🌙 GINMIONE
💛 Die Sterne in den Händen 💛
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✎ REQUEST: @lea382776
✎ SHIP: Ginmione {Ginny Weasley x Hermione Granger}
✎ FANDOM: Harry Potter
✎ WARNING: Depression; Fallen {as in the actual action of falling down}
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Die Welt dreht sich, wird schwarz an den Rändern. Sie kann ihren Herzschlag spüren, ihr Brustkorb bebt, ihr ganzer Körper schlägt. Atmen. Blut rauscht in ihren Ohren, wird begleitet von ekelhaft hohem Pfeifen, eine Symphonie schriller Töne. Sie atmet. Atmen. Ein. Aus. Ein. Aus.
Sie springt auf und greift nach der Gitarre, checkt die Stecker. Angeschlossen. Sie schlägt an und die Boxen heulen auf. Ginny schreit. Es sind keine Worte, nicht wirklich. Vielleicht, irgendwo, war es einmal der Versuch danach, ein Griff nach Sätzen und Syntax, ein Griff in die Weiten des Universums, in das Chaos in ihrem Kopf. Es bleibt unerreichbar und so heult sie auf, laut, schrill, ohrenbetäubend. Es halt wieder in den kreischenden Schreien der E-Gitarre in ihrer Hand und sie lässt die Finger tanzen. Um sie herum vibrieren die Wände, bebt der Boden unter ihrer Musik.
Herzschlag mischt sich mit Beat und langsam hebt sich der Nebel in ihrem Kopf. Weiter. Wieder schlägt sie an, wieder schreit sie, in der Hoffnung endlich Ordnung in das Chaos in ihrem Kopf zu bekommen, die Worte, welche übereinander fallen, ohne Sinn zu machen, die Sätze, welche sich nicht fertig schreiben wollen. Es ist einer dieser Tage, aber Ginny hat ihre Gitarre und sie steht in der Mitte ihres Zimmers und schreit.
Es ist Sommer und die Hitze verschont auch ihre Wohnung nicht, schwüle, schale Luft dringt durch Fensterritzen und Spalten, steht im Zimmer. Schweiß bedeckt ihre Arme, ihren Rücken, der schwarze BH ist durchweicht und klebt an ihrer Haut, T-Shirt schon längst in eine Ecke geschmissen. Es ist widerlich, es ist Sommer und sie macht Musik. Es ist laut. Ohrenbetäubend laut und sie springt auf und ab und zuerst hört sie es nicht.
Es klingelt. Ihre Finger fahren über die Gitarren-Saiten, ein letztes Mal, das Instrument rutscht ihr aus der Hand, schlägt gegen Oberschenkel und Bauch, bevor sie sich aus dem Gurt kämpfen kann. „Ach komm. Scheißteil." Sie lässt sie auf dem Bett zurück und stolpert zur Tür, fällt beinahe über das Kissen, welches seit zwei Tagen auf dem Fußboden liegt, weil es zu viel ist, in dem Bett, zu stickig, zu klebrig, zu viel, weil die Daunen und Decken sie zu ersticken drohen.
Sie reißt die Tür auf. Es sollte keiner in dem Gebäude sein. Keinen, den es kümmert zumindest. Professor McGonagall, die gestrenge, ältere Schottin, welche über ihr wohnt, ist zu dieser Zeit in der Uni. Sirius Black, Künstler, Stoner und Schulabbrecher, der sich die Wohnung nur leisten kann, weil seine Familie trotz seinem Outing als Agender und Bi, immer noch blecht, kümmert es nicht, wenn sie spielt. Dey mag den Krach, findet ihn inspirierend. Sein Partner Remus ist arbeiten, hat einen Job als Lehrer. Auch Madame Pomfrey sollte nicht da sein, die Krankenschwester arbeitete quasi rund um die Uhr an der Internatsschule zwei Viertel weiter und manchmal fragt sich Ginny wirklich, ob die Frau überhaupt jemals in ihrer Wohnung schläft.
Es sind sie nicht. Die Rothaarige kennt die Person nicht, welche vor ihr stand. „Manche Leute," bemerkt der fremde Mensch vor Ginnys Tür spitz. „Haben etwas zu tun. Lernen zum Beispiel." „Was?" Sie kann nicht anders. Und im nächsten Moment fühlt sie sich dumm. Die Person vor ihrer Tür ist eine Unterbrechung der allgemeinen Variablen, ist ein Riss in ihrer Routine, aber trotzdem. Ernsthaft Ginny? Sie weiß, sie kann das besser, selbst wenn ihr besagte Unterbrechung ihr ein kleines bisschen den Atem raubt.
Fünf Zentimeter größer als sie, dunkle Haut- kühler Unterton, merkt sie irgendwo in ihrem Hinterkopf an- moosgrüne Braids und Augen, die ein bisschen wie flüssiges Gold aussehen. Fremder Mensch trägt volles Outfit, komplett mit ärmellosen Tweed-Pullover und beigen Rock. „Manche Leute," wiederholt die Unregelmäßigkeit in dem Leben der Rothaarigen mit einem abermaligem Ausdruck der Genervtheit und Ginny reißt ihre Augen los. "Wollen lernen. Und dein Krach ist nicht hilfreich." Ginny schluckt. Ein, zweimal. Ihr ist heiß und es ist ihr schmerzlich bewusst, wie sie aussehen musst, verschwitzt und zerzaust, nur in BH.
„Es ist Musik?" Stimme ein wenig zu hoch.
„Wie bitte?" Und oh, wie sie das hasst. Feine Menschen, die „Wie bitte?" sagen, statt „Was?".
„Es ist Musik. Kein Krach. Was sind deine Pronomen?"
Die fremde Person in ihrer Tür blinkt und Ginny zuckt mit den Schultern. „Ich meine hey, ich kann dich auch ewig als die fremde Person bezeichnen, aber es ist umständlich und ich mag es nicht, Menschen in meinem Kopf zu misgendern. Also was sind deine Pronomen?" Sie lacht, aber in ihrem Magen dreht es sich, altbekannte und nie ganz verschwundene Angst vor Verurteilung.
„Hermione. Sie/ihr und Dey/denen/deren." Dessen Lächeln ist ein bisschen weicher geworden und die Rothaarige beobachtet fasziniert, wie sich kleine Grübchen in dessen Wangen graben. „Und du?"
„Sie/ihr. Ich nehme an, du bist die neue Nachbarschaft?"
„Ja. Vorgestern eingezogen." Hermione reicht ihr die Hand und das Plastik der Prothese ist beinahe kühl gegen ihre verschwitzte Hand. Hermione sieht sie an, mit einem Blick, der sagt „Komm schon, verurteile mich. Wage es." Ginny schluckt jede Frage und jeden Kommentar, die ihrem Kopf spontan einfallen runter. Sie hat nicht das Recht.
„Ich liebe deine Haare." Shit. Okay, so sehr den Chaot raushängen lassen musste nicht wirklich sein.
„...Danke." Das Lächeln wird ein bisschen breiter, die Grübchen ein wenig tiefer.
„Also hörst du auf mit dem Krach?"
„Es ist Musik!" Sie scheint ihre Stimme wiedergefunden zu haben und Hermione zieht angesichts des hitzigen Tonfalls eine Augenbraue in die Höhe.
„Sure. Aber bitte trotzdem leiser." Sie grinst. „Wir sehen uns." Dey dreht sich weg und Ginny braucht einen Moment, bevor sie die Tür schließt. Merlin. Sie sinkt an der geschlossenen Tür hinab, vergräbt das Gesicht in den Händen. Die Welt ist immer noch schwarz an den Ecken.
„Merlin," sie flüstert in Unglaube. „Ich bin so fucked." Sie lacht.
Es ist absurd, aber sie steckt die Gitarre aus, als sie sich auf ihr Bett wirft, stellt sicher, dass die Boxen keinen Ton mehr von sich geben. Sie hat das Bedürfnis sich in ihren Decken zu vergraben, aber es ist so verdammt heiß. Stattdessen lässt sie sich ein kaltes Bad ein, gibt drei Tropfen Orangen-Öl dazu und bleibt dort für eine Stunde.
Als sich der Tag seinem Ende neigt und es in dem kleinen Bad schlussendlich dunkel wird, hievt sie sich aus der Wanne. Der BH von vorhin ist ekelhaft, klebt, und so tapst sie durch ihre Wohnung, blaues Handtuch auf dem Kopf und sucht nach einem T-Shirt, dass weich und weit genug ist, sie beim Schlafen nicht zu erwürgen und noch nicht komplett verschwitzt ist, wie die zwei ACDC Shirts, welche in zwei verschiedenen Orten in ihrem Zimmer liegen und welche sie mit einem Tritt in den Wäschekorb verbannt.
Am Ende findet sie ein Shirt von Red Bone, gießt sich ein Glas Orangensaft ein und ruft Harry an. Ihr bester Freund hebt nach dem zweiten Klingeln ab. „Ey Gins!"
Ginny haut ihren Kopf gegen die Tischplatte. „Ich bin so fucking gay Harry, du kannst es dir nicht vorstellen." Und Harry, der Verräter? Er lacht. „Wer?" fragt er.
„Meine neue Nachbarin, Sie/Dey, Okay? Vor zwei Tagen hergezogen, und holy shit."
Sie starrt böse auf ihren Orangensaft.
„Okayyy? Also dey ist hot. Wie habt ihr euch kennengelernt." Sie seufzt dramatisch. „Es wird schlimmer Harry, Darling, es wird schlimmer." Sie kann sein dummes Grinsen bis hierher hören, und fast bereut sie es, ihn angerufen zu haben. Aber sie muss einfach jemanden über Hermione erzählen. „Du hast noch nicht einmal angefangen."
„Leise Potter. Also. Ich habe einen Breakdown, ja? Nichts neues. Spiele ein bisschen Gitarre, haue so richtig drauf, schreie ein bisschen. Mache Musik draus, du weißt wie es ist." „Hmm." Er weiß es tatsächlich. Hat ihr damals vorgeschlagen, es mit Musik zu probieren. Spielen konnte sie schon vorher, aber das war was anderes. Eine neue Art und Weise, ihr Hobby zu nehmen und sich selbst zu helfen, ihren Kopf zu sortieren. Für Harry war es Quidditch, für sie war es Gitarre. Nicht dass sie Sport nicht mochte. „Und dann klopft es an der Tür und sie steht da, right? Schaut mich an und ich habe einfach nur einen BH und Shorts an, voll verschwitzt, weil die Temperaturen hier mich einfach umbringen, sollte illegal sein, wie auch immer. Und sie schaut mich an und sagt, ich solle keinen Krach machen, manche Leute, ergo dey, wollen lernen."
„Oh Merlin, Gin." Harry kichert. "Das ist so schlimm." „Ja oder?" jammert sie in die Sprechanlage und nimmt einen Schluck O-Saft. „Es ist einfach so..." Sie hat das Bedürfnis in ein Kissen zu schreien. „Wie auch immer. Wie ist es so bei dir?"
„So cool! Das Team ist super und ich sage dir, du hast nicht gelebt, bis du mit dem Besen durch die Berge fliegst. Es ist unglaublich!" Sie muss lachen. „Stimmt, ich habe vergessen, du warst noch nie in den Bergen oder? Alles nur gute alte, flache Insel."
Sie vermisst Harry. Vermisst Filmnächte und Besen-Wettrennen und endlos lange Diskussionen über Quidditch. Sie vermisst es, Streiche mit ihm zu spielen und Schokofroschkarten zu sammeln oder über Politiker herzuziehen. Sie hasst, wie das Leben einfach so weitergeht, wie alle einen Plan haben. Luna nimmt Auszeit, reist um die Welt. Sie ist gerade in Island, hat vor ein paar Tagen ein Selfie vor atemberaubender Landschaft geschickt. Neville fängt mit dem Praktikum an, Forschungsinstitut für magische Pflanzen. Selbst Ron, der immer ein wenig planlos schien, arbeitet an seiner Ausbildung als Auror, während Harry in Europa Quidditch spielt. Alle scheinen ihr Leben im Griff zu haben, nur Ginny sitzt in ihrer Wohnung- die eigentlich den Zwillingen gehört, die zwei, die ihre Scherzartikel im ganzen Land verkaufen, und weiß nicht, was sie tun soll.
Sie hatte Mal so viele Pläne gehabt. Quidditch. Aurorin, Professorin. Englisch-studium, Journalismus. So viele Optionen.
Und jetzt ist sie hier, und nichts klingt mehr so aufregend wie es einmal war und alles bewegt sich vorwärts. Ohne sie.
Harry redet immer noch. „Harry?" unterbricht sie ihn und er stoppt in seinen Erzählungen von Europas Gebirgen. „Gin?" „Tut mir leid. Ich habe dir nicht zugehört." Sie lässt den Satz für einen Moment hängen. „Ich glaube nicht, dass ich das heute noch schaffe, ist das okay?" Percy hatte nie Verständnis dafür gehabt, wenn sie seinen ewig langen Vorträgen nicht zuhören konnte. Wenige hatte das. Aber bei Harry, konnte sie unterbrechen, konnte zugeben, dass sie zu tief in ihren Gedanken verschwunden war und die Welt vergessen hatte, musste nicht so tun, als hätte sie alles verstanden und selbst zusammenfügen, was der jeweils andere erzählt hatte. Sie hatte das so ausgemacht, sie und er, und trotzdem blieb immer ein bisschen Furcht, ein unangenehmes Ziehen in der Magengrube und das Warten auf Schelte.
„Sicher doch Gin. Ich schreibe morgen, okay?" Sie lächelt. „Ist gut. Dankeschön." Er seufzt. „Ist okay, Gin. Alles für meine beste Freundin, oder?" „Und alles für Meinen." Ihr Kopf liegt immer noch auf der Tischplatte. Das Glas O-Saft ist immer noch voll. „Also gute Nacht."
„Gute Nacht," antwortet Harry, zwei Länder entfernt. „Und Gin? Ich komme in fünf Wochen vorbei. Du kannst ja schauen ob Hermione mitkommen will." „Was? Dein Ernst?" Mit einem Mal ist sie hellwach. „Yep. Fünf Wochen. Such dir die Tour aus." Er legt auf, das Arschloch, als ob er nicht gerade die größte Überraschung seit Weihnachten hat fallen lassen.
„Fünf Wochen." Sie öffnet den Kalender auf ihrem Handy und scrollt durch die Seiten. „Idiot hat nicht mal gesagt, welcher Tag."
Die nächste Woche gibt sie sich ein bisschen Mühe, leiser zu sein. Sie kennt Hermiones Routine noch nicht, sie kennt alle anderen, und ist das nicht etwas, was man sagen sollte, wenn man nach Stille verlangt? Sie lässt den Kopf gegen die Wand fallen. Warum müssen Menschen immer so kompliziert sein? Warum können sie nie die Informationen geben, die sie braucht? So muss sie raten, wann Hermione weg ist, muss beobachten und es wird sie sicher Wochen kosten, rauszufinden, wann sie laut spielen kann, wann sie Gedanken sortieren und schreiende Farben in ihrem Kopf zu Versen verarbeiten kann. Alleine der Gedanken stresst sie aus und sie hat verdammt noch Mal nicht die Energie sich gerade damit zu beschäftigen.
Stattdessen verbringt sie ihre Zeit mit der Nase zwischen den Seiten von Reiseführern, packt ihren Rucksack, packt ihn wieder aus, kauft neue Cliff Bars- After Eight- packt ihn wieder ein und klickt sich durch die altbekannten Berichte dutzender Online-Foren, alle welche schon seit Ewigkeiten unter ihren Lesezeichen gespeichert sind.
Sie trifft Hermione erst nächste Woche wieder, was vermutlich daran liegt, dass sie keine und Hermione zu viel Beschäftigung hat. Dey scheint ständig unterwegs oder am Lernen und bringt, sehr zu Minerva's Freude, wie sie bei ihrer und Poppy's wöchentlichen Tee-Party erfährt, ständig neue Bücher nach Hause. Minerva erwähnt die ganze Affäre mit ihrer typisch gestrengen Sorge, was Ginnys Zukunft angeht und sie geht ins Bett, mit dem Gefühl, nichts auf die Reihe zu bringen.
Hermione und sie kommen zur gleichen Zeit nach Hause und die Rothaarige hält die Tür auf, als sie die Andere kommen sieht, langer beiger Rock, weiße Bluse und eine schwarze Korsage aus Stoff. Mit Schulterträgern. Es sieht so verdammt gut aus und eigentlich kann Ginny Menschen nicht leiden, die mehr Aufwand in ihren Kleiderschrank stecken, als das nächste ausgeleierte Band-Shirt vom Thrift-Store und Jeans, aber Hermione? Dey kann sich von ihr aus jeden Tag so anziehen.
„Hi," grüßt sie und hey, immerhin, ein bisschen besser ist sie mit ihren Worten als letztes Mal. „Ich mag deine Haare." Hermione hat die Braids rausgenommen und der Afro rahmt ihr Gesicht ein. Ihre Zähne stehen ein wenig nach vorne, bemerkt ihr Hinterkopf, sind ein bisschen lang. Es ändert nichts daran, wie schön ihr Lächeln ist, wie sich die Grübchen in ihre Wangen graben, als sie zurückgrüßt. „Dankeschön." Sie merkt an, wie dey den Griff um den Stapel Bücher in deren Hand festigt und macht ein wenig Platz.
Sie treten zusammen in das Treppenhaus und für einen Moment, denkt Ginny, dass das es ist. Sie werden mit einem akwarden Dankeschön getrennte Wege gehen und sie wird Hermione für eine andere Woche nicht sehen, was genug Zeit sein sollte, über ihren dummen Crush hinwegzukommen, aber sie will nicht. Da ist Potenzial mit Hermione und es ist eine Chance, die sie nicht vergeben will. Nicht wirklich. Sie will etwas tun und die Schmetterlinge in ihrem Bauch sind ein angenehmes Gefühl.
Ihre Hände zucken, aber bevor sie den Mund auftun kann, dreht Hermione sich um. „Du hast mir nie deinen Namen gesagt." Es ist keine Anschuldigung, nur eine Feststellung. „Oh." Hände hinter dem Rücken verschränken, wieder nach vorne holen, in die Taschen stecken. Sie liebt Jeans- richtige Jeans. Mit Taschen und ihre Schulterm sacken erleichtert, sobald ihre Hände endlich verstaut sind. „Ginny. Ich heiße Ginny." Sie blinzelt ein paar Mal heftig und Merlin, aber Hermione schenkt ihr nur ein Lächeln, weich und voller Grübchen und sie könnte einfach so jetzt und hier zu einer Pfütze schmelzen. „Freut mich dich kennenzulernen Ginny." Dey blickt weg, an die weiße Wand, ein wenig schmutzig über die Jahre, aber immer noch da und schluckt. Finger krampfen sich um den Stapel Bücher. „Tut mir übrigens leid. Wegen deiner Musik. Auch wenn du wirklich ein bisschen leiser sein solltest. Prüfungen sind bald und so."
Sie nickt. „Ja- uhm, nein, nein passt schon. Wirklich. Ich hätte checken sollen, right? Habe ja gewusst, dass jemand Neues eingezogen ist." Merlin. Hermione sagt für einen Moment nichts. „Okay, danke. Tut mir aber trotzdem leid. Deine Musik ist wirklich nicht schlecht. Willst du vielleicht Tee? Ich habe gerade meine Vorräte aufgestockt." Ginnys Gesicht ist warm und wahrscheinlich rot. Sie hat keinen Spiegel da, aber sie weiß, dass es rot sein muss. „Klar," sie ringt sich endlich ein Lächeln ab und hofft bitterlich, nicht zu inkompetent zu wirken. Denn Hermione ist gruselig kompetent. Ein bisschen wie Percy. Nur weniger nervig. Und Percy konnte inkompetente Menschen nicht ausstehen. „Okay, dann... komm einfach mit hoch." Hermione nickt ihr zu und gemeinsam beginnen sie die Treppen nach oben zu steigen, dey immer noch mit einem Arm voll Bücher.
„Lebst du hier schon lange?" erkundigt sich Hermione und Ginny stolpert in ihrem Kopf für eine gute halbe Minute über die Frage. „Fast ein Jahr. Die Wohnung gehört eigentlich meinen großen Brüdern, you know? Sie dachten, dass eine Wohnung in einer der magischen Wohnblöcke was Gutes wäre und ich bin nach dem Schulabschluss hierher." Daumen auf Zeigefinger. Auf Mittelfinger. Auf Ringfinger. Auf kleinen Finger. Wieder von vorn. Sie zuckt mit den Schultern. „Was führt dich hierher?"
Sie kommen auf ihrem und Hermiones Stockwerk an. „Könntest du die Bücher für einen Moment halten? Ich habe mit dem Studium angefangen. Politikwissenschaft mit Nebenfach Philosophie." Dey reicht ihr den Stapel und Ginny streckt ihre Arme aus, bevor sie die Frage richtig registriert hat. „Danke." Sie kramt in ihrem Jutebeutel und zieht einen Schlüsselbund hervor. Ein kleiner Totenkopf baumelt neben einem Kaktus und Ginnys Mundwinkle verziehen sich zu einem amüsierten Lächeln.
Das Türschloss klemmt ein bisschen, genau wie bei ihr, aber Hermione scheint es bereits herausgefunden zu haben und zieht die Tür erst zu sich und schließt dann auf. „Willkommen in meiner bescheidenen Bude." Sie öffnet die Tür mit einem Tritt, so dass sie nach innen schlägt, der krummen Rahmen endlich nachgebend, und öffnet ihre Arme in einer dramatischen Geste. Ginny entkommt ein glucksendes Lachen. „Ich fühle mich geehrt."
Hermiones Apartment ist das Gleiche wie das des Rotschopfs, aber da hören die Ähnlichkeiten auf. Obwohl die Andere erst vor einer Woche eingezogen ist, gibt es keine Umzugskartons mehr, die in Ecken stehen, zumindest nicht soweit sie das sehen kann. Natürlich, ist es einfach, einzuräumen, wenn man die richtigen Sprüche hat. Und eine Vorstellung, von dem, was man tun will, wohin was kommen soll. Ginnys letzter Karton ging erst Monate nachdem sie eingezogen war.
Bücherregale reihen die Wand, rahmen das Fenster ein. Die Möbel sind alt, und manche erinnern sie an den Fuchsbau, auch wenn hier weniger Farbe zu finden ist, als zu Hause. Ein paar Pflanzen stehen auf der Fensterbank, über einem Sessel, liegt eine Strickjacke, auf dem kleinen Tisch daneben stapeln sich Bücher und eine Kaffeetasse, die aussieht wie eine orange Katze. „Schön," lobt sie. „Wo soll ich die Bücher hinstellen?" Hermione hängt deren Jacke an das Brett neben der Tür. „Oh. Auf die Küchenanrichte ist okay." Sie schlüpft aus ihren Schuhen und Ginny stellt den Stapel ab. Daumen auf Zeigefinger. Auf Mittelfinger. Auf Ringfinger. Auf kleinen Finger. Wieder von vorn.
„Du kannst dich auf den braunen Sessel setzten, rettet Hermione sie und beginnt in den Fächern über dem Herd zu kramen. „Hast du einen Lieblingstee?" erkundigt sie sich und zieht dabei Chai aus den Tiefem des Schrankes. „Hagebutte," antwortet Ginny, statt sie mit Floskeln abzutun, mit leise geflüstertem „Es passt schon." Oder „Was auch immer du willst." „Alles klar, das habe ich sogar." Dey schenkt ihr ein Grinsen, Lippen weit verzogen, Zähne zu sehen und Alles. Daumen auf Zeigefinger. Auf Mittelfinger. Auf Ringfinger. Auf kleinen Finger. Wieder von vorn.
Hermiones' Wasserkessel ist rot, burgunderrot und steht neben einer Blume mit gelben Blüten. Darüber hängt ein Bild. Es zeigt eine jüngere Hermione und die Menschen, von denen Ginny annimmt, dass es ihre Eltern sind. Sie lachen und legen ihre Arme um die kleine Hermione, schwingen sie durch die Luft. „Engelein, Englein flieg!" Sie kann die Worte beinahe durch das gerahmte Glas hören. „Sind das deine Eltern?" Hermione schaltet den Wasserkocher mit einem Klick an. „Yep, das sind meine Dads. Papa," sie deutet auf den Mann links. Er trägt ein lila Shirt und hat bunte Perlen in seinen Locks, sein Lachen ist warm und breit und erinnert sie an warme Wintertage und heißen Kava. Es ist klar, woher Hermione ihr Lache hat. „Und Dad." Der Mann rechts hat kurze Haare und trägt trotz des offensichtlichen Sommertages, einen langen, blauen Mantel. Er sieht Hermione und seinen Mann an, als wären sie alles in der Welt und es lässt sie an zu Hause denken. „Du hast gesagt, du hast Brüder?"
„Mmh? Oh ja," Ginny richtet sich auf. „Einen ganzen Haufen- sechs Stück- und alle sind sie älter als ich." „Sechs Stück, wie lebst du noch," scherzt Hermione und sie beide müssen lachen. Hermiones Lachen ist schön, voll und tief, und dey kneift die Augen zusammen, als wäre es sonst zu viel.
Ginny fällt ein wenig mehr, dieses Loch hinab, Schmetterlinge im Bauch und Blut in den Wangen, alles Kribbeln und Kitzeln und angenehme Wärme.
„Right? Manchmal zweifle ich noch daran," sie seufzt dramatisch. „Auf Allem Percy ist immer super dramatisch und Fred und George können mit den Streichen gar nicht aufhören. Und Ron!" Sie schüttelt den Kopf. „Lieb habe ich ihn ja, right? Aber manchmal ist er nicht ganz von der Hellsten Sorte. Macht dafür aber mit seinem Mut wett, also alles gut." Hermione lacht. „Und wer spendiert dir das Apartment?" Sie zuckt mit den Schultern. Daumen auf Zeigefinger. Auf Mittelfinger. Auf Ringfinger. Auf kleinen Finger. Wieder von vorn. Schaut auf die Tischplatte. „Fred und George. Sie sind die von den Scherzartikeln, falls du sie kennst?"
„Fred und George Weasley?" Hermione hob die Augenbraue. Sie scheint das oft zu tun. „Das sind deine Brüder? Obwohl, nein, ich kanns total sehen." Es entlockt Ginny ein kleines Lächeln. „Ja, das mit den roten Haaren, ist immer schon so was wie ein Markenzeichen gewesen." Aber dey schüttelt den Kopf. „Ne, eure Augen sehen sich auch sehr ähnlich, die Nasen kann ich auch sehen. Und die Wangenknochen-" Das Pfeifen des Wasserkessels unterbricht deren Studie von Ginnys Gesicht und dey dreht sich weg, während das Gesicht der Roten in Flammen aufgeht. Oh Merlin. Sie versucht ein wenig tiefer in dem Kissen zu versinken, aber es geht nicht wirklich. Der Sessel ist einer von diesen harten, alten Dingern und so kann sie nicht wirklich etwas anderes tun, als auf Hermiones Rücken zu starren, während sie durch die Küche räumt, um zwei Tassen zu finden. Eine ist eine Starbucks-Sammeltasse aus Kanada, die Andere hat einen Wald darauf gemalt, schwarze Tannenbäume. Am Tassenrand laufen Bären und Elchen, als weißer Kontrast.
„Kanada?" Es ist alles, was sie hervorbringt, das einzige Wort, welches es ihr gelingt an dem Kloß in ihrem Hals vorbei zu quetschen. Hermione nickt und ihr Afro wippt mit der Bewegung. „Ich komm daher. Aber ich wollte schon immer in England studieren. Es fühlt sich cool an hier." Sie zuckt mit den Schultern. „Und ich mag alte Schlösser und Bibliotheken und so. Davon gibt es in Kanada halt weniger. Außerdem weniger Schnee." Sie lacht. „Ich mags nicht, wenn es kalt ist." Sie bringt die zwei Tassen zu dem Tisch, der zwischen ihren beiden Sesseln steht. „Echt?" Ginny blickt aus dem Fenster. Graue Dächer, aber der Himmel ist blau. „Ich hasse es wenns warm ist. Kann ich gar nicht abhaben, die Hitze. Alles ist stickig und hitzig und keine Ahnung," Sie sollte ihre Zehennägel Mal neu lackieren, der grüne Lack beginnt abzusplittern. Sie lässt ihre Flip-Flops für einen Moment von ihren Füßen baumeln, bevor sie die Schuhe fallen lässt und ihre Knie zur Brust zieht, aber dann fällt ihr ein, dass das unhöflich ist. „Oh, du kannst sie oben lassen, alles gut," unterbricht Hermione, bevor sie die Füße wieder auf dem dunklen Parket-Holz abstellen kann. „Es macht mir nichts aus. Magst du Milch oder Zucker?"
Die Rothaarige schüttelt den Kopf und greift nach ihrer Tasse. Einfach um etwas in den Fingern zu haben. Die Tasse ist heiß, aber jetzt will sie nicht mehr loslassen, das wäre seltsam. Hermione scheint gänzlich unbewegt und lehnt sich zurück. „Also bist du schon immer in London?" erkundigt sie sich und Ginny schreckt auf. „Mmh? Achso, nein. Ich bin auf dem Land aufgewachsen. Unser Haus heißt Fuchsbau. Es ist riesig, auch wenn alle Zimmer immer ein bisschen zu klein wirken und total zusammengewürfelt. Ich wette, die Muggel würden alle einen Herzinfarkt bekommen, wenn sie es sehen würden, right? Like, alles ist super-bunt und passt nicht zusammen, und der Garten ist voller Gnome. Ich hasse ja entgnomen, auch wenn ich Pflege der magischen Tiere richtig gut leiden konnte. Was war dein Lieblingsfach?" Ihr Mund schnappt zu. Merlin Ginny, immer muss sie reden, nie kann sie den Mund halten. Sie wünschte, ihr Tee wäre fertig, dann könnte sie was trinken. Vielleicht wäre sie dann still.
Hermione lacht. Es ist ein freundliches Lachen und es klingt ein bisschen wie das Kichern der bösen Hexe in Kinderfilmen, ein bisschen schallend und abgehackt. Aber immer noch süß, findet die Rothaarige. „Mein Lieblingsfach war glaube ich Zaubertränke und Alte Runen. Ich mochte eigentlich das Meiste. Außer Quidditch. Ich habe Angst vor Höhen."
„Was?" Ginny starrt sie an. „Hermione! Der Verrat!" In dramatischer Geste legt sie sich die Hand über die Brust und atmet empört auf. „Ich habe Höhenangst okay?" Dey lacht. „Du ja anscheinend nicht. Spielst du?"
Ginny liebt es sich mit Hermione zu unterhalten. Die Andere lässt sie reden, hört zu, wenn die Weasley wieder in endlose Reden über dieses und jenes und überhaupt verfällt. Jedes Mal, wenn sie wieder aufhört, sitzt dey mit einem Lächeln auf dem Gesicht und einer Antwort auf den Lippen, als gäbe es nichts Schöneres als jemanden beim Reden zuzuhören. Sie erzählt interessant und aufregend und streut witzige Anekdoten in das Gespräch und sie lacht mit Ginny, ein Tiefes, frohes Lachen und manchmal das hexengleiche Kichern.
Sie trinken ihren Tee und dann essen sie eine Tüte Chips, Salt & Vinegar, was anscheinend für beide eine Lieblingssorte ist und dann reden sie noch länger. Es ist spät, wenn Ginny aufsteht. „Ich sollte dann wohl langsam gehen." Hermione blickt auf die Uhr. „Oh Merlin! Tut mir unglaublich leid, dich so lange aufgehalten zu haben!" „Ach," Ginny winkt ab. „Ich hatte nichts Besseres zu tun. Und es hat mir total viel Spaß gemacht."
Hermione begleitete Ginny zur Tür. „Mir auch," gibt sie zu und verschränkt die Arme hinter dem Rücken. „Uhm..." Ginny hält inne. Tief durchatmen „Dürfte ich dich umarmen." Sie schaut weg. Der kleine Flurbereich ist dunkelgrün tapeziert. Es lässt den Raum dahinter heller wirken, weiter. Es ist eine gute Wahl. Wie eigentlich alles in Hermiones Wohnung. Ihr ganzes Leben wirkt so perfekt zusammengesetzt. Ästhetisch und ausbalanciert.
Und dann winden sich Hermiones Arme um ihre Schultern. Die Bluse ist weich, aber die Korsage umso mehr, samtig unter ihren Händen, als sie die Umarmung perplex erwidert, dey für einen Moment an sich drückt. Dey riecht nach Schweiß und Deo, und ein bisschen nach Orangen. Haaröl vielleicht. „Dankeschön." Sie lösen sich voneinander, auch wenn es das Letzte ist, was sie tun will. „Kein Problem." Erwidert ihr dreifach verdammter Crush, und oh Merlin. Daumen auf Zeigefinger. Auf Mittelfinger. Auf Ringfinger. Auf kleinen Finger. Wieder von vorn. „Hey, nein wirklich." Sie schaut auf und da ist es wieder, dieses Lächeln, das sie dahinschmelzen lässt. Weich und Honigwarm. „Wenn du Mal eine Umarmung magst komme gerne zu mir. Ich mag Umarmungen." Ihr ist warm. Ihr Gesicht brennt. „Ich auch. Also- gilt auch für dich. Das Angebot."
Hermione strahlt und ihre Augen leuchten. „Wir sollten das Mal wieder machen. Wenn du denn willst." Ginny blinkt und grinst. „Okay, Granger. Bist ganz in Ordnung." Dey verdreht die Augen. „Also gut Weasley. Wir sehen uns." Und sehen tun sie sich.
Sie stolpern übereinander im Flur, sie halten sich die Türen auf. Sie reden miteinander, stundenlang, trinken Tee und essen Chips, während die Sonne untergeht. Manchmal nimmt Ginny denen mit zu Minerva und Poppy und manchmal zieht Hermione die Rothaarige an der Hand in Richtung Bibliothek, Kopf und Mund bei deren nächsten Buch, während Ginny mit hochroten Wangen hinter ihr her stolpert, alles an das sie denken kann, Hermiones Hand in der Ihren, Finger aus dunklem, hartem Plastik lose mit den Ihren verschränkt.
Sie bleibt liegen. Sie sollte aufstehen, wirklich aufstehen. Sie hat sich seit vier Tagen für nicht mehr bewegt als Toilettengang und der ein oder Andere Keks. Wasserflaschen stapeln sich neben den Bett, die Laken sind verschwitzt und ihre Haare haben sich längst aus ihrem Zopf gelöst und verknoten sich langsam an den Spitzen. Sie sollte aufstehen. Alles ist ekelhaft und sie achtet vorsichtig darauf alle Glieder so weit wie möglich voneinander zu halten, Haut widerlich und klebrig. Einmal lässt sie ihre Hand aus Versehen auf ihren Bauch fallen und hat sofort das dringenden Bedürfnis, sich zu übergeben. Sie atmet für eine halbe Stunde nur noch flach durch die Nase und hofft, in Ohnmacht zu fallen. Sie sollte wirklich aufstehen.
Aber sie kann nicht, alle Glieder zu schwer, Kopf voller Watte. Ihr Handy hat vor zwei Tagen aufgehört zu klingeln, der Akku endlich tot. Irgendwo in ihrem Hinterkopf sagt etwas, dass sie ein paar Leuten schreiben sollte. Ein schnelles Update mit Harry vielleicht. Oder mit Hermione. Dey und Ginny hatten seit ihrem ersten Treffen beinahe ständig geschrieben, Memes und Gedichte hin und hergeschickt. Merlin, Hermione. Die Andere darf sie auf keine Fall so sehen.
Der Gedanken an Hermione entlockt ihr einen verzweifelten Laut und sie vergräbt ihr Gesicht in den Kissen und nein. Großer Fehler, das ist ekelhaft. Tränen steigen ihr in die Augen und bevor sie wirklich weiß, was sie tut, lassen Schluchzer ihre Schultern erbeben. Es wirft sie nach vorne, in ekelig, gemeinem Weinen, Tränen, die ihre Augen röten und aufquellen lassen und die Wangen pappig verschmieren. Es ist ekelhaft, es ist entwürdigend und sie schluchzt weiter und Merlin, sie weiß nicht einmal warum.
Es klingelt. Ein- Zwei- Dreimal, bevor sie es merkt und war das nicht schon einmal so? Klopfen. „Ginny?" Sie will sagen, dass alles gut ist. Vielleicht sollte sie wieder einmal sagen, dass sie krank ist. Das hatte sie beim letzten Mal getan, als Remus nach fünf Tagen an die Tür geklopft hatte. Stattdessen entkommt ihr ein bemitleidenswerter Laut und Merlin nein. Sie will sich zu einem Ball zusammenrollen und der Welt nie wieder begegnen. Warum muss auch alles so hell sein? So laut und viel? Was ist Leben überhaupt.
Sie versucht ihre Gitarre zu angeln, aber sie ist nicht eingesteckt und als sie den Weg zur Steckdose schätzt, verlässt sie aller Mut, diese jemals zu erreichen. Es ist das Gleiche wie All die Tage davor. Keine Chance, ihren Kopf zu sortieren.
„Ginny?" Oh. Richtig. Das ist. Oh. Hermione. Hermione steht vor ihrer Tür und fragt nach ihr. Sie kann nicht- kann nicht. „Ginny, würdest du bitte die Tür antworten? Ich mache mir ein bisschen Sorgen. Ich muss nur wissen, dass du okay bist." Okay. Sie kann das schaffen. „Sekunde!" Ihre Stimme ist rau und sie ist sicher, dass sie die letzten Tage nicht gesprochen hat. Shirt? Metallica. Präsentabel. Hinter ihrem Kissen liegt eine Jeans, kurz und zerrissen. Das Gefühl von hartem Stoff auf ihrer Haut macht sie krank, aber sie muss Hermione garantieren, dass es ihr gut geht. Sie kann das schaffen. Sie stolpert hinter die Anrichte und dreht den Wasserhahn auf. Draußen sitzen Tauben auf dem Dach von Gegenüber. Sie frägt sich, ob das immer die gleichen Tauben sind, oder immer Andere. Was wollte sie? Ach ja. Wasser.
Sie taucht ihre Hände unter den kalten Strom und oh, tut das gut. Einen Moment genießen. „Ginny, hey?" Sie klatscht sich das Wasser ins Gesicht, reibt über die rotgeweinten Augen und tränenverschmierten Wangen. Gut. Sie kann nichts gegen die Haare tun. Es muss gehen. Sie kann sagen, sie ist gerade aufgestanden. Sie stolpert zur Tür, Hand fällt gegen den Türrahmen. Verdammtes Schloss. Sie sucht nach dem Zauberstab, der irgendwo hier liegen muss. Da. Auf dem Kästchen neben der Tür. „Alohemora." Das Schloss klickt, die Tür schwingt nach innen. „Ginny?"
Hermione steht dort, weiche Hosen und eine Bluse in weis. Sie hat neue Braids, burgunderrot. „Ich mag deine Haare." Dey sieht besorgt aus. Da ist diese kleine Falte zwischen deren Brauen, die sagt, dass dey besorgt ist. „Danke Ginny. Ist alles okay bei dir? Es ist nur, du antwortest nicht mehr." Ginny nickt. „Akku ist leer." Ihr Lachen klingt hohl. Sogar für sie. „Aber mir geht's prima, right?" Ihre Augen füllen sich mit Tränen, aber sie- warum? „Ginny?" Hermione streckt die Hand nach ihr. „Ginny hast du geweint?"
„Was? Nein" Ein Schluchzen rüttelt Ginnys Schultern und sie fällt nach vorne und jetzt kommen die Tränen wirklich, rennen schon wieder ihre Wangen hinab. „Oh Ginny, hey Ginny!" Arme, mittlerweile bekannt, legen sich um ihre Schultern und Hermione zieht sie gegen deren Brust, hält sie fest. „Okay Gin- sweety. Wir gehen erst einmal rein, okay?" Sie kann nicht nicken, kann nicht antworten, nur mehr dumme Schluchzer, die ihre Schultern rütteln. Sie schaffen es irgendwie, in ihre Wohnung zu stolpern und erst dann fällt ihr ein, dass sie nicht wollte, das Hermione ihr Apartment sieht. Unordentlich, dreckig. Keine Energie, zu saugen, Staub überall, der Spiegel verschmiert. Zeug in allen Ecken.
Für einen Moment ist Hermione ganz still, weinende Ginny in ihrem Arm. „Oh Honey," und dann umarmt sie fester. „Ich bleibe nur wenn du willst, okay? Ich glaube, dass du Hilfe brauchst, aber ob ich das sein soll, das ist deine Wahl." Sie bietet an. Einfach so. Und Ginny, versucht durch die Wolken in ihrem Kopf zu pressen, die Tränen beiseite zu schieben, versucht die Energie zu finden, zu denken. „Okay. Like. Irgendjemand muss es machen oder?" Sie wischt sich über die Wangen. „Nur wenn du magst. Weil, weil, ich kann nicht mehr, you know." Da sind immer noch Tränen auf ihren Wangen.
„Ich bleibe sweety. Natürlich bleibe ich. Kein Problem." Hermiones Umarmung ist einem sicheren Hafen gleichend, warm und bekannt und ihr Kopf geht zurück zu diesen ersten Tagen, in denen sie sich versprochen hatte, aufeinander achtzugeben. „Also was ist los," ganz vorsichtig löst sich Hermione ein Stück von ihr und Merlin, Ginny will nicht. Aber sie ist ekelhaft, verschwitzt und unangenehm und es muss nicht schön sein sie zu halten und so löst sie sich ein kleines bisschen mehr. „Hier ich," Hermione hält inne, deren Finger wenige Zentimeter entfernt von ihrer Stirn. „Okay?" erkundigt sich dey und Ginny nickt. „Okay, sweety, okay." Sie streicht einige der roten Strähnen aus dem Weg, welche sich auf Ginnys Stirn geklebt hatte. „Was ist los? Willst du mir es sagen?"
Und das ist das Problem, oder nicht? Sie zuckt mit den Schultern. „Ich- ich keine Ahnung, nicht wirklich, right?" Sie zwingt sich zu einem Lächeln, aber Hermione bleibt ganz ruhig. Sie nimmt es ihr nicht übel, dass sie nicht benennen kann, dass etwas falsch ist, wie Percy oder Bill. Sie ist nicht verzweifelt wie Mum und Dad, nicht uninteressiert wie Ron es manchmal ist. Nein, dey ist einfach da. „Das ist okay," antwortet der wunderbare Mensch Hermione Granger. „Das ist vollkommen okay, sweety. Wie wäre es, dass wir uns erst einmal um das kümmern, was wir gleich in Ordnung bringen können?" Sie überlegt für einen Moment. „Duschen? Ich fühle mich richtig ekelhaft." Deren Mundwinkle verziehen sich, ein sanftes Lächeln, dass ihre Zähne zeigt und die Grübchen zu Vorschein bringt, die Ginny so liebt.
„Okay, das können wir machen. Willst du dir vielleicht, uhm, einen Badeanzug anziehen? Wenn ich dir denn helfen soll!" Dey dreht sich weg und Ginny kann nicht die Energie aufbringen das rot ihrer Wangen zu verbergen. „Sicher, sorry. Uhm-" sie starrt auf ihre bloßen Füße. „Es wäre schön, wenn du mir helfen würdest, ich-" sie muss abbrechen, atmen. Daumen auf Zeigefinger. Auf Mittelfinger. Auf Ringfinger. Auf kleinen Finger. Wieder von vorn. „Ich kann nicht, nicht wirklich, allein. Ich glaube ich brauche gerade einfach jemanden?" Der Satz endet flüstern, mehr Frage als Feststellung und unter ihrem Blick, brennen Löcher in den Boden.
„Hey, Ginny." Sie schaut auf und da sind Hermiones Augen, honiggolden und warm und fest wie deren Hände auf ihren Schultern. „Das ist okay, okay? Ich sage dir, wenn es das nicht ist. Ich biete an, oder nicht? Geh deinen Badeanzug anziehen und ich hole meinen und dann setzten wir uns in die Badewanne und kümmern und um deine Haare, klingt gut?" Sie wischt sich noch einmal über die Augen. „Klingt gut. Ich. Ich glaube das mag ich." Hermione zieht sie in noch eine Umarmung und es braucht alles, was sie hat, nicht hier und jetzt in ihre Arme zu schmelzen. „Dann machen wir das so."
Das Wasser ist lauwarm, aber auf ihrer Haut ist es kalt. Hermiones Bikini ist moosgrün, so wie ihre Braids am ersten Tag und Ginny muss ihren Blick von denen losreisen. Merlin, Hermione ist wunderschön.
„Ich habe Lotion von mir mitgebracht. Ich habe, Apfel und Zitrone und außerdem irgendetwas mit Pfefferminz." Sie legt den Kopf schief und denkt nach. So gut das geht, mit ihrem Kopf voller Wolken und Hermione hinter ihr. „Pfefferminz," fasst sie schließlich den Entschluss und sie kann hören, wie die Andere die Plastikflaschen hinter ihr auf den Boden stellt. „Anfassen okay?" Hermione unterbricht sie nicht, als sie sich einen Moment nimmt, nachzudenken. „Ja. Ist okay." Hinter ihr schnappt die Flasche Lotion auf und einen Moment später, liegen Hermiones Hand auf ihren Schultern, beginnen vorsichtig das duftenden Mittel in ihre Haut zu arbeiten. Unter deren Fingern entspannen sich ihre Muskeln langsam, entknoten sich Verspannung und klart sich ihr Kopf. Sie könnte weinen, aber sie tut es nicht. Bleibt stattdessen sitzen, Atem angehalten und nicht wagend, einen Muskel zu bewegen. Hermiones Bluetooth Speaker spielt von der Fensterbank leise Musik. Es ist so etwas Kleines, aber Aufmerksames und die Schmetterlinge in ihrem Bauch arbeiten sich ein wenig mehr durch die Taubheit in ihr.
„Shampoo-Geruch? Fruchtig oder eher Neutral." „Fruchtig." Es sind die ersten Worte, die sie beide in einer kleinen Weile gesprochen haben und sie könnte für Ewigkeiten hier sitzen. „Haare anfassen okay?" Mehr als. „Ist okay."
Hermiones Finger legen sich zögerlich in ihre Haare und ein Prickeln läuft ihr Rückgrat nach unten. Oh. Oh. Dey beginnt langsam damit, das Shampoo einzumassieren, Fingernägel kratzen sanft gegen ihre Kopfhaut, fahren langsam durch die roten Wellen, sortieren sie Strähne für Strähne und Ginny wagt immer noch nicht zu atmen, denkt nicht, dass sie kann. Als wäre es ihr Ziel, ihr den Atem zu rauben, die kleinen Blitze ihre Arme nach unten schießen zu lassen, lehnt dey sich weiter nach vorne um das Shampoo in die Locken über ihren Schläfen zu arbeiten. Hitze geht von ihrem Körper aus, so nah an ihr. „Hey," sie legt den Kopf in den Nacken und Hermione lacht sie an. „Kuss auf die Stirn okay?" Deren Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern und auch Ginnys Stimme ist kaum gehoben, als sie antwortet, atemlos. „Ja."
Hermiones Lippen sind ein bisschen trocken und aufgerissen, genauso warm wie der Rest von ihr und Ginny schließt die Augen. Es sind schnelle, kleine Küsse, zwei, drei, deren Hand an der Seite ihres Kopfes, Fingers an ihren Wangenknochen. Für einen Moment hält Hermione inne, warmer Atem gegen ihre Stirn. „Hey hon," Ihre Augen leuchten, funkeln im warmen Licht ihrer Badelampe- sie hasst weises Licht- und sie lehnt sich in deren Berührung, in die warme Hand an ihren Wangen. „Zeit fürs Ausspülen," Lippen gegen ihre Stirn. Die Rothaarige löst sich nur langsam. „Ist gut."
Wasser prasselt auf sie nieder, warme Tropfen. Über ihr arbeitet Hermione daran, den Duschkopf zu befestigen und für einen Moment schwingt der Strahl Wasser hin und her. Dann ist deren Hand wieder da, kämmen Finger durch ihre Haare, entknoten sie unter dem fließenden Wasser. Es ist still und während sich langsam Muskeln in der Wärme entspannen, sackt sie gegen Hermione, ihr Körper endlich antwortend auf den Stress der letzten Tagen, den Energieaufwand, allein, den es gebraucht hatte, aufzustehen. Und Hermione ist warm, so warm und weich und sicher. Sie macht die Augen zu. Nur für einen Moment, nur um den Moment noch ein wenig länger zu genießen.
„Hey sweety." Hände, die ihr Haare aus den Augen streichen. „Aufgewacht."
Hermione wickelt sie in das weichste Handtuch, dass sie finden können, Hände und Lachen immer noch sanft und Ginny fühlt sich besser, jetzt, mit dem Gefühl von Lippen auf ihrer Stirn und frisch gewaschen, alles riechend nach Pfefferminz und Früchten. „Wir haben es fast geschafft." Hermione ist bei ihrer Seite, ebenfalls gewickelt in ein Handtuch.
Ginny bleibt stehen, als sie aus dem Bad treten, die Welt beschlagener Spiegel und still laufendem Wasser hinter sich lassend. Die Realität schlägt über ihr zusammen, ihr Apartment mehr Loch als zu Hause. Mit einem Mal will sie alles nur nicht noch einmal in ihr Bett zu klettern, trotz schwere Glieder und verzweifeltem Blinzeln, um ihre Augen aufzuhalten. „Ginny?" Sie schüttelt den Kopf. „Ich will nicht- sie schluckt. Ich glaube nicht, dass ich in mein Bett will." Die Hand auf ihren Schultern liegt still. „Willst du zu mir kommen?"
„Was?" Ihr Blick schießt nach oben. „Du kannst bei mir schlafen. Und morgen räumen wir hier auf." Sie sollte nicht- will nicht Mitleid und jemanden in ihrem Platz haben, sehen, wie tief gesunken ist. Und dann denkt sie an Hermiones Hand in ihren Haaren, ihr beständiges, ruhiges Murmeln, und vielleicht, vielleicht ist es gar nicht so schlimm. „Ich will zu dir," antwortet sie schließlich. „Ich denke noch einmal nach, über das Aufräumen." Hermione nickt, als würde ihre Logik allen Sinn der Welt machen. „Natürlich. So machen wir es."
Deren Bett ist breit und weich, ein wuchtiges Ding, perfekt passend in das ganze Dark Academia Ding, was dey am Laufen hat. Ihre Schlafshirts sind cool. Es ist beige und weich und klebt nicht gegen Ginnys Haut. Sie hatte kein Shirt mehr gefunden, in ihrem Schrank was sich richtig angefühlt hatte, aber Hermiones Shirt war gut und als dey, in weißem Nachthemd gekleidet, neben ihr in das große Bett kriecht, Haare in ein blaues Bonnet gewickelt, denkt Ginny, dass sie auch gerne den morgigen Tag so verbringen könnte. Das Kissen ist gerade weich und tief genug, ihre roten Wangen zu verbergen.
„Harry, mein bester Freund, uhm- kommt in zwei Wochen. Und wir werden wandern gehen, große Tour und Alles, vielleicht ein bisschen Bouldern, aber so richtig mit Zelt, ich liebe den Sternenhimmel. Wie auch immer, er hat gemeint, ich kann dich mitnehmen, wenn ich will und das ist wie ich frage, also nehme ich an." Sie muss lachen, über die Art und Weise, wie sie durch ihre Sätze stolpert. Ach Ginny.
Sie kann Hermione in der Dunkelheit nicht sehen, aber sie kann es sich vorstellen. Ein weiches Lächeln, Grübchen und Alles. Es fühlt sich gut an. Warm. „Ich muss morgen meinen Kalender checken, aber ich glaube ich habe nichts vor. Ich komme auf jeden Fall mit. Es klingt toll. Auch wenn ich kein Zelt habe." Ginny nickt in ihr Kissen. Das ist ein Problem, welches sie lösen kann. „Meins ist groß genug. Zauberei und Alles." Hermiones Lachen tönt durch die Dunkelheit. „Stimmt." Kurze Pause. „Ich vergesse manchmal, was Magie alles möglich macht. Selbst nach all den Jahren." Ginny kann sich nicht vorstellen, wie das Leben ohne Magie sein soll. Ihre ganze Familie waren Magier, Zauberstäbe und -Sprüche ihr ganzes Leben. Aber Hermione hatte erwähnt, dass ihre Eltern beide Muggel waren. „Also das zumindest ist dann kein Problem mehr, right?"
Harry klopft nicht. Er steht einfach eines Morgens in ihrer Wohnung, aufgeräumt und gesaugt und alles, sie und Hermione versuchen es, so gut sie können, schwarze Haare zerzaust und runde Brille ein bisschen schief auf der Nase. Seine dunklen Augen leuchten frech und unter seiner Hand geklemmt kann sie einen Container selbstgemachtes Curry sehen. „Harry!" Sie lässt ihr Buch fallen und den nächsten Moment hängt sie ihrem besten Freund um den Hals.
„Oh Merlin, du gigantisches Arschloch, kann man es glauben? Ich komme in fünf Wochen und dann steht er in meinem Zimmer ohne weitere Worte." Sie haut ihm gegen die Schultern. „Wenigstens einen Text hättest du schicken können." Sie rümpft die Nase und Harry lacht. „Hab dich auch vermisst, Gin." Beinahe einen Kopf höher als sie, zu große Menschen überall, drückt er sie an sich und Merlin sie hat ihn vermisst. „Also, du, wie war die Reise, wie bist du gekommen, eh?"
„Portschlüssel, alter Fußball." Er verzieht das Gesicht und reibt sich über die Finger. „Geschieht dir Recht," lacht sie und Harry stellt den großen, grünen Wanderrucksack auf ihrem Tisch ab. „Hab dir Curry mitgebracht." Er grinst dieses dumme Grinsen, welches sie seit der fünften Klasse begleitet und sie nimmt das Essen vorsichtig entgegen. Sie weiß, dass es ihm wichtig ist, Geschenke zu geben und als Antwort gibt sie ihm einen Kuss auf die Wange. „Wir essens heute Abend. Jetzt wird erstmal der Plan angeschaut. Und dreimal darfst du raten, wer mitkommt." Die Augen hinter der Brille weiten sich. „Ne echt jetzt? Wow Gin!" Er schlingt seine Arme um sie und wirbelt sie einmal im Kreis. „Das ist großartig!" Oh ja. Sie hat ihren besten Freund verdammt noch einmal vermisst. Trotz dessen, dass er ein Idiot ist.
Das Curry schmeckt wundervoll.
Es geht nichts über das Wandern. Es hatte alles, mit dem Reisen angefangen. Den Reisen, die ihre Familie manchmal unternommen haben. Gespräche mit Hand und Fuß, fremde Menschen, fremde Sprachen. Neue Süßigkeiten ausprobieren und neue Länder sehen. Ihr Vater mochte Wandern, hatte immer Stock und Rucksack dabei, hatte sie und ihre Brüder auf die Gipfel anderen Welten geschleppt, auf die Wolken gezeigt und sie gewundene Pfade, dichte Wälder und klare Bäche lieben gelehrt. Arthur Weasley kennt jeden Vogel und jeden Stein und seine Begeisterung für die Natur, steckte Charlie und seine einzige Tochter an, wie das Fieber. Bald waren es die drei gewesen, die gemeinsam Felsenklettern gingen und immer kompliziertere und längere Touren in Angriff nahmen. Charlie ging in die Berge Rumäniens, zu Hause bei den Drachen und Ginny raubte ihren besten Freund in ihre Leidenschaft. Es war die beste Zeit ihres Lebens und jetzt sind sie wieder hier.
Ginny hatte Kanada und die Rockies nicht nur wegen Hermione gewählt. Da lag ein neues Kapitel vor ihr, aber erst musste sie mit dem Alten abschließen. „Bist du dir sicher?" hatte Harry gefragt, Augen weit und besorgt, als sie ihm die Tour dargelegt hatte. Tief durchatmen. „Hundert Prozent. Ich gehe auch nicht klettern. Noch nicht, right? Aber irgendwann. Ich will das mit euch machen."
„Sind wir bereit?" Ginny checkt nach dem Zauberstab, den sie an einer Halterung am Bein festgeschnallt hat und dem Bärenspray, welches an ihrem Gürtel hängt. Vor ihnen liegt die Wildnis, ein Pfad aus Stein und Erde, der sich durch die Bäume hoch in die Berge windet. Harry hebt die Hände und sie greift zu ihren Wanderstöcken. Ihr Knie kann ohne die Stecker nicht. Noch nicht. Mit genug Übung, hofft sie, wird es irgendwann wieder gehen. Es ist vor Allem ihr Oberschenkel-Muskel, sagen sie. Hält das Knie nicht richtig, weswegen Knochen und Knorpel aufeinander reiben. Hermione schenkt ihr eines ihrer Lächeln und dann beginnen sie zu laufen.
Es dauert kaum einen Moment, bevor sie in den altbekanntem Rhythmus verfällt. Ihre Schuhe, Stöcke und der Weg von ihr. Sie checkt über die Schulter, aber es scheint, als hätte Hermione kein Problem mitzuhalten. „Schön oder?" Sie spricht nicht gerne, wenn sie wandert. Wandern ist Meditation, ist nur sie und das gehen, einsame Melodie, eine Welt, die nur ihr und Harry und Hermione gehört, den Vögeln in den Bäumen und dem kleinen Bach der neben ihnen plätschert. „Total." Anscheinend versteht Hermione die Wander-Philosophie und Ginny kann spüren, wie sich ihr Gesicht im Lachen erhellt. Sie würde Hermiones Hand halten, wenn nicht die Stecker wären. Und überhaupt. Händchen halten beim Wandern ist dumm.
Sie halten nur einmal. An einem umgefallenen Baum, dort neben dem Bach, essen Cliff Bars- After Eight- und trinken Gatorade, weil Hermione darauf bestanden hat, im Safeway unten in Canemoore welches zu kaufen. Grün, weil Lime am Besten schmeckt. Harry hat auf Rot bestanden. Fruit Punch.
Es ist noch nicht Abend, als sie ihr Ziel erreichen. Ein Felsabhang, kurz vor dem steilerem, nächsten Stück. Die grasig-moosige Mulde ist perfekt, um die Zelte aufzubauen, die Bäume sind hoch genug, um Schatten vor der Abendsonne zu spenden. Es ist der perfekte Platz. „Ey Gin! Willst du aufbauen oder zaubern." Sie nimmt einen Moment, um nachzudenken. Blickt zwischen Zauberstab und Felswand hin und her. Sie hört auf ihren Bauch, auf das bittersüße Verlangen, ihre Finger wieder in blanken Fels zu krallen. „Lass zaubern." Das Camp steht innerhalb von einer Minute und Harry stellt schlechte Instant-Nudeln über dem Feuer auf.
Chemisches Essen und Müsli-Riegel. Es ist Teil des Ganzen, ihrem Urlaubs-Tanz.
Der Gürtel mit Magnesium-Pulver ist schwer an ihr. Leggins und Sport-Shirt, beide schwarz. Sie hat die roten Haare schon heute Morgen in zwei langen, geflochtenen Zöpfen gebändigt. Hermione hatte für einen Moment innegehalten, als sie Ginny gesehen hatte und die Schmetterlinge in ihrem Bauch waren Salti geflogen. Es war nicht der Grund gewesen, warum sie es getan hatte. „Ginny?" Hinter ihr öffnet sich die Zeltklappe und Ginny atmet tief ein und aus. Daumen auf Zeigefinger. Auf Mittelfinger. Auf Ringfinger. Auf kleinen Finger. Wieder von vorn. „Würdest du mir beim Klettern zusehen?" Hermione kniet sich hinter sie, deren Atem kitzelt auf ihren bloßen Schultern. „Ich wusste nicht, dass du kletterst." Der Geist eines Lächelns auf ihren Lippen. „Ab und zu."
Das Gras unter der Felswand ist weich, unterbrochen von Geröll und faustgroßen Brocken. Ginny betrachtet die Wand und es kribbelt ihr Rückgrat hinab. Das hier ist ein altbekannter Tanz, eine Melodie zwischen Kletterin und Stein. Sie gräbt ihre Finger in die erste Kerbe, stellt den rechten Fuß auf einen winzigen Vorsprung. Halt prüfen. Unter ihr scheint der Fels zu atmen und Ginny verschwindet in dem Gestein, Finger suchen Halt für Halt, Füße klammern sich an nackten Stein. Sie atmet mit der Welt, nur sie und der Berg. Sie ist zu Hause.
Es gibt kaum ein Gefühl, wie für einen Moment an der Wand zu hängen, Hand in den Magnesium-Beutel, und sich nach oben zu schwingen, für einen Sekunde schwerelos. Manchmal näher an Fliegen, als es Besenreiten ist.
Mit einem finalen Zug, die Muskel in ihrem Armen, protestieren nur für einen Augenblick, zieht sie sich auf den Vorsprung, welchen sie ins Auge gefasst hatte. Gute Zwanzig Meter über den Boden. Ein Sturz nicht unbedingt tödlich, aber Verletzungen bringend, gebrochene Knochen und gerissene Haut. Ginny weiß das. Sie wusste es schon immer. Aber es war, was das Klettern zum Klettern machte, was ihre Knochen zum Singen und sie zum Beben brachte. Es war ihre Welt, harter Stein und blutende Finger. Klettern war ein Teil von ihr und Merlin, fühlte es sich gut an, wieder da zu sein.
Unten sitzt Hermione im Gras, die Hand über den Augen gegen das Licht der fallenden Sonne. Hat ihr zugesehen. Harry sitzt neben ihr und als er sie nach untern schauen sieht, hebt er eine Schüssel mit Essen. Sie hebt den Daumen und lehnt sich zurück. Für einen Augenblick noch die Welt von hier oben genießen, die Sonne ein brennender Ball, welcher hinten den Spitzen der Berge versinkt.
Hier oben fühlt es sich an, als würde die ganze Welt nur ihr gehören, so gigantisch weit und hoch, der Himmel an ihren Fingerspitzen, die Wolken in ihren Haaren. Finger schmerzen angenehm, Muskeln brennen. Um sie herum ist die Luft klar und Magie leuchtet angenehm unter ihrer Haut. Sie ist eins mit dem Berg unter ihr, eins mit den Felsen und den kleinen Moosen und ihre Magie bringt ihre Knochen zum Erbeben. Unten sitzen Harry und Hermione und die Fäden Licht in ihr peitschen aus, kriechen zu denen, die ihr wichtig sind. Ihre Wangen brennen rot, aber Hermione lacht überrascht, als sich die roten Fäden um sie binden, mit ihren Locken spielen. „Ich komme schon!" Sie beginnt mit dem Abstieg.
„Du warst unglaublich, weißt du das?" Sie liegen in ihrem Zelt, Hermione und sie, die Dachklappe offen. Durch dünnes Moskitonetzt scheinen weiß die Sterne. Ginny atmet tief ein, Nachtluft in ihren Lungen. „Du hast es aussehen lassen, als wäre es das Leichteste der Welt diese Felswand zu besteigen." Dey ist besser mit Worten als Ginny es ist. Unter den Decken, verschränken sich ihre Finger. Ihr Blick bleibt bei den Sternen, weit über ihr, so klein, so groß. Unendlich.
„Ich habe auch Mal in Kanada gelebt." Die Wälder bringen ihren Kopf durcheinander, senden sie in endlos drehende Spiralen. „Bin nach der Schule her, in die Rockies. Habe in einem Zelt unter dem Berg gelebt. Es ist viel einfacher für Hexen versteckt zu bleiben, im Nirgendwo zu sein, als für Muggel. Es war nicht einfach, right? Kalt im Winter und wenig Zeug, aber es war meins. Die Berge, sind unglaublich und atemraubend. Ich war jeden Tag klettern. Habe Felswände bestiegen. Die Welt war gut so, wie ich sie mir geschaffen habe." Tief durchatmen. Die Nachtluft riecht nach Pinien.
„Ich habe Soloing gemacht. Berge hoch ohne Sicherung, ohne alles. Alleine. Nur du und der Fels. Ich wusste- weiß, dass es gefährlich ist. Nur ungefähr fünfzig Prozent der Kletterer, der wirklichen Bergklettere kommen lebend von den Gipfeln. Das hat mich nie gestört." Sie lacht. „Nicht so. Ich will nicht sterben. Da sind noch so viele Wege, right? So viele Dinge zu tun, aber ich denke, was ich sagen will, ist, dass ich lebe, wenn ich in den Bergen bin. Und wenn ich ein kurzes Leben so lebe, ist es besser als alles andere, was ich wählen könnte." Hermione drückt ihre Hand. Eine Träne rollt ihre Wange hinab, Salz auf ihrer Haut.
Es ist wahr, was sie gesagt hat, sie meint jedes Wort. Es ist, was sie vollkommen macht. Ginny hatte schon immer in den Extremen leben wollen, immer im hier und jetzt, die vollste Version ihrer selbst und ihres Lebens, atemlos. Groß. Was ist das Leben, wenn nicht all diese Farben? All diese Explosionen an Gefühlen? Immer am Zenit, immer dem nächsten Gipfel entgegen, die Finger an den Sternen, die Haare im Wind.
„Ich bin gefallen. Und nur Magie hat mich gerettet. Fred und George haben mir das Apartment gegeben. Ich bin nicht mehr klettern gegangen. Nicht weil es mir Angst gemacht hat, right? Mehr wegen Mum und Dad. Pause machen. Aber danach hat sich nichts mehr so groß angefühlt, so farbenfroh. Nichts wirklich interessant. Ich wollte es dir nur sagen." Ihre Worte hängen in der Luft, stehen in dem kleinen Zelt. Sie klingen aus, in aller ihrer Bedeutung, all ihrem Gewicht.
Hermione zieht sie näher zu sich, und endlich dreht Ginny ihr Gesicht. Gold und Grün. Sie kann deren Atem auf ihren Lippen spüren. „Dankeschön, Ginny, für dein Vertrauen in mich." Hermiones Worte sind geflüstert gegen Ginnys Lippen. „Und ich hoffe du weißt, wie mutig du bist." Sie will antworten, aber ein Finger liegt auf ihren Lippen und sie schließt ihren Mund wieder. Hermiones Hand kehrt zurück zu der Ihren. „Ich klettere nicht wie du, aber ich verstehe, was du meinst, ein Leben auf hoher See, an Messers Schneide, immer dem Sturm entgegen, Leben dass durch dich singt und trommelt, dass dein Blut zum Kochen bringt. Es ist mehr wert als ein langes Sein voller nichts." Und Merlin, jemand versteht sie. Sie Ginny, in all dem was sie ist. Es fühlt sich gut an, und ihr Kopf dreht sich ein wenig.
Da ist nichts, außer Hermiones Atem auf ihren Lippen, so nahe zusammen, dass ihre Nasen sich beinahe berühren, ein langer Moment einträchtiger Stille. „Ginny?" Sie wagt es kaum zu atmen. Es kribbelt wie an dem Tag, an dem Hermione sich um ihre Haare gekümmert hatte, wie an dem Tag, an dem dey sie zum ersten Mal zum Tee geladen hatte, eine erste Umarmung vor der Tür. Ihre Augen huschen zu ihren Fingern, immer noch verwoben. „Ja?" Goldene Augen suchen in den Ihren. Scheinen zu finden, was sie suchen. „Darf ich dich küssen?" Sie hatte die Frage erwartet und trotzdem blinzelt sie für einen Moment, in stummer Überraschung. „Natürlich."
Hermiones Lippen sind immer noch trocken. Immer noch eingerissen, als sie die Deren auf Ginnys presst, warm und sanft und kurz, bevor sie sich wieder löst. „Darf ich deine Haare anfassen?" Sie flüstert immer noch. „Ist okay." Ginnys Finger wandern Hermiones Wange nach oben, bis ihre Hand auf deren Nacken liegt, Finger in deren Locken. Sie küsst sie noch einmal, lang und atemlos und Ginny muss die Auge schließen, Schmetterlinge in ihrem Bauch und prickelnde Blubberblasen den Rücken hinab. Sie kann Hermiones Atem gegen ihre Lippen spüren, als sie sich voneinander lösen, aber sie will die Augen noch nicht aufmachen, nicht jetzt.
„Ginny?" Sie nickt, Augen zu. „Ich glaube ich habe mich ein bisschen verliebt." Es ist so leise, so süß und sie schlägt die Augen auf und da ist Hermione, Gold und weit und wunderschön und sie muss lachen, leise und voll, weil was sagt man denn dazu, außer: „Ich glaube, ich mich auch."
☽ 9474 Worte ☾
Hallo meine Lieben!
Ich hoffe sehr, dieser erste One Shot in einer neuen Reihe von Vielen hat euch gefallen. Mir zumindest hat er viel Spaß beim Schreiben beschert und ich habe mal etwas Neues ausprobiert, deswegen der viele Dialog (meine absolute Schwäche, was Schreiben angeht.)
Soloing ist eine Kletterdisziplin, die entstand, nachdem jeder Gipfel erstiegen war. Wenn man davor mit großen Gruppen und Karawanen von lokalen Führern, sowie Tieren und schweren Gepäck eine Gipfel erklommen hatte, kam es ab jetzt auf Allem auf Technik an. Wer kam mit dem Wenigsten Material und Anzahl an Menschen den Aufstieg nach oben? Soloing entwickelte sich dabei als die extremste aller Disziplinen. Man besteigt den Berg ohne Seil und Sicherung, und beim sogenannten „On Sight Soloing" wird der Berg sogar erklommen, ohne dass der kletternde Mensch zuvor jemals die Route erkundet hat.
Ich wünsche euch noch einen wunderschönen Tag <3
Alles Liebe
Eure Hexe 🐞🍃🐚
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