Laptop an, den er uns geliehen hatte. Der Film war viel zu fesselnd, um auch nur ein Wort zu wechseln, also schnieften wir beide nur immer wieder leise und stopften uns ein Stück der Schokolade in den Mund, die Emma mir vorhin an den Kopf geworfen hatte, als sie sich bei mir einquartiert hatte.
Draußen wurde es immer dunkler und ich langte zur Seite, um meine Nachttischlampe einzuschalten. Ein einziger vorwurfsvoller Blick von Emma reichte aus und es wurde wieder dunkel im Zimmer. Vermutlich hatte ich ihr die Atmosphäre zerstört. Oops. Ich blickte zu meiner besten Freundin. Sie schmollte.
Ich hätte fast gekichert, weil Emmas kindische Verärgerung mich doch etwas belustigte, als meine Augen wieder den Bildschirm anfixierten. Poe, einer meiner liebsten Charaktere und bester Freund der Hauptakteurin...starb grade einfach so! Gut, nicht einfach so, seine Lunge kollabierte, weil er an einer Krankheit litt, aber...
,,Nein!", hauchte Emma entsetzt und ich stimmte ihr im Stillen zu, als ich mit Tränen in den Augen das Geschehen auf dem Laptop verfolgte. Sowas tragisches sollte verboten werden! Die Filmproduzenten rissen ja jedem Zuschauer das Herz aus der Brust und trampelten darauf herum, wenn sie sowas machten!
An einem anderen Tag hätte ich vielleicht versucht, meine Tränen zu verbergen und ein paar Witze gerissen, um den Ernst aus der Situation zu nehmen und Emma wieder zum Grinsen zu bringen, aber heute nicht. Heute fühlte ich mich Scheiße und heute würde ich weinen, wenn ich weinen wollte. Selbst wenn es sinnlos war und ich es hasste, es tat irgendwie gut. Und was mir gut tat, würde ich nie wieder nicht tun. Punkt.
Grade, als ich nach einem neuen Stück Schokolade griff und sowohl Emma als auch mir einen in den Mund stopfte, ging die Tür zu meinem Zimmer auf. Leise und vorsichtig, aber der grelle Lichtstrahl aus dem Flur erfasste trotzdem in einem breiten Streifen mein Bett und erleuchtete die mit Sicherheit erbärmliche Szene von Emma und mir, wie wir hier schluchzend im Bett lagen, ganz schön unvorteilhaft. Und das Licht zerstörte die Atmosphäre. Na sowas aber auch, wer konnte es wagen?!
,,Hey.", wisperte jetzt Harrys Stimme und ich blinzelte gegen die Helligkeit an, bis ich den Lockenkopf erkannte, der ins Zimmer rein spähte. Ich lächelte einladend. Er durfte immer stören. Naja, er störte ja nicht.
,,Komm rein, H. Und mach schnell die Tür zu, es ist grade so schön traurig!", schniefte Emma neben mir und ich hörte Harrys leises Kichern, als er in den für Londons Verhältnisse ordentlich beheizten und gleichzeitig sehr finsteren Raum schlüpfte.
Er trug einen Pullover in einem fliederfarbenen Ton, der ihm ziemlich gut stand, wenn ich das mal so sagen durfte. Trotzdem erkannte ich selbst im Dunkeln seine rötlich angelaufene Nase und die tiefen Schatten unter seinen Augen. Ich spürte das Mitleid in mir wachsen. Haz sah mal wieder absolut fertig aus.
Ich erkannte wegen der Lichtverhältnisse nicht, was er in der Hand hatte, als er eintrat, aber mit leeren Händen kam er nciht
Sekunden später stand Harry neben dem Bett und Emma und ich rückten näher aneinander, damit er sich noch dazu quetschen konnte. Ich hob die Bettdecke.
Bevor er sich zu uns kuschelte, holte Haz noch eine Familienpackung Eis hinter seinem Rücken hervor, ganz klassisch Schokoeis mit wahrscheinlich ganz vielen riesigen Schokostücken drin. Das Wasser lief mir im Mund zusammen, auch wenn ich ein bisschen schlechtes Gewissen empfand, so viel Süßzeug zu essen und gleichzeitig im Bett abzuhängen. Aber wenigstens dafür war Liebeskummer gut. Eine besser Ausrede für Eis gab es wohl nicht.
Dazu schob sich Harry noch eine erhitzte Wärmflasche auf den Bauch - Magenschmerzen oder war ihm so kalt?
,,Tut mir leid, dass ich erst jetzt nach dir sehe.", flüsterte Harry zerknirscht in mein Ohr, sobald Emma die Packung aufgerissen und dem Jüngeren die mitgebrachten Löffel abgenommen hatte, um zu kosten.
,,Was? Du...Harry, du hast da ganz andere Sachen um die Ohren als sowas Albernes.", widersprach ich, um ihm die Schuldgefühle zu nehmen. Funktionierte nicht ganz.
,,Das ist keine Entschuldigung und albern ist hier auch nichts. Er hat dir so wehgetan.", hauchte Harry mir zu und seine Augen schimmerten im Dunkeln. Sie waren voller Reue. Ich strich ihm sanft über den Arm, soweit unsere Situation das zuließ. Er nieste leise.
,,Hey, ich werde es überleben. Mach dir keine Gedanken deswegen. Und ich hab auch kein Problem, ihn wiederzusehen. Immerhin ist er dein Bruder und ihr seid ja auch in Kontakt und...", sagte ich leise, wurde aber von Haz unterbrochen. Er griff nach meinem Arm und schüttelte, soweit das im Fast-Liegen ging, wild den Kopf.
,,Natürlich mache ich mir Gedanken, dir geht es nicht gut! Und du musst ihn nicht sehen, ich...er...ich mag ihn auch nicht unbedingt sehen.", widersprach er vehement und Emma räusperte sich leise. Sie war die Einzige, die den Film noch sah und uns dazu bringen wollte, ihr die Chance zum geben, ihn auch zu hören. Oder sie war zu respektvoll, um unser Gespräch mithören zu wollen.
Mir brannte es unter den Nägeln, zu erfahren, wie es mit Stella und Will weiter gehen würde, ohne Poe. Leider. Aber jetzt musste Harry erstmal davon überzeugt werden, dass ich hier rüber bald hinweg sein würde.
,,Hazzy, wirklich. Ich brauche nur ein paar Tage Abstand, um mich zu sortieren, dann wird er mir egal sein. Ja, es tut scheiße weh, aber ich merke jetzt schon, wie es besser wird. Versprochen.", redete ich ihm beruhigend ein und drückte den Lockenkopf kurz sanft an mich, wobei ich den Duft seines Shampoos wahrnahm. Er war also nicht nur einkaufen, sondern auch Duschen gewesen. Ob seine Verletzungen ihn noch sehr quälten? Vorsichtig ließ ich von meinem besten Freund ab, bevor ich nach einem der Löffel griff.
,,Lass uns Eis essen und die Top-Ten der traurigsten Filme sehen, ja? Du brauchst auch mal eine Auszeit."
Harry griff zwar eher widerwillig zu, kuschelte sich aber dennoch mit in die Kissen und war nach fünf Minuten soweit vom Film in den Bann gezogen, dass ich ihn unauffällig mustern konnte. Hatte er sich unsere Worte eben zu Herzen genommen? Hatte er verstanden, was hier alles los war und worauf alles hinauslief? Oder verschloss er wieder seine Augen und seinen Verstand vor der Realität und versteckte sich in seinen Gefühlen?
Ich wusste es nicht. Mein bester Freund wirkte ruhig, viel entspannter als eben, als ich gedacht hatte, dass er eine Panikattacke erleiden würde. Und er schien sich wieder Gedanken um mich und meine Probleme zu machen, anstatt sich mit seinen zu befassen. Nur war das jetzt so, weil er eine Lösung hatte oder weil er wieder alles verdrängte?
Ich seufzte. Morgen würde ich mit ihm über Australien sprechen. Ich wollte einfach, dass er mitkam. Nicht nur aus selbstlosen Gründen, sondern auch, weil ich mich meinem Vater würde stellen müssen und der Lockenkopf dabei gewiss als moralische Unterstützung durchging. Aber hey, das war nebensächlich, was wirklich zählte war, dass Harry vielleicht, ganz vielleicht, in Australien den Mut dazu aufbauen würde, um endlich einen Schlussstrich zu ziehen.
Vielleicht würde das ja funktionieren. Nur dazu müsste er erstmal mitkommen.
Aber das würde er hoffentlich tun. Wenn ich lieb fragte...
Harry nieste wieder.
,,Was ist los, Haz? Hast du dich erkältet?", fragte ich leise, um Emma nicht weiter zu stören. Aber ich konnte mich grade nicht auf den Film konzentrieren, ich machte mir ja doch wieder nur Sorgen um meinen besten Freund. Was aber berechtigt war.
,,Es hat draußen geregnet, als ich zum Laufen und Einkaufen los bin.", erklärte Harry beinah lautlos und schenkte Emma gleichzeitig einen entschuldigenden Blich, obwohl die ihn nicht mal gehört hatte.
,,Du warst Joggen? Tat das nicht weh...so mit deinen Rippen?", wunderte ich mich mit gerunzelter Stirn und lehnte mich ein Stück weiter zu dem Lockenkopf hinüber.
,,Ach, das...das ging schon. Die Schmerzmittel betäuben ziemlich viel.", beteuerte Haz.
,,Okay.", war das Einzige, was ich darauf erwiderte. Was sollte ich schon groß sagen? Er war volljährig, alt genug, um selbst zu entscheiden, was er tun und lassen wollte. Mal abgesehen davon, dass ich als beste Freundin da sowieso nur Ratschläge geben konnte.
,,Ich brauchte das mal.", flüsterte Harry trotzdem rechtfertigend in mein Ohr und blinzelte entschuldigend und mit rot angelaufenen Wangen zu mir herüber. Ich lächelte nur sanft.
,,Kann ich doch nachvollziehen. Aber ich kann mir vorstellen, dass eine Erkältung grade nicht das ist, was du brauchen kannst, also entspann dich eine Runde und wickel dich in die Decke ein, ja?"
Harry grinste und drückte sich in die Kissen, die Wärmflasche an sich gepresst. Seine Augen wanderten zum Bildschirm und meine folgten ihnen, weil der Film nun mal doch meine Aufmerksamkeit verdient hatte. Aber gleichzeitig musste ich daran denken, warum Harry hatte joggen gehen müssen. Wegen unserem Gespräch? War ihm alles zu viel geworden? War er vor eine Panikattacke davon gelaufen?
Die Panik. Ein weiteres Thema, über dass wir sprechen mussten. Aber nicht jetzt. Nicht jetzt, wo wir grade an der Sache mit Derek arbeiteten und Fortschritte machten.
Ich seufzte. Mal wieder hatte ich das Gefühl, alles falsch zu machen, was man falsch machen konnte. Wir brachten Hilfe, Harry brauchte Hilfe. Wir waren doch auch nur Teenager, junge Erwachsene, die keine Ahnung von diesem ganzen Kram hatten. Es war alles so...überwältigend.
Ich verdrückte eine Träne und schob es auf den Film, in dem Will Stella grade beatmete, obwohl das für sie beide wegen der Viren lebensgefährlich war. Wahrscheinlich war die Szene noch trauriger als die mit Poe, aber das nahm ich kaum war. Die Dramen in dieser WG waren emotional deutlich mitnehmender als jeder einzelne Liebesfilm.
Aber ich war gerne hier. Bei meinen Freunden, an ihrer Seite, um zu helfen. Denn so eine innige Freundschaft hatte ich noch nie genossen. Das wollte ich nie wieder missen und im Sich lassen würde ich hier auch niemand...selbst wenn die Last auf unser aller Schultern immer schwerer wurde.
Wir würden eine Lösung für jedes einzelne Problem finden. Das die gab es immer.
———————————————
Das wars für heute ❤️
Franzi kann einem richtig leidtun, was? Oder Harry? Emma?
Was würdet ihr an Franzis Stelle anders/genauso machen?
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro