60. Mit der Tür ins Haus fallen
Yeah, 60. Kapitel! :)
Vorab: ich halte nichts von diesem Kapitel. Es bringt nichts halb so gut rüber, wie ich gehoffte hatte, und ich habe es im Kampf gegen eine Schreibblockade geschrieben. Ich mag es nicht, aber ich kann nicht noch länger dran herum werkeln. Besser wird es ja doch nicht.
Also bitte schreibt mir eine ordentliche Kritik!
Hab euch lieb!
Is ist too much to ask?
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Pov Franzi
Nach dem Abendessen, bei dem Niall seiner offensichtlich schlechten Laune Luft gemacht hatte, bis er den Kuchen entdeckt und sich damit den Mund vollgestopft hatte, machte ich sofort mich auf den Weg zu Harrys Zimmer.
Ich wollte jetzt wirklich dringend mit ihm sprechen. Natürlich war ich nervös, wie er regieren würde und ob er mich ebenso wie Liam ausschließen oder sogar wütend werden würde. Ich konnte ihn in dieser Angelegenheit nicht einschätzen, das war es, was meine Hände zum Schwitzen brachte.
Ein letztes Mal atmete ich tief durch, dann klopfte ich an Harrys Zimmertür.
,,Harry?"
,,Komm rein!"
Ich drückte die Klinke hinunter und trat ins Zimmer meines besten Freundes.
Ich sah mich langsam um. Es sah aus, wie ich es in Erinnerung hatte.
Ordentlich, sortiert nach Farben und Größen. Ich bildete mir nach Liams Worten nun auch ein, dies sei ein Symbol seines Traumas. Aber vielleicht war er einfach ein strukturierter Mensch und fühlte sich so wohler. Was wusste ich schon? Nichts. Und genau deshalb war ich hier. Ich wischte mir die Hände an der Hose ab.
,,Franzilein! Was ist los, kann ich dir irgendwie helfen?", kam Harrys leicht besorgte Stimme von seinem Bett aus.
Mein bester Freund hockte im Schneidersitz auf seiner blauen Tagesdecke und lehnte an die Wand hinter sich. Er trug eine weiche Jogginghose und einen riesigen Pullover, sodass er darin winzig und so verletzlich wirkte, dass ich es mir fast wieder anders überlegte. Fast. Ich konnte nicht länger warten.
In der Hand hielt Harry ein Notizbuch, welches er aber weglegte, als er mich erkannte. Seine Augen leuchteten mir entgegen und ich erkannte die Sorge, aber auch das Glück des vergangen Tages mit dem Probetraining darin. Er hatte also gute Laune. Es erschien mir der perfekte Moment, ihn auf seine Probleme anzusprechen. Wenn es den denn überhaupt gab.
,,Ich...Ich wollte mit dir reden.", stammelte ich also und verfluchte mich selbst, weil ich nicht mal das richtig aussprechen konnte. Verdammter Dreck!
,,Setz dich zu mir.", bestimmte Haz und jetzt wirkte er erstrecht besorgt. Na super. Ich seufzte leise und pflanzte mich dann neben ihn auf die erstaunlich weiche Matratze. Harry lehnte sich leicht zur Seite, um mich ansehen zu können. Seine Augen funkelten im sanften Licht des Raumes besonders intensiv und ich erkannte seine Nervosität darin. Ich zwang mir ein Lächeln ins Gesicht, um ihn ein wenig zu beruhigen.
,,Was ist los, Franzi? Liegt dir etwas auf dem Herzen?", begann Harry sanft das Gespräch. Natürlich dachte er, es ginge um mich. Wahrscheinlich sagte er gleich wieder, ich solle auf mich aufpassen, wo ich doch mit Nick zusammen war. Aber darum ging es jetzt nicht. Ich senkte den Blick zu meinen Fingern, um Harrys warmen Augen zu entgehen. Ich beschloss, Harry nicht direkt auf die Unfälle anzusprechen. Ich wollte nicht, dass er sofort abblockte, so wie er es bei Liam getan hatte. Vielleicht konnte ich meine Frisch-Verliebt Karte ausspielen. Ihn um Rat wegen Nick fragen. Ja, das sollte funktionieren!
,,Fühlst du dich mit Derek immer noch so glücklich und verliebt wie am Anfang? Ich meine...Ich bin immer noch so nervös, wenn ich mit Nick zusammen bin und...geht dieses Kribbeln im Bauch irgendwann weg?", fragte ich schließlich zögerlich und war stolz auf mich selbst. Das hatte ich wunderbar verpackt!
Harry stutzte, dann schenkte er mir ein schiefes Lächeln, auch wenn mir das kurze Aufblitzen der Sorge in seinen Augen nicht entging. Ha, mich täuschte er heute nicht mehr!
,,Ich glaube, wirklich weggehen tut das nicht, Franzi. Aber mit der Zeit fühlst du dich einfach nur noch wohl, die Nervosität verschwindet.", antwortete er dann nach einem Moment des Nachdenkens.
,,Also bist du noch genauso verliebt in Derek wie zu Beginn eurer Beziehung?", harkte ich nach.
,,Wie zu Beginn?", wiederholte Harry leise und richtete sich ein bisschen auf.
,,Ich würde sagen, zu Beginn war es ein kleiner Crush, aber mit der Zeit hat man den anderen für alle seine Macken lieben gelernt, weißt du? Ich...ich fühle etwas völlig anders für Derek als eine kleine Verknalltheit."
Ich runzelte die Stirn. Wie jetzt? Also...liebte er Derek tatsächlich? Würde er das überhaupt tun, wenn Derek ihm wehtun würde? Keine Ahnung. Naja, dann musste ich wohl direkter werden.
,,Wie würdest du die Beziehung zwischen dir und Derek beschreiben? Ich meine...ich weiß nicht, ob Nick und ich...naja, ein typisches Paar sind. Wie behandelt ihr einander?", fragte ich vorsichtig, unsicher, ob Harry mir noch länger abnehmen würde, dass ich nur Beziehungstipps wollte.
Wie es schien, tat er das aber. Bei meinen Worten drehte er ruckartig den Kopf in meine Richtung hob eine Augenbraue.
,,Wieso fragst du? Wie behandelt er dich denn?"
Seine Stimme klang besorgt und ich konnte nur leise Schnauben. Natürlich dachte er jetzt irgendwas Schlechtes von Nick. Wie kam er eigentlich dazu, zu denken, Nick würde mich nicht gut behandeln? Mein Freund war sowas von liebevoll und unsicher, nur das eine Mal war er laut geworden und hatte sofort einen von mir auf den Deckel bekommen. Als würde ich mir das gefallen lassen! Trotzdem konnte ich nicht leugnen, dass Harrys Pass auf dich auf ständig in meinem Kopf herumgeisterte. Auch, wenn ich mir nicht vorstellen konnte, warum Harry sowas sagen sollte. Aber vielleicht hing das ja alles mit dem Streit zwischen den beiden zusammen und deshalb reagierte er so über.
,,Liebevoll, Zuvorkommend, sanft. Er ist ziemlich unsicher, weißt du?", gab ich also leicht genervt zurück.
Harry zuckte zusammen, als er meine leicht angepisste Stimme hörte und ich fühlte mich sofort schlecht. Er wollte doch nur wissen, wie es mir ging und ob alles okay war. Und das war ja auch lieb von ihm. Ich verstand es nur nicht. Was hatte er an Nick denn so auszusetzen? Naja, das war ein anderes Thema. Es ging hier um Derek.
,,Ich schätze, so behandelt Derek mich auch.", gab Harry schließlich leise von sich und rieb sich mit der Hand den Nacken, wobei er sich ein Stück wegdrehte. Wahrscheinlich, um meinem skeptischen Blick zu entgehen.
,,Du schätzt?"
,,Ich hab da noch nie wirklich drüber nachgedacht, Franzi. Er ist eben für mich da, ich bin für ihn da, wir unterstützen uns gegenseitig. Er passt auf mich auf, stellt sicher, dass er mir gut geht und zeigt mir, wie das Leben wirklich ist und funktioniert. Ich bin da ein bisschen zu naiv für. Er breitet mich auf das wahre Leben vor. Fertig.", stammelte Harry und fuhr sich einmal übers Gesicht, bevor er mir einen fragenden Blick schenkte.
Ich ließ seine Worte sacken. Füreinander Dasein. Irgendwie hinterließ diese Aussage einen bitteren Nachgeschmack bei mir, auch wenn ich nicht sagen konnte, weshalb. Derek passte auf Haz auf. Ja, klar tat er das. Ziemlich akribisch und viel zu besitzergreifend, aber gut, solange Harry das nicht störte...nur seine letzten Worte störten mich ziemlich. Die Formulierung klang nicht besonders wertschätzend. Er breitet mich auf das wahre Leben vor, ich bin da ein bisschen zu naiv für....Das klang einfach nicht gut. So, als wäre Harry von Derek abhängig. Der Muskelprotz schien die Beziehung zu dominieren, er forderte, Harry lieferte, oder so ähnlich. Langsam aber sicher breitete sich eine Gänsehaut auf meinen Armen aus.
,,Bestimmt er viel in deinem Leben?", fragte ich vorsichtig und biss mir auf die Unterlippe. Ich musste wissen, woran ich hier war. Und die Masche mit den Beziehungstipps für Nick kaufte er mir doch eh nicht mehr ab.
,,Er ist eben mein Freund und damit einer der Mittelpunkte in meinem Leben. Natürlich hat er großen Anteil daran.", antwortete Harry leise und wich währenddessen meinem bohrenden Blick aus.
Ich seufzte.
,,Kontrolliert er viel in deinem Leben, Haz?"
Harry warf mir einen verwirrten Blick zu und schüttelte dann sachte den Kopf.
,,Nein?"
,,Nein?", harkte ich erneut nach.
,,Vielleicht ein bisschen. Er weiß eben gerne, wo ich mit wem wann bin und warum. Aber das ist nun mal sein Beschützerinstinkt. Und mit einigen Entscheidungen oder Unternehmungen, die ich mache, ist er eben nicht einverstanden. Und dazu hat er meistens einen Grund. Derek sagt mir, was ich tun kann und was nicht. Er gibt mir die Richtung vor. Er will eben nur das Beste für mich, weißt du?", erzählte Harry schließlich und klang dabei, als hätte er die Worte einstudiert oder so. Auch, wenn er sie so rüberbrachte, als würde er doch dran glauben.
Ich schüttelte den Kopf. Derek bestimmte also im Grunde genommen, was in Harrys Leben vor sich ging und wie ihre Beziehung verlief. Und Haz, der ewige Ja-Sager, der Streit um jeden Preis vermeiden wollte, unterwarf sich seinem Freund wahrscheinlich völlig. War das eine richtige Beziehung? Mit einem derartigen Machtverhältnis? Ich war mir ziemlich sicher, dass in einer Liebesbeziehung beide Partner gleichberechtigt sein sollten. Hier klang es ehr danach, als würde Derek über Harry und dessen Leben bestimmen. Ihm Regeln vorgeben. Selbstbestimmung musste für meinen besten Freund wohl ein Fremdwort sein. Das musste ich dringend ändern! Das konnte nicht gesund sein!
,,Wieso lässt du dich so einengen? So kontrollieren? Hast du...Angst vor Derek?", wagte ich mich schließlich zu fragen. Ich hielt die Luft an.
Erst hob Haz eine Augenbraue an und zog die Nase kraus, dann verzerrte sich seine Mine von einer Fragenden in eine Erschrockene.
,,Nein! Derek ist mein Freund, Franzi."
Seine Stimme klang weder ernsthaft entsetzt noch anklagend, also nahm ich an, dass er mir die Frage nicht übel nahm. Ich holte tief Luft. Angst hatte Haz also eigener Aussage nach nicht. Das war jedenfalls positiv. Andererseits...er schien gar nicht zu merken, wie ungesund diese Beziehung war. Hielt er sie am Ende vielleicht noch für normal? Ich schüttelte den Kopf. Ich hoffte es nicht, denn sonst würde er Derek gegenüber wohl nie wirklich seine eigene Meinung und Integrität durchsetzen. Was gefährlich werden könnte - wie ich an dem Nachmittag, an dem wir Haz bewusstlos aufgefunden hatten, bemerkt hatte.
Ich wusste nicht, wie ich Harry klarmachen sollte, dass etwas in seiner Beziehung schief lief. Selbst wenn Derek Harry nicht verletzen sollte, so war diese fehlende Selbstbestimmung doch ein arges Problem. Wie sollte Haz denn je auf eigenen Beinen stehen, wenn er nur Vorgaben von Derek folgte? Oder überdramatisierte ich hier alles?
,,Ich mache mir Sorgen um dich, Hazza.", brachte ich schließlich hervor.
,,Um...mich?", wiederholte Harry verwirrt und richtete sich ein bisschen auf.
,,Wieso das denn, Franzi?"
Ich seufzte. Tja. Weil ich nicht wusste, ob er nur in einer unterdrückenden, oder sogar in seiner physisch gefährlichen Beziehung lebte! Aber wie konnte ich das Bitteschön ausdrücken, ohne, so wie Liam es formuliert hatte, mit der Tür ins Haus zu fallen? Keine Ahnung. Augen zu und durch.
,,Erstmal ist es ziemlich ungesund für dich, dich so von ihm unterdrücken zu lassen.", begann ich.
Harry öffnete den Mund, um mir zu widersprechen, aber ich schüttelte nur forsch den Kopf.
,,Verleugne das nicht, so, wie du es mir eben beschrieben hast, kontrolliert er förmlich dein Handeln. Das darf einfach nicht sein, du musst doch eine selbstbestimmte Person werden! Er kann dir nicht vorschreiben, was du zu tun und zu lassen hast!", regte ich mich auf und merkte, dass ich zu emotional wurde. Es würde nicht helfen, wenn meine Wut auf Derek jetzt aus mir heraus bräche. Absolut gar nicht. Also schluckte ich den Kloß in meinem Hals hinunter.
,,So funktioniert es für uns aber, Franzi. Er ist eine dominierende Persönlichkeit, ich nicht. Ich ordne mich eben gerne unter. Und für mich ist das auch kein Problem. Ich halte Dereks Regeln ein, lass mich von ihm führen und dann sind wir beide glücklich. Wir unterstützen uns, wie ich sagte.", ließ Harry schließlich verlauten.
Er klang ein wenig angepisst, was ich irgendwie verstehen konnte, schließlich kritisierte ich hier seine Beziehung. Aber ich wollte meinen Standpunkt klar machen. Sowas ging einfach nicht. Und bei den Unfälle war ich noch nicht mal angekommen!
,,Er hat nicht das Recht, dir irgendwelche Regeln vorzugeben, Haz."
,,Franzi, lass es bitte endlich gut sein! Unsere Beziehung funktioniert und wir sind beide glücklich, misch dich da bitte nicht ein! Ich habe kein Problem mit Dereks Persönlichkeit und seinen Forderungen, bitte versteh das doch!", stieß mein bester Freund jetzt tatsächlich ein wenig verärgert aus. Ich sah seine Augen aufgeregt blitzen und kaute auf meiner Unterlippe herum. Verdammt, er wollte er wirklich nicht einsehen!
Naja, ändern konnte ich das nicht. Aber ich musste ihn immer noch auf die Verletzungen ansprechen, mein eigentliches Thema des Grauens. Und Haz war bereits jetzt zornig...perfekt. Wirklich. Egal. Ich musste das jetzt durchziehen!
,,Harry...kann es sein, dass Derek etwas mit deinen Unfällen zu tun hat?", fragte ich also sanft und fiel damit mit der Tür ins Haus. Liam würde mich jetzt mit Blicken erdolchen. Huch.
Harry starrte mich fassungslos an. Ich glaubte erst, er würde mich jetzt auslachen. Immerhin beschuldigte ich, nachdem ich seine Beziehung in der Dreck gezogen hatte, nun seinen langjährigen Freund der Häuslichen Gewalt. Haha. Schlechter Scherz. Nur leider meinte ich das ernst.
Mein bester Freund schien das zu merken, denn er lachte nicht. Sein linkes Augenlid zuckte, dann rümpfte er die Nase. Kratzte sich im Nacken, wich konsequent meinem starren Blick aus. Ich wartete atemlos.
,,Wie kommst du bitte darauf?", hauchte Harry schließlich beinah tonlos und sah mich nicht an. Er starrte auf die Bilder und Fotos in seinem Regal. Kein Muskel zuckte.
,,Du bist nur verletzt, wenn du von ihm kommst. Die Treppen-Geschichte ist alt und, wenn man die drei absolut nicht rutschigen Stufen kennt, albern. Wie ziehst du dir also die gebrochenen Handgelenke und die blauen Flecken zu, hm?", erläuterte ich, wobei ich mich bemühte, sanft zu klingen. Ich wollte nicht vorwurfsvoll rüberkommen.
,,Ich...ich bin tollpatschig, Franzi. Ich bin es selber schuld, wenn ich mir Knochen breche. Ich muss einfach nur besser aufpassen.", erklang Harrys leise Stimme, jedes Wort schien ihn zu viel zu sein. Für mich klang er nicht besonders überzeugend. Außerdem wich er meinem Blick noch immer aus und rutschte nervös auf der Matratze herum. Ich seufzte.
,,Das klingt ziemlich fadenscheinig, Haz. Wenn er für deine Verletzungen verantwortlich ist, dann...", begann ich, dieses Mal etwas forscher, aber Harry unterbrach mich ziemlich direkt.
,,Ich bin schuld an allem, was mir passiert, Franzi! Versteh das doch bitte und misch dich nicht in meine Beziehung ein!", rief er aus und schüttelte zu meinen anschuldigenden Worten vehement den Kopf. Seine Locken flogen wild durch die Luft und ich meinte, seine Augen wässrig glänzen zu sehen.
Erschrocken fuhr ich zurück. Vielleicht war das zu direkt gewesen. Liam hatte recht gehabt, Harry wurde zu schnell zu emotional, um diese Sache vernünftig mit ihm durchzusprechen. Ich musste sanfter und vorsichtiger Vorgehen und besonders auf meine Wortwahl achten. Harry schien jetzt wirklich verletzt. Er warf mir einen völlig verunsicherten Blick zu und schlug dann die Lider nieder, um mich nicht ansehen zu müssen. Röte hatte sich auf seinen Wangen ausgebreitet und ich schluckte. War er jetzt sauer auf mich?
,,Ich...tut mir leid, Harry, ich möchte dir nichts schlecht reden oder so, okay? Ich...mach mir bloß Sorgen, H."
,,Musst du nicht. Wirklich nicht.", antwortete mein bester Freund leise und schloss die Augen.
,,Derek liebt mich. Du musst dir keine Gedanken machen. Er ist vielleicht mitunter etwas grob und unfreundlich, aber er will nur das Beste für mich, ich verspreche es dir.", sagte er und tastetet blind nach meiner Hand, um sie sanft zu drücken. Seine Finger waren eiskalt.
Wenn Derek das Beste für Harry wollte, wieso vergraulte er dann seinen Kumpel Simon mit Gewalt oder ließ ihn hier zurück und von uns finden, als er ihn völlig überfordert hatte? Meiner Meinung nach tat Derek, was er wollte, nicht, was gut für Haz war. Aber vielleicht maßte ich mir hier auch zu viel an. Und Harrys Reaktion nach zu folgen glaubte er wirklich, dass Derek in seinem Sinne handelte, indem er ihm Vorschriften machte und kontrollierte. Aber wenigstens schien Derek nicht für Harrys Verletzungen verantwortlich zu sein. Er gab sich schließlich selbst die Schuld an den Unfällen. Was konnte ich also noch groß sagen?
,,Harry...es tut mir leid. Ich möchte, dass es dir besser geht.", fügte ich bloß noch hinzu. Ich seufzte und ließ die Schultern hängen. Hatte ich jetzt überhaupt irgendetwas wirkliches erfahren? Sorgen machen würde ich mir doch eh weiterhin.
,,Mir geht es gut."
,,Dir geht es offensichtlich nicht gut, Harry.", widersprach ich, ohne nachzudenken. Oh, vielleicht hätte ich es besser dabei belassen.
,,Wieso glaubst du das, Franzi?", fragte Haz irritiert und lehnte sich wieder ein Stück zurück. Er wirkte ehrlich gekränkt durch meine Fragerei. Aber selbst wenn Derek nicht Schuld an seinen Unfällen war, so gab es da noch immer ein weiteres Thema, welches mir Sorgen bereitete. Ich seufzte nochmals.
,,Naja, Haz, du hast Panikattacken."
Harry schien mit dieser Aussage gerechnet zu haben. Erst entzog er mir seine Finger, dann seufzte er tief und fuhr sich einmal mit der Hand rüber die Augen, bevor er zu mir herüber blinzelte. Ich wartete gespannt auf seine Antwort. Leugnen konnte er das ja wohl nicht, ich hatte es schließlich mit eigenen Augen gesehen. So erschreckend das gewesen war, es hatte mich alarmiert. Nick und die Geschichte mit der Liebe hatten mich zwar abgelenkt, aber jetzt war mir endgültig klar, das ich Harry helfen musste, wie ich es zu Anfang vorgehabt hatte. Und wenn Derek eine weiße Weste hatte, so musste ich wenigstens diese Sache lösen.
,,Ja, aber das ist doch meine Sache. Und sie sind weniger geworden und ich kann sie meistens verhindern.", stieß Harry schließlich unsicher aus und rutschte ein wenig auf dem Bett herum. Er klang nicht überzeugend und eher so, als hätte er sie eingeübt. Ich schüttelte sanft den Kopf.
,,Nein. Das ist auch unsere Sache. Wir sind deine Freunde, Hazzy, das betrifft uns auch. Wir wollen dir doch nur helfen."
,,Könnt ihr aber nicht.", murmelte Harry leise und ich stockte. Bitte? Wieso glaubte er das? Er hatte es uns doch nie versuchen lassen! Leise schnaubte ich durch die Nase und rutschte ein Stück zur Seite, um meinem besten Freund wieder in die Augen sehen zu können.
,,Was möchtest du damit sagen, Haz? Wieso nicht?", fragte ich so sanft wie nur irgendwie möglich, aber Liam hatte recht gehabt. Harry blockte ab. Er wollte nicht darüber reden. Für heute war es wohl genug gewesen.
,,Franzi, ich kann damit umgehen. Bitte mach dir keine Sorgen, ich weiß, was ich tun kann, um diese Attacken in den Griff zu bekommen.", sagte er beinah schon bitter und schlug die Lider nieder, um mich nicht ansehen zu müssen. Das er log, war nicht wirklich schwer zu erkennen.
Ich seufzte. Harry schien für heute genug zu haben. Wirklich genug. Ich hatte ihn mit meinen Fragen aufgewühlt, das war offensichtlich. Im Grunde hatte ich seine Beziehung und seinen Freund in Frage gestellt und jetzt bedrängte ich ihn mit dem wahrscheinlich schwierigsten Thema von allen: seinen Panikattacken. Dass er nicht mit mir über seine Panik sprechen wollte, schmerzte zwar, aber ich war mir sicher, dass das einen Grund hatte. Einen tieferen, als ich annahm. Und ich wusste, dass Harry sich jetzt zu gar nichts mehr überreden lassen würde. Er war müde und genervt von mir. Ich sollte ihn in Ruhe lassen. Resigniert rutschte ich zur Bettkante.
,,Harry...ich bin mir sicher, dass du Hilfe brauchst. Und wenn du das einsiehst, kannst du dich mit allem jederzeit an mich wenden.", schloss ich meine Fragerunde für heute und drückte Harrys Hand. Große Hoffnungen, dass er das tun würde, hatte ich nicht.
,,Wie du meinst.", antwortete er nur schwach lächelnd und ich stand langsam auf, darauf hoffend, dass er mich zurückrief. Tat er aber nicht. Harry wollte seine Ruhe. Und ich wusste, dass er mir ein wenig böse wegen meiner Fragen war. Aber ich war mir auch sicher, dass er morgen wieder mein bester Freund sein würde.
Auch, wenn das eine Maske war.
,,Gute Nacht, Harry."
,,Träum was Schönes."
Ich lächelte ihm halbherzig zu und verließ das Zimmer. Meine Gedanken wirbelten wild durcheinander und ich fröstelte, als ich auf den Flur trat. Ich wusste nicht, was ich fühlen oder denken sollte.
Ich war überfordert. Aber Aufgeben war noch immer keine Option, denn ich war grade einen Schritt in Richtung Aufklärung gegangen. Nick war mein nächstes Ziel.
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Was denkt ihr?
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