Kapitel 24
Berta erwartet mich am Eingang und ihr Gesichtsausdruck sagt alles. Er ist wieder da und er hat seine neue Familie mitgebracht. Wie angekündigt. Ich presse die Lippen aufeinander, Berta tätschelt mir beruhigend die Schulter und ich richte mich kerzengerade auf.
Ich höre Stimmen aus dem unteren Wohnzimmer, dass ich schon seit Jahren nicht mehr betreten habe.
"Michael, es ist so wunderschön hier." Spricht eine pipsige Frauenstimme, ich kann mir genau vorstellen, wie sie aussieht. Halb so alt wie er, blonde lange Haare, gemachte Brüste und aufgespritze Lippen, nur nimmt er seine Bettbekanntschaften normalerweise nicht mit hierher.
Ich versuche mich innerlich zu wappnen, rede mir ein, dass es mir egal ist aber dann redet auf einmal noch eine Stimme, eine die mir leider viel zu bekannt vorkommt.
Geschockt verharre ich einen Moment in meiner Position, dann stürme ich in das Esszimmer. Kurz bevor ich das Zimmer betrete, verlangsame ich meine Schritte und setze eine neutrale Miene auf. Hat das Schauspielern doch was gebracht.
Die drei stehen mit dem Rücken zu mir und betrachten ein großes Familienbild, das an meinem dritten Geburtstag entstanden ist. Es ist das einzige Bild meiner Mutter im gesamten Haus. Die Frau neben meinem Vater trägt schwarze Pumps und einen Bordeauxroten Bleistiftrock, dazu eine helle Bluse mit floralen Mustern.
"Hallo Spatz, da bist du ja." Mein Vater, knapp zwei Meter groß, so breit gebaut, dass es angsteinflößend sein könnte und mit den hellsten blauen Augen, die mir je unter gekommen sind, breitet die Arme aus. Ich funkle ihn nur vernichtend an, ignoriere seine ausgestreckten Arme und wende mich dem dritten Mitglied dieser neuen, unglaublich tollen Familie zu.
"Eric, was machst du hier?" Als er den Klang meiner Stimme registriert, dreht er sich in Zeitlupe um. Sprachlos starrt er mich an und ich hebe ungeduldig eine Braue. "Du warst doch schon hier. Mehrmals. Du müsstest wissen, dass ich hier wohne, also tu nicht so."
Sein Mund steht offen und er schaut perplex zwischen der Frau nehmen ihm, meinem Vater und mir hin und her. Ich verziehe meine Lippen zu einem spöttischen Lächeln und klopfe unruhig mit der Fußspitze meines Luis Vittons auf den Boden. Ich hasse komplette Stille. Ich hasse sie einfach.
Der Blick der Frau und der meines Vaters sind ebenfalls ein Blick für die Götter. Perplex wandern ihre Pupillen von mir zu Eric und wieder zurück.
"Ich habe es nicht gewusst." Durchbricht Eric schließlich die Stille, Berta reicht mir eine Erfrischung, wahrscheinlich um die Spannung an lockern und ich lächle sie dankbar an.
Ich nippe an dem Glas, schmecke verschiedene Früchte und Aromen und entspannen mich ein winziges bisschen. Ihre Anwesenheit beruhigt mich.
"Mutter..." Seine restlichen Worte gehen in einem Hustenanfall meinerseits unter. "Bitte was." Krächze ich als ich endlich wieder Luft bekomme und mein Blick liegt wieder auf der Frau. Sie entspricht nicht meinen Erwartungen, ist nur ein paar Jahre jünger als mein Vater, trägt ihr hellbraunes Haar nur etwas länger als ich und lächelt ihren Sohn liebevoll an.
Man kann sofort erkennen, was sie für ein Typ Mutter ist, der Gute, die immer für einen da ist und einen nie verurteilt, das was ich auch gebräucht hätte. Doch als das der Fall war, hat mein Vater nur eine Versagerin nach der anderen abgeschleppt. Die eine hat ihre Story an die Presse verkauft, die andere hat uns beklaut, wieder eine andere hat hinter seinem Rücken noch andere Männer gevögelt. Die Liste ist endlos.
Mein Vater sieht, was mir durch den Kopf geht, das hat er schon immer. Leider. Er geht zwei Schritte auf mich zu, doch ich mache auf dem Absatz kehrt und versuche im angemessenem Tempo in meine Wohnung zu gehen. Ich schließe die Tür, sperre ab und aktiviere mein separate Sicherheitssystem.
Er wusste es und dann besitzt er auch noch die Dreistigkeit zu lügen.
Ich habe vor einigen Tagen befohlen das nicht genutzten Abstellraum in einen Fitnessraum umzubauen und dieses betrete ich jetzt. Es ist größer als ich gedacht habe, alle Regale und jegliches Gerümpel wurde ausgeräumt. In der Mitte des Raumes hängt ein Boxsack, ein Laufband steht links, eine Yoga Matte liegt geradezu am Fenster und rechts stehen noch einige andere Geräte.
Ohne zu zögern, schlüpfe ich aus meinen Schuhen und lege den Gürtel ab. Dann steuere ich auf den Boxsack zu und dresche auf ihn ein, so lange, bis ich nicht mehr kann.
Einige Stunden später sind meine Knöchel aufgeplatzt und angeschwollen, meine Hände zittern und ich lasse mich erschöpft in mein Bett fallen. Mein Handy, das ich zusammen mit der Tasche, achtlos ich Flur fallen gelassen habe, hört nicht auf zu vibrieren und so rapple ich mich mühsam auf.
Drake ruft an.
Mit zitternden Fingern klicke ich auf den grünen Hörer und lasse mich mit dem Handy am Ohr wieder ins Bett fallen.
"Hey Süße." Das Adrenalin rauscht noch immer so laut durch meinen Körper, dass ich ihn nur sehr schlecht verstehe.
"Hey." Antworte ich leise und drehe mich auf den Bauch. "Wie wars mit deinem Besuch?"
"Nicht so spannend. Wie war dein Tag?"
"Nicht so gut." Antworte ich wahrheitsgemäß und lausche seinem Atem, der mich ruhiger werden lässt als eine Stunde boxen.
"Willst du darüber reden?" Er klingt ehrlich interessiert und irgendwie betrifft es ihn ja auch. Früher oder später wird er es sowieso raus finden.
Ich räuspere mich und überlege einen Moment, wie ich das am besten formuliere. "Mein Vater ist wieder hier. Das erste Mal in diesem Jahr, ich habe ihn seit Monate nicht gesehen oder mit ihm gesprochen. Er hat eine Frau mitgebracht und sie hat einen Sohn." Meine Stimme hört sich schon unheilverkündigend an, obwohl ich das überhaupt nicht will. "Und ihr reizender Sohn ist niemand geringeres als Eric."
"Was?" Er hat das Handy an die Seite gelegt, ich höre ihn fluchen und gegen etwas treten und dann Stille.
"Drake?" Frage ich vorsichtig und höre, wie er das Handy wieder ans Ohr nimmt.
"Abi, er.. Es ist mitten in der Nacht. Warum bist du wach?"
"Wir haben bis vier Uhr geschlafen, wann soll ich den deiner Meinung nach zu Bett gehen?" Ein leichtes Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht. Das Thema gefällt mir deutlich besser.
"Hm." Brummt er nachdenklich. "Aufjedenfall nicht um 3 Uhr nachts."
"Da hast du vermutlich Recht." Ich schließe die Augen und kuschle mich ein. "Ich trage dein Shirt."
"Das gefällt mir." Kurze Pause, dann raunt er:" Nur mein Shirt?" Seine Stimme klingt sofort dunkler und die Erinnerung an seine Händen auf meinem Körper ist so lebhaft, dass ich ein Stöhnen unterdrücken muss.
"Nur dein Shirt." Wispere ich und spüre, wie die Müdigkeit, auf die ich so lange gewartet habe, mich endlich einlullt. Seine Stimme hat eine besondere Wirkung auf mich. "Gute Nacht, Drake."
"Gute Nacht, Abi. Träum was schönes."
"Worauf du dich verlassen kannst." Murmle ich und lege das Handy beiseite.
Wie ist das Wetter bei euch? Bei uns in Wolfsburg regnet es gerade noch nichtmal, aber es geht glaube ich bald los 😱
Außerdem war heute seit langem mal wieder ein Tag, an dem ich mehrere Kapitel geschrieben habe. Genauer gesagt drei 😍
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